Mahnwache vom 20.05.2022 der Friedensinitiative Schorndorf

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Uwe:

Mein Name ist Uwe Glund. – Ich begrüße Sie, im Namen der Friedensinitiative Schorndorf, zu unserer 12. Mahnwache gegen den Krieg.

Als wir vor ca. 3 Monaten unsere erst Mahnwache hier vor dem  Rathaus abhielten, war unser Motto: „Mahnwache gegen den Krieg in der Ukraine.“ Auch trafen wir uns an  den darauffolgenden  Mahnwachen unter diesem Motto, weil dieser Krieg so quasi vor „unserer Haustüre“ stattfindet und die Gefahr heraufbeschwört, massiv zu eskalieren.

Wir hatten in unserer Schweigen im Rahmen der Mahnwache auch immer wieder weitere Kriege und deren Folgen für die involvierten Menschen einbezogen, dies aber mehr oder weniger nur am Rande.

Politiker und Politikerinnen der Nato-Staaten und die Mainstream Medien richten ihr Hauptaugenmerk nach wie vor auf den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine. Sehr wenig oder überhaupt keine Beachtung finden dagegen die genauso völkerrechtswidrigen Kampfhandlungen oder Kriege, wie z.B.:

  • Der Krieg, den die Türkei gegen Lebensräume der Kurden im Irak oder Syrien führt. Hierbei überschreiten  die Militärs, auf Befehl ihres Präsidenten und Oberbefehlshabers, die Grenzen der souveränen Staaten Syrien und Irak, um, gemeinsam mit islamistischen Kämpfern, die kurdische Arbeiterpartei PKK zu bekämpfen. Die türkische Regierung gibt als Begründung für diesen  Angriffskrieg an, dass die Sicherheit ihres Landes durch die PKK bedroht wäre und die Türkei sich verteidigen müsse. Dabei bestätigen neutrale Beobachter, dass seitens der PKK, von Syrien oder dem Irak aus,  keinerlei Angriffe auf türkisches Staatsgebiet erfolgt sind.   Diesbezüglich hat mich sehr erschüttert, dass vom grün geführten  Außenministerium Deutschlands die Begründung der Türkei für diesen Übergriff akzeptiert und verteidigt wurde.
  • In Syrien bombardieren weiterhin russische und syrische Flugzeuge Städte und Dörfer, wo sich angeblich Terroristen des Islamischen Staates aufhalten . Dabei wird keinerlei Rücksicht auf die Zivilbevölkerung genommen. Und es werden Schulen und Krankenhäuser, ähnlich wie in der Ukraine, bombardiert und dem Erdboden gleichgemacht.
  • Auf dem Boden der Volksrepublik Jemen findet seit sechs Jahren ein Stellvertreterkrieg  zwischen der von Saudi-Arabien und weiteren Golfstaaten unterstützten Regierung und einer, vom Iran unterstützten Rebellenarmee statt. Dieser Krieg kostete bislang 370.000 Menschen das Leben. Das Land ist total verwüstet und die UNHCR befürchtet eine Hungerkatastrophe, der mehr als eine Million Menschen zum Opfer fallen könnten. Gegenwärtig gilt eine von beiden Kriegsparteien  vereinbarte Feuerpause , die einer militärischen Pat-Situation geschuldet ist, und von der zu hoffen ist, dass sie noch lange währt, oder zu einem Friedensvertrag führt.
  • Im März 2011 zerbomte  in  einem Bürgerkrieg gegen den Despoten Gaddafi in Libyen eine Militärallianz zwischen den  USA, Frankreich und Großbritannien die staatliche Ordnung Libyens. Im Tschad, in Mali und in Niger entstanden in der Folge Bürgerkriege. Arbeitslos gewordene ,z.T. schwer bewaffnete Söldner aus Gaddafis Armee verbündeten sich dort mit Dschihadisten und destabilisierten ganze Regionen.Die Bevölkerung dieser Staaten leidet noch heute an diesen kriegsähnlichen Zuständen.

Ich habe nur einige exemplarische Beispiele für die gegenwärtig stattfindenden Kriege aufgeführt. Erwähnen möchte ich noch die Spannungen zwischen Armenien und Aserbaitschan wegen des von beiden Staaten beanspruchten Gebiets von Berg-Karabach und  die Situation der Mensschen  in Afghanistan, nach dem Scheitern der Mission einiger NATO-Staaten in diesem Land.

Ich möchte Sie darum bitten, später bei unseren Schweigeminuten, die Folgen dieser Kriege in Ihr Gedenken einzubeziehen.

