Mahnwache vom 15.09.2023

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Es folgen die Beiträge auf dieser Mahnwache zum Nachlesen:

Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer Mahnwache gegen den Krieg. Vielen Dank allen, die  gekommen sind.

Wir treffen uns heute zur ersten Mahnwache nach den Sommerferien. Manche von uns waren vielleicht in den Ferien verreist oder haben auf andere Weise etwas Abstand gewonnen von all den Ängsten und Sorgen um den Krieg. Es tut gut, die Natur zu genießen, Gemeinschaft mit Freunden zu haben, zu entspannen, eine Zeit lang nicht alle schlimmen Nachrichten zu lesen oder zu sehen. Dennoch holt uns das Thema Krieg sehr schnell wieder ein. Der Krieg hat keine Ferien gemacht. Im Gegenteil. Wir sind heute hier, weil wir nicht umhin können, uns diesem Thema zu stellen und weil das gemeinsam mit anderen leichter geht als alleine.

Die schlimmen Nachrichten rauben uns manchmal die Kraft und unsere Hoffnung. Da sind zum einen die Meldungen über das rasante Tempo, mit dem die Klimakatastrophe voranschreitet. Dieser Sommer war weltweit der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Extreme Trockenheit, Großbrände in vielen Regionen mit der Vernichtung von Lebensraum für Pflanzen und Tiere sowie dem Ausstoß von großen Mengen an Abgasen und CO2. Andererseits Unwetter mit Überschwemmungen, die unzählige Opfer forderten sowie Natur und ganze Dörfer vernichteten. Erdbebenkatastrophen, die zwar an sich nicht vom Menschen verursacht, aber deren Folgen für die arme Bevölkerung durchaus menschengemacht  sind. Wir können es kaum ertragen, all dies an uns heranzulassen. Wir fragen: Warum sieht die Menschheit nicht endlich ein, dass es den Einsatz sämtlicher Kraft, Ressourcen und finanzieller Mittel braucht, um diese Katastrophen wenigstens ansatzweise aufzuhalten? Dass alle Länder dieser Welt schleunigst zusammenarbeiten müssen, um das Allerschlimmste zu verhindern?

Stattdessen müssen wir aber miterleben, wie weltweit ein gigantisches Aufrüstungs-programm vorangetrieben wird, wie alles auf militärische Abschreckung gesetzt wird anstatt auf Diplomatie und Entspannungspolitik, wie das Verhältnis zwischen den Großmächten immer mehr vergiftet wird, wie der Ukraine-Krieg immer weiter eskaliert. Selbst ehemals vernünftige Politiker wie z.B. unser Bundespräsident bedienen sich der Kriegsrhetorik und einer Einteilung der Welt in Gut und Böse: Die  Waffen der anderen töten. Unsere Waffen retten Leben. Die Journalisten unserer Medien sind zu absoluten Kriegsbefürworten geworden und können es kaum erwarten, dass Deutschland endlich Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefert.

Wir erinnern uns: Vor dem Ukraine-Krieg hatte unsere Regierung die klare Maßgabe: Keine Rüstungsexporte in Kriegsgebiete. Man hat, zumindest auf dem Paper, versichert, auch alle anderen Rüstungsexporte restriktiv zu handhaben und weiter einzuschränken. Jetzt ist alles anders. Zunächst hieß es, wir liefern nur Verteidigungswaffen in die Ukraine, Panzer wurden abgelehnt. Die Bundesregierung hat nach und nach jeweils ihr Wort gebrochen, der Lieferung von Kampfpanzern, Kampfjets usw. zugestimmt und sogar der amerikanischen Lieferung der absolut grausamen Streumunition nicht widersprochen, obwohl sie selbst das Abkommen zu deren Verbot unterzeichnet hatte. Wir hören auch keinen Einspruch zur Lieferung von amerikanischer Uranmunition.

Ich habe große Angst, dass unsere Regierung demnächst die  Taurus-Marschflugkörper liefern wird, welche bis zu 500 km in russisches Staatsgebiet eindringen können. Dies bedeutet eine weitere gefährliche Eskalation des Krieges. Dass die Reichweite angeblich reduziert werden soll, halte ich für nicht realistisch, und es würde auch nichts an der grundsätzlichen Bedeutung ändern. Dass die ukrainische Regierung verspricht, mit diesen Waffen nicht russisches Staatsgebiet anzugreifen, halte ich für wenig glaubhaft, zumal mit ukrainischen Drohnen zur Zeit  immer wieder Ziele in Russland angegriffen werden. Die ukrainischen Politiker fordern immer massiver die Lieferung der Marschflugkörper und behaupten, es gebe keinen objektiven Grund, dies zu unterlassen. Deutschland wird moralisch unter Druck gesetzt. Wenn ukrainische Menschen sterben, ist Deutschland angeblich daran Schuld, weil es zu wenig Waffen liefert. Ich halte es aber für ein absolutes Tabu, dass möglicherweise mit deutschen Waffen russisches Staatsgebiet angegriffen wird. Können wir denn die deutsche Geschichte einfach ausblenden? Die Schuld an Millionen von Toten in der ehemaligen Sowjetunion zählt nicht mehr?

