Mahnwache vom 10.05.2024

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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen

Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die gekommen sind.

Wie immer, wenn wir uns zur Mahnwache versammeln, bringen wir die Nachrichten und Ereignisse der vergangenen Woche mit. Es sind meist verstörende und beunruhigende Nachrichten. Wir versuchen, sie zu verstehen, einzuordnen, zu deuten.

Da war das Hoffen und Bangen um einen Waffenstillstand in Gaza. Am einen Tag schien eine Einigung zum Greifen nahe. Schon am nächsten Tag war wieder alle Hoffnung zunichte. Schon für uns ist das schwer auszuhalten. Wie mag es da erst den Menschen in Gaza gehen, die jeden Tag mit neuen Angriffen rechnen müssen und nicht wissen, ob sie morgen noch leben werden? Und den Menschen in Israel, die immer noch auf die Freilassung ihrer Angehörigen warten, die als Geiseln genommen wurden? Das einzig Positive ist, dass immerhin Verhandlungen und Gespräche laufen, dass benachbarte Staaten sich um Vermittlung bemühen. Und dass diese es vor einigen Wochen erreicht hatten, einen neuen Krieg zwischen Israel und dem Iran in letzter Minute zu verhindern. Warum nur gibt es keinen vergleichbaren diplomatischen Einsatz von Politikern, um den Krieg in der Ukraine durch eine Waffenruhe und Verhandlungen zu beenden?

Da war der 8. Mai, der Tag der Beendigung des 2. Weltkriegs und der Befreiung vom Nationalsozialismus. Dieser Jahrestag  wird nun von einer beispiellosen Aufrüstung in ganz Europa begleitet. Wenn man das Gedenken an den 8. Mai ernst nehmen würde, müsste die einzige logische Konsequenz heißen: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! „Alle Völker haben nur einen Feind: Es ist der Krieg“. Dies sagte schon 1921 der Priester und Friedensaktivist Max Josef Metzger, der 1944 zum Tode verurteilt wurde. „Alle Völker haben nur einen Feind: Es ist der Krieg“.

Am 8. Mai wurde auch das 75- jährige Bestehen unseres Grundgesetzes gefeiert. Ich lese den ersten Satz der Präambel: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk Kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“. „Dem Frieden in der Welt zu dienen“ – das ist also die Aufgabe des deutschen Volkes. Wir fragen uns: Wann ergreift Bundeskanzler Scholz endlich eine diplomatische Initiative, die dem Frieden in der Ukraine dient? Wann endlich wird das deutsche Volk aufbegehren gegen die zunehmende Militarisierung in diesem Land? Gegen das Gerede von der Kriegstüchtigkeit, die ganze Kriegsrhetorik, die Wiedereinführung der Wehrpflicht, den Veteranentag, den Rückfall in längst vergangene Zeiten? Gegen die Investition immer größerer Summen in todbringende Rüstung zu Lasten der sozialen Aufgaben?

In der vergangenen Woche fand auch die Einführung Präsident Putins in seine 5. Amtszeit statt. „Russland verweigert sich dem Dialog mit dem Westen nicht“, soll er gesagt haben. So steht es zumindest in unserer Zeitung. Er hat natürlich auch viele schlimme Dinge gesagt. Aber: Warum nehmen wir ihn nicht beim Wort? Warum ist der Westen nicht bereit, den Dialog aufzunehmen?

„Mit Putin kann man nicht reden“. Dieser Satz ist überall zu hören. Was sagt eine Russlandexpertin dazu? Ich lese einige Abschnitte aus einem Interview, das Roman Zeller mit Gabriele Krone-Schmalz führte. Die Journalistin berichtete von 1987 bis 1991 als ARD-Korrespondentin aus Moskau, schrieb mehrere Bücher über Russland, 2008 erhielt sie die Puschkin-Medaille für ihre Verdienste um die deutsch-russischen Beziehungen.

„Wie gefährlich ist die Situation?
Sehr gefährlich. Russland ist eine Atommacht. Anfang der 1960er Jahre gab es die sogenannte Kubakrise, wobei Krise der falsche Begriff ist. Es war eine Katastrophe; ein Riesenglück, dass es nicht weiter eskaliert ist. Der damalige amerikanische Präsident John F. Kennedy hat danach gesagt: «Wenn ich eines daraus gelernt habe, dann, dass man eine Atommacht nicht in die Enge treiben darf.» Dinge wie Gesichtsverlust spielen ja auch eine Rolle. Es wäre nicht die erste Situation, in der es eskaliert, eben weil man keine Schwäche zeigen will oder weil man Stärke beweisen muss.

Was will Wladimir Putin? Ist er dieser unberechenbare Herrscher, der neue Hitler, zu dem er von den Medien gemacht wird?
Ich greife mal den Begriff «Hitler» auf. Das finde ich eine Taktlosigkeit. Eine Unverschämtheit. Unsagbar. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie Herr Putin denkt. Ich kann Ihnen nur meine über Jahrzehnte getätigten Recherchen aufbereiten. Es geht um eine grundsätzliche Frage: Ist Russlands Interesse mit expansionistischen Gedanken verbunden? Im Sinne von: heute die Ukraine, übermorgen Berlin? Oder hat es mit Sicherheitspolitik zu tun? Wenn man sowohl Putins Äußerungen analysiert, die Politik, die er bisher betrieben hat, nicht zuletzt in seiner ersten Amtszeit, spricht sehr viel dafür, dass sein Handeln mit der fehlenden Sicherheitsarchitektur zu tun hat. Nicht nur die baltischen Staaten und Polen haben historisch erklärbare Ängste, sondern auch Russland, dafür muss man nur einen Blick auf die Landkarte und in die Geschichte werfen. Ich mache der EU einen Vorwurf, dass sie nicht erkannt hat, wie wichtig es gewesen wäre, diese jeweils verständlichen Ängste als Basis für eine Politik zu nehmen, die Interessenausgleich zum Ziel hat. Stattdessen hat man immer mehr denjenigen Ländern das Wort überlassen, die mit Moskau noch offene Rechnungen haben. 

