Mahnwache vom 06.12.2024

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Bild von Dieter Löffler auf Pixabay

Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen.

Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die gekommen sind.

Seit Ende August stehen wir jeden Samstag mit unseren beiden blauen Bannern am Rand des Wochenmarkts. Wir wollen damit unsere Forderungen in der Öffentlichkeit sichtbar machen: 1. „Wir müssen friedensfähig statt kriegstüchtig werden“ und 2. „Waffenstillstand und Verhandlungen sofort“. Die meisten Menschen gehen vorbei, ohne uns zu beachten. Einige geben negative Kommentare oder Gesten von sich. Wir erhalten aber zunehmend auch Zustimmung oder Dank. Das macht uns Mut.

Die Informationsstelle Militarisierung in Tübingen gibt regelmäßig Stellungnahmen zum Ukraine-Krieg heraus. Sie betreibt dabei sorgfältige Recherchen und informiert sich in vielen Medien, auch ausländischen. Jürgen Wagner hat am 21 11. eine neue Stellungnahme veröffentlicht, von der ich heute berichten möchte. Die Überschrift lautet: „Der Ukraine-Krieg am Scheideweg“. Er legt ausführlich dar, dass sowohl die Möglichkeit einer weiteren Eskalation als auch die Aussichten auf einen Waffenstillstand in den letzten Tagen deutlich gestiegen sind.

Wir alle haben große Angst vor einer solchen Eskalation, und wir sind ziemlich gut über diese Gefahr informiert. Daher will ich es uns heute ersparen, nochmals ausführlich davon zu sprechen. Ich will stattdessen die Aussagen aus dem Bericht herausgreifen, die eher Hoffnung machen.

Jürgen Wagner beginnt mit einem Rückblick. Zitat: „Immer wieder war und ist zu hören, der russische Präsident Wladimir Putin wolle nicht über ein Ende des Ukraine-Krieges verhandeln. Es gehört zu den Eigenarten der derzeitigen Medienlandschaft, dass derlei Behauptungen problemlos jeden Faktencheck passieren, obwohl dies ganz augenscheinlich nicht den Tatsachen entspricht. Schließlich wurde bereits am 28. Februar 2022 mit Verhandlungen zur Beilegung des Krieges begonnen, die einige Zeit auch gute Chancen auf Erfolg gehabt hatten“.

Das sogenannte „Istanbuler Kommuniqué“, welches Ende März zwischen der Ukraine und Russland ausgehandelt worden war, enthielt folgende Kernpunkte: eine ukrainische Neutralität, den Rückzug der russischen Truppen auf den Stand vor dem 24. Februar 2022 sowie die beiderseitige Verpflichtung, strittige Grenzfragen, insbesondere den Status der Krim, in den nächsten 15 Jahren ausschließlich gewaltfrei zu regeln. Der ukrainische Verhandlungsführer Dawyd Arachamija sagte, es sei Russland vor allem um die Neutralität der Ukraine gegangen: „Sie hofften wirklich fast bis zum letzten Moment, dass sie uns zur Unterzeichnung einer solchen Vereinbarung drängen könnten, in der wir eine Neutralität akzeptieren. […] Sie waren bereit, den Krieg zu beenden, hätten wir – wie es Finnland einst tat – einer Neutralität zugestimmt und uns verpflichtet, nicht der NATO beizutreten. Das war für sie das wichtigste.” Die Weigerung des Westens, eine Neutralität zu akzeptieren und die Zusage, bedingungslos weitere Waffen zu liefern, trug wesentlich zu einem Scheitern der Gespräche bei.

Am 30. September 2022 ordnete der ukrainische Präsident Selenskyj im sogenannten Dekret des Präsidenten der Ukraine Nr. 679/2022 ein Ende aller Verhandlungen mit Russland an.