Unsere Politiker können das. Denn: seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs ist angeblich alles anders. Die früheren Aussagen gelten nicht mehr. Ich kann das nicht akzeptieren. Wie viele völkerrechtswidrige Angriffskriege gab es in den letzten Jahrzehnten schon? Wie viele davon vonseiten der USA? Darüber wird einfach nicht mehr geredet. Ich sage: Jeder Angriffskrieg ist ein Verbrechen, unabhängig davon, wer ihn ausführt und mit welcher wohlklingenden Begründung. Unsere Politiker und Medien sagen: Die Friedensbewegung rechtfertigt den russischen Angriffskrieg. Diese völlig unwahre Behauptung wird nicht dadurch wahrer, dass man sie ständig wiederholt. Aber mit ihr werden alle anderen Argumente vom Tisch gewischt. Das macht mich traurig und wütend.

Ich bin überzeugt, dass weder die Ukraine noch Russland diesen Krieg wirklich gewinnen kann. Aber beide Seiten setzen weiter auf Sieg und nehmen unzählige weitere Tote in Kauf. Die Ukraine erhält immer mehr westliche Waffen. Russland wird wahrscheinlich viele neue Waffen aus Nordkorea beziehen. Das ist nicht gut, aber eine logische Folge. Putin und Kim hatten einander früher durchaus kritisch gesehen. Jetzt verbünden sich die beiden. Auch das eine Folge der westlichen Waffenlieferungen und der Weigerung, endlich auf Verhandlungen statt auf Sieg zu setzen.

Gibt es denn gar keinen Grund zur Hoffnung mehr? Die Versuchung zu resignieren ist groß. Man muss lange suchen, um ab und zu auch kleine positive Nachrichten zu entdecken. Ich finde es z.B. ermutigend, dass auf dem G 20 Gipfel wenigstens eine gemeinsame Erklärung erreicht worden ist. Nicht die kompromisslose Sichtweise der Hauptakteure hat sich durchgesetzt, was ein Scheitern zur Folge gehabt hätte, sondern der Einfluss der Länder des globalen Südens. Die Afrikanische Union wurde in die G 20 aufgenommen. Und es steht immerhin der Satz in der Erklärung: „Der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Kernwaffen ist unzulässig“. Man kann jetzt natürlich sagen, dass das alles viel zu wenig ist und ja doch nichts bringt. Ich will trotzdem weiter versuchen, auch die kleinen positiven Schritte wahrzunehmen.

Und die Friedensbewegung? Warum gibt es nicht große Protestaktionen mit Tausenden von Teilnehmern wie in den 80er-Jahren? Auch ich bin darüber sehr traurig und enttäuscht. Dennoch gibt es zahlreiche sehr gute Initiativen und Aktionen. Sie werden allerdings von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, da sie nicht in den Medien erscheinen.

Letzten Sonntag fand z.B. in Stuttgart eine Kundgebung gegen den Ukraine- Krieg statt. 19 Menschen aus Schorndorf sind gemeinsam nach Stuttgart gefahren, um an der inhaltlich hervorragenden Veranstaltung teilzunehmen. Leider waren nur etwa 500 Menschen anwesend. Schade.

Heute ist wieder Klimastreiktag der Bewegung „Fridays for Future“. In über 220 deutschen Städten fanden Aktionen statt, wie auch in Stuttgart.

In der nächsten Zeit gibt es viele Aktivitäten verschiedener Friedensorganisationen.

