Mahnwache vom 08.03.2024

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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen.

Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die gekommen sind.

Wir sind, wie immer, leider nur eine kleine Zahl. Wir erinnern uns an die Kundgebung vor der Künkelinhalle im Januar, zu der ca. 3000 Menschen gekommen waren. Bundesweit haben Tausende von Menschen demonstriert. Das Motto: „Nie wieder Nationalsozialismus“. Und „Nie wieder ist jetzt“. Es ist gut, dass sich viele Menschen wehren gegen das Erstarken von rechtsnationalistischem Gedankengut und gegen die Partei AfD. Leider ist aber vermutlich ein Teil von ihnen trotzdem der Meinung:  Das „Nie wieder Nationalsozialismus“ bedeute für heute:

  1. „Da Putin so eine Art Adolf Hitler ist und ähnliche Verbrechen verübt, kann man nicht mit ihm reden, sondern man muss ihn militärisch besiegen. Das ist man den Opfern schuldig“.
  2. „Da Deutschland unter Adolf Hitler den Holocaust verübt hat, muss man es dem israelischen Staat zugestehen, sich mit aller Härte zu verteidigen. Das ist man den jüdischen Menschen schuldig. Alle Kritik an der israelischen Kriegsführung ist antisemitisch“.

Ich bin der Meinung, dass hier die falschen Konsequenzen aus der Geschichte gezogen werden. Denn: viele haben anscheinend vergessen, dass das Motto nach 1945 nicht nur hieß „Nie wieder Nationalsozialismus“, sondern auch „Nie wieder Krieg“. Also:

  • nie wieder der Versuch, einen Konflikt mit Krieg zu lösen!
  • nie wieder dieses sinnlose massenhafte Sterben, dieses Elend, dieses Leid!
  • nie wieder das Verschwenden von Unmengen Geld für die Anhäufung von Waffen, welche den Hungernden der Welt das Brot stiehlt!
  • nie wieder Deutschland als militärische Führungsmacht!

All das sind wir den Opfern vergangener Kriege schuldig. Und auch denen, die aktuell unter dem Krieg leiden. Ebenso denen, die nach uns auf dieser Welt noch ein menschenwürdiges Leben haben wollen.

Die aktuellen Entwicklungen sind oft so deprimierend, dass wir manchmal verzweifeln und resignieren könnten. Daher bin ich immer wieder froh, wenn ich sehe: es gibt noch andere, die sich gegen den Krieg einsetzen und sich mit ihrer Haltung auch an die Öffentlichkeit wenden. So bin ich z.B. auf eine Presseerklärung gestoßen, die das „Forum Friedensethik in der Evangelischen Landeskirche in Baden“ am 27.02. herausgegeben hat. Dieses Forum ist der ökumenische Zusammenschluss von rund 80 Personen, die eine Diskussion über friedensethische Grundsatzfragen fördern wollen. Ich werde den Text jetzt vorlesen:

„Presseerklärung zum Gewaltexzess in Gaza:

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat die Völkermordklage gegen Israel angenommen und damit einen Anfangsverdacht bestätigt, dass der Staat Israel sich in Gaza dieses schweren Verbrechens schuldig macht. Die öffentlich geäußerten Vernichtungsphantasien israelischer Minister und Generäle sind verstörend. Beim Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 wurden schwere Menschenrechtsverbrechen begangen; die Reaktion darauf darf nicht sein, selber schwere Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Zwei Drittel zivile Tote im fünfstelligen Bereich und die Zerstörung einer ganzen Infrastruktur sind kein Kollateralschaden von Terrorabwehr, sondern eine Kollektivbestrafung Unschuldiger.

Die deutsche Regierung handelt nicht in unserem Namen, wenn sie die völlig unverhältnismäßige israelische Gewalt als legitime Selbstverteidigung rechtfertigt, den Schutz unschuldiger Menschen verbal anmahnt, tatsächlich aber diesen Gewaltexzess mit Waffenlieferungen unterstützt und politisch flankiert.

Als Mitglieder der Kirche empört uns das dröhnende Schweigen der deutschen Kirchen angesichts des vor unseren Augen ablaufenden Massenmordes an der Zivilbevölkerung in Gaza. Die Geschichte lehrt, wie Christen sich durch Schweigen schuldig machen. Wir bauen jetzt auf eine Kirche von unten, mit der wir uns einsetzen für

    • einen sofortigen Waffenstillstand,
    • den Stopp der Waffenlieferungen an Israel,
    • die Wiederaufnahme der deutschen Zahlungen an die UNRWA, von deren Handlungsfähigkeit das Überleben zahlloser Palästinenser*innen abhängt
    • ein Ende der israelischen Besatzung in Palästina und eine gerechte politische Lösung, in der alle Menschen zwischen Jordan und Mittelmeer selbstbestimmt leben können.

