Bild vom 8. Kirchlichen Aktionstag gegen Atomwaffen in Büchel am 17. Mai 2025
Hier die Beiträge der Mahnwache:
Doris:
Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch zu unserer Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die heute gekommen sind.
In der Mittwochs-Zeitung war zu lesen, dass die Bundesregierung in den nächsten Jahren 3,5% der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben will und zusätzlich 1,5% für „militärisch nutzbare Infrastruktur“. In der Donnerstags-Zeitung war zu lesen: „Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass in den kommenden Tagen bis zu 14 000 Babys im Gazastreifen sterben könnten, wenn Hilfskonvois nicht durchgelassen werden“. Und auf der nächsten Seite: „Die Wälder der Welt schwinden in atemberaubendem Tempo. In jeder Minute ist im vergangenen Jahr eine Fläche tropischen Regenwaldes so groß wie 18 Fußballfelder verloren gegangen“.
Solche Zahlen kann ich nicht wirklich innerlich erfassen. Ich merke, wie sie mich erschlagen. Aber ich spüre deutlich: Wir müssen weitermachen. Wir dürfen nicht aufhören, uns einzusetzen für eine bessere Welt. Was mir dabei hilft, ist die Gemeinschaft mit Menschen, die das ebenso sehen. So z.B. heute wieder hier bei der Mahnwache. Oder bei dem eindrucksvollen Friedenskonzert letzten Mittwoch in der Johanneskirche in Stuttgart. Etwa 800 Menschen waren zusammengekommen, um die bewegende Musik und die guten Wortbeiträge zum Thema „Friedensfähig statt kriegstüchtig“ zu hören. Oder beim Aktionstag «Kirchen gegen Atomwaffen» letzten Samstag in Büchel, von dem ich heute berichten möchte.
„Büchel – wo liegt das überhaupt?“ So wurde ich schon öfter gefragt. Und dass dort ca. 20 US-amerikanische Atomwaffen gelagert sind, die im Ernstfall von deutschen Soldaten ins Ziel geflogen werden sollen, ist auch nur wenigen Menschen bekannt. Man nennt dies verharmlosend „nukleare Teilhabe“. Die Atombomben und die Kampfjets befinden sich vorübergehend nicht in Büchel, sondern in Nörvenich, da der Fliegerhorst Büchel gerade für 1,1 Milliarden Euro umgebaut wird für die neuen Kampfjets und die „modernisierten“ Atombomben. Sie nennen es „modernisieren“, wenn die unvorstellbare Zerstörungskraft noch weiter gesteigert wird.
Mit einem Bus ab Karlsruhe trafen wir also am Vormittag vor dem Haupttor des Fliegerhorstes ein. Man schaut von dort weit über die idyllischen Felder und Hügel der Eifel, ringsum schöne Natur. Auf der anderen Seite hinter den mehrfach gesicherten und von Feldjägern rigoros überwachten Zäunen kann man das Grauen ahnen. Dieser Gegensatz, diese Spannung, ist schwer auszuhalten.
So war es auch ganz und gar keiner der üblichen Gottesdienste, der dann an diesem Ort am Vormittag mit etwa 120 Menschen stattfand. Die beiden Kirchenoberen Otto Georgens von der katholischen und Dorothee Wüst von der evangelischen Kirche bezogen leider nicht so klar Position gegen militärische Gewalt, wie wir es uns gewünscht hätten. Atomwaffen jedoch wurden von beiden eindeutig als nicht mit der christlichen Lehre vereinbar abgelehnt. Zitat: „Atomare Abschreckung kann und darf nicht Teil militärischer Strategien und politischer Winkelzüge sein. Atomwaffen dienen keinem anderen Zweck, als Böses mit Bösem zu überwinden. Und das kann nicht gut sein und ist nicht akzeptabel. Egal unter welchen Umständen.“
Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz Gregor Rehm erinnerte daran, dass das Leid der Atombombe nicht erst beim Abwurf beginnt, sondern schon viel früher. Eindrücklich schilderte er die Problematik des Uranabbaus, der von Anfang an unzählige Todesopfer forderte. Zudem haben die oberirdischen Atomtests ca. 2 Millionen Menschen das Leben gekostet, und noch heute leiden die Nachkommen an Folgeerkrankungen.
