Mahnwache vom 25.04.2025

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Hier die Beiträge der Mahnwache zum Nachlesen:

Uwe:

Guten Abend, ich begrüße Sie, ich begrüße euch, im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu  unserer heutigen 133. Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden.

Gestern vor einer Woche, am Gründonnerstag, fanden in einigen Städten in Deutschland die Auftaktveranstaltungen der diesjährigen Ostermärsche statt. Insgesamt fanden sich, nach Angaben des Netzwerks Friedenskooperative, in 100 Städten Menschen bei Ostermärschen zusammen. Entgegen den ersten Nachrichtensendungen am Karsamstag, wo von wenigen Friedensaktivisten die Rede war, die sich an den Ostermärschen beteiligten, wurde am Ostersonntag und -montag von mehreren Zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern berichtet. Auch das zuvor schon erwähnte Friedensnetzwerk meldete, dass in diesem Jahr mehr Menschen an den Ostertagen auf die Straße gegangen wären als in den Jahren zuvor.

Die dominierenden Themen waren die Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, im Sudan und im Kongo, sowie die massive Aufrüstung in Deutschland und die geplante Stationierung von US – amerikanischen Mittelstreckenraketen in Deutschland. Die zentralen Forderungen der Ostermarschiererinnen und – marschierer an die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker waren: Alles zu tun, um das gegenseitige Abschlachten in den Kriegsregionen zu beenden.

Ich weiß nicht, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Maße andere Zeitungen über die Ostermärsche berichtet haben. Den  Schorndorfer Nachrichten waren die Ostermärsche in der Ausgabe am Dienstag nach Ostern ein achtzehn-zeiliger Artikel wert. Dagegen schaffte es in derselben Ausgabe die Waiblinger Influenzerin Vanja Rasova, dass auf einer Drittel Seite über ihr Leben berichtet wurde. Ebenso war es den Schorndorfer Nachrichten wichtig, auf einer halben Seite zu berichten, „wie es im weltbesten Restaurant“ schmeckt.

Demgegenüber  veröffentlichte die Frankfurter Rundschau am 17. April d.J., hinsichtlich der bevorstehenden Ostermärsche, ein Interview mit der Friedens- und Konfliktforscherin Hanne Magret Birckenbach,  aus dem Gisela  und ich nun einige Zeilen zitieren werden.

Frau Birckenbach wurde von der Journalistin Bascha Mika interviewt.

Frau Birckenbach, wie ging es Ihnen, als Friedrich Merz kürzlich sagte: „Whatever it takes!” und der Kanzler in spe damit eine gigantische Aufrüstung ankündigte?

Ich finde es peinlich. „Whatever it takes?“ Was immer auch nötig ist? Um wessen Leben geht es dabei? Auch um meines? Bei solchen politischen Formulierungen weiß ich nicht so genau, ob ich sie überhaupt ernst nehmen soll. Merz ist ja nicht der Erste, der so etwas sagt. Wir haben es gegenwärtig mit einer Unmenge an Floskeln zu tun. Aufrüstung, Abschreckung, Wehrpflicht. Wir diskutieren zurzeit ja so, als wäre Gewalt als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln alternativlos. Und als stimme die Logik: Aufrüstung gleich Sicherheit. Das ist sicherlich nicht der Fall und das kann man heute auch wissen. Aber man muss auch sehen, dass die Politiker erstens daran glauben und dass sie zweitens ein Publikum haben, das sich dadurch in seinem Sicherheitsbedürfnis bestärkt sieht. Aber die Forschung ist da sehr eindeutig: Sicherheit wächst nicht mit den Ausgaben, die dafür bereitgestellt und nicht mit den Waffen, die angeschafft werden. Denn das, was die eine Seite ins Militärische investiert, wird von der anderen Seite als Bedrohung wahrgenommen. Die Folge ist ein Aktions-Reaktionskreislauf. Das, was der Sicherheit dienen soll, bringt so mehr Unsicherheit.

Woher rührt diese Augen-zu-und-durch-Haltung?

Die gegenwärtige Politik hat keine Antwort auf das Problem, das seit mindestens 50 Jahren bekannt ist: Dass militärische Sicherheitsanstrengungen zur Unsicherheit führen, weil eine Rüstungsdynamik in Gang gesetzt wird. Dabei gilt: Wenn man dazu keine Alternative sieht, muss man sie eben erfinden.

Den Frieden erfinden? 

Dafür gibt es viele Beispiele. In dem jahrelangen Krieg zwischen Ecuador und Peru, in dem es um Grenzstreitigkeiten ging, gab es eine solche soziale Erfindung. Man hat an der Grenze einen Friedenspark errichtet, der seitdem ein wunderschönes Naherholungsgebiet für beide Seiten ist. Von Ukrainerinnen und Russinnen, die miteinander im Gespräch sind, weiß ich, dass sie sich gar nicht so sehr dafür interessieren, wo die Grenze verläuft, sondern wie die Grenze aussieht. Ob man sie problemlos passieren und Verwandte besuchen kann; ob sich etwas Gemeinsames wie Naturschutz in der Region befördern lässt. Wir brauchen soziale oder politische Erfindungen, die uns weiterbringen und den Frieden vorbereiten.

