Im Folgenden die Beiträge dieser Mahnwache
Uwe:
Guten Abend. Ich begrüße Sie im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer 25. Mahnwache gegen den Krieg.
Nach dem Motto, „die Hoffnung stirbt zuletzt“, hatte ich gehofft, dass sich allmählich unsere Mahnwache erübrigt, weil die Welt von immer weniger kriegerischen Ereignissen heimgesucht wird. Aber leider ist das Gegenteil der Fall:
- der Krieg in der Ukraine geht mit unverminderter Härte weiter; trotz oder vielleicht auch wegen der massiven Waffenlieferungen der NATO Staaten an die Ukraine, und trotz der umfangreichen Sanktionen gegen Russland. Dabei betonen die Waffen liefernden Staaten immer wieder, dass sie dies tun würden, um diesen Krieg schneller zu beenden.
- In meinem Redebeitrag zu unserer 23. Mahnwache hatte ich u.a. davon berichtet, dass laut IPPNW das Militär per Se einer der schlimmsten Klimakiller ist. Zwingt dieser Fakt nicht zu der Überlegung, ob es nicht geboten ist, keine weiteren Waffen in Kriegsgebiete, also auch in die Ukraine, zu liefern?
- Aber Krieg herrscht nicht nur in der Ukraine;- auch im Jemen wurde die immerhin 6 Monate währende Waffenstillstandsvereinbarung zwischen den Kriegsparteien nicht verlängert. Auch dort werden nun wieder Menschen durch den Einsatz von Waffen Das an diesem Krieg beteiligte Saudi Arabien erhält Waffen und Munition hauptsächlich aus den USA, und auch aus Deutschland. Unsere Außenministerin Baerbock hat diese Waffenlieferungen energisch gegen Kritik verteidigt. Auch ohne die wieder aufgeflammten kriegerischen Handlungen ist die Lage der Zivilbevölkerung im Jemen äußerst prekär;- täglich müssen Menschen, vor allem Kinder, sterben, weil sie nicht genug zu essen haben.
- Auch in den Nordprovinzen Syriens bringen fast täglich türkische Militärs mit Angriffen auf autonome, von Kurden verwaltete Gebiete, Tod und Zerstörung. Auch in diesem völkerechtswidrigen Krieg kommen seitens der türkischen Soldadeska, deutsche Waffen zum Einsatz.
- Wir leben also nach wie vor in einer Welt voller kriegerischer Auseinandersetzungen. Dabei ist der Krieg, der uns räumlich am nächsten ist, natürlich der in der Ukraine. Der russische Präsident droht immer wieder unverholen mit dem Einsatz von Atomwaffen, und auch der ukrainische Päsident Selensky hat die NATO aufgefordert, „präventiv die russischen Truppen mit Nuklearwaffen“ anzugreifen. In dem Bulletin der Atomwissenschaftler (Atomic Scientists) ist die sog. Atomuhr inzwischen auf 100 Sekunden vor 24h gestellt, d.h. es sind noch 1 ¾ Minuten bis zum Weltuntergang. Angesichts dieser äußerst bedrohlichen Lage empfinde ich es verstörend und irritierend, wenn der stellvertretende Chefredakteur der Waiblinger Kreiszeitung, Christoph Reisinger, am 9.10.d.J. eine Kommentar unter der Überschrift: „Kein Grund zur Panik vor dem Weltkrieg“ schreibt. Ich zitiere: „ —- es besteht kein Grund, zur Panik vor einem Atomkrieg, gar in einen dritten Weltkrieg zu verfallen. Selbst ein windiger Abenteurer wie Putin (…) überschreitet die Schwelle zum Atomkrieg nicht eben so.“ – So können wir nur hoffen, dass Reisinger sich nicht täuscht!
- Im Zusammenhang mit der real existierenden Gefahr einer atomaren Verstrahlung weiter Landstriche Europas, sei diese verursacht durch den Einsatz taktischer Atomwaffen, oder durch die Zerstörung durch Beschuss eines ukrainischen Atomreaktors, wundere ich mich zunehmend darüber, wie oberflächlich und gelassen die Politik hierzulande und die Mehrheit der Medien darauf reagiert.
