Mahnwache vom 16.05.2025

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Bild von Bruce Emmerling auf Pixabay

Hier die Beiträge der Mahnwache:

Uwe:

Guten Abend. Ich begrüße Sie, ich begrüße euch, im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden.

Am vorgestrigen Mittwoch war auf der Frontseite der Schorndorfer Nachrichten zu lesen, dass bei einer Umfrage des Allensbacher Meinungsforschungsinstituts rund 50% der  Befragten es für unwahrscheinlich halten, dass „Deutschland in den nächsten Jahren in  einen Krieg verwickelt wird“. Das ist mehr als erstaunlich, da die Mainstream-Medien seit einiger Zeit nicht müde werden, vor einem Angriff russischer Truppen auf ein Nato – Partnerland zu warnen, was letztendlich dazu führen würde, dass Deutschland seinen Bündnisverpflichtungen nachkommen müsste und somit zur Kriegspartei werden würde. In der gleichen Umfrage erklärten  sich auch 52% der Befragten nicht dazu bereit, „Deutschland mit der Waffe zu verteidigen“.

Ich persönlich empfinde es ermutigend, dass trotz der von einschlägigen Kreisen massiv vorgebrachten Aufrüstungs- und Wehrbereitschaftsnotwendigkeit sehr viele Mitbürgerinnen und Mitbürger sich davon wenig beeindrucken  lassen.

Mir kommt es so vor, dass in derselben Ausgabe der zuvor angeführten Schorndorfer Nachrichten  unter der Rubrik „BaWü – Check“ so quasi als „Richtigstellung“ eine lange Abhandlung unter der Überschrift „Für den Ernstfall gewappnet?“ erschienen ist. In diesem Artikel wird von dem  Landeskommandanten der Bundeswehr Michael Gies berichtet, der im Ländle herumreist und bei verschiedenen Foren nachdrücklich die Wehrbereitschaft der Zivilgesellschaft und deren Hilfswerke wie THW, Feuerwehr, Rotes Kreuz, fordert. Bei einer solchen Veranstaltung beklagte sich der baden-württembergische Innenminister Strobel darüber, dass nach dem Ende des „Kalten Krieges viele Strukturen der militärischen und der zivilen Verteidigung abgebaut“ wurden. Doris Kommerell ist in einem Leserbrief, der gestern in den Schorndorfer Nachrichten  abgedruckt wurde, auf diesen Sachverhalt eingegangen und hat diese „Kriegsertüchtigungsrhetorik“ kritisiert.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal eine Stelle des Interviews mit der Friedens-und Konfliktforscherin Birkenbach, welches wir bei unserer Mahnwache am 24. April zitiert hatten, wiederholen. Auf die Frage, was sie von der Kriegstüchtigkeits- Forderung von Boris Pistorius hält, war ihre eindeutige Antwort folgende :  

„Empörend! Dahinter steckt eine Haltung, die aus meiner Sicht dem Grundgesetz widerspricht. Darüber müsste man mit Herrn Pistorius streiten, aber dieser Streit mit ihm findet nicht statt. Ich möchte daran erinnern, dass bereits 1971 die Weizsäcker-Studie „Kriegsfolgen und Kriegsverhütung” erschien. Daraus geht hervor, dass die Bundesrepublik in einem Krieg nicht verteidigt werden kann, weil das zerstört wird, was verteidigt werden soll.“

Gestern wurde in den Nachrichten des SWR – Kultur, und gestern Abend im ARD – Magazin „Panorama“ berichtet, dass Außenminister Wadephul  fordert, dass die Ausgaben für Rüstung von bisher 2,1 Prozent auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts  erhöht werden, und damit der Forderung des US- amerikanischen Präsidenten Trump entsprochen werden soll. Das würde bedeuten, dass nunmehr 225 Milliarden Euro, anstelle von bisher ca.100 Milliarden Euro, für Kriegsgerät und Soldaten veranschlagt würden. Dies wäre ungefähr die Hälfte des gesamten Haushalts!

