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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen:
Doris:
Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die gekommen sind.
In der vergangenen Woche sind wieder viele verstörende Nachrichten auf uns eingestürzt.
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- Verstärkte russische Angriffe auf ukrainische Infrastruktur, ukrainische Drohnenangriffe auf russisches Staatsgebiet.
- Israelischer Angriff auf einen Hilfskonvoi in Gaza mit 7 Toten.
- Iran schwört Rache für israelischen Angriff mit 13 Toten in Damaskus
- 75 Jahre NATO: ein Grund zum Feiern???
- Pistorius will die Bundeswehr „wieder“ kriegstüchtig machen.
- ein Redakteur der Schorndorfer Nachrichten bezeichnet Deutschland als „friedensverwöhnt“ und „friedenssatt“.
Oftmals wissen wir nicht, wie umgehen mit all diesen Nachrichten. Gut, dass es die Ostermärsche gab, bei denen uns die Solidarität der Friedensbewegung gestärkt hat. Mir hat es gut getan, dass wir in einer Gruppe von 17 Personen nach Stuttgart gefahren sind und dort noch weitere Schorndorfer getroffen haben. Bundesweit haben Tausende Menschen bei den Aktionen in mehr als 120 Städten klar gemacht, es braucht endlich:
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- mehr Anstrengungen für Friedensverhandlungen im Krieg Russlands gegen die Ukraine,
- einen sofortigen Waffenstillstand für Gaza und die Freilassung der israelischen Geiseln sowie
- den Stopp der Aufrüstungspolitik!
Leider haben unsere Politiker erneut versucht, die Ostermarschierer als naiv zu diskreditieren, und sie haben ihre kriegsfördernde Politik gerechtfertigt.
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- Bundeskanzler Scholz behauptete, die weitere bedingungslose militärische Unterstützung der Ukraine sei für einen „gerechten Frieden“ notwendig. Ich frage: Glaubt er wirklich, dass durch die Fortsetzung dieses erbarmungslosen Krieges Gerechtigkeit herzustellen ist?
- Vizekanzler Habeck sagte, „dass nur die Ukrainerinnen und Ukrainer entscheiden können, welchen Preis sie zu zahlen bereit sind und zu welchen Bedingungen sie einen Waffenstillstand erreichen oder den Krieg beenden wollen“. Ich frage: Sieht er denn nicht, dass nicht nur die Ukraine, sondern wir alle und die ganze Welt den Preis für diesen Krieg zahlen?
- Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte, Rolf Mützenichs Überlegungen zu einem Waffenstillstand sei ein „Rückfall in die alte Russlandpolitik der Sozialdemokratie“ und würde „zu unfassbarem Leid der vielen Menschen in diesen besetzten Territorien führen „. Ich frage: Ist nicht eher die derzeitige Kriegspolitik ein Rückfall, die bereits jetzt zu grenzenlosem Leid geführt hat?
Es fällt mir schwer, all das Verstörende, das Aufwühlende und das „Verrückte“ in klare Worte zu fassen. Da bin ich immer wieder froh, dass es Menschen gibt wie z.B.den katholischen Theologen Paul Schobel, der mir aus dem Herzen spricht. Er ist Jahrgang 1939 und weiß demnach, was Krieg bedeutet. Ich lese einige Abschnitte aus seiner diesjährigen Ostermarschansprache in Saarbrücken.
„Liebe Friedensfreunde,
Ja, es kam, wie es kommen musste. Seit dem ersten Schuss in der Ukraine war uns Friedensbewegten klar: Mit jedem weiteren Tag wird sich dieser Krieg wie ein Krebsgeschwür hineinfressen in Herzen und Hirne und immer weiter metastasieren. Hätte man damals – vor zwei Jahren in Istanbul – den Schneeball aufgehalten, wäre die Lawine noch zu stoppen gewesen. Nun donnert sie ungehindert zu Tal und wird alles unter sich begraben. Aber der „Westen“ war ja – so viel weiß man – nicht an einem sofortigen Kriegsende interessiert. An was dann? Man wird den Verdacht nicht los: Krieg war immer schon ein Geschäftsmodell. Die Rüstungsindustrie schwebt wie im siebten Himmel.
