Bild von ANDRI TEGAR MAHARDIKA auf Pixabay
Hier die Beiträge der Mahnwache zum Nachlesen:
Doris:
Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch zu unserer Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die heute gekommen sind.
„Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll und was nicht.“ So oder ähnlich hört man zur Zeit viele Menschen reden. Auch uns geht es oft so. Die Nachrichten sind verwirrend, oft auch widersprüchlich. Am einen Tag lesen wir in der Zeitung von einer zumindest kleinen Chance auf eine Waffenruhe in der Ukraine oder im Nahen Osten, am anderen Tag wird schon wieder das Gegenteil berichtet, und der Hoffnungsschimmer ist zunichte. Auch die gemeldeten Fakten scheinen sich von Tag zu Tag zu widersprechen. Und die Kommentatoren und Meinungsmacher der Medien trommeln immer massiver für den totalen Aufrüstungskurs. Wie können wir noch argumentieren, wie andere Menschen überzeugen?
Das Friedensforschungsinstitut Sipri verbreitet keine Meinungen, sondern konkrete und überprüfbare Zahlen. Demnach sind im Jahr 2024 die Ausgaben für Rüstung weltweit um fast ein Zehntel gestiegen, mit weiter steigender Tendenz. Die Zahlen, die dabei genannt werden, übersteigen unsere Vorstellungskraft. Deutschland, so sagt man uns ja ständig, sei militärisch völlig herunter gewirtschaftet und nicht mehr verteidigungsfähig. Wir lesen aber bei Sipri, dass Deutschland 2024 zu den 5 Ländern mit den höchsten Investitionen ins Militär gehört und dass seine Ausgaben gegenüber dem Vorjahr sogar um 28% gestiegen sind. Russland, so sagt man uns ständig, habe mehr aufgerüstet als alle anderen. Wir lesen aber bei Sipri, dass die USA letztes Jahr 997 Milliarden Euro für das Militär ausgegeben haben, Russland 149 Milliarden Dollar.
Bei allen Zweifeln und Fragen, wie man die Details zur derzeitigen Situation bewerten soll – eines ist sicher: es ist vollkommen verrückt, so viel Geld in Rüstung zu investieren und gleichzeitig immer mehr Menschen verhungern zu lassen. Man könnte auch sagen, es ist eine absolute Sünde. Jedenfalls eine Schande für die Menschheit. Wir spüren im tiefsten Inneren, dass das nicht sein darf und dass wir uns dazu weiterhin klar positionieren müssen.
Einer der Menschen, die sich sehr klar positionieren, ist Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund. Wir hatten ihn im vergangenen Herbst zu Gast in der Manufaktur mit dem Thema „Medien im Krieg“. Ich möchte heute einige Absätze aus seiner Ansprache beim Ostermarsch in Schrobenhausen lesen. Er geht sehr ausführlich auf den Ukraine-Krieg ein. Aus Zeitgründen möchte ich diesen Teil der Rede weglassen. Ich wähle den Absatz zu Israel-Palästina aus, da dieses Thema oft in der Berichterstattung im Schatten des Ukraine-Kriegs steht. Die gesamte Rede ist auf der Homepage des Netzwerk Friedenskooperative nachzulesen.
„Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde, ich freue mich, heute hier bei euch beim Ostermarsch zu sprechen. Dass ich hier heute stehe, hängt auch mit meiner Biographie zusammen:
Mein Vater, Jahrgang 1925, wurde an seinem 17. Geburtstag von den Nazis abgeholt und in den 2. Weltkrieg geschickt, zunächst nach Frankreich und dann in die Ukraine. Er hat fast 40 Jahre gebraucht, um mir über das zu erzählen, was er an Kriegs-Wahnsinn in beiden Ländern erlebt hat.
Ich frage mich angesichts des Leides in der Ukraine und Russland, in Israel und Palästina, in Libanon, Syrien, in den kurdischen Gebieten, in Jemen, Darfur und vielen anderen Kriegsorten: Wie viele Generationen werden die seelischen Wunden der heutigen Kriege noch andauern, selbst dann, wenn ein Wiederaufbau längst abgeschlossen ist? Was ist das für eine Zeit, die wir da gerade erleben? (…)
Hölderlin hat einmal gesagt: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“. Wir selbst können ganz oft die Erfahrung machen: Wenn es dunkel wird, fangen Sterne an zu leuchten. Ein solcher Stern war für mich die US-amerikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde, die Donald Trump nach seiner Vereidigung ins Gewissen geredet hat. Ein solcher Stern ist für mich die liberale Richterin Susan Crawford, die sich bei der Wahl in Wisconsin gegen den von Elon Musk mit vielen Millionen US-Dollar unterstützten Trump-Anhänger-Konkurrenten bei der Richterwahl durchgesetzt hat.