Im Rahmen der Nachmittagsveranstaltung gab es neben guter Musik noch verschiedene Redebeiträge.
Simon Bödecker von Ohne Rüstung Leben unterstrich in seiner Rede: «Es ist in diesen Tagen so wichtig wie schon lange nicht mehr, klar und deutlich NEIN zu sagen! NEIN zu Atomwaffen. NEIN zur Drohung mit Atomwaffen und vor allem NEIN zu den Gedankenspielen einer atomaren Aufrüstung in Europa oder gar Deutschland! … Sicherheit kann es nicht mit mehr, sondern nur ohne Atomwaffen geben!“ Er beschrieb drei besonders wichtige Aufgaben: „Wir müssen die Politik der Bundesregierung weiter ganz genau in den Blick nehmen und analysieren. Wir dürfen nicht aufhören, gerade mit denjenigen Menschen zu sprechen, die Atomwaffen für nötig halten. Wir müssen die Perspektive der Betroffenen und Überlebenden in den Mittelpunkt stellen.“
Martin Singe vom Protestbündnis Nörvenich berichtete darüber, dass Atomwaffen dem Völkerrecht widersprechen und dass der „Zwei-Plus-Vier-Vertrag“ von 1990 eigentlich der Bundeswehr verbietet, mit Atomwaffen zu üben oder diese einzusetzen. Trotzdem proben die Bundeswehrpiloten den Atomwaffeneinsatz. Jedes Jahr im Oktober findet das Atomkriegsmanöver „Steadfast Noon“ statt. Deutsche Soldaten befestigen dann die Atombomben an den Flugzeugen, sie üben den „richtigen“ Zeitpunkt für deren Abwurf und das anschließende schnelle Abdrehen der Kampfjets. Martin Singe sprach sich dafür aus, dass es für Soldaten das Recht geben müsse, solche Einsätze zu verweigern.
Eberhard Müller von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung in Württemberg berichtete vom Ökumenischen Friedenszentrum, welches kürzlich am Rande des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hannover stattgefunden hat. Obwohl Margot Käßmann als Schirmfrau fungierte und obwohl der Friedensbeauftragte der EKD Bischof Friedrich Kramer zum Friedenszentrum aufgerufen hatte, wurde es nicht im offiziellen Kirchentag aufgenommen. Ich empfinde dies als Armutszeugnis für die Evangelische Kirche. Noch befremdlicher war es zu hören, dass beim offiziellen Kirchentag ein Antrag abgelehnt wurde, die Kirche möge sich für ein Atomwaffenverbot einsetzen.
Das Ökumenische Friedenszentrum verabschiedete einen „christlichen Friedensruf“ mit 7 Punkten, jeweils biblisch begründet, aus dem ich Punkt 5 vorlesen möchte:
„5. Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen. (Matthäus 26,52).
Es wird gesagt, Gewaltverzicht sei naiv, unrealistisch und unvernünftig. Jesus aber lehrt uns die Vernunft eines Gewaltverzichts, der die Spirale der Eskalation durchbricht. Krieg produziert ungezählte Tote, Verletzte, Vertriebene und Traumatisierte. Er bedroht das Leben auf unserer Erde, bis hin zur atomaren Vernichtung. Darum treten wir ein für die Rückkehr zur Abrüstung und den Verzicht auf Rüstungsexporte.
Ein zweites Papier des Friedenszentrums enthält die Konkretisierung des Friedensrufs in politischen Forderungen. Ich möchte es zum Schluss vorlesen. Überschrift: „Die Waffen nieder!“ (Bertha von Suttner). Als Christinnen und Christen rufen wir 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs dazu auf, in den aktuellen Konflikten konsequente Schritte des Friedens zu gehen.
