Mahnwache vom 17.10.2025

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Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch zu unserer Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die gekommen sind.

Die Nachrichten der vergangenen Woche lassen mich wieder einmal nicht los. Ich schaue nach Israel und bin hin- und hergerissen: einerseits empfinde ich Erleichterung über die Waffenruhe in Gaza, die Freilassung der israelischen Geiseln und den beginnenden Rückzug der israelischen Armee. Andererseits weiß ich, dass die meisten Probleme noch lange nicht gelöst sind, und ich fürchte, dass die Hoffnung auf Frieden sehr schnell wieder zunichte sein könnte. Es widerstrebt mir, wie Trump mit großen Worten sich selbst feiert. Trotzdem möchte ich versuchen, nicht das Scheitern schon vorwegzunehmen, sondern die Hoffnung aufrecht zu erhalten.

Im Schatten der Ereignisse in Israel geht der Ukraine-Krieg mit unverminderter Härte weiter. Wir hören von verstärkten russischen Luftangriffen auf ukrainische Städte, von immer mehr toten Zivilisten und von einer möglichen Lieferung amerikanischer Tomahawks Marschflugkörper an die Ukraine. Diese dienen nicht dazu, russische Angriffe abzuwehren, sondern Russland tief im Inneren anzugreifen. Also, wie Kreml-Sprecher Peskow sagte, „eine komplett neue Stufe der Eskalation“. Es fällt mir sehr schwer, mit solchen Nachrichten umzugehen. Ich frage mich: Warum nur setzen beide Seiten auf Eskalation anstatt auf ein Ende des Krieges?

Man sagt mir, Selenskij wolle ja Frieden, und er habe einen bedingungslosen Waffenstillstand angeboten. Wenn ich genauer hinschaue, sehe ich, dass er diesen zwar angeboten hat, aber erst nach einem kompletten Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Also alles Andere als bedingungslos. Ich lese täglich in der Zeitung, Putin wolle keinen Frieden und nur er eskaliere den Krieg. Wenn ich genauer hinschaue, lese ich im Kleingedruckten, dass auch die Ukraine zahlreiche Drohnenangriffe auf russisches Staatsgebiet durchführt.

Wann endlich werden sich beide Seiten darüber klar, dass es in diesem Krieg keine Sieger geben kann? Dass schon viel zu viele Menschen geopfert wurden? Dass sie ernsthafte Gespräche über einen Waffenstillstand und eine Friedenslösung führen müssen? Warum gibt es keine diplomatischen Bemühungen mehr, um beide Seiten an den Verhandlungstisch zu bringen? Könnten nicht, ähnlich wie im Nahen Osten, verschiedene neutrale Vermittler-Staaten mögliche Lösungen erarbeiten? Wann wird man endlich begreifen, dass man ein Einlenken des Gegners nicht durch immer neue Drohungen und Provokationen erreichen kann? Dass stattdessen durch Deeskalation und positive Anreize wie etwa die Aufhebung von Sanktionen, viel mehr erreicht werden kann? Wann wird man einmal versuchen, die Situation aus der Perspektive des Gegners zu sehen und sein Sicherheitsbedürfnis zu respektieren? Warum befragt man nicht Fachleute, wie Konflikte am besten entschärft werden können?

Man sagt mir immer wieder, Putin habe ja den Krieg angefangen und er töte täglich Menschen in der Ukraine. Dem kann ich nicht widersprechen. Sein Krieg ist eine absolute Katastrophe und nicht schönzureden. Nun ist es aber zwischenzeitlich normal geworden, für negative Ereignisse sofort Russland verantwortlich zu machen, ohne dafür Beweise zu haben. Wenn sich dann später eine andere Erklärung findet, erscheint diese meist sehr klein in der Zeitung und interessiert kaum mehr jemanden. Beispiele dafür gibt es leider genügend. So wurde die Sprengung der Nord-Stream Pipelines sofort Russland in die Schuhe geschoben. Inzwischen wissen wir, dass Ukrainer dafür verantwortlich waren.

Anfang September gingen Bilder eines zerstörten polnischen Hauses um die Welt, das angeblich von Russland angegriffen worden war. Später stellte sich heraus, dass das Haus von der nicht explodierten Rakete eines westlichen Kampfjets getroffen worden war.

Anfang Oktober wurde von verschiedenen Drohnen-Sichtungen über den Flughäfen von Frankfurt,   München und Kopenhagen berichtet. Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte diese zu einer „ernsthaften Bedrohung unserer Sicherheit“ und machte sofort Russland dafür verantwortlich. Dies tat er, obwohl bereits bekannt war, dass es sich in Frankfurt um einen „Hobby-Drohnenpiloten“ gehandelt hatte und die dänischen Behörden bereits öffentlich hinterfragt hatten, ob es sich bei den Sichtungen überhaupt um Drohnen gehandelt hatte. Eine Sprecherin der Bundeswehr sah sich sogar gezwungen, Medienberichte des SPIEGEL zu angeblichen Drohnenflügen über Flugabwehrstellungen umfassend zu dementieren. „Am Standort Sanitz sowie an weiteren Standorten gab es entgegen der Medienberichte keine registrierten Drohnenüberflüge.“ Ebenso ist inzwischen bekannt, dass die Schließung des größten Flughafens in Litauen nicht auf russische Drohnen, sondern auf von Zigarettenschmugglern genutzte Heißluftballons zurückzuführen war. Genauere Informationen zum Thema Drohnenflüge sind nachzulesen bei den Nachdenkseiten. Ich denke, dass es natürlich russische Spionage in westlichen Ländern gibt. Aber ich frage: Betreibt der Westen etwa keine Spionage?