Solche Sterne sind für mich auch die Professoren der Harvard Universität, die dem US-Präsidenten Widerstand entgegen setzen gegen seine Versuche der immer stärkeren Kontrolle der US-Universitäten. Solche Sterne sind die mehr als eine Million Menschen, die bei einem landesweiten Aktionstag zur Rettung der Demokratie in den USA unter dem Titel „Hands off“ – „Hände weg“ vor Kurzem auf die Straße gegangen sind. (…)
Liebe Freundinnen und Freunde, es ist mir ein Herzensanliegen, auch zum Israel-Palästina-Konflikt noch einige Sätze zu sagen. Unter dem Motto „Für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel“ haben sich zahlreiche Organisationen wie Amnesty International, Medico international, IPPNW, Pax Christi und der Versöhnungsbund zusammen getan und bisher bereits in Berlin, München, Köln und Nürnberg Kundgebungen veranstaltet: Alle Organisationen gemeinsam fordern von der aktuellen wie auch der zukünftigen Bundesregierung:
- Stellen Sie sich endlich hinter geltendes internationales Recht und schützen Sie die leidende Zivilbevölkerung: Bestehen Sie ohne Wenn und Aber auf einem sofortigen und umfassenden Waffenstillstand und tragen Sie dazu bei, dass die Forderung des Internationalen Gerichtshofs nach Schutz und Versorgung der Zivilbevölkerung in Gaza endlich durchgesetzt wird.
- Liefern Sie keine Rüstungsgüter an Israel, solange das Risiko besteht, dass sie völkerrechtswidrig eingesetzt werden.
- Setzen Sie sich für die Freilassung aller in Palästina und Israel zu Unrecht festgehaltenen Menschen ein.
- Hören Sie die Forderungen der palästinensischen und israelischen Zivilgesellschaft, die sich für einen gerechten Frieden engagiert, und unterstützen Sie deren ohnehin herausfordernde Arbeit aktiv, anstatt sie zu behindern.
- Unterstützen Sie die internationale Gerichtsbarkeit ohne Einschränkungen, setzen Sie ihre Entscheidungen vollständig um und tragen Sie dazu bei, die jahrzehntelange Straflosigkeit zu beenden.
- Beachten Sie das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom 19. Juli 2024 und die zugehörige Resolution der UN-Generalversammlung und drängen Sie auf ein unverzügliches Ende der illegalen Besatzung, des völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus und der Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem.
- Erkennen Sie das Recht der Palästinenser:innen auf kollektive Selbstbestimmung vorbehaltlos an und treten Sie konsequent für dessen Verwirklichung ein.
- Schützen und verteidigen Sie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland, anstatt sie zu untergraben.
In Israel und Palästina gibt es nach wie vor zahlreiche Organisationen, die diese Forderungen unterstützen. Auch sie sind für mich wie „Sterne in der Nacht“. Mitglieder von „Standing together“, einer gemeinsamen israelisch-palästinensischen Organisation, haben mit ihrem körperlichen Einsatz dafür gesorgt, dass gegen den Widerstand von Siedlern LKW mit humanitären Gütern in den Gazastreifen gebracht werden konnten. Die Mitglieder von Combatans for Peace haben die Waffen auf beiden Seiten niedergelegt, in einem Elternkreis treffen sich trauernde Eltern beider Seiten, die ihre Kinder verloren haben. Friedrich Merz dürfen wir es nicht durchgehen lassen, dass er trotz internationalem Haftbefehl den israelischen Ministerpräsidenten empfangen will – weil damit die Autorität des internationalen Rechts untergraben würde. (…)“
So weit Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund.
Heute, am 2. Mai 2025 jährt sich zum 50. Mal die Unterzeichnung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, auch Atomwaffensperrvertrag genannt, durch die Bundesrepublik Deutschland. Zeitgleich findet gerade bis zum 9. Mai 2025 in New York die 3. Vorbereitungskonferenz zur Überprüfung des Vertrags statt. In den Nachrichten und in der Zeitung war nicht die Rede davon. Unsere Forderung lautet: Die Bundesregierung und andere Staaten müssen jetzt klare Worte finden und sich sichtbar für nukleare Abrüstung und gegen jegliche Legitimierung von Atomwaffen einsetzen.