Und nun auch das noch: In Nah-Ost ist der alte Tumor wieder aufgeplatzt – schrecklicher als zuvor! Vor den Augen aller Welt wurden von den Hamas-Terroristen über eintausend Menschen in Israel geschändet, vergewaltigt, malträtiert und grausam massakriert. Gräueltaten, als wären alle Teufel der Hölle unterwegs gewesen. Nun aber starben im Gegenangriff schon über 30. 000 Palästinenser, in der Mehrzahl Frauen und Kinder. Sie verhungern und verdursten oder siechen in Trümmern und Zelten elend dahin. Zwei Drittel der Häuser sind nicht mehr bewohnbar. Und alles ohne Aussicht auf baldigen Frieden und ohne jegliche Perspektive, wie das einmal weiter gehen soll. Hamas wird nicht tot zu kriegen sein, Hamas lebt in den Köpfen und nährt sich aus der Wut über 70 Jahre Besatzung.
Die Welt liegt wie im Schüttelfrost und Fieberwahn. Vom Wahnwitz besessen, als könne man die Konflikte dieser Welt auf „Schlachtfeldern“ lösen. „Schlachtfeld“ – dieser martialische Begriff hat längst wieder Eingang gefunden ins politische Wörterbuch und geht den Verantwortlichen mühelos über die Lippen. Der Krieg, dieser Massenmörder, der nur Tod und Zerstörung kennt, hat sich als Option auf der politischen Bühne zurückgemeldet. Es scheint, als wären wir von Gott und allen guten Geistern verlassen. Man reibt sich verwundert die Augen: Über Nacht haben sich Politiker jeder Couleur zu Waffen-Experten gemausert, ihre Friedens-Programme geschreddert. Nun liefern sie gegen das ausdrückliche Votum des Grundgesetzes massenhaft Waffen in Spannungsgebiete, als handle es sich um Wasserpistolen und Spielzeug-Konsolen.
Was mich, der ich als Kind noch den Krieg erlebt habe, bis ins Mark erschüttert, ist diese Kriegsbesoffenheit. Europa wird mental auf einen Krieg mit Russland vorbereitet. Wichtiger als Wohnungsbau wird nun der Ausbau von Schutzräumen. Auch die Kinder sind jetzt auf den Krieg, statt auf das Leben vorzubereiten. Sie werden – wie ich damals – wieder lernen müssen, wie man sich bei Beschuss in den nächsten Straßengraben schmeißt.
Wer nicht weiß, was Krieg heute bedeutet, ist dumm. Aber Dummheit entschuldigt nicht. Wer es aber weiß und ihn trotzdem vorbereitet, muss verrückt sein. Warum müssen erst Hunderttausende sterben, ehe man sich verständigt? Warum braucht‘s erst Massengräber und Trümmerberge, bis man aufeinander zugeht? Nein – Krieg ist kein unabwendbares Schicksal! Kriege brechen auch nicht einfach aus, wie wir leichtsinnig sagen, sie werden vielmehr verbrochen von Verbrechern, Kriegs-Verbrechern im eigentlichen Sinn. Sie bomben uns derzeit in einem epochalen Rückschlag in der Menschheitsgeschichte um Jahrhunderte zurück – politisch, ökonomisch, sozial und kulturell. Mehr noch: Sie riskieren bewusst und provozieren geradezu, dass die Menschheit in einem atomaren Inferno verglüht.
Daher gibt’s nur eins, und das ist heute unser Appell: Stoppt diesen Wahnsinn, stoppt diese Wahnsinnigen, die Kriege auslösen, Kriege führen, und zwar sofort! Sofortige Feuerpause in der Ukraine und im Gaza, Waffenstillstand und dann Verhandlungen! Solange die Waffen brüllen, gibt es keinen Frieden. Krieg ist keine Lösung, der moderne Krieg ist der Anfang vom Ende.
