Mahnwache vom 28.11.2025

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Uwe:

Ich begrüße Sie, ich begrüße euch zu unserer Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Heute wird Gisela Fliegenschmidt zu uns sprechen.

Gisela:

Zuerst möchte ich die Organisation PRO PEACE vorstellen: Sie ist eine staatlich anerkannte Trägerorganisation des Zivilen Friedensdienstes. PRO PEACE folgt der Überzeugung, dass Frieden lehr – und lernbar ist. Mit der Akademie für Konflikttransformation ermöglicht die Organisation daher professionelle Weiterbildung und Training in Friedens– und Konfliktarbeit. Außerdem schafft sie friedenspädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche.

Im Zusammenhang mit PRO PEACE bin ich auf ein Interview gestoßen, das diese Organisation mit Heribert Prantl geführt hat. Er ist Jurist, Journalist und arbeitete bis zu seinem Ruhestand in der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung. Als Autor setzt sich Prantl leidenschaftlich für Frieden und Verständigung ein. So auch in dem Buch „Den Frieden gewinnen, die Gewalt verlernen“.

Ich lese nun einige Antworten von Heribert Prantl auf Fragen der Organisation PRO PEACE:
Die Gewalt verlernen, dazu braucht es Friedenserziehung. Sie kann nicht früh genug anfangen, und sie ist nicht Konflikt- Vermeidung, sondern Unterricht darin, Konflikte zu erkennen, zu benennen, zu verhandeln und zu lösen – und die unlösbaren auszuhalten. Friedenserziehung ist ein Thema nicht nur für Schulen, sie ist eine lebenslange Aufgabe. Frieden ist kein statischer Zustand, sondern ein fortlaufender Prozess. Für mich bedeutet und erfordert Frieden die Einhaltung der Menschenrechte, soziale Sicherheit und die Möglichkeit, in Freiheit und Würde zu leben. Nicht der Krieg, der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir uns zu bewähren haben“.

Zum Thema Pazifismus sagt Prantl: „Je unzeitgemäßer er erscheint, umso wichtiger ist er. Die Nachkriegsstimmung fand ihren Ausdruck in den Parolen: Nie wieder Krieg! Nie wieder Militär! Nie wieder Diktatur!  Die pazifistische Idee wurde international und milieuübergreifend. In Zeiten des Ukrainekrieges braucht sie neue Kraft. Ich wünschte mir, wir hätten nicht nur ein Verteidigung-Ministerium, sondern auch ein Pazifismus-Ministerium.“

Über das Grundgesetz heute sagt Heribert Prantl: „Das Grundgesetz ist seinem Wortlaut nach noch immer ein Manifest des Friedens, der politische Status quo ist es leider nicht. Die entsprechenden Grundgesetzartikel wurden und werden von der Regierungspolitik und vom Militär sehr extensiv ausgelegt, so dass die Rüstungspraxis, die Waffenlieferungspraxis und die Einsatzpraxis mit dem Friedensgebot der Präambel kollidieren. Die deutschen Panzer rasseln am Grundgesetz vorbei, die deutschen Raketen und Haubitzen schießen dort vorbei, sie töten aber gezielt. Es gilt, die Verfassung wieder ernst zu nehmen.“

Heribert Prantl sagt zu den Milliarden-Sondervermögen u.a. folgendes: „Militärische Abschreckung wird allein nicht für Sicherheit sorgen. Wir dürfen uns nicht in eine Rüstungsgeilheit hineinreden. Ich erschrecke, wenn ich lese, dass die Aufrüstung in Lettland jetzt schon im Klassenzimmer beginnt und für Schüler der zehnten und elften Klassen verpflichtend ein Verteidigungsunterricht eingeführt wurde – und da auch deutsche Politiker applaudieren.“

Zum Thema Neue Friedensbewegung sagt Prantl: „Das politische Testament der vor zwei Jahren verstorbenen Theologin und Grünen- Politikerin Antje Vollmer endete mit dem Satz: Wer die Welt wirklich retten will, diesen kostbaren, einzigartigen und wunderbaren Planeten, der muss Hass und Krieg gründlich verlernen. Wir haben nur noch diese eine Zukunftsoption. Antje Vollmer hatte und hat recht. Aber sie braucht NachfolgerInnen.

Leider sieht es da bei den Grünen ganz schwarz aus! Ich hoffe auf eine neue Generation bei den Grünen. Ich hoffe auf eine neue Generation in der SPD. Ich setze auf friedensbewegte Christinnen und Christen. Ich setze auch auf Schriftsteller und ihre Kraft. Bertolt Brecht hat 1951 geschrieben: Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten. Europa ginge es in einem dritten Weltkrieg wie Karthago, schlimmer noch.