Bislang weisen einige Bundestagsabgeordnete, wie z.B. Ralf Stegner (SPD), dieses Ansinnen entschieden zurück, aber es bleibt zu befürchten, dass der Wehretat längerfristig massiv erhöht werden wird, wahrscheinlich trotz der drohenden geringer werdenden Steuereinnahmen bis zum Jahr 2029, wie heute in den Schorndorfer Nachrichten zu lesen war. Ich wundere mich auch deshalb über die Forderung von Herrn Wadephul, weil ja allgemein bekannt ist, dass Trump mit vielen seiner Forderungen maßlos übertreibt, und es nicht sicher ist, ob er im Laufe der Zeit wieder von seinen hochgesteckten Zielen abweicht. Dies war kürzlich zu erleben bei seiner Zollpolitik!

Wir haben bezüglich der Kosten für Aufrüstung bei unseren Mahnwachen immer wieder davor gewarnt, dass diese Gelder anderen sozialen Bereichen schmerzlich fehlen werden. Dass diese Warnungen nach wie vor berechtigt waren und sind, war gestern in den Schorndorfer Nachrichten zu lesen, wo auf der ersten Seite berichtet wurde, dass das „Kindeswohl in Deutschland abnimmt“. Und in dem dazugehörigen Kommentar  befürchtet Rebekka Wiese, dass beim Kindeswohl gespart werden wird, „wenn es woanders eng wird“.

Bei der gesamten politischen Diskussion über Verteidigungs- und Wehrfähigkeit vermisse ich schmerzlich, dass hierbei die Möglichkeit der gewaltfreien zivilen Verteidigung nicht einmal erörtert wird. Immerhin hat beispielsweise in manchen Orten der Ukraine nach dem Überfall russischer Truppen eine solche stattgefunden und zwar erfolgreich und ohne Opfer an Menschenleben. Davon hatten wir bei einer früheren  Mahnwache berichtetet.

Seit der „Zeitenwende- Erklärung“ des ehemaligen Kanzlers Scholz und der damit verbundenen massiven Aufstockung der Ausgaben für Aufrüstung, gehen die Gewinne aller Aktiengesellschaften, die irgendwie mit Kriegsgerät zu tun haben, durch die Decke. Deshalb ist anzunehmen, dass von diesen einflussreichen Unternehmen alles dafür getan wird, dass Alternativmodelle zur militärischen Verteidigung keine Chance haben, in der Öffentlichkeit propagiert und diskutiert zu werden.

Doris:

Wir werden jetzt  wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg  verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.

Doris:

Heute haben in Istanbul Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland begonnen. Wir wollen hoffen, dass sie erfolgreich sind, auch wenn viele Politiker sie von vornherein als sinnlos erklären. Aus diesem aktuellen Anlass lese ich wieder einmal das Zitat von Friedrich Schorlemmer, enthalten in seiner Rede vom 6. November 1983 in Halle:

Besser schlecht miteinander gesprochen
als gut aufeinander geschossen.
Besser unbeholfen aufeinander zugehen
als gekonnt übereinander herfallen.
Besser langsam mit Geduld
als schnell mit Wut.
Besser nachverhandeln
als nachrüsten.
Besser gemeinsame Punkte suchen
als Unterschiede herausstellen.
Besser heute den ersten Schritt wagen
als morgen den letzten Schritt riskieren.

Doris:

Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

  • Am Mittwoch den 21. Mai um 20.00 Uhr lädt die Gesellschaft Kultur des Friedens wieder zu einem Friedenskonzert mit Konstantin Wecker und anderen in die Johanneskirche Stuttgart ein. Thema: „Friedensfähig statt kriegstüchtig“.
  • Am Donnerstag, den 22. Mai findet um 19 Uhr im Theaterhaus Stuttgart ein Vortrag mit Prof. Dr. Olaf L. Müller von der Initiative „Aufbruch zum Frieden“ statt. Thema: „Glücksgläubig oder blind für die Risiken? Wie wir das Atomkriegs-Risiko in letzter Zeit erhöht haben und was dagegen zu tun wäre“.
  • Am Dienstag, den 27. Mai gibt es um 19:00 Uhr im Gewerkschaftshaus Stuttgart eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Tobias Pflüger. Das Thema lautet: „Whatever it takes…“ Mit einer Billion Euro in den Krieg?
  • Wer morgen bei der Friedensbanner-Aktion mithelfen kann, möge sich nachher bitte bei mir melden.
  • Unsere nächste Mahnwache findet am kommenden Freitag, den 23. Mai um 18.00 Uhr wieder auf dem Marktplatz statt.

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