Es folgen die Redebeiträge auf dieser Mahnwache zum Nachlesen:
Doris:
Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch zu unserer Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die heute gekommen sind.
Unsere alte Bundesregierung hat zusammen mit der CDU das Milliarden-Schuldenpaket für Aufrüstung beschlossen. Wir blicken mit großer Sorge auf die neue Bundesregierung. Sie will die absolute Militarisierung unserer Gesellschaft mit großem Tempo voranbringen. Wird es im Bundestag noch Stimmen geben, die laut widersprechen? Eines ist klar: Wir müssen widersprechen. Die außerparlamentarische Kritik am Kriegsertüchtigungs-Kurs muss wachsen, so dass sie für die Regierenden hörbar und spürbar wird.
Gut, dass die Friedensorganisationen nicht müde werden, den Politikern dreinzureden. Zur Zeit laufen ja die Koalitionsverhandlungen, und dort gibt es eine sogenannte Arbeitsgruppe 12 „Außen und Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte“. Die Friedensorganisation ICAN wandte sich jetzt mit einem Offenen Brief an die Mitglieder dieser Arbeitsgruppe sowie die Parteivorsitzenden von CDU/CSU und SPD. Ich möchte diesen Brief – in Auszügen – heute vorlesen.
Berlin, 20. März 2025
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihre Arbeit in den kommenden Tagen bereitet die Grundlage für die Politik der Bundesregierung in der nächsten Legislaturperiode und damit für die Zukunft Deutschlands im Kontext der europäischen und weltweiten Herausforderungen.
Als deutsche Partnerorganisationen der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) sind wir alarmiert angesichts einer gefährlichen nuklearen Rhetorik und den Gedankenspielen über eine Ausweitung der französisch-britischen Atomwaffendoktrinen auf große Teile Europas. Diese Entwicklung untergräbt jahrzehntelange Bekenntnisse zur nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung!
Atomwaffen werden in der aktuellen Debatte zunehmend als notwendiger Teil der Sicherheitspolitik Europas dargestellt. Wir sind jedoch überzeugt, dass nukleare Abschreckung niemals eine verantwortungsvolle oder nachhaltige Sicherheitsstrategie sein kann. Nukleare Abschreckung bedeutet in letzter Konsequenz die Bereitschaft, Massenvernichtungswaffen gegen Zivilbevölkerungen einzusetzen. Dies ist ein zynisches Verständnis von Sicherheit und eine ständige existenzielle Bedrohung für die Menschheit.
Im Jahr des 80. Gedenkens an die Tragödien von Hiroshima und Nagasaki sehen sich Deutschland und Europa mit großen geopolitischen Herausforderungen konfrontiert. Diese Situation erfordert Führung, Mut und Konsequenz. 800 europäische Städte sowie Staaten wie Malta, Österreich und Irland haben sich zum Völkerrecht und zum Ziel einer atomwaffenfreien Welt bekannt, indem sie den Vertrag über das Verbot von Atomwaffen (AVV) unterstützen.
Der UN-Atomwaffenverbotsvertrag wurde inzwischen von 94 Staaten weltweit unterzeichnet. Er verbietet allen Mitgliedern Entwicklung, Besitz, Weitergabe, Stationierung, Drohung mit und Einsatz von Atomwaffen. Damit setzt er der Bedrohung der Menschheit durch Atomwaffen eine starke völkerrechtliche Norm entgegen. Außerdem sieht er erstmals internationale Programme zur Unterstützung der Millionen Menschen vor, die von Atomtests betroffen sind.
