Deutschland: Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen!

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Am 22.01.2021 ist der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft getreten, den ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear Weapons) 2017 der UNO zur Abstimmung vorgelegt hatte: 122 von 193 Staaten haben für diesen Vertrag gestimmt, 86 haben ihn mittlerweile unterzeichnet und 54 auch ratifiziert. Deutschland gehört allerdings nicht dazu. ICAN erhielt für dieses Engagement 2017 den Friedensnobelpreis.

Die Bundesregierung versuchte in ihrer Stellungnahme den Eindruck zu vermitteln, dass sie natürlich auch für Abrüstungsschritte sei, sie aber den seit 50 Jahren gültigen Atomwaffensperrvertrag für das eigentliche Mittel hierfür betrachte und der Atomwaffenverbotsvertrag zu einer realen Schwächung internationaler Abrüstungsbemühungen im nuklearen Bereich führen könne.

Allerdings kommen hier die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages in einem Gutachten im Auftrag der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen zu einem anderen Ergebnis. Näheres hierzu kann man in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen vom 21.01.2021 nachlesen. Auch ICAN selbst weist in einer Stellungname vom 27.01.2021  darauf hin. Wer die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages komplett lesen möchte, kann das hier tun: Wissenschaftlicher Dienst Aktenzeichen WD 2 – 3000 – 111/20

Von den Vereinten Nationen selbst wurde insbesondere auch die Art der Ablehnung des Vertrages durch die Bundesregierung kritisiert, zitiert aus dem erwähnten Artikel der FAZ:

Unverständnis bei den Vereinten Nationen

Auch bei den Vereinten Nationen in New York wird die harsche Ablehnung des neuen Vertrags mit Unverständnis verfolgt. „Staaten, die nicht beabsichtigen, dem Vertrag beizutreten, sollten die berechtigten Befürchtungen und alle nach Treu und Glauben unternommenen Anstrengungen zur Erreichung der nuklearen Abrüstung respektieren“, fordert der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, auch in Richtung der Nato-Staaten.

Auch viele Kräfte in Deutschland selbst haben in dieser Frage eine andere Meinung als die Bundesregierung:

  • So haben mittlerweile 116 Städte in Deutschland den ICAN-Städteappell unterzeichnet, in dem die Bundesregierung zum Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag aufgefordert wird.
  • Ähnliches fordern bereits 621 Abgeordnete aus Deutschland, davon 167 Bundestagsabgeordnete und 39 Landtagsabgeordnete aus Baden-Württemberg, die bereits den ICAN-Appell für Abgeordnete unterzeichnet haben.

Weiterhin haben alle Bundesregierungen seit 2010 folgenden Beschluss ihres Parlamentes missachtet: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bunderegierung auf, sich … mit Nachdruck für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen“. Diesen fraktionsübergreifenden Beschluss fasste der Deutsche Bundestag am 26. März 2010. Und was passiert stattdessen? Die Neustationierung von Atomwaffen in Büchel wird vorbereitet, wie die IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) am 05.03.2021 kritisierte. Zitat aus dieser Verlautbarung:

„Während Ärzt*innen mit neuen Mutanten von Covid-19 ringen und daran arbeiten, das größte Impf- und Testprogramm in Deutschlands Geschichte durchzuführen, werden Gelder für den Einsatz von Atomwaffen von der Bundesregierung verschwendet. Das ist nicht nur verantwortungslos, das ist ein Skandal“, sagt Dr. med. Lars Pohlmeier, Arzt aus Bremen und Vorstandsmitglied der IPPNW Deutschland.

Die Bundesregierung möchte, dass deutsche Soldaten diese Atomwaffen im Zweifel auch ins Ziel fliegen können, dafür sollen in den USA 45 F18-Kampfjets für schlappe 7,5 Milliarden Euro gekauft werden.

Überhaupt, diese Bundesregierung möchte aufrüsten, um jeden Preis. Rund um die Sicherheitskonferenz am 19.02.2021 in München verkündeten sowohl Kanzlerin Merkel als auch Außenminister Maas stolz gegenüber dem neuen US-Präsidenten Biden: Deutschland hat es fast erreicht, in jedem Jahr 1,5 % des Bruttoinlandsproduktes in die Rüstung zu stecken. Natürlich halte Deutschland an dem Ziel fest, in Zukunft 2 % dieses BIP in die Rüstung zu stecken. Übrigens: Dieses 2-%-Ziel der NATO ist niemals durch den Bundestag bestätigt worden. Es gibt auch keinerlei plausible Begründung für dieses Ziel außer der, dass die USA das von ihren NATO-Partnern in Europa fordern!

Geht es nach der Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer, soll die Bundeswehr künftig überall in der Welt eine größere Rolle spielen. Damit wird ganz nebenbei das für die Bundeswehr vorgegebene Ziel, eine reine Verteidigungsarmee zu sein, endgültig ad acta gelegt. Sie möchte jetzt die Bundeswehr im indo-pazifischen Meer zur Eindämmung Chinas einsetzen (siehe z.B. Deutschlandfunk vom 12.03.2021).

 

Die Friedensbewegung – selten war sie so wichtig wie heute

Oft sind es die ganz kleinen Dinge, die den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, endlich Schritte in die Richtung von Abrüstung und Endspannungspolitik zu gehen, anstatt an teuren und für uns alle lebensgefährlichen Aufrüstungsplänen festzuhalten. Wenn hier eine neue Stadt den ICAN-Städteappell oder dort ein neuer Abgeordneter oder eine neue Abgeordnete den ICAN-Appell für Abgeordnete unterzeichnet hat, dann wird es für die Bundesregierung wieder ein bisschen schwerer, ihren strikten Aufrüstungskurs einfach fortzusetzen.

In diesem Zusammenhang kommt auch dem Gemeinderat der Stadt Schorndorf eine gewisse Bedeutung zu. Ursprünglich sollte hier schon im Oktober 2020 eine Entscheidung zur Haltung zum ICAN-Städteappell fallen. Dieses hat dann aber der Ältestenrat des Gemeinderates kurzerhand um ein ganzes Jahr auf den Oktober 2021 verschoben – ausdrücklich auf die Zeit nach den Bundestagswahlen. Über die Gründe können wir nur spekulieren, da wir als Friedensinitiative hierzu nicht informiert worden sind. Umso mehr werden wir allerdings im kommenden Oktober darauf achten, was zu dieser Frage im Gemeinderat passieren wird.

Nicht nur Städte und Gemeinden, auch die Bundesländer Bremen, Berlin, Rheinland-Pfalz und Hamburg unterstützen bereits den Vertrag zum Verbot von Atomwaffen. Möglicherweise kommen da noch weitere Bundesländer (vielleicht sogar Baden-Württemberg?) hinzu, vielleicht schon bald, vielleicht auch etwas später?

Je mehr Bundesländer, Städte und Gemeinden und auch Abgeordnete das letztlich werden, ums so schwerer wird es für die jeweilige Bundesregierung, diese Forderungen einfach zu ignorieren.

Nicht zuletzt: Auch in diesem Jahr gibt es sie wieder, die traditionellen Ostermärsche der Friedensbewegung. Natürlich wäre es schön, wenn dann trotz Corona die Friedensbewegung zeigen könnte, dass sie so lange weiter machen wird, bis die Atomwaffen und mit ihnen alle Kriege endgültig von dieser Erde verschwunden sind. Deshalb freuen wir uns darauf, möglichst viele von Euch am 03.04.2021 in Stuttgart beim Ostermarsch zu sehen:

Aufruf zu den Ostermärschen 2021 in Stuttgart und anderen Orten

Detlef Beune

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