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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen
Detlef:
Guten Abend zusammen, es ist schön, dass Sie auch zu unserer 86. Mahnwache wieder erschienen sind.
Eine Vorbemerkung: Nein, ich persönlich bin kein religiöser Mensch. Ich kann mir zwar gut vorstellen, dass unser Universum mit dem „Wunder“ des Lebens nicht einfach so aus einem Urknall entstanden ist, möglicherweise waren dort tatsächlich auch ganz anderen Kräfte noch mit am Werk. Aber: Ich persönlich glaube nicht, dass die jetzt existierenden Religionen dieses Wunder richtig wiedergeben.
Aber: Ich achte alle Menschen, die an eine der Religionen dieser Welt glauben. In unserem Breitengrad auf unserem Planeten sind insbesondere folgende Religionen von großer Bedeutung: Das Christentum, der Islam und das Judentum. Ich bin auch davon überzeugt, dass die allermeisten Gläubigen einer dieser Religionen fest an folgende Werte glauben:
- Alle Menschen auf unserem Planeten sind vor Gott gleich wichtig, egal ob arm oder reich. Hunger und Armut darf es nicht mehr geben.
- Das Leben aller Menschen ist wichtig. Wenn Menschen in einem Krieg mit Gewalt getötet werden, dann ist das eine Sünde.
Leider gibt es in all diesen Religionen eine Minderheit von radikalen Menschen, die das anders sehen. Diese glauben, dass sie mit Gewalt und Mord einen Beitrag dazu leisten, dass sie vor dem jüngsten Gericht von Gott für diese Gräuel belohnt werden. Wie gesagt: Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Gläubigen dieser Religionen das anders sehen. Für diese hat auch das Leben auf unserer Welt schon vor einem Jüngsten Gericht einen Wert, das man nicht einfach zerstören darf.
Und jetzt kommt der Papst!
Es gab und gibt viele berechtigte Kritik an der katholischen Kirche. So werden dort noch immer Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelt, was ich persönlich ganz schlimm finde.
Aber:
Dieser Papst hat auch sein Gutes: Er setzt sich seit langem dafür ein, dass alle Menschen ein menschenwürdiges Leben auf unserem Planeten verdienen, dass es eben keine Armut und keinen Hunger mehr geben darf. Und: Er möchte, dass alle Kriege auf dieser Welt möglichst schnell enden sollen, und dazu hat er zum Krieg in der Ukraine etwas in meinen Augen sehr Gutes gesagt:
Dabei wurden die Äußerungen des Papstes zu diesem Thema in unseren Medien nur verkürzt dargestellt. Ja, er hatte u.a. folgendes gesagt: Die Ukraine müsse den Mut haben, „die weiße Flagge zu hissen und zu verhandeln“. Diese Äußerung wurde von unseren Politikern von CDU/CSU, SPD, den GRÜNEN und der FDP zerrissen, ebenso von unseren Mainstream-Medien. Aber, der Papst hat zu diesem Thema auch noch andere Dinge gesagt.
So sagte der Papst u.a. auch Folgendes: „Fragen wir uns: Wurde alles getan, um den Krieg zu stoppen? Ich appelliere an alle, die in den Nationen Autorität haben, dass sie sich konkret für ein Ende des Konflikts einsetzen, für eine Waffenruhe, für Friedensverhandlungen“, sagte das katholische Kirchenoberhaupt an diesem Mittwoch.
Ich denke einfach, diese letztgenannten Forderungen des Papstes entsprechen doch eigentlich genau den Forderungen, die wir als Friedensinitiative Schorndorf schon immer auf unseren Mahnwachen gestellt haben.
Auch die Äußerungen des Papstes zur „weißen Fahne“ kann man auch ganz anders interpretieren, wie es etwa Fabio De Masi (Kandidat des Bündnisses Sahra Wagenknecht für die Europa-Wahlen) formulierte:
„Eine Verhandlung, um das Leben der eigenen Bevölkerung zu schützen und einen noch größeren Verlust an Souveränität zu vermeiden, ist keine Schande.“
Die Auseinandersetzung um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern
Im Bundestag wurde jetzt auf Antrag von CDU/CSU darüber abgestimmt, ob Deutschland nicht diese Waffen an die Ukraine liefern sollten. Gott sei Dank wurde dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt. Allerdings ist auch bekannt: Viele führende PolitikerInnen von den Grünen und der FDP sind dafür, diese Waffen an die Ukraine zu liefern. Sie haben sich letztlich nur an das Wort des Kanzlers gehalten.