Nun wird unser Mitglied Detlef Beune zu uns sprechen

Detlef:

Hallo zusammen, leider gibt es zum Krieg in der Ukraine nichts Positives zu berichten. Der Krieg geht immer weiter, Menschen sterben, viele zivile Gebäude werden zerstört.

Zu Beginn dieses Krieges wurde als Ziel vorgegeben, dass dieser Krieg möglichst schnell beendet werden müsse, dem kann ich auch immer noch nur zustimmen. Eine Zeitlang gab es auch durchaus Hoffnung: Die Ukraine bot an, dass sie sich bei entsprechenden Sicherheitsgarantien durch verschiedene Staaten eine Neutralität vorstellen könnte. Dieses Angebot von Präsident Selenskyi brachte tatsächlich Bewegung in die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. Auch der russische Außenminister Lawrow meinte, dass die Verhandlungen mit der Ukraine gute Fortschritte gebracht hätten, zumindest ein Waffenstillstand schien möglich.

Allerdings hat Selenskyi dieses Angebot kurze Zeit später zurückgenommen. Echte Friedensverhandlungen finden in dem Konflikt mittlerweile nicht mehr statt. Als Grund wurden die Massaker in Butcha genannt, wobei es bis heute keine endgültige Aufklärung dieser Blutvergießen gab. Ob Selenskyi diesen Rückzug aus eigener Überzeugung tat oder aufgrund von „Beratungen“ der in der Ukraine reichlich vorhandenen US-Berater, wird sich wohl niemals klären lassen

Von Seiten der NATO inclusive Deutschland wurden die Ziele in diesem Krieg umdefiniert. Statt den Konflikt mit diplomatischen Mitteln beizulegen, hieß das plötzlich: Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren, das begründete Waffenlieferungen an die Ukraine. Kurz danach kamen Stimmen hoch, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen muss, was die Begründung für die Lieferung von schweren Angriffswaffen an die Ukraine war.

Dabei tat sich insbesondere die britische Außenministerin Liz Truss hervor, die forderte, dass die Ukraine den Krieg gewinnen müsse und die Krim und der Donbass wieder zur Ukraine gehören müssten. Auch die angeblich kritische taz veröffentlichte einen Kommentar des Ressortleiters Ausland dieser Zeitung mit dem Titel: „Die Ukraine muss gewinnen – erst eine militärische Niederlage Russlands eröffnet den Weg zu Frieden in Europa“.

Die mögliche Gefahr eines Dritten Weltkrieges unter Einsatz von Atomwaffen wird dabei gar nicht zur Kenntnis genommen. Im Gegenteil: Jetzt beantragen auch Schweden und Finnland die Mitgliedschaft in der NATO. Finnland hat eine 1.300 Kilometer lange Grenze zuRussland. Wenn man das Beispiel Polen oder die baltischen Staaten nimmt, kann man davon ausgehen: In Finnland werden schwere auf Russland zielende Waffen installiert werden und große Militärmanöver an der russischen Grenze durchgeführt werden. Ist so etwas Friedenspolitik?

Dass Frieden- und Entspannungspolitik möglich ist, das hat 1962 der damalige Präsident John F. Kennedy gezeigt. Nach der Installation von atomaren Mittelstreckenraketen in Italien und der Türkei wollte die damalige Sowjetunion atomare Mittelstreckenwaffen auf Kuba installieren. In dieser sogenannten Kuba-Krise stand die Welt schon einmal vor dem dritten Weltkrieg. Entgegen den Empfehlungen der meisten Politiker in den USA verhandelte Kennedy mit dem damaligen sowjetischen Machthaber Chruschtschow, und der drohende atomar geführte Weltkrieg wurde abgewendet.

In einer Rede am 10.06.1963 begründet Kennedy seine Entscheidung u.a. wie folgt:

Welche Art Frieden streben wir an? Es geht hier nicht um eine PaxAmericana, die der Welt durch amerikanische Kriegswaffen aufgezwungen wird. … Ich spreche von echtem Frieden, von der Art Frieden, die das Leben auf der Erde lebenswert macht, ….

