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Detlef:
Hallo, guten Abend zusammen zu unserer heutigen Mahnwache. Momentan erschlagen uns die Nachrichten in den Medien. Da wird von möglichem Frieden im Nahen Osten oder in der Ukraine berichtet, kurze Zeit später erfährt man in unseren Medien, dass daraus anscheinend doch nichts wird. Unsere Bundesregierung und auch die GRÜNEN und die FDP halten derweil an einer Aussage fest: Wir müssen Aufrüsten, damit die Russen uns nicht überfallen.
Mein Thema dieser Mahnwache: Brauchen wir mehr Soldaten? Brauchen wir eine Wehrpflicht?
Der Grundtenor in unseren Medien lautet: Russland bedroht uns, wir müssen uns verteidigen, wir brauchen immer mehr Waffen und natürlich auch: Mehr Soldaten. Diese Grundaussagen werden in unseren Medien nicht einmal in Frage gestellt.
Bezeichnend dafür eine Sendung des ARD Presseclubs vom 19.10.2025 *Zitat aus der Ankündigung: (*Anmerkung: der Artikel erscheint inzwischen in veränderter Form, aber ein Video der Sendung ist dort verfügbar)
Zitat aus der Ankündigung:
«Freiwilliger Wehrdienst oder Losverfahren?
Derweil streitet die Regierungskoalition darüber, wie sie die Bundeswehr möglichst schnell ertüchtigen soll. Während Verteidigungsminister Pistorius auf Freiwilligkeit setzt, glaubt die Union nicht daran, dass der Plan aufgeht. Sie schlägt deshalb eine Wehrpflicht per Los vor, um die notwendige Personalstärke zu erreichen. Was ist der richtige Weg? «
Selbst einem „Idioten“ sollte auffallen, dass bei dieser Diskussion die Grundsatzfrage überhaupt nicht gestellt wurde. Brauchen wir denn wirklich mehr Soldaten? Folgerichtig wurde also nur über die Frage diskutiert, wie wir mehr Soldaten bekommen, aber nicht, ob das überhaupt sinnvoll ist.
Zu dieser Sendung hat Marcus Klöckner auf den NachDenkSeiten einen m.E. sehr lesenswerten Artikel geschrieben. Hier nur ein Zitat daraus:
«Nicht besser die Aussage, wer per Los zur Bundeswehr gezogen werde, fühle sich „als Verlierer“.
Die Politik hat die Losung „Kriegstüchtigkeit“ ausgegeben. Für junge Menschen folgt am langen Ende möglicherweise ein Kriegseinsatz – mit allem, was dazugehört: Tod, Verstümmelung, Leid, Schmerz, Traumatisierung. In der Diskussion um die Wehrpflicht hat es nicht darum zu gehen, ob sich junge Menschen als „Verlierer“ oder „Gewinner“ „fühlen“. Schließlich: Wenn sich etwa ein 20-Jähriger als „Gewinner“ fühlen sollte, ihm aber irgendwann auf dem Schlachtfeld der Kopf weggeschossen würde, dann wäre es für ihn zu spät, zu begreifen, dass das mit einem „Gewinn“, was den Militärdienst angeht, so eine Sache ist.»
Eine Grundsatzfrage bleibt leider bei all solchen Diskussionen außer Acht: Sollte es wirklich zu einem Krieg zwischen Europa und Russland kommen, dann werden wahrscheinlich auch irgendwann Atomwaffen eingesetzt (schließlich will keine Seite verlieren). Dann werden wir alle sterben, ob Soldat oder einfacher Bürger. Darüber wird natürlich in unseren Medien überhaupt nicht gesprochen. Noch so viele Soldaten bieten davor keinen Schutz!
Am besten jetzt den Kriegsdienst verweigern
Im Unterschied zu den meisten Staaten auf der Welt hat man in Deutschland auch heute noch das Recht, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern. Hierbei darf man sich auch keine Illusionen machen: Wer anerkannter Kriegsdienstverweigerer ist, kann trotzdem auch an eine Front verschickt werden (z.B. als SanitäterIn). Aber, er kann nicht mehr dazu gezwungen werden, an der Front auf Menschen, die ihm nichts getan haben! Zu schießen.