Warum wäre die Lieferung dieser Waffen an die Ukraine so gefährlich? Diese Waffen haben eine Reichweite von ca. 500 Kilometern und sind extrem zielgenau. Die Ukraine wäre damit in der Lage, Ziele in der Krim aber auch tief im russischen Binnenland anzugreifen. Das wäre eine weitere dramatische Eskalation dieses Krieges.
Nicht nur das. Wie bekannt, wurde von Russland ein Gespräch von führenden Bundeswehroffizieren abgehört und veröffentlich. Von unseren Medien und führenden Politikern wurde das als großer Skandal gewertet. Wie konnte es passieren, dass Russland solche Gespräche abhören kann. Dabei ist der eigentliche Skandal doch ein anderer!
Diese Spitzen der Bundeswehr diskutierten ausführlich darüber, wie mit Hilfe der Taurus-Marschflugkörper die Kertsch Brücke von Russland in die Krim in die Luft gejagt werden könnte. Nur um es sich noch einmal klarzumachen: So eine Aktion wäre ein direkter Kriegseintritt von Deutschland gegen Russland (hatten wir das nicht schon einmal: Zum Ende des Ersten Weltkrieges und erst recht beim Angriff des Hitler-Faschismus auf die damalige Sowjetunion). Noch dazu diskutierten diese Offiziere auch darüber, wie bei einer solchen Sprengung Deutschland als der eigentliche Verursacher aus dem Spiel bleiben könnte. Für mich ganz klar: Der Inhalt dieses Gesprächs ist der eigentliche Skandal.
Dennoch, es gibt auch Hoffnung!
Bislang bleibt unser Kanzler dabei, diese Waffen nicht in die Ukraine zu liefern, mit dem sogenannten Kanzlerwort. Wenn er an die Meinungsumfragen denkt, tut er vielleicht auch gut daran. Da liegt die SPD momentan bei ca. 15 % (zu Willy Brands Zeiten waren das einmal über 45 %). Allerdings wissen wir ja, dass er in der Frage der Lieferung von Leopard Panzern an die Ukraine zu Beginn auch zögerte, letztlich aber einknickte.
Dennoch: Vielleicht hat Scholz mit seiner SPD auch Hoffnung auf bessere Umfragewerte, wenn er bei seinem Nein bleibt: Laut einer neuen Umfrage des ZDF sind nur 34% der Bevölkerung für die Lieferung dieser Waffen an die Ukraine, aber 59% sind dagegen. Es besteht insofern durchaus Hoffnung, dass er dieses Mal nicht umknickt, und sei es auch nur wegen der Hoffnung, bei den nächsten Bundestagswahlen für die SPD deutlich mehr als nur 15% zu holen. Wir werden sehen.
Allerdings müsste sich innerhalb der SPD noch mehr tun. Verteidigungsminister Pistorius sollten sein Vorhaben aufgeben, uns „kriegstüchtig“ machen zu wollen. Wir wollen das nicht, stattdessen wollen wir ein Deutschland, das zu einer Zone des Friedens auf dieser Welt wird. Sein Vorhaben, wieder eine Wehrpflicht einzuführen, sollte er ganz schnell aufgeben. Wenn sich heute die Staatschefs auf Frankreich, Polen und Deutschland treffen, sollte unser Kanzler nicht nur seine Ablehnung der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern bekräftigen, sondern auch ganz klar machen, dass er eine Diskussion darüber, ob NATO-Staaten Truppen in die Ukraine versenden soll, ganz scharf ablehnt. Polen und Frankreich wollen diese Diskussion leider führen, was direkt in den dritten Weltkrieg führen könnte.
Hoffnung sollte uns auch machen, das bald wieder die traditionellen Ostermärsche der Friedensbewegung stattfinden. Trotz der drohenden weltweiten Kriegsgefahr waren im letzten Jahr nicht wesentlich mehr Menschen dabei als im Jahr zuvor. Aber ich habe die große Hoffnung, dass das dieses Jahr zumindest ein wenig anders wird.