Ich setze auf die Kraft der Hoffnung. Ich wünsche mir eine Wiederaufnahme von Abrüstungsverhandlungen. Ich wünsche mir eine Welt ohne Atomwaffen“.

Ganz bedeutend erscheinen mir Prantls Äußerungen zur Frage nach der Rolle des Journalismus und der Medien zum Thema Frieden.  Ich zitiere: „Wenn Journalisten zu Bellizisten (Kriegstreiber) werden, verkennen sie ihre Aufgabe. Es ist die Aufgabe des Journalismus in der Demokratie, die Wege zum Frieden zu suchen und die Wege des Friedens zu gehen. Das Streiten darüber, wie man sie geht, das gehört dazu – Kriegstreiberei gehört nicht dazu. Bei Nachrichten und Berichten wünsche ich mir den weiten journalistischen Blick, der die Diskussionen in ihrer ganzen Bandbreite abbildet. Bei den Kommentaren, Kolumnen und Leitartikeln, beim Meinungsjournalismus wünsche ich mir, dass die Medien sich dessen bewusst sind, dass das Friedensgebot zu den obersten und wichtigsten Prinzipien des Grundgesetzes gehört. Ich wünsche mir, dass die Medien bei der Suche nach innerem und äußerem Frieden eine gute und verantwortungsbewusste Rolle spielen. 

Es schadet niemandem, wenn man den Satz von Willy Brandt im Kopf hat: „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne Frieden nichts“.

Uwe:

Wir laden Sie nun wieder dazu ein, einige Minuten mit uns zu schweigen und all derer zu gedenken, die durch weltweite kriegerische Auseinandersetzungen ermordet, an Leib und Seele verletzt, ihrer Heimstatt beraubt wurden, oder sich auf der Flucht vor Krieg und Elend und in eine ungewisse Zukunft befinden.

Wir gedenken auch der Natur, unserer Lebensgrundlage, gegen die weltweit ein permanenter Krieg geführt wird, und die erbarmungslos zerstört wird.

Wir gedenken auch all der Menschen, die sich aktiv gegen den Krieg, oder gegen die Zerstörung unserer Mitwelt einsetzen.

Uwe:

Ich lese nun ein Text von Bertha Suttner vor:

„Rache und immer wieder Rache!
Keinem vernünftigen Menschen würde es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen.
Nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden.
Vielleicht ist eine weltumfassende Schwesterlichkeit notwendig,
ehe eine brüderliche Verständigung
der gesamten Menschheit möglich wird.“

Und ein weiteres Zitat des österreichischen Psychologen und Aphoristikers, Gerald Dunkel:

«Nach jedem Krieg fragen die Menschen, wozu er gut war. Warum stellen sie diese Frage nicht schon vorher?“

Uwe:

Zum Schluss unserer heutigen Mahnwache teile ich noch einige Informationen über Veranstaltungen und Aktionen, die in der nächsten Woche stattfinden, mit.

  • Am heutigen Freitagnachmittag und –abend finden Mahnwachen gegen den Krieg und für den Frieden statt in: Flensburg, München, Münster und Bonn.
  • Dienstag, 2. Dezember von 17 h bis 20.30 h Online – Veranstaltung zu dem Thema: Neue Wehrpflicht – Kriegsdienstverweigerung. Informationen dazu hier. Zur Anmeldung hier.
  • Mittwoch, 3.Dezember Online – Veranstaltung mit Andreas Zumach. Thema: „Die Vereinten Nationen, ein Auslaufmodell?“ Hier ist eine vorige Anmeldung notwendig.
  • Donnerstag, 4.Dezember um 16 h auf dem Rotebühlplatz in Stuttgart: Mahnwache „Kriege beenden, Frieden jetzt!“
  • Am Montag, 1. Dezember trifft sich um 18 h im Martin-Luther-Haus in Schorndorf die Ökumenische Friedensgruppe der Stadtkirchengemeinde. Gäste und potenzielle     Mitmacherinnen und Mitmacher sind willkommen.
  • Wer am morgigen Samstag Zeit und Lust dazu hat, unsere Banneraktion zu unterstützen, melde sich bitte nachher bei Doris oder Martin.
  • Unsere nächste Mahnwache findet heute in einer Woche, am Freitag, 5. Dezember, wie immer, um 18 h, ausnahmsweise wie heute, hier am Mondscheinbrunnen statt.

Damit ist unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beendet.
Vielen Dank für Ihre Teilnahme. Wir wünschen Ihnen ein gutes Wochenende; – bis hoffentlich in einer Woche.

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