- Mit Unverständnis und Empörung habe ich vorgestern eine kurze Meldung in unserer Tageszeitung gelesen, dass Asylsuchende aus Pakistan, deren Antrag auf Asyl von deutschen Behörden abgewiesen wurde, in die überfluteten Gebiete abgeschoben wurden. – Darüber bin ich sehr empört!
Neben den eher deprimierenden Ereignissen gibt es allerdings auch einige wenige ermutigende.
- Das Aufbegehren der Frauen und einiger Männer gegen den totalitären Mullah Staat Iran, die weder Verhaftung, Gefängnis, Schläge oder Folter, oder sogar den Tod fürchten, indem sie der tyrannischen Führung die Stirn bieten. Traurig ist in diesem Zusammenhang, dass inzwischen 200 Zivilisten, darunter viele Kinder von den sog. Sicherheitskräften ermordet wurden. Wir werden später in unseren Schweigeminuten auch dieser Opfer gedenken.
- Eine weitere positive Nachricht ist, dass während der letzten Monate immer mehr Staaten dem Atomwaffenverbotsvertrag beigetreten sind;- ICAN berichtet, dass nunmehr 96 Staaten den Vertrag unterschrieben haben. Davon haben 68 Staaten den Vertrag inzwischen ratifiziert.
Jetzt wird unser Mitglied Detlef Beune zu uns sprechen
Detlef:
Wissen ist Macht, so lautet ein geflügeltes Wort in Deutschland. Man kann den Spruch auch umdrehen: Nichtwissen ist Ohnmacht.
Ziemlich ohnmächtig dürften sich viele in unserem Lande fühlen, wenn sie über den Krieg in der Ukraine nachdenken oder auch über ihre finanzielle Zukunft angesichts der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise. Viele wissen nicht mehr, was und wem sie noch glauben sollen. Viele versuchen auch, möglichst wenig über solche Fragen nachzudenken. Mit dem Glauben daran, dass sie persönlich ja doch nichts ändern können, versuchen sie, solch trüben Gedanken zu verdrängen.
Wie wichtig die Frage nach dem Wissen ist, kann man sich an einem kleinen Beispiel klar machen. Vor kurzem wurden zwei Pipelines von Nord Stream 1 und eine von Nord Stream 2 zerstört. In einem Punkt sind sich ausnahmsweise der Westen und Russland einig. Das war kein Unfall, sondern Sabotage bzw. ein Anschlag. Wer hinter diesen Anschlägen steckt, ist bislang ungeklärt.
Kurz vor diesen Anschlägen hielt Oskar Lafontaine eine Rede bei den NachDenkSeiten. Hierin forderte er u.a., dass sich die EU und insbesondere Deutschland von den USA unabhängiger machen müssten, nicht mehr länger die Rolle eines Vasallen gegenüber den USA einnehmen sollten. Ich denke, dass seine Meinung in dieser Frage durchaus von nicht wenigen Menschen in Deutschland geteilt wird, Aber: Im Angesicht des Ukraine-Krieges dürften diese Positionen in Deutschland momentan wohl kaum mehrheitsfähig sein.
Man stelle sich jetzt einfach nur einmal vor: Es würden unzweifelhafte Beweise auftauchen, die zeigen, dass die USA hinter diesen Anschlägen stecken und das würde auch in den Medien groß verbreitet. Meine Vermutung: Innerhalb kürzester Zeit wäre die Meinung von Lafontaine in Deutschland mehrheitsfähig.
Momentan erscheint es eher unwahrscheinlich, dass die Urheber dieser Anschläge ermittelt werden. Auf der anderen Seite gibt es genügend Tatsachen, die ein Aufbegehren der Bevölkerung gegen die Politik der Ampel-Regierung rechtfertigen würden, vor allem:
- Der Wirtschaftskrieg gegen Russland, verharmlosend mit „Sanktionen“ beschrieben, hat bislang keinen Beitrag zur Beendigung dieses Krieges geleistet. Allerdings werden Europa und insbesondere auch Deutschland deswegen in eine tiefe Wirtschaftskrise stürzen.
- Die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen an die Ukraine hat keinen Beitrag zur Beendigung dieses Krieges geleistet. Im Gegenteil, dieser Konflikt eskaliert immer weiter, die Gefahr eines atomaren Weltbrandes scheint immer größer zu werden.