Während zu Beginn des Ukraine-Krieges von den Gewerkschaften eigentlich nur Unterstützung für den Kurs der Bundesregierung gab, gibt es mittlerweile auch dort eine Starke Bewegung Sagt Nein! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden. Ich möchte hier keinen falschen Eindruck erwecken. Die Gewerkschaftsführungen sind leider noch immer nicht auf Friedenskurs, aber immerhin rührt sich jetzt doch etwas innerhalb der Gewerkschaften. Auch aus diesem Grund habe ich die Hoffnung, dass in diesem Jahr doch deutlich mehr Menschen an den Ostermärschen teilnehmen werden als im letzten Jahr.
Natürlich möchte ich hier keine falschen Hoffnungen erwecken. Es wäre zwar schön, wenn an den diesjährigen Ostermärschen Millionen von Menschen teilnehmen würden. Aber das ist wohl doch unrealistisch. Aber: Wenn eine deutlicher Anstieg der Teilnehmerzahlen verzeichbar wäre, würde das auch bei unserer großen Politik nicht unentdeckt bleiben. Sie werden das niemals zugeben, aber sie beobachten die Entwicklung der Friedensbewegung in Deutschland sehr genau. Und, wenn sich da etwas entwickelt, müssen sie in irgendeiner Form reagieren. Kurz: Jeder einzelne Mensch von uns, der an den diesjährigen Ostermärschen teilnimmt, leistet einen Beitrag dazu, dass sich unsere großen Politiker und die Mainstream-Medien mehr Gedanken machen müssen. Der Spruch klingt dumm und unrealistisch, aber ich glaube daran: In der aktuellen Situation in der Welt kommt es auf jede und jeden einzelnen an. Auf zum Ostermarsch!
Doris:
Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, in Israel und im Gazastreifen, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.
Doris:
An Papst Franziskus war folgende Frage gestellt worden: „In der Ukraine fordern manche den Mut zur Kapitulation, zur Weißen Flagge. Doch andere sagen, das würde dem Stärkeren Recht geben. Was denken Sie?“
Die Antwort des Papstes lautete: „Das ist eine Interpretation. Aber ich glaube, dass derjenige der Stärkere ist, der die Lage begreift; der an die Bevölkerung denkt; der den Mut zur Weißen Flagge, zur Verhandlung hat….Verhandeln ist nie eine Kapitulation. Es ist der Mut, das Land nicht in den Selbstmord zu führen….Heute sind Verhandlungen mit der Hilfe internationaler Mächte möglich….Verhandeln ist ein mutiges Wort. Wenn du deine Niederlage siehst, wenn du siehst, dass es nicht weitergeht, muss man den Mut haben, zu verhandeln. Schämst du dich deswegen? Aber wie viele Tote muss es am Ende geben? Man muss beizeiten verhandeln und einen Vermittler suchen….Die einzigen Gewinner eines Krieges sind die Waffenlieferanten…“
Doris:
Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:
- Am Mittwoch, den 20. März um 19.00 Uhr lädt die Stadtkirchengemeinde Schorndorf im Martin-Luther-Haus zu einem öffentlichen Friedensgespräch ein. Das Thema heißt: „Wie können Christen heute Friedensstifter sein?“ Dazu gibt es diese flyer zum Mitnehmen.
- Der diesjährige Ostermarsch startet am Karsamstag, den 30. März um 12.00 Uhr auf dem Schlossplatz in Stuttgart. Bitte nehmen Sie diese Flyer mit.
- In der Mitte liegen zweierlei neue Unterschriftenlisten des Netzwerks Friedenskooperative, die man unterzeichnen kann:
1. Ein Appell für Frieden in Israel und Palästina „Waffenstillstand jetzt“ mit Forderungen an die Bundesregierung.
2. Ein Appell gegen die EU-Atombombe als Beitrag zur EU-Wahl. Die Unterschriften sollen dann an die neu gewählten Europa-Abgeordneten übergeben werden.
Unsere nächste Mahnwache ist heute in einer Woche, am Freitag, den 22.04.
Jetzt ist noch Zeit zum Austausch untereinander.