…Totaler Krieg ist in einem Zeitalter sinnlos, in dem Großmächte viele und relativ unbezwingbare Atomwaffen unterhalten können und sich weigern, ohne Einsatz dieser Waffen zu kapitulieren. Er ist sinnlos in einem Zeitalter, in dem die Explosion einer einzigen Atomwaffe nahezu zehnmal so stark ausfällt wie die Waffen aller alliierten Luftstreitkräfte des Zweiten Weltkriegs zusammen. …

Das damalige Handeln und die Reden von Kennedy waren übrigens auch Grundlagen der Entspannungspolitik, die einige Jahre später von Willy Brandt und Egon Bahr eingeleitet wurde. Der aktuelle Bundeskanzler Scholz beruft sich auch auf Brandt und Bahr, warnt vor den Gefahren eines Dritten Weltkrieges. Nur sein konkretes Handeln spricht eine ganz andere Sprache: Die Rüstungsausgaben sollen dramatisch erhöht werden, mittlerweile werden auch schwere Waffen an die Ukraine geliefert. Scholz beeilte sich zu bekunden, dass Deutschland dem Eintritt von Schweden und Finnland in die NATO zustimmen wird, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass diese Schritte eine weitere Eskalation bedeuten würden.

Das heißt letztlich für mich als Mitglied einer kleinen Friedensinitiative: Um zumindest Deutschland zu einer Umkehr in Richtung neuer Entspannungspolitik zu bewegen, bedarf es des massiven Drucks von unten. Die Friedensbewegung ist gefordert, möglichst bald viele Menschen auf die Straße zu bringen, um zu zeigen: Wir wollen Frieden und Entspannungspolitik, keine Lösung von Konflikten mit gefährlichen Kriegen. Am nächsten Sonntag (am 22.05.) findet eine große Aktionskonferenz der Friedensbewegung statt. Daran könnt Ihr übrigens auch online teilnehmen (die Mail-Adresse könnt Ihr Euch nachher bei uns abholen). Diese Konferenz findet unter der folgenden Losung statt:

Weltkrieg verhindern – Abrüstung jetzt

Die drohende Ausweitung des Ukraine-Krieges mit der Gefahr eines atomaren Infernos fordert größere Anstrengungen der Friedensbewegung. Es ist unsere Aufgabe, NEIN zu sagen. Die zunehmenden Aufrufe und Erklärungen gegen den Krieg und die Ausweitung der Kriegsbeteiligung fordern von uns Mut zum Handeln. Wir müssen uns mit den Aktiven der Friedensbewegung verständigen, wie wir unsere Forderungen öffentlicher und wahrnehmbarer machen können.

Der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen Ukraine muss gestoppt werden. Waffenstillstand, keine Waffenlieferungen und sofortige Friedensverhandlungen bleiben unsere Forderungen.

Uwe:

Einführung ins Schweigen

Doris:

 Ich lese ein Gedicht  von Archibald MacLeish (in der deutschen Übersetzung von Erich Fried)

Die jungen toten Soldaten
Die jungen toten Soldaten sprechen nicht.
Aber man hört sie in stillen Häusern:
Wer hat sie nicht gehört?
Sie haben ein Schweigen, das spricht für sie,
nachts, wenn die Uhr schlägt.
Sie sagen: Wir waren jung.
Wir sind gestorben. Denkt an uns.
Sie sagen: Wir haben getan, was wir konnten,
aber bevor es vorbei ist, ist es nicht getan.
Sie sagen: Wir haben unser Leben gegeben,
aber bevor es vorbei ist, kann keiner wissen,
was unsere Leben gaben.
Sie sagen: Unser Tod ist nicht unser.
Er ist euer:
Er wird bedeuten, was ihr daraus macht.
Sie sagen: Ob unser Leben und Tod für Frieden war,
und für neue Hoffnung,
oder für nichts,
können wir nicht sagen, denn ihr müsst es sagen.
Sie sagen: Wir lassen euch unsere Tode.
Gebt ihnen Sinn.
Wir waren jung, sagen sie.
Wir sind gestorben.
Denkt an uns.

Doris:

Ich möchte folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

  • Am kommenden Sonntag, den 22.Mai ist um 19.00 Uhr wieder ein Gottesdienst der Reihe „Stadtkirche am Abend“. Das Thema lautet: welt.bewegt: Herausforderungen durch autoritäre Regime. Es spricht Dr.Boniface Mabanza aus dem Kongo.
  • Anfang Juni wird im Bundestag über das 100 Milliarden Programm zur Aufrüstung und der Anschaffung von neuen Kampfbombern für den Einsatz von Atomwaffen abgestimmt. Bitte nutzen Sie noch die Möglichkeit, per E-Mail  unsere Bundestagsabgeordneten anzuschreiben oder sie anzurufen. Unter friedenskooperative.de gibt es Informationen dazu.
  • Unsere nächste Mahnwache ist heute in einer Woche, am Freitag, 27.05.22

Jetzt ist noch Zeit zum Austausch untereinander.

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