Wir sagen NEIN:
- zur Stationierung von Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern in Europa
- zu einem europäischen Atomwaffenprogramm
- zur Militarisierung von Wirtschaft, Bildung und Gesundheitswesen
- zur fortschreitenden Erhöhung von Rüstungsausgaben auf Kosten sozialer, ökologischer und pädagogischer Zwecke
- zu Rüstungsexporten und gesteigerter Waffenproduktion
Wir fordern:
- den entschlossenen Einsatz für Diplomatie, Waffenstillstand und gewaltfreie Konfliktlösungen
- die sofortige Wiedereinsetzung von Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträgen
- Asyl für Menschen, die vor Krieg und Kriegsdienst fliehen
- das Recht auf »Kriegssteuer-Verweigerung«
- ein weltweites Verbot der Produktion von Massenvernichtungswaffen
Wir treten ein:
- für die Stärkung einer friedensfähigen Gesellschaft durch Investitionen in Soziales, Bildung, Umweltschutz und öffentliche Verkehrsmittel
- für die Ächtung und Abschaffung aller Atomwaffen und Atomanlagen
- für die Auflösung der Militärbündnisse und die Schaffung einer globalen Sicherheitsstruktur
- für eine umfassende Bildung zu Frieden und Gewaltlosigkeit
- für die Arbeit an einer weltweiten Kultur des Friedens
Es würde der Kirchenleitung gut anstehen, sich hinter dieses Papier zu stellen. Es kommt nun darauf an, was Menschen, Friedensgruppen und Kirchen aus diesem Friedensaufruf machen.
Uwe:
In Anbetracht der dramatischen Situation, in der sich die Zivilbevölkerung in Gaza seit einigen Monaten befindet, möchten wir heute darum bitten, während unseres Schweigens insbesondere dieser Menschen zu gedenken, die ständigem Beschuss und Bombardements von israelischen Militärs schutzlos ausgesetzt sind, verwundet, ermordet oder zur Flucht gezwungen werden, und denen die Lieferung dringend benötigter Lebensmittel, humanitärer Hilfe und medizinischer Versorgung von Israel mit fadenscheiniger Begründung, verhindert wird.
Uwe:
Wann ist denn endlich Frieden
Wann ist denn endlich Frieden
in dieser irren Zeit?
Das große Waffenschmieden
bringt nichts als großes Leid.
Es blutet die Erde
Es weinen die Völker
Es hungern die Kinder
Es droht großer Tod
Es sind nicht die Ketten
Es sind nicht die Bomben
Es ist ja der Mensch
der den Menschen bedroht
Die Welt ist so zerrissen
Und ist im Grund so klein
Wir werden sterben müssen
Dann wird wohl Frieden sein
Es blutet die Erde
Es weinen die Völker
Es hungern die Kinder
Es droht großer Tod
Es sind nicht die Ketten
Es sind nicht die Bomben
Es ist ja der Mensch
der den Menschen bedroht
(Text von Wolf Biermann)
Uwe:
Bevor wir unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beenden, möchte ich noch auf einige Veranstaltungen hinweisen:
- Am Montag, 26. Mai um 19 Uhr findet im Rahmen der Erwachsenenbildung der Augustinusgemeinde in Schwäbisch Gmünd ein Vortrag mit Diskussion zum Thema: „Sehnsucht nach Frieden für Palästinenser und Israelis“ statt. Veranstaltungsort ist das Gemeindehaus der Augustinusgemeinde, Gemeindehausstraße 7.
- Am Dienstag, 27. Mai um 19 Uhr findet im Gewerkschaftshaus in Stuttgart, in der Willi- Bleicher-Straße eine Veranstaltung mit Tobias Pflüger statt. Thema: „Whatever it takes; – Mit einer Billion Euro in den Krieg?“ Veranstalter ist der Friedenstreff Stuttgart Nord.
- Auf unserem Transparent in der Mitte unseres Kreises habe wir noch einmal die Unterschriftenliste mit der Forderung: Friedensstandort Deutschland von „pro peace“ zum Unterschreiben ausgelegt.
- Wer am morgigen Samstagvormittag Zeit und Lust dazu hat, bei unserer Banneraktion mit zu helfen, komme bitte nach der Mahnwache zu Doris.
- Unsere nächste Mahnwache findet heute in einer Woche, am Freitag, 30.Mai um 18 Uhr statt.
Vielen Dank, dass Sie, dass ihr gekommen sind/seid. Wir wünschen Ihnen/euch einen angenehmen Abend und ein entspanntes Wochenende.