Mahnwache vom 28.04.2023

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Es folgen die Texte zu dieser Mahnwache:

Uwe:

Guten Abend. Ich begrüße sie im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen 50. Mahnwache gegen den Krieg.

Die am meisten beachteten Meldungen, die in der vergangenen Woche die Presselandschaft und die Berichterstattung in den Medien dominierten, war einmal der Krieg in dem afrikanischen Land Sudan und der Bericht des schwedischen Friedensforschungsinstitut Sipri, von den massiven weltweit stattfindenden militärischen Aufrüstungen.

Angesichts des Krieges im Sudan, der nun ein weiterer Krieg neben den schon länger andauernden z.B, in der Ukraine, in Äthiopien, der türkischen Militärs gegen die autonomen Kurdengebiete in Syrien und Saudi-Arabiens gegen die Huthi Rebellen im Jemen darstellt, frage ich mich schon, wieso wir hier noch jede Woche zu einer Mahnwache gegen den Krieg uns versammeln? – Bei der ersten Mahnwache, die in Deutschland 1958, in Hamburg gegen die Pläne des christdemokratischen Bundeskanzlers Adenauer, der, wie der Naturfreund Josef Mommert-Riesch in seiner Rede hier vor einer Woche ausführte, die Bundeswehr mit Atomwaffen ausrüsten wollte, stattfand, konnten die Friedensaktivistinnen und -aktivisten eine unmittelbare Wirkung ihres Protestes erkennen, weil die Pläne Adenauers nicht umgesetzt werden konnten.

Aber welche erkennbare Wirkung haben unsere Mahnwachen? – Ich bin aber fest davon überzeugt, dass diese wichtig sind, um zu zeigen, dass es Menschen gibt, die ein Zeichen setzen, gegen Militarisierung und ein friedvolles Miteinander der Menschen.

„Und wenn das nur ein Zeichen ist, das Menschenwürde achtet und Gewalt nicht mit Gewalt vergilt, es wird zum Segen (…), überwindet Gewalt.“ ist eine Strophe in eines Lieds, welches bei den Ostermärschen gesungen wird.

In diesem Sinne, machen wir also weiter mit unseren Mahnwachen.

Bei dem Krieg im Sudan, bei dem in erster Linie Zivilisten unsagbares Leid erfahren, und bei dem schon mehr als 200 Menschen ermordet und über 1800 verletzt wurden, hetzen zwei Generäle ihre hochgerüsteten Truppen gegeneinander, ohne Rücksicht auf die schutzlosen Zivilisten. Beide Generäle wurden zunächst von der Zivilbevölkerung, nachdem sie gemeinsam gegen den langjährigen Diktator Al Baschir erfolgreich geputscht hatten, mit Massenkundgebungen und Demonstrationen als Befreier gefeiert. Und nun streiten sie, auf Kosten dieser Zivilbevölkerung um die Macht.

Ich finde es sehr schade, dass die machtvollen Demonstrationen der Sudanesen, nach dem Sturz von Baschir, nicht zu einer starken und nachhaltigen nichtmilitärischen Volksbewegung geführt haben!

Nach den Erhebungen des o.a. Instituts Sipri befinden sich die Militärausgaben auf einem Allzeithoch von 2.04 Billionen Euro (oder 2. 4 Billionen Dollar). Dabei haben die USA mit Abstand vor China und Russland mit 877 Milliarden Dollar die höchsten Rüstungsausgaben, was nicht verwunderlich ist, bei 800 ausländischen

Militärstützpunkten. Deutschland liegt mit 55,8 Milliarden US-Dollar auf Rang 7.

Mit Blick auf das ausgewiesene sog. Sondervermögen von 100 Milliarden € für die Bundeswehr, wobei es sich eigentlich um Schulden handelt, rechnet Sipri mit einem erheblichen Anstieg der Rüstungsausgaben Deutschlands in den kommenden Jahren.

Ein wesentlicher Kostenfaktor werden dabei die Ausgaben für die bestellten F 35  Kampf – Mehrzweckflugzeuge darstellen, deren Stückpreis bei 286 Millionen Dollar liegt.

Die F 35 Maschinen sollen, die in dem Eifelort Büchel stationierten Tornado – Kriegsflugzeuge ersetzen. Diese Jets sollen die in Büchel, im Rahmen der „Nuklearen Teilhabe“ gelagerten und inzwischen in den USA  modernisierten US-Atombomben, auf Befehl von US-amerikanischen Militärs,  über gegnerischen Terrain abwerfen. Nach Sipri gehört damit Deutschland zu dem Kreis derer, die das nukleare Wettrüsten weiter vorantreiben.

„Raketen sind Magneten“ war ein Slogan der Friedensbewegung, die sich in den 80-ger Jahren, gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden, in Mutlangen und Heilbronn einsetzten. In Büchel lagern zwar keine Raketen, aber Atombomben. Und diese werden von potentiellen Kriegsgegnern im Falle einer Eskalation, ebenso wie das US-Afrika – Oberkommando AFRICOM in Stuttgart Vaihingen und die US- Militärbasis Rammstein in der Pfalz, genauso ins Visier genommen. Sollte dies geschehen, wird Deutschland im Falle eines  Krieges, zum Atomkrieg–Schlachtfeld, mit unvorstellbaren katastrophalen Folgen werden.