Die genannten Beispiele zeigen, wie schnell unbewiesene Behauptungen sich als Tatsachen verbreiten und die Menschen manipulieren können. Seien wir also weiterhin wachsam. Lassen wir uns nicht dazu verleiten, alles Schlimme immer sofort Russland zuzuschieben und das Feindbild immer weiter zu verfestigen. Bleiben wir selbstkritisch. Informieren wir uns auch in anderen Quellen als den Üblichen. Und: Gehen wir weiterhin auf die Straße für den Frieden.

Die großen Friedensdemonstrationen in Berlin und Stuttgart liegen nun schon 2 Wochen zurück. Trotz geringem Medienecho erschien immerhin in der Esslinger Zeitung ein ausführlicher Bericht. Aus ihm möchte ich zum Schluss noch vorlesen:

Unter dem Motto „Nie wieder kriegstüchtig! Stehen wir auf für Frieden“ hat ein breites Bündnis aus mehr als 500 Friedensinitiativen und -organisationen am Tag der Deutschen Einheit in der Stuttgarter Innenstadt gegen Militarisierung, Hochrüstung und Wehrpflicht demonstriert. Tausende von Menschen sind dem Aufruf des Veranstalters gefolgt und haben sich an den Protesten beteiligt. Schon vor 13 Uhr drängten am Freitagnachmittag die Demonstranten auf den Stuttgarter Schlossplatz. Darunter auch Familien mit Kindern und viele junge Menschen. Nach der Auftaktkundgebung setzte sich gegen 14.30 Uhr ein kilometerlanger Demonstrationszug über Planie, Hauptstätter Straße, Wilhelmsplatz, Olgastraße und Charlottenplatz in Marsch. Das führte zeitweise zu Verkehrsbehinderungen auf dem City-Ring. Laut dem Veranstalter, dem Friedensnetz Baden-Württemberg, beteiligten sich mindestens 15 000 Protestierende an der Demonstration. Die Teilnehmer zeigten Transparente wie „Friedensfähig statt kriegstüchtig“ oder „Verhandeln statt schießen“. Viele Proteste richteten sich gegen höhere Verteidigungsausgaben und Aufrüstung, wie sie aktuell die Bundesregierung angesichts der verschärften geopolitischen Sicherheitslage anstrebt.

Vor allem die drohende Rückkehr zur Wehrpflicht löst bei vielen Menschen offenbar konkrete Ängste aus. So wie bei der 30-jährigen Karim: „Die ganze Bevölkerung und vor allem die jungen Leute sollen aktuell auf einen Krieg eingestellt werden“, betont die junge Frau. „Vielen ist gar nicht klar, welcher Gefahr sie damit entgegengehen.“ Sie sehe in der Wehrpflicht und der Hochrüstung ein Schritt zur Eskalation, jedoch nicht zum Frieden. Ins selbe Horn stößt Patrick aus Stuttgart. Er fürchtet, „dass ein Krieg uns alle betreffen würde“. Jüngere, Ältere und auch Frauen würden wahrscheinlich eingezogen werden, glaubt er. Er kritisierte deshalb die Tendenz zur Militarisierung scharf. Die 44-jährige Petra hat am Freitag auch ihren zwölfjährigen Sohn mit auf den Schlossplatz genommen. Sie hält ein selbst bemaltes Schild mit der Aufschrift „Unsere Kinder bekommt ihr nicht“ in die Höhe. Sie glaubt, dass ihr Sohn in wenigen Jahren Wehrdienst leisten muss. „Ich hätte nicht gedacht, dass das wieder kommt“, sagt sie. Dabei helfen, die Bundeswehr wieder zur „konventionell stärksten Armee Europas“ zu machen, wie es Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Regierungserklärung angekündigt hatte, wolle sie auf keinen Fall. 

Neben dem Ukrainekrieg stand bei den Kundgebungen vor und nach dem Demonstrationszug der Gaza-Konflikt im Mittelpunkt der Redebeiträge… Zeitgleich zur Stuttgarter Demonstration fand unter demselben Motto eine Großdemonstration in Berlin statt. Zentrale Forderungen des Bündnisses in Stuttgart und Berlin sind unter anderem ein Nein zur angekündigten Wehrpflicht, ein Stopp der Waffenlieferungen nach Israel und in die Ukraine, keine Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland sowie ein Asylrecht für internationale Kriegsdienstverweigerer. Prominenteste Rednerin in Stuttgart war die evangelische Theologin Margot Käßmann…“ Quelle s.hier

Soweit der ermutigende Rückblick auf den 3. Oktober.

