Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen
Uwe:
Guten Abend. Ich begrüße Sie, ich begrüße euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden.
Inmitten der vielen schlimmen und wenig ermutigenden Nachrichten, die uns täglich bedrängen und bedrücken, gibt es seit vorgestern eine, über die wir uns hoffentlich freuen können: eine Waffenruhe in Gaza steht unmittelbar bevor! Heute war in den Nachrichten zu hören, dass die diesbezüglichen Verträge von beiden Seiten, der Palästinenser Organisation Hamas und den israelischen Unterhändlern, unterschrieben worden wären. (Die Hamas wird in den allermeisten Medien mit dem Prädikat „Terrororganisation“ versehen. Ich bin der Meinung, dass, wenn man sich sprachlich in solche Niederungen begibt, auch die israelische Armee als Terrorarmee bezeichnet werden sollte, angesichts der menschen- und völkerrechts verachtenden Handlungen, die sie in Gaza, in den von ihr besetzten Gebieten begeht und im Libanon begangen hat.)
Nun steht noch die Zustimmung des Kabinetts von Ministerpräsident Netanjahu, welche am kommenden Sonntag erfolgen soll, aus. Hoffen wir also, dass die Faschisten in dem israelischen Kabinett, welche angekündigt haben, gegen einen Waffenstillstandsvertrag zu stimmen, sich nicht durchsetzen, und dass die geschundenen Menschen in Gaza endlich ohne ständige Bombardements durch israelische Militärs aufatmen und leben, und auch die bislang von den israelischen Militärs zurückgehaltenen, dringend benötigten Hilfsgüter erhalten können.
Der bekannte Theologe Eugen Drewermann setzt sich in seinen Vorträgen und Büchern, die er geschrieben hat, mit der Frage auseinander, wie Kriege entstehen und wie sie verhindert oder beendet werden können. Gisela Massoth – Glund wird nun einige Gedanken des Theologen in ihrem heutigen Redebeitrag vortragen.
Gisela:
Ich lese Zitate aus: „Nur durch Frieden bewahren wir uns selbst“ von Eugen Drewermann (Eugen Drewermann ist suspendierter katholischer Theologe, aus der Kirche ausgetreten, Analytiker, Schriftsteller).
Eugen Drewermann beschreibt in diesem Buch als einen der wichtigsten Antreiber für Kriege
die Angst. Zur Angst schreibt er: In der Kette seiner Kriege erscheint der Mensch als ein am Geist erkranktes Tier, als Paranoiker im Irrenhaus seiner eigenen Geschichte, als jemand, der aus Angst vor den Gefahren, die von seinen Ängsten ausgehen, sich selber zur größten Gefahr wird. Man müsste ein für allemal in sich selbst im eigenen Herzen die Angst überwinden.
Aber, schreibt er, solange die Regierenden von Angst voreinander regiert werden, werden weiter Kriege wüten und ihre Opferzahlen steigen. Die vorherrschende politische allgemeine Meinung ist: Nur sofern einer dem anderen soviel an Angst bereitet, wie er vor diesem Anderen selbst Angst empfindet, wähnt er sich in einem Gleichgewicht des Schreckens, in relativer Sicherheit.
Aber, die erstrebte Sicherheit gibt es für uns nur, wenn der Gegner, vor dem wir uns fürchten, sich vor uns sicher fühlt, und das wird er nur, wenn wir die Flucht in die drohenden Posen eigener Macht endlich aufgeben. Dazu müssten wir uns selbst die Fähigkeit nehmen zurückzuschlagen. Stattdessen müssten wir uns um die Ängste, die wir dem Anderen bereiten, kümmern. Wir sehen den Anderen dann in Verbindung mit uns selbst, wir kehren die fatale Verflochtenheit von Angst und Gewaltbereitschaft um in eine Verbundenheit von Vertrauen und Gewaltverzicht.
Wie ein Friede der Angstüberwindung aussehen kann, verdeutlicht jenes so irreal erscheinende Jesuswort: „Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, so halte ihm noch die andere hin…“ (Mt 5,39). Gewiss man kann im Fall erlittenen Unrechts zurückschlagen. Statt Friede entsteht Kampf. Selbst wenn es gelingt, den Übeltäter in die Knie zu zwingen, wirst du seine Feindschaft verewigen. Doch weißt du eigentlich, was er beabsichtigte mit seinem Tun? (wusste er es selbst ?) Ein Schlag auf die rechte Wange kann nur mit der linken Hand ausgeführt werden. Mit der linken, die seit Alters her dem Unbewussten zugeordnet wird. Wäre es da nicht möglich, dass der Gegner etwas ganz anderes wollte, als sich in seiner Tat auszudrücken scheint? Das ist nur herauszufinden, wenn man den Schlag bewusst „rechts“wiederholen lässt.