Über Jahrzehnte hat die Bundesrepublik auf Diplomatie, Krisenprävention und Verhandlungen gesetzt. In der Gesellschaft gab es eine große Ablehnung gegenüber allem Militärischen. Doch inzwischen scheinen viele Leute im Land von militärischer Gewalt regelrecht fasziniert zu sein. 

Ich bin mir nicht sicher, ob man von einer Faszination an Gewalt oder am Militärischen sprechen kann. Ich beobachte vielmehr eine Ratlosigkeit – auch auf der politischen Ebene. Und in der Gesellschaft starke Ohnmachtsgefühle. Und weil man nichts anderes anzubieten hat, wirkt, was der Theologe Walter Wings als den „Mythos von der erlösenden Gewalt“ bezeichnet hat.

Wo es um den berüchtigten Befreiungsschlag geht?

Ja, genau. Dieser Mythos steht dann auch kluger Konfliktbearbeitung im Wege. Beim Ukrainekrieg hat es in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe  von Friedensvorschlägen gegeben, sei es innerhalb der Vereinten Nationen, sei es aus lateinamerikanischer, aus afrikanischer  oder chinesischer Sicht. Doch die europäische Politik ist momentan nicht in der Lage, auf diese Initiativen überhaupt einzugehen. Stattdessen wird gebetsmühlenartig auf die Bedrohung durch Putin verwiesen. Darin sehe ich eine mangelnde Bereitschaft, an den Frieden überhaupt zu denken.

Dazu kommen wir zur einfachen Gretchenfrage: Was ist denn Frieden für sie als Friedensforscherin?

Das zu definieren, war für die Forschung ein schwieriger Prozess. Im Alltag meint man doch zu wissen: Frieden ist das Gegenteil von Krieg.  Das ist zu einfach. (…) . In der Friedens- und Konfliktforschung wird Frieden inzwischen als Prozess der Annäherung an ein Ideal des gewaltfreien Zusammenlebens beschrieben, als ein Prozess, in dem Gewalt abnimmt, Kooperation zunimmt und Institutionen entstehen, die das fordern. Also sehr viel mehr als die Abwesenheit von Krieg. Und dazu ist eine gesellschaftliche Organisation mit Regeln und tatkräftigem Engagement notwendig.

„Die Friedensforschung versucht, die latente Katastrophe des Untergangs der Menschheit zu vereiteln”, sagte mal ein Wissenschaftler. Das klingt ein bisschen pathetisch, aber motiviert es Sie zu Ihrer Arbeit? 

Im Prinzip ist die Beschreibung richtig. Nach der Erfindung der Atombombe ist zentrale Einsicht der Friedensforschung, dass die Menschheit sich selbst vernichten kann. Aber hinzugekommen sind ja noch eine ganze Reihe andere Möglichkeiten zur Selbstvernichtung: durch Vernichtung der Biodiversität oder durch die ökologische Katastrophe. Es ist möglich, dass wir uns selbst vernichten und wenn wir das nicht wollen, müssen wir vorbeugen. Und was meine persönliche Motivation betrifft – es ist wahnsinnig interessant zu untersuchen, wie Frieden möglich ist.

Verteidigungsminister Pistorius hat vor zwei Jahren gefordert, dass Deutschland kriegstüchtig werden müsse. Wie finden Sie denn diesen Begriff? 

Empörend! Dahinter steckt eine Haltung, die aus meiner Sicht dem Grundgesetz widerspricht. Darüber müsste man mit Herrn Pistorius streiten, aber dieser Streit mit ihm findet nicht statt. Ich möchte daran erinnern, dass bereits 1971 die Weizsäcker-Studie „Kriegsfolgen und Kriegsverhütung” erschien. Daraus geht hervor, dass die Bundesrepublik in einem Krieg nicht verteidigt werden kann, weil das zerstört wird, was verteidigt werden soll.

Also das Gegenteil von dem Spruch, der den Römern zugeschrieben wird: „Wenn du Frieden willst, rüste zum Krieg”?

Die einzige Schlussfolgerung, die man aus dem Befund ziehen kann ist: Man muss Krieg verhüten. Und das tut man nicht, indem man in die Kriegsführungsfähigkeit investiert, sondern in die Friedensfähigkeit. Doch daran mangelt es, es mangelt an der Fähigkeit, Vorschläge aufzugreifen, zu erörtern, zu vertiefen und vielleicht mit eigenen Ideen anzureichern. (…)

Soweit die Friedens- und Konfliktforscherin Birckenbach.

Uwe:

Seit vorgestern ist bekannt, mit welchem „Deal“ der US-amerikanische Präsident Trump den Krieg in der Ukraine beenden möchte. Das was diesbezüglich bekannt ist, würde dieser sogenannte  „Friedensplan“ einer Kapitulation der Ukraine gleichkommen, mit Gebietsabtretungen in großem Maßstab! Angesichts dieser Entwicklungen kann ich mir vorstellen, dass die Menschen in der Ukraine sich von den USA verraten fühlen.