Was aber, wenn die Kriegsverbrecher nicht mit sich sprechen lassen? Gegenfrage: Hat man es denn ernsthaft und vor allem dauerhaft und hartnäckig genug versucht? Ein paar belanglose Telefonate zu Beginn, das war´s auch schon. Keine Welt-Friedenskonferenz, keine europäische Friedens-Initiative, keine Pendel-Diplomatie! Statt dessen Waffen und immer wieder Waffen, bedingungslos, ohne einen wirklichen Friedensplan. Die Lieferung jeder Munitionskiste hätte man an einen konkreten Friedensschritt binden müssen. Waffen verlängern nur den Krieg und befeuern ihn noch, sie morden und töten ohne Ende, dazu sind sie konstruiert. Ich bin mir sicher: Dieser Krieg wird als Bankrott der Diplomatie, als skandalöses Politik-Versagen in die Geschichte eingehen. Die Welt kapituliert einmal mehr vor der Gewalt.
In den letzten Wochen gingen Millionen von Menschen auf die Straße, standen auf für Freiheit und Demokratie. Großartig – ich habe auch auf einer Demonstration gesprochen. Ich frage mich nur: Wo sind sie heute? Haben sie immer noch nicht kapiert, dass nicht nur Freiheit und Demokratie, sondern die ganze Welt am Abgrund steht und wir sehenden Auges in einen Krieg hineintaumeln? Darum appelliere ich heute an Euch alle, im Kampf um Herzen und Hirne nicht nachzulassen. Wenn jeder hier im kommenden Jahr auch nur einen Menschen gewinnen und bekehren kann, sind wir schon doppelt so viele, die aufstehen gegen den Krieg und für den Frieden“.
Uwe:
Ich lade Sie, ich lade euch nun wieder dazu ein, 5 Minuten mit uns zu schweigen. Wir gedenken dabei all der Opfer der gegenwärtig 50 weltweit stattfindenden Kriege, der Hungernden und Dürstenden. Wir gedenken der geschundenen Natur und derer, die sich aktiv gewaltlos für einen Planeten einsetzen, auf dem endlich ein menschenwürdiges Leben für alle Bewohner möglich ist.
Wir gedenken heute insbesondere der vom israelischen Militär ermordeten freiwilligen Helferinnen und Helfer der Organisation „World Central Kitchen“, die mit ihrer Arbeit versucht hatten, die Not der Zivilbevölkerung im Gaza- Streifen zu lindern, und die nun ob des israelischen Terrorangriffs ihre Hilfstätigkeit eingestellt haben.
Uwe:
Ingeborg Bachmann
Alle Tage
Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt.
Das Unerhörte ist alltäglich geworden.
Der Held bleibt den Kämpfen fern.
Der Schwache ist in die Feuerzonen gerückt.
Die Uniform des Tages ist die Geduld,
die Auszeichnung der armselige Stern der Hoffnung über dem Herzen.
Er wird verliehen,
wenn nichts mehr geschieht,
wenn das Trommelfeuer verstummt,
wenn der Feind unsichtbar geworden ist
und der Schatten ewiger Rüstung den Himmel bedeckt.
Er wird verliehen
für die Flucht von den Fahnen,
für die Tapferkeit vor dem Freund,
für den Verrat unwürdiger Geheimnisse
und die Nichtachtung
jeglichen Befehls.
Uwe:
Bevor wir unsere heutige Mahnwache beenden, noch Hinweise auf Veranstaltungen:
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- Am kommenden Montag, den 8.April lädt die AFD in der Künkelin – Halle zu einem Bürgerdialog ein. Das Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus und andere Organisationen organisieren aus diesem Anlass um 17 h eine Kundgebung vor der Künkelin-Halle und rufen zur Teilnahme an dieser Veranstaltung auf. Sprechen und musizieren wird u.a. OB Hornikel.
- Am selben Montag findet um 19 h in der Stadtkirche wieder das ökumenische Friedensgespräch statt.
- Abschließend wünschen wir Ihnen ein schönes Wochenende und einen guten Nachhauseweg. Und vielen Dank dafür, dass sie zu unserer heutigen Mahnwache gekommen sind.
- Unsere nächste Mahnwache findet wieder heute in einer Woche, am 12.April, hier vor dem Rathaus statt.