Die New York Times berichtete im Dezember 2023 unter Berufung auf mehrere hochrangige russische und amerikanische Quellen, Russland habe spätestens seit September 2023 die Bereitschaft zu einem Waffenstillstand entlang der aktuellen Kampflinie signalisiert. Im April 2024 brachte der damalige russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu laut Spiegel Online erneut die Möglichkeit von Verhandlungen auf Basis der Istanbul-Vereinbarungen ins Spiel. Anfang September 2024 äußerte sich Wladimir Putin in dieselbe Richtung: „Wenn es den Wunsch nach Verhandlungen gibt, werden wir uns nicht verweigern“, sagte Putin. „Wir haben dies nie abgelehnt, aber nicht auf der Grundlage einiger kurzlebiger Forderungen, sondern auf der Grundlage der in Istanbul vereinbarten und tatsächlich paraphierten Dokumente.“

Spätestens seit der gescheiterten Offensive im Sommer 2023 geht in der NATO eigentlich niemand mehr davon aus, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen, also Russland aus allen eroberten Gebieten verdrängen kann. Mit den stetigen russischen Gebietsgewinnen im Donbass wird die Lage für die Ukraine immer prekärer. Vermutlich deshalb wird in jüngster Zeit wieder lauter über mögliche Verhandlungen nachgedacht.

Selbst der Ultrahardliner und ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk forderte die Bundesregierung laut Berliner Zeitung vom 6. September 2024 auf, mehr Engagement bei der Suche nach diplomatischen Lösungen im Ukraine-Krieg an den Tag zu legen: „Ganz persönlich glaube ich, dass Bundeskanzler Olaf Scholz kreativ werden und die bestehenden diplomatischen Kanäle Deutschlands nutzen könnte, um auszuloten, ob Gespräche mit Putin sinnvoll wären“.

Im Oktober 2024 stellte Selenskyj seinen sogenannten „Siegesplan“ vor. Die Reaktionen darauf waren zum Glück eher verhalten, denn der Plan hätte faktisch einen aktiven Eintritt der Nato in den Krieg gegen Russland bedeutet.

Seit einiger Zeit zeichnet sich ein Stimmungswandel in der ukrainischen Bevölkerung ab. Zuletzt war am 20. November 2024 u.a. bei focus.de nachzulesen: „Eine neue Umfrage von ‚Gallup‘ zeigt, dass nach über zwei Jahren Krieg 52 Prozent der Ukrainer nun Verhandlungen mit Russland befürworten. Nur 38 Prozent möchten weiterhin kämpfen. Laut Gallup hat sich die öffentliche Meinung seit Beginn des Krieges deutlich geändert. 2022 wollten noch 73 Prozent der Ukrainer kämpfen, während nur 22 Prozent Verhandlungen anstrebten.“ Hinzu kommt, dass immer mehr ukrainische Soldaten desertieren.

Hier dürften die Ursachen dafür liegen, dass Selenskyj Mitte November 2024 in Sachen Verhandlungen relativ neue Töne anschlug: „Unsererseits müssen wir alles tun, damit dieser Krieg nächstes Jahr endet“, so der ukrainische Präsident. „Wir müssen ihn mit diplomatischen Mitteln beenden.“ Allerdings führte Selenskyj weiter aus, seien Verhandlungen nur möglich, wenn sein Land „nicht alleine mit Russland“ reden müsse und in einer „starken“ Position sei. Wenige Tage später kam es zu einer weiteren überraschenden Entwicklung, als Selenskyj erstmals die Möglichkeit in den Raum stellte, dass er – zumindest vorübergehend – zum Verzicht auf Land bereit wäre.

Zeitgleich berichtete Reuters am 20. November 2024, Präsident Putin habe signalisiert, er könne sich ein Einfrieren des Konfliktes vorstellen. Allerdings müsse die Ukraine auf einen NATO-Beitritt verzichten. Damit zeichnen sich Konturen für einen Weg zu einem Waffenstillstand ab, der allerdings noch überaus steinig werden könnte.

So weit Jürgen Wagner von der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen. Ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben, dass ein Waffenstillstand und Verhandlungen möglich werden. Ich versuche auch, auf kleine positive Zeichen zu achten, die es manchmal gibt. So war z.B. gestern in der Zeitung zu lesen, dass in der vom Bundeskabinett beschlossenen sogenannten „Sicherheits- und Verteidigungsstrategie“ das Wort „kriegstüchtig“ nicht vorkommt, sondern das Wort „wehrhaft“ benutzt wird. Und dass der Redakteur Martin Winterling in seinem „Rundschlag“ einen Frieden durch Aufrüstung und Abschreckung als Rückschritt bezeichnet. Immerhin.

