Mahnwache vom 12.04.2024

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Bild von Kevin Snyman auf Pixabay

Es folgen die Redebeiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen.

Uwe:

Guten Abend, ich begrüße Sie, ich begrüße euch, im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden.

Doris hat bei ihrem Redebeitrag bei unserer Mahnwache, heute vor einer Woche, über die zahlreichen „verstörenden Nachrichten die auf uns eingestürzt sind“, gesprochen. Gerne würde ich heute über möglichst viele weniger verstörende Ereignisse, sowohl in unserer näheren Umgebung als auch weiter entfernte reden.

Ein kleiner Lichtblick aber trotz alledem; Am Montag dieser Woche kamen immerhin, nach Angaben der Schorndorfer Nachrichten, etwa 500 Bürgerinnen und Bürger zusammen, um gegen die AfD zu demonstrieren, die zu einem Bürgerdialog in die Künkelin – Halle eingeladen hatte. Dagegen sind wir aber leider heute bei unserer Mahnwache ein kleines Häuflein Aufrechter, die für den Frieden und gegen den Krieg auf die Straße gehen. Da stellt sich natürlich die Frage, die der von Doris bei unserer letzten Mahnwache zitierte Theologe Paul Schobel bei seiner Rede beim Ostermarsch im Saarbrücken angesichts der Millionen Menschen, die für Demokratie in unserem Land auf die Straße gehen, stellte: „Wo sind sie heute?“, und wo sind sie bei den Ostermärschen gewesen? Und Schobel weiter: „Haben sie immer noch nicht kapiert, dass nicht nur Freiheit und Demokratie, sondern die ganze Welt am Abgrund steht?“

Gestern Vormittag war in den SWR 2 Nachrichten zu hören, und heute in den Schorndorfer Nachrichten zu lesen, dass US-Präsident Biden in Aussicht gestellt hat, die Anklage gegen Julian Assange wegen Spionage, und das Auslieferungsersuchen an Großbritannien fallen zu lassen. Das wäre, so meine ich, ein weiterer Lichtblick in der gegenwärtig allgemein vorherrschenden düsteren politischen Atmosphäre. Ich schätze das, was Assange mit seinen Aufdeckungen US-amerikanischer militärischer Verbrechen geleistet hat, außerordentlich. Dafür müsste ihm nach meiner Auffassung der Friedensnobelpreis verliehen werden!

Leider sind solcherart Nachrichten zur Zeit wirklich rar. Vorherrschend sind leider andere, weniger ermutigende. „Wirklich, wir leben in finsteren Zeiten“, muss ich wieder B.Brecht zitieren, wenn ich anschaue, was sich hier und außerhalb Deutschlands weltweit ereignet.

Bei dem Krieg, den Israel als Vergeltung für den Terrorangriff der HAMAS im Oktober des vergangenen Jahres gegen die Palästinenser im Gaza-Streifen führt, wurden 32.000 Zivilisten ermordet, zu großen Teilen Kinder und Frauen. Wohngebäude sind zu nahezu zu 100% zerbombt, Gaza gleicht einer Trümmerwüste. Und die Menschen? Leben in überfüllten provisorischen Flüchtlingslagern, hungern und dürsten, weil das israelische Militär die Einfuhr von dringend benötigten Lebensmitteln, Wasser und Medizin verhindert. Appelle an die israelische Regierung seitens der USA, Deutschlands und anderer Nationen, die Zivilbevölkerung in Gaza zu schützen, werden von dieser mehr oder weniger ignoriert. Trotz dieser Nichtbeachtung der Appelle und Forderungen liefern die USA und auch Deutschland nach wie vor Waffen an Israel. Unmittelbar nach dem Terrorangriff israelischer Militärs auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der US-amerikanischen Hilfsorganisation World Central Kitchen, bei dem 7 Menschen ermordet wurden, beschloss die Regierung der USA die Lieferung von Kriegsflugzeugen und Bomben im Milliarden US-Dollar Volumen an Israel. Da frage ich mich schon, wie ernst es die USA und Deutschland mit ihren Forderungen und Mahnungen an die israelische Regierung meinen.