Wir bejahen unsere Verantwortung für das Leben von Juden, die sich aus unserer Geschichte ergibt, sehen eine solche aber auch für die Palästinenser. Die Lehre aus dem Holocaust kann nur lauten: Eintreten für gleiche Menschenwürde und universelle Menschenrechte. In einem Meer von Hass, den die Fortsetzung der bisherigen Gewaltpolitik schüren wird, kann auch ein mit Massenvernichtungsmitteln ausgestattetes Israel nicht überleben. Verantwortungsübernahme und Freundschaft wird sich zuallererst darin zeigen, Israel auf den Weg des gerechten Friedens zu drängen.“

So weit die Pressemitteilung des Forums Friedensethik in der Evangelischen Landeskirche in Baden.

Zum zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine hat sich der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Friedrich Kramer, öffentlich zu Wort gemeldet. Er betonte, dass alles getan werden müsse, um zu einem Frieden zu kommen. Er sagte: „Wir sehen, dass mit Waffen keine schnelle Lösung zu erreichen ist, sondern dass dieser schreckliche, brutale Krieg immer länger dauert“. Darum müsse auf allen möglichen Ebenen – der der internationalen Politik, der Zivilgesellschaft und der Kirchen und Glaubensgemeinschaften – alles versucht werden, um zu Verhandlungen zu kommen. Zitat: „Auch wenn derzeit Vielen Verhandlungen kaum möglich erscheinen, so sind sie doch der einzige Weg, das Töten zu beenden….. Dass unsere Gestaltungsmacht Grenzen hat, bedeutet in der Konsequenz nicht, vor der Logik des Krieges kapitulieren zu müssen. Vielmehr eröffnet der Ansatz der Friedenslogik Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten.“ Zitat Ende.

Leider haben sich die offiziellen Kirchenleitungen nach wie vor nicht klar gegen die Kriegslogik positioniert. Es ist unser Wunsch, dass unsere Stadtkirchengemeinde dies tut. Daher wird es am Mittwoch, den 20.03. um 19.00 Uhr im Martin-Luther-Haus ein „öffentliches Friedensgespräch“ geben mit dem Thema: „Wie können Christen heute Friedensstifter sein“?  Es geht um Fragen wie: Kann man wirklich einen gerechten Frieden stiften mit immer mehr Waffen?  Wie werden wir „friedenstüchtig“ statt „kriegstüchtig“? Die Ergebnisse des Gesprächsabends sollen bei einer Folgeveranstaltung am Dienstag, den 26. 03.24 um 17.00 Uhr im Martin-Luther-Haus in konkrete Handlungsschritte umgesetzt werden. In der Mitte liegen die Einladungszettel zum Mitnehmen aus.

Uwe:

Vorgestern Abend referierte Friedensaktivist Janosch Triesch im Mehrgenerationenhaus in Schorndorf über den Drohnenkrieg, den die türkische Armee auf Befehl von Ministerpräsident Erdogan gegen die autonomen Gebiete der Kurden im Norden Iraks führt. Dieser völkerrechtswidrige Krieg, bei dem durch Drohnenangriffe viele Menschen getötet oder verletzt werden, und gezielt die gesamte Infrastruktur angegriffen und zerstört werden soll, findet weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit statt. Der Referent äußerte die Ansicht, dass dieser Krieg, den der NATO – Partner Türkei gegen die kurdische, christliche und arabische Bevölkerung in Nordsyrien führt, dem, den Russland gegen die Ukraine führt, sehr ähnlich ist. Mit einem Unterschied: seitens des Westens inklusiv der deutschen Regierung, wird Erdogan nicht in gleichem Maße verurteilt wie Putin.  Die gleichen Verbrechen gegen das Völkerrecht werden, wie so oft, mit unterschiedlichen moralischen und ethischen Auffassungen beurteilt.

Ich lade Sie nun wieder dazu ein, fünf Minuten mit uns zu schweigen.

