Mahnwache vom 27.09.2024

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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen.

Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die gekommen sind. Besonders begrüßen möchte ich Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund, der heute um 19.30 Uhr in der Manufaktur zum Thema „Medien im Krieg“ sprechen wird.

Wir stehen heute wieder hier, weil uns die Nachrichten über die aktuellen Kriege immer mehr verstören und beunruhigen.

  • Unter der Überschrift „Den Frieden herbeibomben“ wird berichtet, dass der israelische Präsident seine Angriffe auf die Hisbollah-Miliz immer mehr ausweitet. Es gibt im Libanon inzwischen Hunderte von Toten und Hunderttausende Geflüchtete. Trotz der Warnung von UN-Generalsekretär Guterres, dass dieser Konflikt militärisch nicht gelöst werden kann und eine Ausweitung des Krieges absolut katastrophal wäre, setzen beide Seiten ihre Angriffe fort. Menschenleben zählen nicht.
  • Unter der Überschrift „Selenskyj will Kreml zum Frieden zwingen“ wird berichtet, dass der ukrainische Präsident weitreichende Waffen fordert, um Russland tief im Inneren angreifen zu können. Es gibt inzwischen über eine Million toter Soldaten und unzählige tote Zivilisten. Eine Warnung der UN, dass dieser Krieg militärisch nicht zu gewinnen ist, fehlt in diesem Fall. Beide Seiten setzen ihre Angriffe fort. Menschenleben zählen nicht.

Das Wort „Frieden“ wird missbraucht für die Legitimation des Krieges. Die Fortführung des Krieges ist anscheinend nötig für einen „gerechten Frieden“. Was ist ein „gerechter Frieden“? Viele sind ratlos und ziehen sich ins Private zurück. Auch wir haben keine einfache Lösung.  Ich versuche immer wieder neu, unsere Position zu bestimmen:

  1. Wir sind solidarisch mit allen jüdischen Menschen und lehnen jeden Antisemitismus ab. Das gebietet die unsägliche deutsche Geschichte. Wir bekräftigen die Existenzberechtigung des Staates Israel. Wir sind nicht solidarisch mit einem israelischen Präsidenten, der den Angriff der Hamas vom 7. Oktober um ein Vielfaches rächt und mit seinem gnadenlosen Vorgehen zahlreiche Kriegsverbrechen begeht. Der bereit ist, die ganze Region in einen großen Krieg zu stürzen und auch keine Rücksicht auf die eigene Bevölkerung nimmt. Wir sind solidarisch mit den Menschen in Palästina.
  2. Wir sind solidarisch mit allen Opfern des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, seien es Soldaten oder Zivilisten. Unsere Solidarität gilt auch den Opfern auf russischer Seite und allen Soldaten, die sich dem Krieg entziehen wollen. Wir sind nicht solidarisch mit dem russischen Präsidenten, der Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine befiehlt, mit dem Einsatz von Atomwaffen droht, und der seine eigenen Soldaten wie Material verheizt. Wir sind nicht solidarisch mit dem ukrainischen Präsidenten, der durch seine Siegesparolen einen sinnlosen Stellungskrieg  weiterführt und seiner Bevölkerung weitere zahllose Opfer zumutet. Beide Präsidenten sind derzeit nicht bereit, von ihren maximalen Forderungen abzuweichen. Dadurch bringen sie großes Leid über ihre eigene Bevölkerung und riskieren eine weitere Eskalation bis hin zur Gefahr eines Atomkriegs.
  3. Wir sind uns sicher: ohne einen Waffenstillstand und Verhandlungen, ohne Kompromisse kann es keinen Frieden geben. Daher muss auf beide Seiten Druck ausgeübt werden, damit sie endlich dazu bereit werden.