Auch aus diesem Grunde fordert die deutsche Friedensbewegung den unbedingten Ausstieg unseres Landes aus der nuklearen Teilhabe.

Mit der massiven weltweiten militärischen Aufrüstung wird die Gefahr eines Atomkriegs drastisch erhöht. U.a auch deshalb, weil sämtliche Rüstungskontrollvereinbarungen zwischen der NATO und den ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes, nunmehr Russland in der Nachfolge, teilweise von den USA, aber auch von Russland gekündigt oder außer  Kraft gesetzt wurden. Die Abkommen mit den kryptischen Namen TBT, INF, ABM, KSE, START, SORT, Open Skies, hatten zumindest das Eskalationsrisiko immens verringert. Sie untersagten den Militärmächten Atomwaffentests, legten Obergrenzen für schwere Waffensysteme fest und sorgten dafür, dass die Verteidigungsfähigkeit des Gegners nicht durch die Errichtung von Raketenabwehrsystemen untergraben wurde.

Diese, auf gegenseitigem Vertrauen basierenden Rüstungskontrollverträgen sorgten Jahrzehnte lang in Europa dafür, dass die Kriegsgefahr gebannt war und dass der „kalte Krieg“ beendet werden konnte.

Wie mir scheint, ist gegenwärtig der Atomwaffenverbotsvertrag, der seit 2021 in Kraft gesetzt wurde und den inzwischen 91 Staaten unterschrieben haben, die einzige wirksame Gegenbewegung gegen das nukleare Wettrüsten zu sein. Dieser wird z.Zt. zwar nicht von den Atommächten und NATO-Staaten unterstützt, aber Deutschland schickt immerhin Beobachter zu den Vertragskonferenzen. – Arbeiten wir weiter dafür, dass unser Land diesem wichtigen Vertrag beitritt.

Doris:

Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer des Krieges in der Ukraine und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, z.B. im Sudan. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf beiden Seiten endlich zur politischen Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.

Doris:

Ich lese ein Gedicht von Kurt Tucholsky (1926):

Der Graben

Mutter, wozu hast du deinen Jungen aufgezogen?
Hast dich zwanzig Jahr mit ihm gequält?
Wozu ist er dir in deinen Arm geflogen,
und du hast ihm leise was erzählt?
Bis sie ihn dir weggenommen haben.
Für den Graben, Mutter, für den Graben.

Junge, kannst du noch an Vater denken?
Vater nahm dich oft auf seinen Arm.
Und er wollt dir einen Groschen schenken,
und er spielte mit dir Räuber und Gendarm.
Bis sie ihn dir weggenommen haben.
Für den Graben, Junge, für den Graben.

Drüben die französischen Genossen
lagen dicht bei Englands Arbeitsmann.
Alle haben sie ihr Blut vergossen,
und zerschossen ruht heut Mann bei Mann.
Alte Leute, Männer, mancher Knabe
in dem einen großen Massengrabe.

Seid nicht stolz auf Orden und Geklunker!
Seid nicht stolz auf Narben und die Zeit!
In die Gräben schickten euch die Junker,
Staatswahn und der Fabrikantenneid.
Ihr wart gut genug zum Fraß für Raben,
für das Grab, Kamraden, für den Graben!

Werft die Fahnen fort!
Die Militärkapellen
spielen auf zu euerm Todestanz.
Seid ihr hin: ein Kranz von Immortellen –
das ist dann der Dank des Vaterlands.

Denkt an Todesröcheln und Gestöhne.
Drüben stehen Väter, Mütter, Söhne,
schuften schwer, wie ihr, ums bißchen Leben.
Wollt ihr denen nicht die Hände geben?
Reicht die Bruderhand als schönste aller Gaben
übern Graben, Leute, übern Graben –!

Doris:

Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

  • heute findet um 19.30 Uhr in der Glockenkelter in Stetten ein Vortrag von Gabriele Krone-Schmalz statt zum Thema: „Wie kann man den Krieg in der Ukraine beenden?“
  • bitte schauen Sie wieder auf unsere Homepage https://friedensinitiative-schorndorf.de/. Da gibt es neben den Texten der Mahnwache auch andere interessante Beiträge sowie links zu Aufrufen, die man unterzeichnen kann.
  • Am Montag, den 8. Mai ist um 17.00 Uhr in Stuttgart am Mahnmal für die Opfer des Faschismus eine Kundgebung zum Tag der Befreiung.
  • Am Freitag, den 19. Mai ist um 12.00 Uhr eine Kundgebung vor der japanischen Botschaft beim Hauptbahnhof Stuttgart anlässlich des G7-Gipfels in Hiroshima. Forderungen: „Kein Ersteinsatz von Atomwaffen, Atomwaffen verbieten, Verbotsvertrag unterzeichnen“.
  • Unsere nächste Mahnwache ist am kommenden Freitag, den 05.05. um 18.00 Uhr wieder hier auf dem Mittleren Marktplatz.
  • Jetzt ist noch Zeit zum Austausch untereinander. Wir wünschen Ihnen dann einen guten Nachhauseweg.

 

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