Was triggert Moskau so sehr, wenn es um einen Nato- und EU-Beitritt der Ukraine geht? Was macht dieses Land für Russland so wichtig?
Das sind jetzt zwei verschiedene Dinge. Wenn die Nato immer weiter ihre Waffen an die Grenze Russlands heranrückt und die Vorwarnzeit bei einem Angriff gegen null tendiert, dann ist das Sicherheitsbedürfnis Russlands tangiert – ob mit oder ohne Putin. Eine andere Geschichte ist die Verbindung zwischen der Ukraine und Russland, die Vermischungen, die familiären Bindungen, die historischen, die traditionellen, das ist ein sehr spezielles Verhältnis. Auch wenn Sie heute mit Ukrainern reden, streiten die das gar nicht ab. Ich glaube, beide Seiten hätten sich nicht vorstellen können, dass sie mal so aufeinander losgehen.

Glauben Sie, wenn Putin nicht mehr ist, wird das Problem gelöst sein?
Wenn einer wirklich so denkt, ist das an Naivität kaum zu überbieten. Wie wird ein Nachfolger Putins sein? Der wird sich doch nicht mit fliegenden Fahnen in Richtung Westen orientieren, ganz im Gegenteil. Nach dieser Vorgeschichte kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand Putin nachfolgt, der dem Westen die Hand reicht. Diese Zeiten scheinen erst mal vorbei zu sein, wenn vom Westen keine Signale kommen.“

Soweit Gabriele Krone-Schmalz. Es gibt viele Journalisten, Historiker und auch hochrangige Militärs, die eine ähnliche Einschätzung vertreten. Sie kommen leider in unseren Medien nicht zu Wort. Bleiben wir also wachsam und kritisch. Und lassen wir uns nicht einreden, es habe keinen Sinn, sich für den Frieden zu engagieren.

Uwe:

Wir laden sie  nun wieder dazu ein, 5 Minuten mit uns zu schweigen und all derer gedenken, die durch kriegerische Auseinandersetzungen ermordet, verletzt, ihrer Heimstatt beraubt wurden, oder sich auf der Flucht vor Krieg und Elend befinden.

Wir gedenken auch der Natur, unserer Lebensgrundlage, gegen die weltweit ein permanenter Krieg geführt, und die erbarmungslos zerstört wird.

Wir gedenken auch all der Menschen, die sich aktiv gegen den Krieg, für mehr Mitmenschlichkeit und gegen die Zerstörung unserer Mitwelt einsetzen.

Uwe:

Die Friedenstauben

Geschichte schreibt die Tatsachen
Nichts rückgängig kann man da machen
Für die Verwüstungen und Scherben
Sind nicht verantwortlich die Erben.
So war es immer schon gewesen,
Gehört wohl so zum Menschenwesen.
Nur wer daraus auch lernen kann,
Verhindern künftig etwas kann.
Der lässt sich nicht manipulieren.
Beeinflussen und sich beirren.
Er lässt die weißen Tauben fliegen,
Sie zeigen uns den Weg zum Frieden.
Ein Krieg jetzt wäre sicher schon
Das Ende der Zivilisation.
Der Frieden wird, und nicht der Krieg,
Erreichen schließlich einen Sieg.
Wie wertvoll ist ein Menschenleben,
wie wertvoll ist ein jedes Leben.

Willi Faber, Backnang

 

Uwe Schluss:

Bevor wir unsere heutige Mahnwache beenden, hier noch einige Hinweise auf verschiedene Veranstaltungen:

  • Am kommenden Sonntag, 12.Mai lädt das Forum zfd.de um 19.30 zu einer Online-Veranstaltung mit dem Thema: „Israelis und PalästinenserInnen gedenken gemeinsam der Opfer des Krieges im Nahen Osten“ ein.
  • Am Die, 14.Mai d.J. um 19 lädt das Forum Kultur des Friedens in die Johannes Kirche (Feuersee) in Stuttgart zu einer Veranstaltung mit der Theologin Käsmann und dem Sänger und Pianisten Konstatin Wecker u.a. zu dem Thema „Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg“ ein. (Prospekte hierzu lagen bereits bei unseren letzten Mahnwachen aus)
  • Am Mittwoch der kommenden Woche ist der „Internationale Tag der Kriegsdienst-Verweigerung“. Hierzu finden in der Innenstadt in Stuttgart ab 18h verschiedene Veranstaltungen statt. Nähere Infos hierzu unter: bawue.dfg-vk.de

Damit ist unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beendet. Wir danken nochmals dafür, dass sie gekommen sind und wünschen ihnen ein schönes Wochenende.

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