In den Nachrichten wurde am Mittwoch auch berichtet, dass vom Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck während des ersten Viertels dieses Jahres so viele Waffenexportgenehmigungen erteilt wurden, wie im gesamten vergangenen Jahr. Geliefert wurden Waffen u.a. an die Ukraine, Katar, Saudi-Arabien, Israel.

Bei der Rüstungsindustrie werden darob sicher die Sektkorken knallen. Wahrscheinlich auch deshalb, weil die Rüstungsindustrie volle Auftragsbücher hat und die Aktienwerte astronomische Höhen erreichen. Z.B. ist der Wert der Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall von unter 100,- € auf inzwischen 520,- € gestiegen. Und Finanzminister Lindner hat, laut Schorndorfer Nachrichten vom 9.April angeregt, Rüstungskonzernen das Nachhaltigkeitssiegel zu verleihen, und Anleger dazu ermuntert, Geld in Rüstungskonzerne zu investieren und sie damit aus der „Schmuddelecke“, in der sie sich bislang befanden, herauszuholen. “Wirklich, wir leben in finsteren Zeiten“! –  Für mich war der Begriff nachhaltig bisher im ökologischen Umfeld angesiedelt, was ich allerdings seit letztem Jahr, als von der EU Atomkraft als nachhaltig eingestuft wurde, nicht mehr so sehen konnte.

Laut Wikipedia kommt dieser Begriff ursprünglich aus der Forstwirtschaft, wo er so definiert ist, dass nur so viele Bäume gefällt werden dürfen, wie neue nachwachsen können. Im übertragenen Sinne dürfen also nur so viele natürliche Ressourcen ausgebeutet werden, wie nachwachsende oder nachkommende dies wieder wettmachen. Wo in dieser Gesetzmäßigkeit die Rüstungsindustrie angesiedelt werden kann, ist mir nicht ersichtlich.

Über den Krieg in der Ukraine wird in den Medien berichtet, dass die Zerstörung der Infrastruktur der Ukraine, wie Wasserwerke, Umspannwerke und Wärmekraftwerke zunehmend Ziele der russischen Militärs sind. Wie in dem Krieg im Nahen Osten gibt es auch hier leider keine ernsthaften Überlegungen dazu, wie ein Waffenstillstand herbeigeführt werden könnte. Die einzigen Initiativen Deutschlands und auch der USA sind, nach wie vor Waffen an die Ukraine zu liefern. Schließlich könne nur die Ukraine selbst entscheiden, wann und wie sie diesen Krieg beendet, so sinngemäß Wirtschafts- und Umweltminister Habeck.

Und immer wieder wird das Atomkraftwerk Saporischschja von Drohnen getroffen, wie dieser Woche in den Schorndorfer Nachrichten zu lesen war. Ob die von russischen oder ukrainischen Militärs abgefeuert wurden, war nicht bekannt. Alleine die Gefahr, die von diesen Kriegshandlungen ausgeht, sprengt jede vorstellbare Dimension, und schon wegen dieser immensen Gefahr sollten alle Möglichkeiten, diesen Krieg zu beenden, in Erwägung gezogen und Initiativen hierzu ergriffen werden.

Angesichts der schier endlosen Flut von Informationen über schlimme und besorgniserregende Begebenheiten, hierzulande und weltweit, geht es mir persönlich so, dass ich gierig nach Informationen Ausschau halte, die einen in unserem Sinne positiven Charakter haben. Und ich gehe davon aus, dass es Ihnen, dass es euch, ebenso geht.

Ich habe eingangs schon die gelungene und gut besuchte Demonstration für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gegen die AfD hier in Schorndorf als Mut machend und als einen Lichtblick bezeichnet. Ebenso die Information darüber, dass der Whistleblower Julian Assange darauf hoffen kann, nicht an die USA ausgeliefert zu werden.

