Die Uhr tickt. US-Präsident Trump will den INF-Vertrag am 2. Februar 2019 suspendieren, wenn Russland bis dahin nicht auf seine Forderungen eingegangen ist. Die NATO unterstützt dieses Ultimatum Washingtons, womit ein neues atomares Wettrüsten mitten in Europa droht. Worum geht es?
Zu diesem Thema erschien am 20.01.2019 ein interessanter Artikel von SPIEGEL ONLINE unter dem Titel „USA verpassen Chance auf Abrüstung“. Hierin wird auf neue Angebote Russlands zu Verhandlungen verwiesen:
Die Russen hatten den USA am Dienstag in Genf angeboten, ihren Marschflugkörper SSC-8 vor Ort zu begutachten. Seit Jahren behaupten die Amerikaner, mit dem Marschflugkörper verstoße Moskau gegen den INF-Vertrag. Der Kreml bestreitet das.
Jon Wolfsthal zufolge, einst Abrüstungsberater von Barack Obama, ist das russische Angebot ein „großer Fortschritt“. Auch Obamas ehemalige Topdiplomatin Alexandra Bell sieht darin eine Möglichkeit, berichtet der Guardian; Washington solle den Vorschlag aufgreifen und darüber verhandeln. Bell wie Wolfsthal stehen nicht im Verdacht, russlandfreundlich zu sein. Doch die US-Delegation lehnte ab, die russische Initiative könnte nichts zur Klärung der Vertragstreue Moskaus beitragen.
Der INF-Vertrag verbietet Russen und Amerikanern landgestützte Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern. Nach US-Angaben wurden die SSC-8 Marschflugkörper von Russland mit einer Reichweite von 2.600 Kilometern getestet, nach russischen Angaben nur über 480 Kilometer. Wäre die von Russland angebotene Begutachtung vor Ort geeignet, diese Streitfrage zu klären? Hierzu noch ein Zitat aus dem genannten Artikel:
Robert Schmucker, ehemaliger Uno-Waffeninspekteur, und Wolfgang Richter, früher Verifikationsexperte der Bundeswehr, halten eine Vor-Ort-Inspektion für ausreichend, um diesen großen Unterschied zu klären. Dazu müsse man bloß Länge und Durchmesser der SSC-8 kennen.
Was allerdings bei einer solchen Inspektion wohl nicht zu klären wäre, ob diese Marschflugkörper nicht doch etwas weiter als die angegebenen 480 Kilometern fliegen könnten. Wenn die USA allerdings irgendein Interesse daran hätten, den INF-Vertrag zu erhalten, hätten sie die angebotenen Inspektionen erst einmal annehmen und noch weitere genauere Untersuchungen fordern können. Allerdings haben die USA den russischen Vorschlag einfach in Bausch und Bogen abgelehnt und keinerlei Gegenvorschlag zu dem russischen Angebot vorgelegt. Zumindest dies wäre durchaus üblich, wenn die USA überhaupt irgendein Interesse am Erhalt dieses Vertrages hätten, das scheint leider nicht der Fall zu sein. Europa droht also tatsächlich ein neues Wettrüsten mit atomaren Mittelstreckenraketen mitten in Europa. Keinerlei Antwort gibt es auch auf den russischen Vorwurf, dass die USA seit 2016 Mittelstreckenwaffen entwickeln, die angeblich ebenfalls gegen den INF-Vertrag verstoßen.
Fraglich bleibt, warum die europäischen NATO-Partner das US-Ultimatum einfach in Nibelungentreue unterstützen, ohne massiv ein eigenes Interesse am Erhalt dieses Abrüstungsvertrages zu bekunden. Möglicherweise hat ihnen Präsident Trump einen Deal vorgeschlagen? Ihr unterstützt uns bei der Beendigung des INF-Vertrages, dafür gibt es keine weiteren Sanktionen gegen europäische Produkte in den USA, wie etwa den Autos? Dies ist natürlich eine reine Spekulation von mir, durch keinerlei Fakten gesichert. So etwas traue ich diesem Präsidenten einfach zu.
Wie dem auch sei. Ein neues Wettrüsten mit atomaren Mittelstreckenraketen mitten in Europa kann nicht im Interesse Europas liegen. Da die Zeit drängt, bitte ich Euch, folgende Initiative zu unterstützen: Auf https://www.friedenskooperative.de/INF-Vertrag-erhalten könnt Ihr einen Brief an die Botschaften der USA und Russlands zum Erhalt des INF-Vertrages zu unterzeichnen. Unterschreibt diesen Brief einfach online und gebt die Information darüber, dass dies möglich ist, an möglichst viele Freund*innen und Bekannte weiter. Wie gesagt, die Zeit drängt!
Euer Detlef Beune