Wir sind enttäuscht, dass die Bundesregierung in diesem Jahr die Chance nicht genutzt hat, bei der Staatenkonferenz in New York den Dialog mit den AVV-Vertragsstaaten und den Betroffenen weiterzuführen. Gerade in Krisenzeiten ist es notwendig, den multilateralen Austausch über atomare Abrüstung trotz unterschiedlicher Perspektiven aufrecht zu erhalten. Wir erwarten daher von Ihnen im Koalitionsvertrag ein Bekenntnis zur konstruktiven Begleitung des AVV und zur Teilnahme an den künftigen Konferenzen!…
Sehr geehrte Damen und Herren, 80 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki appellieren wir an Sie, im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD Ihrer Verantwortung für Frieden und Sicherheit gerecht zu werden. Stellen Sie die Einhaltung des Völkerrechts und die Verteidigung der Menschenrechte in den Mittelpunkt! Hierzu gehört ein eindeutiges Bekenntnis der künftigen Regierungskoalition zum Ziel einer Welt ohne Atomwaffen und die Vereinbarung konsequenter Schritte auf diesem Weg.
Konkret fordern wir Sie auf:
-
- Unterstützen Sie jetzt Schritte der Deeskalation und Risikobegrenzung sowie die Entwicklung einer neuen Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa, die vollständig auf Atomwaffen verzichtet!
- Setzen Sie sich für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland ein. Erteilen Sie außerdem Überlegungen zur Stationierung weiterer Atomwaffen und jeder nuklearen Aufrüstung in Europa eine endgültige Absage!
- Suchen Sie einen konstruktiven Dialog mit den Mitgliedsstaaten des UN-Atomwaffenverbotsvertrages, nehmen Sie an den künftigen AVV-Konferenzen teil und bereiten Sie einen perspektivischen Beitritt Deutschlands zum AVV vor!
- Unterstützen Sie auch weiterhin Projekte zur Betroffenenhilfe für Überlebende von Atomwaffeneinsätzen und -tests sowie zur entsprechenden Umweltsanierung!
Soweit der Offene Brief von ICAN. Er wurde unterstützt von 21 Partnerorganisationen. Möge er die Adressaten berühren und ein Nachdenken bewirken.
Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, unser Nein zur Aufrüstung zum Ausdruck zu bringen? Ich möchte noch 3 Beispiele nennen:
- Zur Zeit werden bundesweit die Ostermärsche vorbereitet. An über 100 Orten werden vom 18. – 21. April unterschiedliche Aktionen stattfinden. Die Friedenskooperativen hat wieder eine Zeitungsanzeige geschaltet, die von über 1000 Menschen unterzeichnet wurde und in verschiedenen Zeitungen erscheinen wird. Über den Stuttgarter Ostermarsch werden wir noch Näheres berichten.
- Um gegen die Stationierung der US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland zu protestieren, wird es morgen eine große bundesweite Demonstration in Wiesbaden geben, denn dort sollen diese Waffen stationiert werden. Auch wenn wir nicht in Wiesbaden dabei sein werden, können wir doch die Aktion mit guten Gedanken begleiten.
- Die Friedenskooperative hat eine neue Postkartenaktion gestartet. Verschiedene Forderungen an den künftigen Bundeskanzler können darauf angekreuzt und an Friedrich Merz geschickt werden. Bitte nehmen Sie die Karten nachher mit.
Wir wissen nicht, ob all die Versuche, sich für den Frieden einzusetzen, etwas bewirken. Aber ich bin sicher: Es macht einen Unterschied, ob wir einfach widerspruchslos den Dingen ihren Lauf lassen oder ob wir uns mit vielen kleinen Schritten einmischen. Lassen wir uns nicht entmutigen!
Uwe:
Bevor ich jetzt wieder zum gemeinsamen Schweigen einlade, möchte ich noch etwas loswerden, was mich gestern Abend sehr erschüttert, empört und wütend gemacht hat. – In der Sendung Monitor gestern Abend berichtete ein deutscher Arzt, der mit der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ als Chirurg in einem Krankenhaus in Gaza arbeitet, über die Folgen der dort wieder seit mehreren Tagen stattfindenden Bombardements der israelischen Militärs, welche mit ausdrücklicher Zustimmung der US – amerikanischen Regierung stattfinden. Der Arzt beklagte, dass von der israelischen Armee hemmungslos Krankenhäuser bombardiert werden, dass Hilfskonvois mit dringend benötigten Lebensmitteln, Wasser, Medizin daran gehindert werden, ihr Ziel zu erreichen. Dem Mediziner war die Verzweiflung anzusehen!