Was uns ebenfalls große Sorgen bereitet, ist die weltweite massive Aufrüstung, die unendliche finanzielle Mittel verschlingt. Und die geplante Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland, die uns an den sogenannten Nachrüstungsbeschluss von 1979 erinnern. Gisela Fliegenschmidt hat mir kürzlich ein Buch von Dorothee Sölle aus dem Jahr 1981 geliehen mit dem Titel: „Aufrüstung tötet auch ohne Krieg“. Dieser Titel sagt eigentlich schon alles. Wenn ich in solchen alten Schriften blättere, wird mir schmerzlich bewusst, dass viele Probleme immer noch dieselben sind, oder dass sie sich sogar verschlimmert haben. Das Wenige, was durch Entspannungspolitik erreicht worden war, ist inzwischen längst wieder zunichte gemacht. War denn wirklich alles Engagement umsonst? Manchmal bin ich sehr deprimiert.

Gleichzeitig empfinde ich viel Hochachtung für Menschen wie Dorothee Sölle und auch die unzähligen weniger Prominenten, die damals auf die Straße gegangen sind, sich gegen die neuen Atomraketen in Deutschland zur Wehr gesetzt haben, und die aus meiner Sicht mit zu deren Abzug beigetragen haben. Daher möchte ich jetzt einige Sätze aus diesem Buch vorlesen.

„Der 12. Dezember 1979 war ein schwarzer Tag in der Geschichte Europas und der Welt. Die Entscheidung der Nato-Führer, der amerikanischen Aufrüstungspolitik Gehorsam zu leisten, bedeutet eine wesentliche Veränderung für uns und aller Leben.

Die Vorbereitung des atomaren Holocaust ist ein Verbrechen, völkerrechtlich und nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Das Faktum oder die Annahme, dass andere dasselbe Verbrechen begehen, ändert nichts an der Kriminalität, genauso wenig wie die Umlügung des Krieges in Verteidigung und der Aufrüstung in Nachrüstung.

Wir alle leben unter der Herrschaft des militärisch-industriellen Komplexes. Nicht die Überlegenheit des Feindes zwingt uns dazu, neue Bomben zu entwickeln, sondern der militärisch-industriellen Komplex lebt von der Todesproduktion und versteht wissenschaftlichen Fortschritt als Fortschritt im Overkill.

Der Atomtod bedroht nicht nur die, die sich fürchten, sondern auch die, die glauben, mit dem Atomtod an der Hand sicherer zu sein.

Was erwartet die Bundesregierung von unserem Volk? Herunterspielen (keine Angstmache, es ist militärisch notwendig) – Gehorchen (Die Experten wissen das besser) – Vergessen.

Es gibt einen Zustand der Apathie, der Betäubung, in dem wir leben und gehorchen und weitermachen, als hätte sich das Leben in unserem sich mehr und mehr militarisierenden Land nicht verändert. Als täte uns die Bombe nichts, weil sie ja nur für andere da sei, nur für später, nur für den Ernstfall… Nein, die Bomben fallen jetzt auf die, die wir an Hunger und anderen heilbaren Krankheiten sterben lassen… Unsere Militaristen haben bekanntlich andere Sorgen und Probleme zu lösen. Aber wir wollen uns nicht so weit betäuben lassen, dass wir den Zusammenhang nicht klar erkennen.

Jede Bombe, die wir hier nur vorsorglich stationieren, trifft die Armen… Die atomare Aufrüstung ist ein Verbrechen an den Armen… Niemand soll sagen, er habe es  nicht gewusst… Was können wir tun? Die jüdische Tradition lehrt, dass wir beten und das Gerechte tun sollen. Das Gerechte zu tun bedeutet in unserer Situation, aktiv an der Friedensbewegung teilzunehmen. Es bedeutet, nicht alles mit sich machen zu lassen, sondern Widerstand zu leisten. Es bedeutet, den Hungrigen Brot zu geben statt Atombomben.

