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Es folgen die Redebeiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen
Begrüßung (uwe)
Guten Abend. Ich begrüße sie, ich begrüße euch, im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen, 140. Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden.
Heute hat sich Mona Kirschner dankenswerter Weise dazu bereit erklärt, mit einem Redebeitrag unsere Mahnwache zu unterstützen.
Mona (Hauptredebeitrag)
„Wir alle sind aufgerufen, unsere Gesellschaft so zu bewahren, dass wir auf sie stolz sein können: nicht diese Gesellschaft der in die Illegalität Gedrängten, der Abschiebungen, des Misstrauens gegen Zuwanderer, in der die Sicherung des Alters, die Leistungen der Sozialversicherung brüchig geworden sind, in der die Reichen die Medien beherrschen…“
Der das im Jahr 2010 schrieb, ist 3Jahre später hochaltrig u, wie es heißt, gesund verstorben. Er hatte im 2. Weltkrieg wertvolle Lebenszeit im KZ Buchenwald u zwei weiteren Zwangslagern verbringen müssen, u a. mit zwei Kameraden auf einer Pritsche eng zusammenliegen u für den Schlaf stillhalten. Dafür hatte er sich das innerliche Aufsagen von Gedichten ausgedacht, was ihn die Strapazen überstehen ließ u sich selbst „noch immer als Menschen“ beweisen. So sagt er es überzeugend in einem Kinodokumentarfilm, der auch auf Youtube angeschaut werden kann: „Der Diplomat Stéphane Hessel“. Er sei ein „früher globaler Denker“ gewesen, auch ein „glücklicher Sysiphos“, heißt es in diversen Kommentaren zu ihm. Sein Wunsch, Diplomat zu werden, sei mit der Erfahrung der Menschenverachtung in den KZs u der daraus erwachsenden Verantwortung entstanden, betont er. Zur Verwirklichung dieses Wunsches riskierte er u.a. einmal, seine Identität mit den Papieren eines todgeweihten typhuskranken Kameraden zu tauschen, erfolgreich. Was für ein unbändiger Lebenswille muss da am Werk gewesen sein!!
In Berlin geboren kam Stéphane Hessel, Sohn einer Journalistin u eines Schriftstellers, noch als kleiner Junge mit seinen Eltern nach Paris u wurde als junger Erwachsener frz Staatsbürger. Er war in dt Kriegsgefangenschaft, konnte aber über Südfrankreich, Marokko u Portugal nach London fliehen. Dort schloss er sich der frz Résistance an, kam mit einem Militärflugzeug wieder nach Frankreich, wurde dort verhaftet, gefoltert und deportiert. Nach seinem Identitätstausch und späterer Flucht auf einem Bahntransport kam er durch Glück in den Stab des stellvertretenden Generalsekretärs der UN u war anwesend bei der Formulierg der UN-Menschenrechtscharta. Damit hoffte er, heißt es, auf eine „wunderbare, schöne Welt“. Er erkannte früh den Zusammenhang zwischen Einwanderung u mangelnder Kooperation der Ersten mit der Dritten Welt u wurde zum Fürsprecher der armen Staaten bei den reichen. Noch als 80Jähriger fordert er auf den Straßen von Paris das Bleiberecht für Afrikaner ohne Papiere. Seine Streitschrift „Empört euch!“, die er noch mit 93J verfasst, ist an die Jugend gerichtet u in einfacher Sprache gehalten. Sie plädiert für gewaltfreien Widerstand gegen Menschenrechtsverletzungen, Ungerechtigkeit, Finanzkapitalismus u Umweltzerstörung (s. Eingangszitat) u erreicht mit einer Auflage von 4Millionen Exemplaren ein weltweites Publikum. „Es war gar nicht so sehr mein Gefühl, das mich bewegte, sondern mehr die Entschlossenheit zum Engagement“ schreibt er an einer Stelle. Er ist beeindruckt von der Philosophie Sartres, bei dem er sein Lebensmotto findet: die Verantwortung des Einzelnen, ohne Rückhalt, ohne Gott. Er findet zusätzlich das biblische Bild vom wirkenden Sauerteig durch eine aktive Minderheit u bekennt, dass sein natürlicher Optimismus ihn alles Wünschenswerte für möglich halten lässt. Er betont, dass das Gemeinwohl über dem Interesse des Einzelnen stehen sollte u die gerechte Verteilung eines erarbeiteten Wohlstandes über der Macht des Geldes.
Während ich diese Zeilen schrieb, flog mir in einer kleinen Pause die Tat des Amokläufers von Graz über den Nachrichtenbildschirm zwischen den Text. Ich verstummte innerlich kurz zuhörte dann – wie passend! – den Ruf Stéphane Hessels „Empört euch!“, musste aber sofort hinzufügen „bleibt nicht im Affekt hängen!“ Tatsächlich hat der Diplomat 1 Jahr nach dieser Streitschrift noch eine verfasst. Sie trägt das gleiche Outfit und den schönen Titel „Engagiert euch!“ Das wünsche ich zum Schluss uns allen.