In den Schorndorfer Nachrichten wurde in einem kleinen Artikel darüber berichtet, dass in Stuttgart eine Schülerinnen- und Schülerinitiative es erreicht hat, dass eine Gedächtnisstelle für den Nazi-Jäger, Chefankläger bei den Auschwitzprozessen und Generalstaatsanwalt Fritz Bauer an einem belebten Platz in Stuttgart aufgestellt wird. Als ermutigend empfinde ich es, dass Schülerinnen und Schüler mit ihrer Aktion den lange schon verstorbenen Vorkämpfer für ein demokratisches und nazifreies Deutschland der Vergessenheit entreißen.

Als ermutigend und positiv erlebe ich nicht zuletzt auch unsere wöchentlich stattfindenden Mahnwachen gegen den Krieg und für den Frieden, die heutige dürfte übrigens die 87. oder sogar 88. sein.

Winzige Hoffnungsschimmer, fürwahr, aber gut und wichtig!

Hierzu meine ich, passt sehr gut ein kleiner Vers von Theodor Fontane:

So muss man leben,
immer die kleinen Freuden
aufpicken,
bis das große Glück kommt.
Und wenn es nicht kommt,
dann hat man wenigstens
die kleinen Glücke gehabt.

Danke!

Doris:

Wir werden jetzt  wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, in Israel und im Gazastreifen, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg  verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.

Doris:

Ich lese ein Zitat von Albert Einstein aus dem Jahr 1930:

„Die Regierungen sind von den Interessen der Kriegsmaschinerie viel zu abhängig, als dass von ihnen in nächster Zeit ein entscheidender Schritt zur Beseitigung der Kriegsgefahr erwartet werden dürfte. Ich glaube, dass nur international organisierte Verweigerung von Militärdienst und Kriegsdienst ernsthafte Fortschritte bringen kann. Es muss in den Menschen das Bewusstsein lebendig werden, dass der Staat nicht berechtigt ist, von seinen Bürgern Handlungen zu fordern, die nach der anerkannten Moral Verbrechen sind. Was die Quäker auf religiöser Basis vermochten, muss Gesamtgut aller ernsten Menschen werden.“

Ein Zitat von Victor Hugo:

„Wenn Töten Sünde ist, so kann Töten en masse doch unmöglich ein mildernder Umstand sein…“

Und ein Zitat von Heinrich Böll:

„Wir sollten die Schulkinder auf die großen Friedhöfe führen: Gräber überzeugen auf eine eindringliche Weise, die keinen Kommentar erfordern.“

Doris:

Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

Anlässlich der bevorstehenden Europawahl hat der Trägerkreis „Atomwaffen abschaffen – bei uns anfangen!“ das Projekt „nuclearban24.eu“ ins Leben gerufen. Es sind vielfältige Aktionen geplant, um die Forderungen der Friedensbewegung in die Öffentlichkeit und an die Parteien heranzutragen. So sollen sich die Kandidierenden zu verschiedenen Fragen äußern, z.B.:

  • Werden Sie sich im Rahmen Ihres Mandates dafür einsetzen, dass die EU keine eigenen Atomwaffen erhält und dass keine gemeinsame Planungs- und Befehlsstruktur für Atomwaffen in der EU geschaffen wird?
  • Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für die komplette Abrüstung bzw. den Abzug aller Atomwaffen in den Mitgliedsstaaten der EU stark machen? Derzeit sind dies Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande.
  • Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die EU eindeutig Position für ein Verbot aller nuklearen Waffen bezieht und den Regierungen ihrer Mitgliedsstaaten empfiehlt, den UN-Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen?

Wir alle haben die Möglichkeit, den Kandidaten solche oder ähnliche Fragen zu stellen.

Seit März läuft außerdem der Appell „EU-Atombombe? Nicht mit uns!“. In der Mitte liegen die Listen nochmals aus, zum Unterschreiben und zum Mitnehmen.

Alle Aktivitäten des Projekts nuclearban24.eu sind auf der gleichnamigen Website abrufbar: www.nuclearban24.eu.

Unsere nächste Mahnwache ist am Freitag in einer Woche, dem 19.04. um 18.00 Uhr wieder hier vor dem Rathaus.

 

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