Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen
Detlef:
Mein heutiger Redebeitrag handelt von den Europawahlen, die vor der Tür stehen (sie finden in Deutschland am 9. Juni 2024 statt). Ich denke, hierzu sollte auch die Friedensinitiative Schorndorf Stellung beziehen.
Deshalb hier zum Anfang meine ganz persönliche Meinung: Wer den Frieden wählen möchte, kann bei den Europa-Wahlen nicht seine Stimme für eine der Parteien der Ampel oder der CDU/CSU oder der AfD geben. Aber, zugegeben, ich habe es da auch einfach. Ich habe seit langer Zeit weder die SPD noch die GRÜNEN gewählt. Viele Menschen, die sich in irgendeiner Art und Weise mit der Friedensbewegung verbunden fühlen, fühlen sich auch mehr oder weniger mit diesen beiden Parteien verbunden, die schließlich auch vor längerer Zeit einmal die Friedensbewegung unterstützt haben. Ist es also als überparteiliche Friedensinitiative Schorndorf richtig, dazu aufzufordern, weder die SPD noch die GRÜNEN zu wählen?
Ich fange jetzt erst einmal mit den für uns „einfacheren“ Parteien an:
Die CDU/CSU
Der CDU/CSU geht die Kriegspolitik der Ampel nicht weit genug. So hat sie im Bundestag den Antrag gestellt, auch Taurus-Marschflugköper an die Ukraine zu liefern. Waffen mit denen die Ukraine dann auch die Krim oder im Extremfall auch Moskau bombardieren könnte. Nein, die CDU/CSU ist an einer friedliche Lösung etwa des Ukraine-Krieges nicht interessiert. Sie steht für eine Politik der angeblichen Konfliktlösung ausschließlich mit Waffengewalt.
Die FDP
Die „Friedenspolitik“ der FDP hat einen Namen: Strack-Zimmermann. Bei der von der CDU/CSU eingeforderten Abstimmung im Bundestag stimmte sie auch gegen ihre Ampel dafür, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Diese Frau ist an Frieden nicht interessiert, sie ist schließlich bekanntermaßen Lobbyistin der großen Rüstungskonzerne. Und alle Rüstungskonzerne haben ein Problem: Mit Frieden können sie keinen Profit machen.
Die AfD
Man kann darüber streiten, ob diese Partei insgesamt als faschistisch zu beurteilen ist. Aber: Viele Äußerungen etwa von einem Björn Höcke sind eindeutig rassistisch. Neonazis finden in dieser Partei nach wie vor ihren Platz. Hinzu kommt. Bevor die AfD ihre Erfolgsserie startet, hatte in einigen Bundesländern die Nazi-Partei der NPD größere Wahlerfolge, in manchen Bundesländern scheiterte sie nur knapp daran, in einen Landtag einzuziehen. Seitdem die AfD groß geworden ist, gibt es diese Erfolge der NPD nicht mehr, das heißt: Die meisten der ehemaligen NPD-Wähler geben ihre Stimme bei Wahlen jetzt der AfD. Also: Ein nicht unbedeutender Teil der heutigen AfD-Wähler sind Faschisten.
Die AfD ist keine Friedenspartei, auch wenn sie die Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnt. Als es kurz nach Beginn des Krieges in der Ukraine darum ging, für die Bundeswehr mal eben ein Sondervermögen von schlappen 100 Milliarden € locker zu machen, war die AfD nicht dagegen. Sie wollte nur darüber verhandeln, wofür genau diese Milliarden ausgegeben werden sollte. Wenn es um Aufrüstung geht, ist die AfD prinzipiell voll dabei.
Gleichzeitig meine ich aber auch, dass es falsch ist, alle AfD-Wähler als Nazis oder Faschisten zu verurteilen, auch wenn es diese darunter ohne Frage gibt. Aber: Es gibt auch einen großen Teil dieser Wähler, die man als Protestwähler bezeichnen kann. Sie wählen die AfD, weil sie mit der Politik von CDU/CSU, SPD, den GRÜNEN oder der FDP nicht einverstanden sind. Diesen Protestwählern gilt es von uns aus klarzumachen: Wenn ihr Eure Stimme für den Frieden abgeben wollt, dann könnt Ihr das nicht, indem Ihr die AfD wählt.
Die GRÜNEN
Zunächst einmal hat diese Partei ihre Wähler schamlos belogen. Vor den letzten Bundestagswahlen hat diese Partei mit einem Plakat geworben, in dem sie die Lieferung von Waffen in Kriegs- oder Krisenbewegung ablehnte. Nach Beginn des Ukraine-Krieges war dieses Plakat nur noch Schall und Rauch. Immer wenn es darum ging, immer noch mehr Waffen an die Ukraine zu liefern, dann waren sie entschieden und voll dabei. Natürlich unterstützten sie auch das Vorhaben, die Bundeswehr immer weiter aufzurüsten. Soll das Friedenspolitik sein?