Schweigen (uwe)
In den Nachrichten der letzten Tage wurde berichtet, dass gegenwärtig weltweit so viele bewaffnete Konflikte stattfinden, wie noch nie.
Zum großen Teil, auch wegen dieser Kriege, befinden sich 122 Millionen Menschen auf der Flucht. Der größte Teil dieser Flüchtenden, nämlich 70%, sucht und findet Asyl in einem Land, welches sich in der Nähe des Landes befindet, aus dem sie geflohen sind. Und das sind in der Regel ärmere Länder.
Seit heute Vormittag greift das israelische Militär den Iran mit sog. „Luftschlägen“ an. Nach Angaben der israelischen Regierung, um iranische Atomanlagen zu zerstören, in denen Plutonium für den Bau von Atombomben oder Sprengkörpern angereichert werden soll.
Laut der US- amerikanischen Regierung erfolgen diese Angriffe ohne Unterstützung der USA. Präsident Trump versicherte aber, dass die USA ihrem Verbündeten Israel zu Hilfe kommen würden, wenn dieser vom Iran angegriffen werden würde.
Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass Israel ohne Zustimmung der USA diesen Krieg begonnen hat, zumal Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran wegen dieser Atomanlagen am kommenden Sonntag beginnen sollten.
Neben all dieser nicht ermutigenden Nachrichten gab es eine, die uns ermutigen kann: Prominente Genossen der SPD sind mit einem Manifest an die Öffentlichkeit gegangen, in dem sie die hemmungslosen Aufrüstungspläne der Bundesregierung scharf kritisieren und mehr Diplomatie im Umgang mit den Kremlherrschern fordern. Die sofortige schroffe Ablehnung dieses Manifestes durch Regierungs- und Wirtschaftsvertreter war zu erwarten. Ich bin aber davon überzeugt, dass mit diesem Manifest eine öffentliche Diskussion über die vorherrschende Kriegsertüchtigungsrhetorik angestoßen worden ist. – Und das finde ich gut!
Ich möchte sie, ich möchte euch nun wieder dazu einladen einige Minuten mit uns zu schweigen. Wir gedenken dabei all der Menschen, die bei kriegerischen Auseinandersetzungen verletzt oder getötet werden, oder ihrer Heimstatt beraubt wurden und sich auf der Flucht befinden.
Wir gedenken auch all der Soldaten, die von gewissenlosen Staatenlenkern oder ihren Widersachern auf die Schlachtfelder geschickt werden, um zu morden oder ermordet zu werden.
Wir gedenken der geschundenen Natur die bei kriegerischen Handlungen geschändet wird.
Lit.Beitrag (Mona)
Aber freilich darf die Lyrik nicht fehlen. „Poesie ist Widerstand….das Gegenteil von Parolen“: ( Auch deshalb hören wir regelmäßig zur Mahnwache für den Frieden ein eigens ausgewähltes Gedicht.) Der Satz stammt von Konstantin Wecker, der mit Stéphane Hessel befreundet war u bezieht sich auf seinen Song „Empört euch!“
Hier der Refrain:
Empört euch,
beschwert euch
und wehrt euch,
es ist nie zu spät!
Empört euch,
gehört euch
und liebt euch,
und widersteht!
Schluss (uwe)
Bevor wir unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beenden, weise ich noch auf zwei Veranstaltungen hin:
►Am Mittwoche, 18. Juni d.J. findet in Clara – Zetkin – Haus in 70619 Stuttgart, Gorch – Fock – Straße 26 eine Buchvorstellung mit der Autorin Helga Baumgärtner statt. Der Titel des Buches: „Völkermord in Gaza – Gewalt und Vertreibung im West-Jordan Land“.
►Am Samstag, 21.06.d.J. lädt das Kath. Erwachsenenbildungswerk Ellwangen, Philip – Jeningen – Platz 2, zu Vortrag und Diskussion ein. Thema: „Sehnsucht nach Frieden – Israelis und Palästinenser“.
►Wer Zeit und Lust dazu hat, am morgigen Samstag bei unserer Banneraktion mitzuwirken, melde sich bitte nach unserer Mahnwache.
Damit ist unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beendet. Vielen Dank, dass sie gekommen sind, dass ihr gekommen seid.
Unsere nächste Mahnwache findet heute in einer Woche, am Freitag, 20.Juni, 18 Uhr wieder hier vor dem Rathaus statt.
Wir wünschen ihnen / euch ein erholsames Wochenende.