Uwe:

Ich lade Sie, ich lade euch nun wieder dazu ein, 5 Minuten mit uns zu schweigen.
Wir gedenken dabei all der Menschen und auch der Tiere, welche bei kriegerischen Konflikten im Nahen Osten, in der Ukraine, im Sudan, in Syrien, um nur einige zu nennen, verletzt, getötet, oder ihrer Heimstatt beraubt werden. Wir gedenken der Menschen, die weltweit wegen dieser Konflikte, oder aus materieller Not, sich auf der Flucht befinden. Wir gedenken ebenso der Menschen, die sich friedlich für den Erhalt dieser Erde und für ein friedliches Miteinander der Menschen einsetzen.
Eberhardt Fliegenschmied hat in seinem berührenden Redebeitrag, heute vor einer Woche, darüber berichtet, dass bei der Flucht, z.B. Pferde, wichtige Begleiter waren, und viele bei den Bomberangriffen getötet wurden Deshalb sollten wir auch der Tiere gedenken, die von den Kriegen betroffen sind.

Uwe:

Wolf Biermann: Spielzeug (1974)

Mit der Eisenbahn
zur Oma fahren.
Das macht Spaß.
Mit der Puppe
essen wir
gerne unsere Suppe.
Das macht Spaß.
Mit dem Ball
schmeißen wir
Peters Bären um,
der ist dumm.
Mit den Muschikatzen
lernt der Paul
die Anne kratzen.
Das macht Spaß.
Mit dem Panzer lernen wir:
Wie man
Eisenbahn,
Puppe, Suppe,
Ball und Bär
Muschikatzen
und noch mehr
Anne, Papa,
Haus und Maus
einfach kaputt macht.

Uwe: 

Bevor wir unsere heutige Mahnwache beenden, nun noch einige Hinweise auf Veranstaltungen oder Aktionen.

  • morgen von 10.00 – 12.00 Uhr findet wieder unsere Friedensbanner-Aktion auf dem Wochenmarkt statt. Wegen der Kälte haben wir die Schichten jetzt auf eine halbe Stunde reduziert. Wer mitmachen möchte, kann sich nachher hier bei mir eintragen.
  • Am Mittwoch, 11.12. findet ab 17h in Stuttgart auf dem Rotebühlplatz eine „Mahnwache für den Frieden“ statt. Organisatoren sind verschiede Stuttgarter Friedensgruppen und -initiativen. (Dies Mahnwachen finden an jedem Mittwoch statt)
  • Am Sonntag, 15.12. wird um 11h im Theaterhaus Stuttgart der diesjährige Friedenspreis der Anstifter verliehen. Preisträger sind: das Recherchenetzwerk „Correctiv“. „Correctiv“ hatte das geheime Treffen von AFD – Leuten und anderen PolitikerInnen, bei dem über „Remigration“ von ehemaligen Migranten verhandelt wurde, publik gemacht.

Den Jugendfriedenspreis erhält das „Fritz Bauer Projekt“ des Eberhardt Ludwig Gymnasiums in Stuttgart.

  • Am Dienstag, 17. 12. findet ab 18.30 Uhr vor der Lutherkirche in Fellbach eine Protestaktion gegen ein Militärkonzert statt, welches um 19.30 Uhr in der Kirche beginnt. In Stuttgart hatte sich erfreulicherweise keine Kirche dazu bereit erklärt. Es werden unter anderen Paul Russmann von Ohne Rüstung Leben, Luca Heyer von der Informationsstelle Militarisierung Tübingen sowie Ulla Damson von der DFG-VK Gruppe Stuttgart sprechen.
  • Anfang November haben 36 Friedensorganisationen eine Kampagne gegen die Stationierung landgestützter US-Mittelstreckensysteme in Deutschland gestartet. Sie will gemeinsam mit dem „Berliner Appell“ im Hinblick auf die Bundestagswahlen aktiv werden. Genaueres werden wir noch mitteilen.
  • Wir planen für den Samstag, 14.Dezember einen Infostand, bei dem wir Unterschriften für den „Berliner Appell“ sammeln möchten. Schön wäre es, wenn einige von euch uns bei dieser Aktion unterstützen würden. Wir werden bei unserer nächsten Mahnwache dieses Thema noch einmal ansprechen.
  • Unsere nächste Mahnwache ist heute in einer Woche, am Freitag den 13.12. um 18.00 Uhr, wieder hier beim Mondscheinbrunnen.

Vielen Dank dafür, dass Sie gekommen sind, wir wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.

 

 

 

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