Hierzu ein kleiner Rückblick auf meine Schulzeit: Während die meisten meiner damaligen Klassenkameraden (in meiner damaligen Schule, der Goethe Schule in Wetzlar, gab es damals fast nur Männer) sich zum Bund einziehen ließen, habe ich mit Erfolg den Wehrdienst verweigert – musste also einen Zivildienst ableisten. Diese Kriegsdienstverweigerung war auch damals gar nicht einfach, nein, es gab damals eine ziemlich absurde „Gewissensprüfung“, auf die ich mich extra vorbereiten musste, um diese Prüfung zu überstehen.
Damals war für die meisten Menschen, die den Grundwehrdienst in der Bundeswehr ableisteten, eigentlich klar. Nach dieser Zeit konnten sie ihr normales Leben führen, in einem Krieg eingesetzt zu werden, konnte sich damals niemand vorstellen. Das war noch die Zeit mit einem Willy Brandt als Bundeskanzler – Krieg war für die meisten einfach unvorstellbar.
Das ist heute ganz anders geworden. Man kann in Kriegsgebiete nach Afrika verschickt werden oder etwa nach Litauen, oder, oder. Eines sollte klar sein: Wer bei der Bundeswehr unterschreibt, ist kein freier Mensch mehr. Er muss den Befehlen von oben folgen, das kann heißen:
- Ziehen sie in ein Kriegsgebiet und erschießen sie ihre Gegner, Menschen, die sie gar nicht kennen und die ihnen persönlich nichts getan haben.
- Möglicherweise werden sie dabei verwundet oder getötet. Im letzten Fall bekommen sie immerhin ein „Ehrengrab“.
Schon in der Bibel heißt es: Du sollst nicht töten. Für Mitglieder der Bundeswehr ist diese Losung außer Kraft gesetzt. Wenn Deine Führung es befielt, dann musst Du töten.
Ich meine, gerade in der heutigen Zeit sollten wir bei den Jugendlichen dafür werben, den Kriegsdienst zu verweigern. Ja, das ist auch heute noch möglich:
Hierzu muss ein Antrag an die folgende Adresse geschickt werden:
Karrierecenter der Bundeswehr Stuttgart
Hauptadresse
Heilbronner Straße 188
70191 Stuttgart, Baden-Württemberg
Als Text reicht etwa folgender kurzer Antrag:
«Aufgrund meiner pazifistischen und christlichen Überzeugung und der damit verbundenen Abneigung gegenüber jeglicher Form von Gewalt, Kriegs- und Waffengewalt im Besonderen, möchte ich den Dienst an der Waffe verweigern. Laut Artikel 4, Absatz 3, Satz 1 des deutschen Grundgesetzes bin ich dazu berechtigt.»
Wichtig bei diesem Text ist folgendes Wissen: Eine Kriegsdienstverweigerung mit der Waffe ist nur aus Gewissensgründen möglich, aus politischen Gründen ist das leider nicht erlaubt. Sinnvoll ist es auch, diesem Antrag einen kurzen tabellarischen Lebenslauf anzufügen.
Nach einiger Zeit wird man von diesem Amt eine Antwort bekommen, im besten Fall eine Anerkennung des Antrages. In jedem anderen Fall (Nachfragen oder gar Ablehnung) empfiehlt es sich, Hilfe bei einer kompetenten Stelle zu suchen, etwa der DFG-VK.
Ja, ich denke, dass wir gerade in der heutigen kriegs-gefährlichen Zeit Werbung mit diesen Informationen für die Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe machen sollten. Vielleicht sollten wir in einem kurzen Flyer bei all unseren künftigen Infoständen dafür werben, dass Menschen diesen Schritt gehen. Natürlich richtet sich diese Anforderung zunächst einmal an junge Menschen, die in die Bundeswehr eingezogen werden sollen, aber:
Wie wir im Krieg in der Ukraine sehen, werden dort mittlerweile Menschen bis zum Alter von 60 Jahren zwangsweise an die Front geschickt, zum Morden oder zum Sterben. Deshalb sollten auch in Deutschland möglichst viele die Möglichkeit ergreifen, einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu stellen, ganz egal in welchem Alter. Das ist zumindest ein deutliches Zeichen des Protestes gegen die Ausweitung der Bundeswehr und gegen die Kriegstreiberei. Das ist zumindest ein kleiner Schritt, den jeder und jede gehen kann (auch Frauen können das), um deutlich zu machen, dass wir diese Kriegspolitik der Bundesregierung nicht mitmachen werden.