Wir gedenken dabei all derer, die durch oder bei kriegerischen Auseinandersetzungen ihr Leben verloren, verletzt wurden, oder ihr Zuhause verloren haben. Wir gedenken der Soldaten, die bei Kämpfen getötet wurden und der Flüchtenden, die bei ihrer Flucht vor Krieg, Armut oder Hungertod im Mittelmeer oder sonst wo ums Leben kamen. Wir gedenken all derer, die sich weltweit gegen Kriege und für ein friedliches Miteinander der Menschen, sowie gegen die fortschreitende Zerstörung unserer Mitwelt einsetzen.

Mona:

Ich lese nun den Text des Lieds:“Sag mir, wo die Blumen sind“.

Der englische Originaltext von Pete Seeger, 1955  wurde angeregt durch Verse aus dem Roman: „Der Stille Don“ von Scholochow, die Melodie angelehnt an ein ukrainisch/russisches Volkslied, bekannt geworden durch Peter, Paul and Mary 1960, durch Marlene Dietrich bei einem Konzert 1962 für UNICEF,

heute internationales Antikriegslied, übersetzt in viele Sprachen, ins Deutsche von Max Colpet, geb. 1905, Mitglied einer zionistischen Jugendbewegung, lange Zeit staatenlos, später amerikanischer Drehbuchautor und Liedtexter, Eltern russische Staatsbürger, Opfer des Holocaust…

Sag mir, wo die Blumen sind, wo sind sie geblieben?
Sag mir, wo die Blumen sind, was ist geschehn?
Sag mir, wo die Blumen sind, Mädchen pflückten sie geschwind.
Wann wird man je verstehn, wann wird man je verstehn?

Sag mir, wo die Mädchen sind, wo sind sie geblieben?
Sag mir, wo die Mädchen sind, was ist geschehn?
Sag mir, wo die Mädchen sind, Männer nahmen sie geschwind.
Wann wird man je verstehn, wann wird man je verstehn?

Sag mir, wo die Männer sind, wo sind sie geblieben?
Sag mir, wo die Männer sind, was ist geschehn?
Sag mir, wo die Männer sind, zogen fort, der Krieg beginnt.
Wann wird man je verstehn, wann wird man je verstehn?

Sag, wo die Soldaten sind, wo sind sie geblieben?
Sag, wo die Soldaten sind, was ist geschehn?
Sag, wo die Soldaten sind, über Gräbern weht der Wind.
Wann wird man je verstehn, wann wird man je verstehn?

Sag mir, wo die Gräber sind, wo sind sie geblieben?
Sag mir, wo die Gräber sind, was ist geschehn?
Sag mir, wo die Gräber sind, Blumen wehn im Sommerwind.
Wann wird man je verstehn, wann wird man je verstehn?

  1. Strophe wie die 1.

Uwe:

Bevor wir unsere heutige Mahnwache beenden, nun noch Hinweise auf Veranstaltungen oder Aktionen zu den Themen Krieg und Frieden und Menschenrechte

  • Am kommenden Sonntag, am 10. März, findet vor dem AKW Neckarwestheim eine Demonstration anlässlich des Jahrestages der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima statt.
  • Am Samstag, 16. März, also morgen in einer Woche, findet um 16 h in Düsseldorf eine Podiumsdiskussion zum Thema: “Eigene Atombomben oder Atomwaffenverbot: Wohin steuert die EU?“ mit Vertretern der Grünen, der SPD, der Linken statt. Beiträge von FDP und CDU/CSU sind angefragt. Dieser Veranstaltung kann man online beiwohnen. Nähere Infos hierzu liegen auf unserem Tuch.
  • Am gleichen Samstag wird um 13h auf dem Marktplatz in Backnang „Gegen Rechtsradikalismus – für Menschenrechte und Demokratie“ demonstriert.
  • Am Mittwoch, 20. 03., findet im Martin Luther Haus in Schorndorf um 19h eine Veranstaltung mit dem Thema:“Wie können Christen heute Friedensstifter sein?“ statt.
  • Am gleichen Tag spricht im Gewerkschaftshaus in der Fronackerstraße 50 in Waiblingen Gerd Wiegel, Leiter des Referats Migrations- und Antirassismuspolitik beim DGB zu dem Thema: „AFD im Aufwind: Demokratie in Gefahr?“ Die Veranstaltung beginnt um 19h.
  • Unsere nächste Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden, findet heute in einer Woche, am 15.März, wie immer um 18 h statt.

Vielen Dank, dass Sie gekommen sind, dass ihr gekommen seid. Wir wünschen euch einen schönen Abend und ein gutes Wochenende.

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