Uwe:

Wir laden Sie, wir laden euch nun wieder dazu ein, 5 Minuten zu schweigen. Wir denken heute vorrangig an die Menschen in dem von den israelischen Militärs in eine Trümmerwüste zerbombten Gaza. Wir hoffen mit ihnen, dass die derzeitige Waffenruhe anhält und zu einem endgültigen Frieden führt. Es wird kolportiert, dass der US – amerikanische Präsident Trump klagt, dass er um den diesjährigen Friedensnobelpreis betrogen worden wäre. Trump sieht sich selbst offensichtlich als Friedensstifter im Nahen Osten. Bewiesen ist allerdings, dass er noch im zu Ende gehenden Jahr 2024 300 kg Bomben an Israel liefern ließ, die wohl einen großen Anteil an der Ermordung palästinensischer Zivilisten und der Zerstörung von Gebäuden in Gaza hatten.

Uwe:

Ich lese jetzt ein Gedicht von Konstantin Wecker:

So wie wir jetzt kurz vor dem Untergang stehen,
kaum noch eine Hoffnung, in Würde zu überleben,
so lasst uns jetzt mal die Möglichkeit ergreifen
alles ganz anders zu versuchen
wie einer,
der kurz vor seinem Tod noch das Leben
erleben und durchleben möchte,
ohne Rücksicht auf das Gequassle
der Zyniker und Drübersteher.
Dass diese Welt nie ende,
nur dafür lasst uns leben.

Uwe:

Bevor wir unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beenden, möchte ich noch auf einige Veranstaltungen und Aktionen, die in nächster Zeit geplant sind, hinweisen. Aber zuvor eine Anmerkung zu unseren Mahnwachen. Die erste fand einen Tag nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine, am 25. Februar 2022, statt. Seitdem fanden wir uns, eingerechnet die heutige Mahnwache, 150mal zu den Mahnwachen gegen den Krieg und für den Frieden zusammen. Eigentlich eine stattliche Zahl, aber uns allen wäre sicher wohler, wenn die Gründe dafür, warum wir uns wöchentlich hier versammeln, entfallen würden. Aber weil dem nicht so ist, Kriege leider nicht weniger werden, ist es gut zu wissen, an jedem Freitagabend mit Menschen zusammen sein zu können, mit denen uns ein gleiches Anliegen verbindet!

  • Am morgigen Samstag, 18.Oktober, findet in Lahr eine Menschenkette für den Frieden unter dem Motto: „Der Tod ist ein Meister aus Lahr“ statt. Mit dieser Menschenkette soll gegen die Absicht des Autozulieferers Schäffler, künftig auch Rüstungsgüter herzustellen, protestiert werden.
  • Am Dienstag, 21.Oktober, referiert um 19.30 Uhr in der Manufaktur Schorndorf Dr. Kerem Schamberger von medico international zu dem Thema: „Europa macht dicht, mit tödlichen Folgen, und Deutschland ist mitverantwortlich.“ Mitveranstalter sind: VVN/BdA Rems-Murr, Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus Schorndorf, Ökumenische Friedensgruppe und Friedensinitiative Schorndorf
  • Am Mittwoch, 22.Oktober Um 19 Uhr wird im Hotel Silber in Stuttgart der Film: „Die Liebe zum Leben“, mit anschließender Diskussion, gezeigt. In diesem Dokumentationsfilm geht es um den Wehrmachtsdesserteur Ludwig Baumann.
  • Ebenso an diesem Mittwoch sprechen und diskutieren um 19 Uhr in der Glockenkelter in Kernen/Stetten Saso Belik und Artem Klygan über: „Kriegsdienstverweigerer in Russland und kein Asyl in Deutschland“.
  • Am Donnerstag, 23.10., lädt Andreas Zumach um 17 Uhr zu einem online Meeting mit dem Thema: „80Jahre UNO – nur eine Zwischenkriegszeit?“ ein. Weitere Informationen über diesen Link. Teilnehmen kann jede/r über eine App oder direkt über einen Browser, siehe hier.
  • Am gleichen Donnerstag findet um 19 Uhr im Haus der kath. Kirche in Stuttgart, Königstraße 7, ein Vortrag mit Diskussion zum Thema: „Das System Netanjahu – Benjamin Netanjahus Weg zur Herrschaft über Israel“ statt.
  • Am Freitag, 24.Oktober, um 18 Uhr, also heute in einer Woche, findet unsere nächste Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden statt. Am gleichen Tag, zu unterschiedlichen Uhrzeiten, finden Mahnwachen in Flensburg, München, Odenthal statt.
  • Wer am morgigen Samstag bei der Banneraktion mitmachen möchte, gebe dies Doris oder Martin bekannt.

Damit ist unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beendet. Vielen Dank, dass Sie, dass ihr gekommen sind/seid. Wir wünschen ein entspanntes und erholsames Wochenende!

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