Wenn du jetzt ruhig und ohne Angst, nicht deinen Rachephantasien nachgehst, sondern auf den Angreifer zugehst, klärst du u.U. Missverständnisse und Beweggründe auf. Durch dein eigenes Vertrauen machst du ihn (den Angreifer) zu deinem Vertrauten …. (S49). In jedem Fall zeigst du ihm, dass du anders bist als er geglaubt oder gefürchtet hat. Die todverschattete Welt der Angst bricht auf und öffnet sich dem Licht.
Soweit zunächst mal Drewermann.
Seine Sichtweise mag nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine sehr unrealistisch, ja fast träumerisch anmuten. Andererseits hat die Entspannungspolitik unter Willy Brandt und Egon Bahr gezeigt, dass mit einer anderen Haltung wirkliche Veränderung erreicht wurde, bis hin zur Wiedervereinigung Deutschlands.
Hier noch die Abschlussgedanken Drewermanns: Er schreibt:
Kern von all dem vorher Gesagten, ist die Umwandlung von Angst in Vertrauen!
Notwendig für die Umwandlung dieser Angst ist ein umfassendes Gefühl von Geborgenheit in der Obhut eines wohlmeinenden Größeren. Dieses Gefühl von Geborgenheit ist, laut Drewermann gebunden an eine vertrauenswürdige Person. Er schreibt von der Beziehung des Kindes zur Mutter. Er als gläubiger christlicher Theologe sieht dieses Vertrauen und die Geborgenheit verbunden mit dem Glauben an den persönlichen Gott, also mit dem Glauben an Gott als Person, wie wir ihn aus der christlichen Lehre kennen. Soweit Drewermann!
Ich denke, auch ohne den Glauben an einen Gott als Person kann man Vertrauen und Geborgenheit entwickeln, z. B. Im Wissen, fester Bestandteil dieser Schöpfung und mit dieser elementar verbunden zu sein.
Doris:
Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.
Doris:
Ich lese aus dem Buch „Grundrechte“ von Ulrich Schaffer:
Du hast das Recht, aufzubegehren gegen die Verbreitung des Todes im Namen des Friedens.
Du hast das Recht, dich zu wehren gegen den Wahnsinn der Rüstung
und gegen die Theorien, die den Krieg zu einer Notwendigkeit erklären.
Du hast das Recht, dich zu wehren gegen das Rechnen mit Menschenleben,
ob Soldaten oder Zivilisten, denn hinter jedem Namen
steht ein schlagendes Herz mit Wünschen und Träumen.
Du hast das Recht, gegen die Finanzierung der Maschinerie des Todes aufzubegehren,
weil sie mit den Pfennigen, Cents und Kopeken,
mit dem Geld der Armen der ganzen Welt bezahlt wird.
Du hast das Recht, dich entschieden auf die Seite des Lebens zu stellen,
deine ganze Energie einzusetzen, um diesen Planeten zu retten.
Doris:
Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:
- Am Donnerstag, den 23. Januar findet um 17.00 Uhr in Stuttgart eine Kundgebung mit Demonstration statt zum Thema: „Mit Taurus-Raketen zur direkten Kriegsbeteiligung?“ Der Treffpunkt ist am Rotebühlplatz / Ecke Königstraße. Der SWR wird die Aktion aufnehmen und filmen.
- Am Freitag den 24. Januar laden das Friedensbündnis Esslingen und die Friedensinitiative Kirchheim u.T. zu einem Vernetzungstreffen der Friedensgruppen aus der Region rund um Stuttgart ein. Auch aus Schorndorf werden 2 Personen vertreten sein.
- Am Donnerstag, den 30. Januar gibt es um 19.00 Uhr im Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart eine Lesung mit Jürgen Grässlin aus seinem neuen Buch „Wie Lichter in der Nacht. Menschen, die die Welt verändern“.
- Am Samstag, den 15. Februar wird es einen bundesweiten Aktionstag der Friedensbewegung zur Bundestagswahl geben. Auch in Stuttgart ist eine Demonstration geplant. Wir werden noch Näheres berichten.
- Wer sich morgen oder nächsten Samstag an unserer Friedensbanner-Aktion beteiligen kann, möge sich nachher bitte bei mir melden.
- Wir bitten um einen kleinen finanziellen Beitrag an die Firma Schmidt, die uns nun schon seit fast 3 Jahren diese Mikrofonanlage kostenlos überlässt.
- Unsere Nächste Mahnwache findet am kommenden Freitag, den 24. Februar um 18.00 Uhr wieder hier auf dem Marktplatz statt.