Mahnwache vom 16.06.2023

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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen:

Detlef:

Guten Abend. Schön, dass sie wieder gekommen sind zu unserer mittlerweile 57. Mahnwache seit Beginn des Ukraine-Krieges.

In vielen unserer Mahnwache war die Entwicklung des Krieges in der Ukraine das Hauptthema. Allerdings ist es auch an der Zeit, die Entwicklungen in der gesamten Welt auch etwas globaler zu betrachten. So hat der Deutschlandfunk am 12.06.2023 einen Artikel veröffentlicht unter dem Titel: Sipri-Bericht – Friedensforscher warnen vor immer mehr einsatzfähigen Atomwaffen. Zitat:

In ihrem in der Nacht veröffentlichten Jahresbericht warnen die Experten vor einer steigenden Zahl einsatzfähiger Kernwaffen. Demnach modernisieren die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel ihre Arsenale weiter. Weltweit gibt es nach Sipri-Schätzungen etwa 12.500 nukleare Sprengköpfe, von denen über 9.500 einsatzfähig seien. Allein 2.000 würden vor allem durch Russland und die USA in hoher Alarmbereitschaft gehalten. Einen deutlichen Zuwachs verzeichnet der Bericht im Arsenal Chinas. Die Forscher erwarten, dass das Land bis Ende des Jahrzehnts über mindestens so viele ballistische Interkontinentalraketen verfügen könnte wie die USA oder Russland. Auch Indien und Pakistan hätten 2022 neue Arten von nuklearen Trägersystemen eingeführt und weiterentwickelt.

Sipri-Direktor Smith sprach von einer der gefährlichsten Perioden der Menschheitsgeschichte und forderte eine verstärkte Diplomatie sowie Kontrolle von Atomwaffen.

Wir leben also in einer der gefährlichsten Perioden der Menschheitsgeschichte. Und was sagt unsere Ampel-Regierung oder die CDU/CSU dazu? Wenig bis gar nichts. Noch 2010 hatte der Bundestag mehrheitlich über alle Parteigrenzen hinweg beschlossen, dass die in Deutschland noch stationierten Atomwaffen abgeschafft werden sollten. Stattdessen wurden diese modernisiert. Was sind das für Regierungen, die sich nicht einmal an Beschlüsse des Deutschen Bundestages halten? Demokratie geht wirklich anders!

Am 06.08.2021 gab es einen Artikel zu diesem Thema in der Frankfurter Rundschau: Gegen Atomwaffen – für das Klima. Zitate hieraus:

Hiroshima und Nagasaki sind traurige Beispiele dafür, welches Leid und welche Zerstörung eine Atombombe verursachen kann. Die Angst vor einem erneuten Einsatz von Atomwaffen verleiht den Atomwaffenstaaten enorme Macht und hält den Rest der Welt in Atem. Die Folge: Staaten erkaufen sich mit der nuklearen Teilhabe ein Stückchen gefühlte Bündnissicherheit und befeuern damit weiter den Teufelskreis.

Die nukleare Abschreckung hilft weder gegen die Klimakrise noch gegen die Pandemie. Diese Bedrohungen sind es aber, vor denen die Menschen derzeit Schutz suchen. Doch anstatt in Wiederaufbau, Pandemiebekämpfung und Klimaschutz zu investieren, plant das Verteidigungsministerium mindestens 7,8 Milliarden Euro für neue Atomwaffenträger und die Modernisierung des Atomwaffenstützpunktes in der Eifel auszugeben.

Wir stehen also vor der Wahl: Investieren wir weiter in Atomwaffen und befeuern dadurch die Klimakrise? Oder schützen wir das Klima, indem wir dieses Geld sparen und es für den Wiederaufbau und zum Schutz vor künftigen Klimaschlägen und Pandemien nutzen? Es ist eine Frage der Verantwortung, die sich die künftige Bundesregierung stellen muss. Was nützt die Aufrüstung, wenn die Bevölkerung sich nicht sicher fühlt und um ihre Zukunft bangt? Es ist unser Geld, was richtig investiert werden muss.

Ich wiederhole: „Es ist eine Frage der Verantwortung, die sich die künftige Bundesregierung stellen muss“. Hat sich die Bundesregierung dieser Verantwortung gestellt? Die Antwort kann nur lauten: Nein. Genauso wenig wie die größte Oppositionspartei im Bundestag, die CDU/CSU. Es kommt noch schlimmer: Auch bei der Produktion von konventionellen Waffen werden große Mengen an CO2 in die Atmosphäre geblasen. Erst recht natürlich dann, wenn wie im Ukraine Krieg, immer größere Anzahlen dieser Waffen auch eingesetzt werden. Meine Meinung: Die Politik der großen Parteien im Bundestag (CDU/CSU, FDP, Grüne, SPD) zeigt, dass all diesen Parteien der Kampf gegen den Klimawandel letztlich und endlich gar nicht so wichtig ist. Denn sonst würden sie dem Aufruf vom Sipri-Direktor Smith folgen, und endlich einer verstärkten Diplomatie auch im Ukraine-Krieg eine Chance geben.