Es gibt Sachen, für die musst du auf die Straße gehen und laut am Arbeitsplatz oder in der Gewerkschaft „nein“ sagen. Und wenn sie dir erzählen, es nützt nichts und hat gar keine Aussichten, dann musst du das trotzdem tun, um deiner eigenen Menschenwürde willen. Damit du deinen Kindern ins Gesicht sehen kannst. Wer heute stumm bleibt und alles mit sich machen lässt, der ist schon tot. Der hat sich selber schon zu Tode gerüstet!“

So weit Dorothee Sölle aus ihrem Buch von 1981. Es ist eine Motivation auch für uns, aktiv zu werden oder aktiv zu bleiben. Die Friedensbewegung in Deutschland muss wieder wachsen wie damals und auf Deutschlands Straßen sichtbar und hörbar werden. Ich hoffe sehr, dass die bundesweite Demonstration in Berlin am 3.10. ein erster Schritt dazu ist.

Uwe:

Wir laden Sie nun wieder dazu ein, 5 Minuten mit uns zu schweigen und all derer zu gedenken, die durch kriegerische Auseinandersetzungen ermordet, verletzt, ihrer Heimat beraubt wurden, oder sich auf der Flucht vor Krieg und Elend befinden.

Wir gedenken der Natur, unserer natürlichen Lebensgrundlage, gegen die weltweit ein permanent stattfindender Krieg geführt wird, und die erbarmungslos zerstört wird.

Wir gedenken der Menschen, die sich weltweit gewaltlos gegen den Krieg oder  gegen die Zerstörung unserer Mitwelt engagieren.

Uwe:

Albert Einstein
„Ich bin mir nicht sicher, mit welchen Waffen der 3. Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.“

Jürgen Todenhöfer
„Ich glaube nicht an die Klugheit von Bombenabwürfen.“

Norbert Elias
„Menschen sind nicht in der Lage, den Tod abzuschaffen, aber sie sind gewiss in der Lage, das gegenseitige Töten abzuschaffen.“

Marcus Tulilus Cicero
„Den ungerechtesten Frieden finde ich immer noch besser als den gerechten Krieg.“

Ingeborg Bachmann
„Aufhören können ist nicht eine Schwäche, sondern eine Stärke.“

Uwe:

Bevor wir unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beenden, nun noch einige Hinweise auf Veranstaltungen:

  • Heute Abend um 19.30 h spricht in der Manufaktur in Schorndorf Clemens Ronnefeldt zum Thema: Medien im Krieg.
  • Am 30.09. spricht und diskutiert in Reutlingen im alten Kino, Unter den Linden 23, Jürgen Wagner von der Informationsstelle Militarisierung zu dem Thema: “US- Raketen in Deutschland – Schutz oder Bedrohung“.
  • Am 1.10. um 19 h lädt die Friedenskooperative zu einer Online Diskussion zum Thema: „Aktive Gewaltfreiheit als Alternative zur Kriegslogik im Israel – Palästina Konflikt“. Nachzulesen hier.
  • Am 3.10. findet ab 8.30 h im Theaterhaus in Stuttgart der Kongress: „Wie machen wir unsere Demokratie krisensicher?“ statt.
  • Ebenfalls am 3. 10. ab 12.30 h findet in Berlin die Demonstration und Kundgebung: “Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu internationaler Solidarität“ statt.
  • Am Montag, 7.10. trifft sich um 18.00 Uhr im Martin-Luther-Haus wieder die Ökumenische Friedensgruppe der Stadtkirchengemeinde Schorndorf. Wer sich noch an der Friedens-Banner-Aktion samstags auf dem Wochenmarkt beteiligen möchte, bitte bei uns melden.
  • Am 16. 10. um 19 h spricht im Martin Luther Haus als Vorbereitung des Weltgebetstags 2025 Jan Pingel zu dem Thema: „Cookinseln: ein unberührtes Paradies?“ Veranstalter sind der „Aktionskreis evangelischer Frauen“, sowie die Stadtkirchengemeinde Schorndorf.
  • Unsere nächste Mahnwache wird heute in einer Woche um 18 h hier vor dem Rathaus sein.

Wir wünschen Ihnen und euch ein gutes Wochenende. – Schön wäre es auch, wenn möglichst viele von euch/Ihnen um 19.30 Uhr zu der Veranstaltung in der Manufaktur kommen würden.

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