Sollten auch Frauen KriegsdienstverweigerInnen werden?
Ich denke, ja. Auch wenn nach den neuesten Entwürfen Frauen von einer allgemeinen Wehrpflicht ausgeschlossen werden sollen, kann sich das wieder ändern. Einen solchen Antrag können auch Frauen stellen, hier ein Zitat vom Bundesamt /BAfzA.
Kriegsdienstverweigerung
Unabhängig von der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht bleibt das Recht, den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen gemäß Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes zu verweigern, bestehen.
Der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Karrierecenter der Bundeswehr zu stellen.
Das Karrierecenter der Bundeswehr bestätigt den Eingang des Antrags und leitet diesen nach Feststellung der gesundheitlichen Eignung an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) weiter. Anträge ohne Feststellung der gesundheitlichen Eignung verbleiben bei den Karrierecentern.
Über die Berechtigung, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, entscheidet das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben auf Antrag, nachdem der Antrag vom Karrierecenter an uns übermittelt wurde.
Der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung ist beim zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr zu stellen. Bitte beachten Sie dies bei Ihrer Antragstellung.
Nun, in diesem Gesetzestext steht nichts davon, dass nur Männer einen solchen Antrag stellen dürfen. Also meine Aufforderung an alle Frauen, egal in welchem Alter Sie sind: Stellen Sie einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung. Auch das ist zumindest ein deutliches Zeichen des Protestes gegen die aktuelle Kriegspolitik.
Doris:
Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.
Doris:
Ich lese aus dem Buch „Grundrechte“ von Ulrich Schaffer:
Du hast das Recht, aufzubegehren gegen die Verbreitung des Todes im Namen des Friedens.
Du hast das Recht, dich zu wehren gegen den Wahnsinn der Rüstung
und gegen die Theorien, die den Krieg zu einer Notwendigkeit erklären.
Du hast das Recht, dich zu wehren gegen das Rechnen mit Menschenleben,
ob Soldaten oder Zivilisten, denn hinter jedem Namen
steht ein schlagendes Herz mit Wünschen und Träumen.
Du hast das Recht, gegen die Finanzierung der Maschinerie des Todes aufzubegehren,
weil sie mit den Pfennigen, Cents und Kopeken,
mit dem Geld der Armen der ganzen Welt bezahlt wird.
Du hast das Recht, dich entschieden auf die Seite des Lebens zu stellen,
deine ganze Energie einzusetzen, um diesen Planeten zu retten.
Doris:
Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:
- Wer sich morgen an unserer Friedensbanner-Aktion beteiligen kann, möge sich bitte nachher bei mir melden.
- Vor 3 Wochen haben verschiedene Friedensorganisationen einen neuen Abrüstungsappell an die Bundesregierung– Immer mehr Milliarden fürs Militär- nicht mit mir!- gestartet. Ca. 5500 Personen haben inzwischen unterschrieben. Man kann dies online tun beim Netzwerk Friedenskooperative friedenskooperative.de oder auf unserer homepage. Und es gibt jetzt auch die Möglichkeit, auf Papier zu unterschreiben. Die Listen liegen in der Mitte aus.
- Außerdem gibt es eine neue Postkartenaktion gegen Mittelstreckenraketen an Verteidigungsminister Pistorius. Sie liegen ebenfalls in der Mitte aus und können gerne auch zum Verteilen mitgenommen werden. Dies geht auch online als Mailaktion: Eine Zukunft in Frieden – nicht im Bunker!
- Die Organisation „Unter 18 nie“ hat eine Postkarte herausgegeben, mit der Jugendliche Widerspruch gegen die Weitergabe ihrer Daten an die Bundeswehr einlegen können. Wer Kontakt zu Jugendlichen hat, bitte Postkarten mitnehmen. Dies geht auch online.
- Unsere nächste Mahnwache findet heute in einer Woche statt, am Freitag, 31. Oktober um 18.00 Uhr wieder hier auf dem Marktplatz.