Am 1. Oktober haben bundesweit in Deutschland dezentrale Aktionen der Friedensbewegung stattgefunden. In vielen Städten wurden Demonstrationen oder Kundgebungen durchgeführt. So weit, so gut. Allerdings: Angesichts der aktuellen Bedrohungslage haben an diesen Aktionen meiner Meinung nach viel zu wenig Menschen teilgenommen. Ich habe mich gefragt, woran das liegt. Ich könnte mir als mögliche Gründe vorstellen:
- Viele Menschen sind einfach stark verunsichert. In den Medien wird man auf allen Kanälen und selbst dann, wenn man nur den eigenen Laptop aufmacht, mit „Nachrichten“ förmlich zugeschüttet mit immer derselben Kernaussage: Es braucht diese Sanktionen und immer mehr Sanktionen, es braucht die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen an die Ukraine, damit der Teufel mit Namen Putin im Zaum gehalten wird. Wenn solche Aussagen in verschiedenen Variationen immer und immer wieder an die Frau oder den Mann gebracht werden, dann bleibt davon schon etwas hängen. Das kleine Einmaleins der Manipulation von Menschen.
- Menschen, die gegen die Politik der Bundesregierung in der Ukraine-Frage auf die Straße gehen, werden gerne verunglimpft. Das sind alles Putin-Versteher oder gar Putin-Trolle, Verschwörungstheoretiker oder Rechtsradikale. Die Menschen möchten in einer Gesellschaft im Normalfall dazugehören, sich nicht ausgegrenzt fühlen. Auch ein befürchtetes negatives Image dürfte durchaus einige davon abhalten, auf die Straße zu gehen.
Wie dem auch sei: Für die Friedensbewegung insgesamt ist es eine wichtige Aufgabe, mehr Menschen zur Teilnahme an Aktionen und Demonstrationen zu gewinnen. Dazu könnte ein Schritt sein, dass wir uns alle vornehmen, in nächster Zeit mehr Menschen auf dieses Thema anzusprechen. Sicherlich ist auch die Öffentlichkeitsarbeit der Friedensbewegung stark verbesserungswürdig. Wir alle sollten uns Gedanken darüber machen, wie es gelingen kann, dass die Friedensbewegung größer wird.
Am Anfang habe ich darauf hingewiesen, dass viele Menschen der Meinung sind, dass sie ja doch nichts ändern können. Da ist auch sicher etwas dran: Ein normaler Mensch alleine kann auch nichts ändern. Ganz anders sieht das aber dann aus, wenn aus einzelnen Menschen viele werden. Hierzu gibt es einen schönen Spruch:
„Individually we are one drop but together we are an ocean.”(auf Deutsch in etwa: Als Individuen sind wir ein Tropfen, aber zusammen sind wir ein Ozean). Arbeiten wir also daran, zu einem Ozean zu werden.
Doris:
Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer des Krieges in der Ukraine und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf beiden Seiten endlich zur politischen Vernunft zurückkehren und eine weitere Eskalation verhindern.
Uwe:
Gedicht/ Zitat
Ankündigungen und Verabschiedung
Ich find die Schorndofer Wahmachen sehr gut. War nie Teil der Friedensbewegung, teile nicht alles, aber hier wird an die zuerst betroffenen Menschen gedacht. Es sind immer die kleinen Leute. Die offene Frage: Wie deren Schicksale aufzuwiegen sind für geopolitische Interessen. Der Ukraine-Krieg ist bei all der für mich richtigen Verwurteilung der russ. Invasion, und der Waffen- und sonstigen Unterstützuing für die Ukraine, ein geopolitischer Stellvertreter-Konflikt, wie viele andere in Welt auch. Das ukrainische Vollk ist sehr tapfer, und ein freiheitsliebendes Volk wird auch Russland nicht besiegen können. Die Kollateral-Schäden für die „kleinen Leute“ (Deutschland, EU, weltweit, vor allem für den Globalen Süden), ergeben eine ganz andere Gewichtung. Die Adminstration der USA nimmt sie als erfolgreiche Geopolitik problemlos in Kauf. Die davon unbeteiligt betroffenen Menschen werden, so ist zu hoffen, ihre eigenen Schlüsse ziehen.