Wir als Friedensinitiative Schorndorf haben das Massaker der Hamas in Israel klar verurteil. Aber: Wir verurteilen auch die furchtbaren Massaker, die die Regierung Netanjahu jetzt im Gaza veranstaltet, mittlerweile 33.000 tote Zivilisten, zu einem großen Teil Kinder. Die Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten in den Gaza-Streifen werden von Israel immer wieder blockiert. Dieses Verhalten Israels wird auch von der UNO scharf kritisiert. Wo bitte schön bleibt die klare Kritik daran von dieser Ministerin? Hinzugefügt werden sollte auch, dass Deutschland nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant an Israel ist.
Leider muss man heutzutage aufpassen. Wer die aktuelle Politik von Israel kritisiert, bekommt sehr leicht den Stempel „Antisemit“ aufgebrummt. Nein, ich bin kein Antisemit. Ich erkläre mich aber solidarisch mit den vielen Menschen in Israel (auch Juden!), die gegen die Politik von Netanjahu protestieren. Das würde ich auch von unserer Außenministerin erwarten. Nein, für mich sind die GRÜNEN keine wählbare Friedenspartei.
Die SPD
Kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges hat Kanzler Scholz unter großem Applaus verkündet, dass es ein Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden € beschlossen wird. Gegen manche Waffenlieferungen (etwa Leopard Panzer) hat er sich auch länger gewehrt, letztlich aber doch immer zugestimmt. Der Kanzler vertrat immer die Position: Wir (also die USA, die NATO und auch die Ukraine), wir sind die Guten, Putin ist der böse. Nein so einfach ist das doch wohl nicht. Dennoch muss man ihm positiv zugutehalten, dass er bislang die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ablehnt.
Ganz schlimm sind die Positionen des SPD-Verteidigungsministers Pistorius. Er möchte zum einen, dass Deutschland wieder „kriegstüchtig“ wird, zum anderen möchte er in Deutschland wieder eine Wehrpflicht einführen. Deutschland schickt jetzt auch noch mehr Soldaten nach Litauen, ein Projekt, dass laut dem CDU-Politiker Wadepuhl 12 Milliarden Euro kosten wird (was bitte schön haben wir dort überhaupt zu suchen?). Nein, dieser Minister ist für mich eindeutig ein Kriegsminister.
Dennoch gibt es aus der SPD auch Positives zu vermelden. Da hat der SPD-Fraktionsvorsitzende Mützenich im Bundestag gefordert, man müsse den Ukraine-Krieg einfrieren um anschließend zu Verhandlungen zu kommen. Allerdings wurde er dafür scharf kritisiert. Nicht nur von den bisher genannten Parteien, auch führende SPD-Mitglieder nahmen ihn dafür unter Beschuss.
Wäre die Position von Mützenich innerhalb der SPD mehrheitsfähig, würde ich sagen. Ja, die SPD ist eine wählbare Friedenspartei. Da dem aber leider nicht so ist, ist auch hier mein Urteil: Nein, auch die SPD ist keine wählbare Friedenspartei.
Zum Schluss
Nach der Mahnwache werden wir uns in der Manufaktur treffen, um darüber zu beraten, was wir als Friedensinitiative Schorndorf vor den Europawahlen eventuell für Aktionen durchführen. Natürlich wird dann auch die Frage stehen, mit welchen Positionen wir dann solche Aktionen durchführen. Meine Meinung hierzu habe ich dargestellt. Es mag aber durchaus auch Menschen unter uns geben, die einiges auch etwas anders sehen. Wichtig wäre letztlich nur, dass wir hier zu Positionen finden, zu denen wir alle gemeinsam auch stehen können. Denn, ein alter Spruch: Nur gemeinsam sind wir stark.
Neben den aufgeführten Parteien gibt es doch auch andere Parteien, die für eine Friedenspolitik stehen und nicht für eine immer weitere Eskalation der Kriege in der Welt. Wäre es da nicht sinnvoll, bei den Europawahlen eine dieser Parteien zu wählen, auch um ein deutliches Zeichen für den Frieden zu setzen?
Doris:
Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, in Israel und im Gazastreifen, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.
Mona:
Bis jetzt habe ich noch niemanden hinterfragen gehört, dass in unserem Kontext der Mahnwachen mit schöner Regelmäßigkeit ein Gedicht vorgetragen wird. Ich weiß auch nicht, wie es überhaupt dazu kam, jedenfalls scheint der Konsens von Anfang an gegeben.
Bei einem zeitgenössischen Lyriker fand ich eine Antwort auf die ihm von einem schreibenden Kollegen gestellte Frage, ob es im Krieg überhaupt Poesie geben könne, ob nicht der Kampflärm alle Stimmen übertöne oder ob im Gegenteil die Stimme des Dichters möglicherweise die einzige sei, mit der dem Schrecken begegnet werden könne.