  • Vom 21. September, dem Weltfriedenstag der Vereinten Nationen, bis zum 26. September finden bundesweite Aktionstage gegen Atomwaffen  ICAN, IPPNW und die Initiative „Büchel ist überall – atomwaffenfrei jetzt“ rufen dazu auf.
  • Das Netzwerk Friedenskooperative wirbt vom 18 – 24. September für bundesweite Aktionstage „Stoppt das Töten in der Ukraine“. 15 Friedens- und Menschenrechts-organisationen rufen dazu auf. Die Kundgebung in Stuttgart war (trotz anderem Datum) Teil dieser Kampagne.
  • die Organisation „Nie-wieder-Krieg“ ruft für den 03.10.2023 zu einem dezentralen Aktionstag der Friedensbewegung in Deutschland auf. Am „Tag der Deutschen Einheit“ sagt die Friedensbewegung dieses Landes: „Stoppt den Wahnsinn, in den uns die Politik der Bundesregierung führt“. Auch in Stuttgart wird es eine Aktion dazu geben.
  • Am 14.10 wird in Nörvenich eine große Demonstration gegen das NATO-Manöver „Steadfast Noon“ stattfinden, bei dem jedes Jahr der Einsatz der in Deutschland gelagerten Atomwaffen geübt wird.

Diese Beispiele zeigen: Es gibt Menschen und Organisationen, die Nein sagen zum Krieg und für eine lebenswerte Zukunft auf  die Straße gehen. Wir in Schorndorf leisten mit unserer Mahnwache einen kleinen Beitrag dazu. Dies wollen wir bis auf Weiteres jeden Freitag tun. Lassen wir uns nicht entmutigen!


Uwe:

Wir laden Sie nun wieder dazu ein, 5 Minuten mit uns zu schweigen und all derer zu gedenken, die durch kriegerische Auseinandersetzungen ermordet, verletzt, ihrer Heimat beraubt wurden, oder sich auf der Flucht vor Krieg und Elend befinden, insbesondere der Flüchtenden, die auf ihrem gefährlichen Weg nach Europa ihr Leben verlieren, oder die gezwungen werden umzukehren.

Wir gedenken der Natur und unserer natürlichen Lebensgrundlage, gegen die weltweit ein permanent stattfindender Krieg geführt wird, und die erbarmungslos zerstört wird.

Wir gedenken der Menschen, die sich weltweit gegen den Krieg oder  gegen die Zerstörung unserer Mitwelt engagieren.

 Uwe:

Hans-Dietert Hüsch

Psalm

Solange in einem Herze
Und in  meinem Kopf der Gesang
Von Liebe und Zuversicht wohnt,
Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Zu spüren ist,
Freundschaft und Frieden mit allen Kreaturen
In mir als Sehnsucht leben,
So lange wird es auch diese Erde geben
Mt all ihren Menschen,
Die guten Willens sind,
Die über sich hinaus wachsen
Und es eines Tages doch noch schaffen,
Denen die andere leiden machen,
das Handwerk zu legen,
Als dass die Erde Heimat werde für alle Welt.
So lange unsere Herzen dafür schlagen,
Dass sich die Utopie erfülle
Im Kleinen wie im Ganzen
Solange wir leben und wachsen,
So lange gibt es sie auch.

Uwe:

  • die Organisation Ohne Rüstung Leben hat eine Petition an den deutschen Bundestag gestartet mit dem Titel. „Frieden braucht Klimaschutz braucht Abrüstung“. Sie liegt hier in der Mitte zum Unterschreiben aus . Sie können gerne Blätter zur weiteren Verbreitung mitnehmen.
  • Es gibt auch eine neue Postkartenaktion an Frau Baerbock, u.a. mit der Aufforderung, an der Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag im November teilzunehmen. Postkarten liegen ebenfalls in der Mitte und dürfen gerne zum Abschicken und Weitergeben mitgenommen werden.
  • Wir laden heute wieder dazu ein, nach der Mahnwache mit uns in die Manufaktur zu kommen, um darüber zu beraten, wie wir zukünftig mit unserer Mahnwache weitermachen.
  • Unsere nächste Mahnwache gegen den Krieg wird heute in einer Woche, am Freitag 22.Sept.d.J., um 18h hier am mittleren Marktplatz stattfinden.

 

One comment

  1. Ich find das super. Die Friedensbewegung lässt sich nicht unterkriegen.Auch in Schorndorf. Vermute, auf die Dauer der Zeit werden immer mehr Menschen erkennen, dass der Ukraine-Krieg, ein Stellvertreterkrieg, auf Dauer die ganze Welt in eine falsche, gefährliche Richtung führt. Natürlich muss die Ukraine als Staat bestehen bleiben. Ich frage mich zunehmend, in wie weit das das Hauptkriegsziel der westlichen Allianz ist. Oder ob sie die Ukraine aus geopolitischen Gründen weiter bluten lässt, um Russland als Konkurrenzmacht aus dem Feld zu räumen. Dafür gibt es allerdings derzeit keinerlei Erfolgsaussichten.Im Gegenteil.die BRISC-Erweiterung deutet in eine ganz andere Richtung.

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