Gleichermaßen empört war ich über den Bericht über das Verhalten israelischer Siedler und Militärs im Westjordanland. Hier wurde ein Filmemacher von Siedlern angegriffen und verprügelt, als er filmte, wie von Siedlern Häuser von Palästinensern zerstört wurden. Herbeieilende Soldaten beteiligten sich an der Prügelei und verhaftete anschließend den verletzten Palästinenser. Der befindet sich zwar zwischenzeitlich wieder auf freiem Fuß, leidet aber immer noch an den Verletzungen, die ihm bei der Prügelei zugefügt wurden.
Ich lade Sie, ich lade euch nun wieder dazu ein, mit uns einige Minuten zu schweigen. Wir gedenken dabei all der Menschen, die durch kriegerische Einwirkungen getötet, verletzt oder ihrer Heimstatt beraubt wurden und sich auf der Flucht befinden.
Wir gedenken heute insbesondere der Kinder, denen in den weltweit stattfindenden bewaffneten Konflikten großes Leid zugefügt und eine hoffnungsvolle Zukunftsperspektive zerstört wird.
Und wir gedenken auch all der Menschen, die weltweit gegen den Krieg und für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage aktiv sind.
Uwe:
Gründe
„Weil das alles nicht hilft
Sie tun ja doch was sie wollen
Weil ich mir nicht nochmals
die Finger verbrennen will
Weil man nur lachen wird:
Auf dich haben sie gewartet
Und warum immer ich?
Keiner wird es mir danken
Weil da niemand mehr durchsieht
sondern höchstens noch mehr kaputtgeht
Weil jedes Schlechte
vielleicht auch sein Gutes hat
Weil es Sache des Standpunktes ist
und überhaupt wem soll man glauben?
Weil auch bei den andern nur
mit Wasser gekocht wird
Weil ich das lieber
Berufeneren überlasse
Weil man nie weiß
wie einem das schaden kann
Weil sich die Mühe nicht lohnt
weil sie das alle gar nicht wert sind“
Das sind Todesursachen
zu schreiben auf unsere Gräber
die nicht mehr gegraben werden
wenn das die Ursachen sind
(Erich Fried)
Uwe:
Bevor wir unsere heutige Mahnwache beenden, möchte ich noch auf einige Veranstaltungen hinweisen:
- Am kommenden Sonntag findet im Rahmen des Abendgottesdienstes „Stadtkirche am Abend“ um 19h eine Liturgie mit „Musik und Erzählungen über eine faire Welt“ statt.
- Am Montag, 31.03. um 17h im Kloster der Franziskanerinnen in Schwäbisch Gmünd Vortrag und Diskussion zum Thema: „Gaza im Nahostkonflikt: Das Leid der Anderen sehen und verstehen“
- Am Mittwoch, 02.04.2025, um 19.30h findet in Weinstadt-Beutelsbach, Oberlinstraße 14, eine Veranstaltung mit Ralf Becker „Sicherheit neu denken“ (Stellvertreted für Andreas Zumach )statt. Das Thema der Veranstaltung: „Die Welt in Aufruhr, Deutschland verunsichert – was tun?
- Ebenfalls am Mittwoch 02.04. um 19h referiert Eberhard Bolay im Mehrgenerationenhaus zu dem Thema: „Unterwegs für eine bessere Zukunft“. (fairer Handel)
- Wer am morgigen Samstag Zeit und Lust hat, an unserer Banneraktion mitzuwirken, bitte nach der Mahnwache bei Doris melden
- Unsere nächste Mahnwache findet heute in einer Woche, am Freitag, 4.April 2025, am gleichen Ort zu gleicher Zeit, statt.
Damit ist unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beendet.
Herzlichen Dank dafür, dass Sie, dass ihr gekommen sind / seid. Wir wünschen Ihnen einen schönen Abend und ein erholsames Wochenende.