Der Gefragte hatte sich gerade mit Georg Trakls Gedicht „Grodek“ aus dem Jahr 1914 befasst, das sich auf die dortige blutige Schlacht bezieht, unter deren Eindruck der Dichter es verfasst hatte. „…sicher ist….“, schreibt unser zeitgenössischer Lyriker, „dass man gerade in Augenblicken …existentieller Not zum Schreiben von Gedichten getrieben wird; das Geschehen muss in Worte gefasst werden, nicht weil es dadurch ungeschehen gemacht würde, sondern weil mit dem präzisen sprachlichen Erfassen ein Trost, ein Augenblickstrost verbunden ist. Das mag, wie alles, was mit Poesie zu tun hat, nur für eine Minderheit gelten, doch verliert diese Tatsache dadurch ja keinesfalls an Wert……Auch die Zeilen Fremder…..die zu unvergleichlich anderen Zeiten, unter gänzlich anderen Umständen schrieben, lassen ihre Verfasser lange nach ihrem Tod zu Zeitgenossen, zu Leidensgenossen werden. Sie verstehen uns; sie wissen ganz genau, was mit uns geschieht.“ Und das gelte, so heißt es weiter, mitunter sogar für Gedichte, die von konkreten Orten, Personen, Namen sprechen wie z.B. „Eine Schüssel Blut aus Almeria“ von Pablo Neruda zum spanischen Bürgerkrieg:
Jeden Morgen, jeden trüben Morgen eures Lebens / sollt ihr sie dampfend und brodelnd auf eurem Tisch haben: / ihr werdet sie ein wenig beiseite schieben mit euren weichen Händen, / um sie nicht zu sehen, um sie nicht so oft auslöffeln zu müssen: / ihr werdet sie ein wenig beiseite schieben zwischen Brot und Trauben /diese Schüssel schweigenden Blutes, / die jeden Morgen da sein wird, / jeden / Morgen.
Zitate aus „Wie wir schreiben wollen“, Hanser 2022, S.44/45
Doris:
Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:
- Am Montag, den 06.05.24, trifft sich von 18.00 Uhr – 19.30 Uhr im Martin-Luther- Haus die „Ökumenische Friedensgruppe der Stadtkirchengemeinde Schorndorf“.
- Am Dienstag, den 14.05.24 findet in der Johanneskirche in Stuttgart eine Veranstaltung mit dem Titel „Den Frieden gewinnen – nicht den Krieg“ statt. Zu Gast sind Konstantin Wecker, Margot Käßmann und der Tübinger Theodorakis-Chor. In der Mitte liegen Flyer dazu aus.
- Heute treffen sich um 19.00 Uhr alle Interessierten in der Manufaktur, um mögliche Aktionen zur Europawahl zu besprechen.
- Unsere nächste Mahnwache ist heute in einer Woche, dem 03.05. um 18.00 Uhr, wegen einer Musikveranstaltung nicht am Marktplatz, sondern am Mondscheinbrunnen bei der Stadtkirche.
lieber Detlef,
nochmal danke für dein engagement, den web-auftritt der friedensinitiative zuverlässig zu betreuen. prima, dass alle, die wollen, nachlesen können, was bei der mahnwache gesagt wurde.
nun hast du mit deinem gestrigen persönlichen statement, das du als solches auch hier im text kenntlich gemacht hast, gleich noch in der „bebilderung“ leider etwas vermischt: dein persönliches und die friedensinitiative als gruppe. wer die logos von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN unmittelbar neben der rechtsextremen AFD versammelt und durchgestrichen sieht, muss stutzig werden. ich bitte dich deshalb, diese montage nicht als für die friedensinitiative gültige illustration auf der öffentlichen web-seite zu benutzen.
Mona
Hallo Mona,
das Bild, von dem Du sprichst, hatte ich nach der Mahnwache auch bei unserem Treffen in der Manufaktur (an dem insgesamt 6 Menschen teilnahmen) gezeigt. Möglicherweise wird dieses oder ein ähnliches Bild auch Bestandteil eines Flyers sein, den wir bei einem eventuellen Infostand zur Europawahl verteilen würden. Eine ähnliche Kritik an diesem Bild wie jetzt von Dir wurde dabei jedenfalls nicht geäußert.
Zu Deiner Information: Bislang habe ich alle Bilder zu den Berichten von unseren Mahnwachen selbst ausgesucht und veröffentlicht. Dabei ist eigentlich klar, dass nicht immer alle Menschen der Friedensinitiative mit jedem Bild einverstanden sein können. Müsste ich hierzu jeweils eine Art Abstimmung machen, würde es wohl keine Bilder mehr bei den Berichten geben, viel zu aufwendig. Aber ich bin immer auch dazu bereit, Kritik an meinen Bildern (sei es in Form eines Kommentares oder auch eines längeren Beitrages) auf unserer Web-Seite zu veröffentlichen.
Stutzig macht mich persönlich aber eher Deine Kritik an dem Bild. „Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus“, diesen Losungen stimmten nach dem Zweiten Weltkrieg sehr viele Menschen in Deutschland zu, ich tue das auch heute noch. Darf man jetzt als Aufforderung „Abrüstung zu wählen“ nur die AfD durchstreichen und die Parteien CDU/CSU, SPD, GRÜNE und FDP nicht, obwohl diese doch für Aufrüstung sind?
Detlef