Am nächsten Freitag wollen wir bei der Mahnwache das „European Peace Project“ vorstellen, welches sich mit dem 80. Jahrestag des Endes des 2. Weltkriegs und den richtigen Konsequenzen daraus beschäftigt: www.europeanpeaceproject.eu
Uwe:
Wir laden Sie, wir laden euch nun wieder dazu ein, einige Minuten mit uns zu schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind;- und auch an die Tiere, die bei gewaltsamen ausgetragenen Konflikten großes Leid erfahren. Wir gedenken der geschundenen Natur, der zerstörten Kultur, und an alle, die sich gegen den Krieg und für den Erhalt unserer Mitwelt einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und weitere Eskalation verhindern.
Uwe:
Dwight D. Eisenhower:
„Jede ausgelieferte Kanone, jedes vom Stapel gelaufene Kriegsschiff, jede abgefeuerte Rakete bedeutet in letzter Konsequenz Diebstahl an jenen die hungern, frieren, nichts zu essen und keine Kleidung haben.“
Anmerkung:
Der frühere Präsident der USA drückt in den 50er Jahren drastisch das gleiche aus, was die Friedensnobelpreisträgerin von 2014, Malala Yousafazai wie folgt äußerte:
„Wir brauchen 39,6 Milliarden Dollar, damit jedes Kind zwölf Jahre zur Schule gehen kann. Das klingt viel, doch diese Summe gibt die Welt in nur acht Tagen für Militär aus. Das Geld ist da, es ist eine Frage der Priorität.“
Diese Gedanken hatten wir schon bei der einen oder anderen Mahnwache zitiert. Heute habe ich sie wieder ausgewählt, weil das, was die neue Bundesregierung hinsichtlich Rüstung plant, beispiellos in der Geschichte der Bundesrepublik ist. Wie einige Politiker schon verlautbaren ließen, werden diese exorbitanten Summen für Kriegsgerät nicht aufzubringen sein, wenn nicht an anderen Stellen Finanzmittel gekürzt werden. Gekürzt wird dabei sicher wieder, wo dies am einfachsten ist, bei Mitteln, die den Ärmsten der Gesellschaft zugedacht sind.
Uwe:
Bevor wir unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beenden, nun noch einige Hinweise auf Veranstaltungen und Aktionen:
- Vom 01. – 03. Mai findet in Hannover der evangelische Kirchentag statt. Parallel dazu gibt es ein Ökumenisches Friedenszentrum in Hannover, das von unterschiedlichen Friedensinitiativen organisiert wird. Das Ziel ist, „eine mutige, starke, beherzte theologische Stimme gegen die Militarisierung hörbar zu machen und einen christlichen Friedensruf ins Gespräch zu bringen“. Schirmherrin ist Margot Käßmann.
- Am kommenden Montag, um 18 Uhr trifft sich die „Ökumenische Friedensgruppe der Stadtkirchengemeinde Schorndorf im Martin-Luther-Haus. Gäste sind willkommen!
- Am Donnerstag, den 08. Mai um 16.00 Uhr findet in Stuttgart auf dem Karlsplatz eine Kundgebung statt zum 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg.
- Am Mittwoch, den 14. Mai um 19.00 Uhr lädt die zuvor schon erwähnte Ökumenische Friedensgruppe der Stadtkirchengemeinde Schorndorf zu einer Veranstaltung in der Stadtkirche ein. Titel: „Lieder aus Taizé und Texte zum Frieden“.
- Am Donnerstag, den 15. Mai um 18.00 Uhr findet in Stuttgart beim Hotel Silber eine Kundgebung zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung statt.
- Am Samstag, den 17. Mai gibt es wieder einen kirchlichen Aktionstag am Atomwaffenstandort Büchel.
- Am Mittwoch, den 21. Mai um 20.00 Uhr lädt die Gesellschaft Kultur des Friedens wieder zu einem Friedenskonzert mit Konstantin Wecker und anderen in die Johanneskirche Stuttgart ein. Thema: „Friedensfähig statt kriegstüchtig“.
- Wer morgen bei der Friedensbanner-Aktion mithelfen kann, möge sich nachher bitte bei uns melden.
- Auf unserem Transparent in der Mitte unseres Kreises liegen noch einmal die Unterschriftenlisten der Friedensorganisation Pro Peace zum Unterschreiben aus.
- Unsere nächste Mahnwache findet am kommenden Freitag, den 09. Mai um 18.00 Uhr wieder hier auf dem Marktplatz statt.
Vielen Dank für Ihre Initiative! Sie haben genau die richtigen Worte gefunden. Viele Grüße aus Spaichingen, wo erst wir 2 eingetragen sind für das European Peace Project. Friede für Europa!