Kurz nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wurde im März/ April 2022 von russischen und ukrainischen Delegierten in Istanbul ein Waffenstillstandsvertrag ausgehandelt, der für die Ukraine ohne große materielle Schäden gewesen wäre, und weniger Menschenleben auf beiden Seiten gefordert hätte. Der Vertragsabschluss kam aber leider nicht zustande, angeblich, weil die Ukraine nach dem Massaker, welches russische Soldaten an der Zivilbevölkerung in Butscha verübt hatten, kein Vertrauen in die russischen Verhandler gehabt hätte. Bekannt ist aber auch, dass sowohl Großbritannien als auch die USA gegen einen Vertragsabschluss intervenierten. Der Ukraine wurde umfangreiche militärische Unterstützung zugesagt, wenn sie den Krieg weiterführen würde. Der damalige US – Verteidigungsminister Austin erklärte diesbezüglich laut Tagesspiegel vom 27.04.2022: (Zitat) „Wir wollen Russland in einem Ausmaß geschwächt sehen, dass es so etwas wie den Einmarsch in die Ukraine nicht mehr machen kann.“

Wie die Regierung der USA mit der Ukraine umgehen zeigt, dass auf sie kein Verlass, und dass sie unberechenbar ist. Dies ist u.a. ein Grund dafür, dass die Aufstellung von US – Mittelstreckenraketen unbedingt verhindert werden muss!

Doris:

Wir werden jetzt  wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg  verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern. 

Doris:

Aus aktuellem Anlass lese ich nochmals einige Zeilen aus einem Brief von Papst Franziskus, den er aus dem Krankenhaus geschrieben hat:

„Wir müssen das Reden abrüsten, das Denken abrüsten, die ganze Erde abrüsten… Für den Frieden braucht es Nachdenken, innere Ruhe und einen Sinn für die Komplexität… Der Krieg zerstört Gesellschaften und die Umwelt und bringt keine Lösung für Konflikte. Stattdessen müssen die Diplomatie und die internationalen Organisationen neu belebt werden… In der Situation eines Erkrankten erscheint mir der Krieg noch absurder als sonst… Die menschliche Zerbrechlichkeit macht uns noch hellsichtiger in Bezug auf die Dinge, die bleiben und jene, die vergänglich sind. Und in Bezug auf das, was Leben fördert und was tötet“.

Doris:

Ich möchte noch auf folgende Veranstaltungen hinweisen, bevor wir unsere Mahnwache beenden. Die Termine findet man auch auf der Homepage der Friedensinitiative, oder für nähere Informationen einfach nachher zu mir kommen.

  • Am Mittwoch, den 30. April um 19.30 Uhr spricht der katholische Theologe Paul Schobel in der Manufaktur Schorndorf zum Thema: „Militarisierung oder Sozialstaat?“
  • Vom 01. – 03. Mai findet in Hannover der evangelische Kirchentag statt. Parallel dazu gibt es ein Ökumenisches Friedenszentrum in Hannover, das von unterschiedlichen Friedensinitiativen organisiert wird. Das Ziel ist, „eine mutige, starke, beherzte theologische Stimme gegen die Militarisierung hörbar zu machen und einen christlichen Friedensruf ins Gespräch zu bringen“. Schirmherrin ist Margot Käßmann.
  • Am Donnerstag, den 08. Mai um 16.00 Uhr findet in Stuttgart auf dem Karlsplatz eine Kundgebung statt zum 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg.
  • Am Mittwoch, den 14. Mai um 19.00 Uhr lädt die Ökumenische Friedensgruppe der Stadtkirchengemeinde Schorndorf zu einer Veranstaltung in der Stadtkirche ein. Titel: „Lieder aus Taizé und Texte zum Frieden“
  • Am Donnerstag, den 15. Mai um 18.00 Uhr findet in Stuttgart beim Hotel Silber eine Kundgebung zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung statt.
  • Am Samstag, den 17. Mai gibt es wieder einen kirchlichen Aktionstag am Atomwaffenstandort Büchel. Es gibt noch freie Plätze in einem Bus ab Karlsruhe.
  • Am Mittwoch den 21. Mai um 20.00 Uhr lädt die Gesellschaft Kultur des Friedens wieder zu einem Friedenskonzert mit Konstantin Wecker und anderen in die Johanneskirche Stuttgart ein. Thema: „Friedensfähig statt kriegstüchtig“.
  • Wer morgen bei der Friedensbanner-Aktion mithelfen kann, möge sich nachher bitte bei mir melden.
  • Unsere nächste Mahnwache findet am kommenden Freitag, den 02. Mai um 18.00 Uhr wieder hier auf dem Marktplatz statt.

One comment

  1. liebe Heidrun, vielen dank, dass du dich der einstellg der beiträge zur mahnwache angenommen hast! ich les oft gern nochmal nach.
    Mona

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