Wenn man sich die Parteien anschaut, die im Prinzip die Politik der Regierung im Ukraine-Krieg unterstützen, kann man sehr leicht zu dem Ergebnis kommen. Gegen die große Übermacht kann man doch gar nichts unternehmen. Zu diesem Thema fand ich ein interessantes Interview auf YouTube, dass Sapien’s Playground mit Daniele Ganser führte (kann man sich hier anhören: https://www.youtube.com/watch?v=RBJ1Yr85n1w). Sapien’s Playground war bis dahin für mich gar kein Begriff. Interessant daran fand ich insbesondere die Überlegungen von Daniele Ganser zu der Frage, wo und wie eigentlich Kriege geführt und entschieden werden. Er ist der Meinung, dass es in allen Kriegen so etwas wie den Kriegsverlauf an der Front gibt, aber auch einen Krieg in der sogenannten Heimatfront (also der führenden Politiker und der Medien). Als Beispiel führte er den Vietnam-Krieg an. Dies war damals ein absolut völkerrechtswidriger Krieg der USA in Vietnam, der von den USA mit äußerster Brutalität gegen die Menschen in Vietnam geführt wurde. In der Heimatfront (also der führenden Politiker und der Medien) wurde dieser Krieg immer wieder gut geheißen. Allerdings: Je länger dieser Krieg dauerte, umso mehr Protest gegen diesen Krieg wurde auch in den USA selbst spürbar. Es kam zu großen Demonstrationen, die letztlich zeigten: Nein liebe Regierung, wir wollen diesen Krieg nicht mehr. Alle Propaganda half nicht mehr. Letztlich verloren die USA diesen Krieg an ihrer Heimatfront.

Diese Überlegungen machen mir durchaus Hoffnung. Gegenwärtig erleben wir von den Regierenden inklusive CDU/CSU aber auch von den Medien nur Propaganda in die eine Richtung: Wir müssen immer mehr Waffen an die Ukraine liefern, wir müssen immer neue Sanktionen gegen Russland verhängen. Meinungsumfragen zeigen allerdings: Die Unterstützung von immer mehr Waffenlieferungen an die Ukraine schwindet. Hinzu kommt, dass Deutschland in eine Rezession abgleitet, die eben auch mit den Sanktionen gegen Russland zu tun hat (was die Medien tunlichst verschweigen). Immer mehr Menschen in Deutschland machen sich ihre eigenen Gedanken, das Vertrauen in die großen Parteien und die Mainstream-Medien schwindet.

Nein, bislang führt das noch nicht dazu, dass die Menschen in großen Massen auf die Straße gehen. Aber, so mein Glaube und meine Hoffnung: Diese Zeit wird kommen, und es wird auch nicht mehr sehr lange dauern. Insbesondere auch deshalb, weil immer mehr Menschen die Auswirkungen dieser Politik an ihrem eigenen Geldbeutel spüren. Das Vertrauen in die Politik und in die Medien lässt immer mehr nach.

Zum Schluss, 2 Plakatentwürfe:

Ich habe ein kleines Plakat entworfen: Bild für Schorndorf Neu
Kurz vor der Mahnwache zeigte mir Gabriela Uhde noch einen Plakatentwurf, den sie gemacht hatte, hier zum Anschauen: Bild für Schorndorf 2

Schaut Euch doch beide Entwürfe einmal an. Am 07.07.2023 treffen wir uns um 19:00 Uhr wieder in der Manufaktur. Da können wir über diese Entwürfe reden und auch, was wir damit machen sollen. Sollten wir versuchen, so ein Plakat in Geschäften oder der Manufaktur auszulegen? Vielleicht könnten wir so ein Plakat auch in den Schorndorfer Nachrichten veröffentlichen (was natürlich nicht ganz billig wäre). Ich bin sehr an Eurer Meinung interessiert. Sollen wir eines der beiden Entwürfe auswählen oder auch beide benutzen? Vielleicht kommt ja bis zu unserem Treffen noch eine Plakatentwurf?

Uwe:

Schweigen, lit. Beitrag, Schluss

Gestern war in verschiedenen Zeitungen zu lesen, und in den Nachrichten zu hören, dass die Zahl der Flüchtenden so hoch ist, wie noch nie. – Nach Angabe der UN befinden sich weltweit 110 Millionen Menschen auf der Flucht. Das UN-Flüchtlings-

Das Hilfswerk UNHCR spricht von einem gewaltigen Anstieg der Zahl und bezeichnete diese Entwicklung als „Anklage gegen den Zustand dieser Welt“. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, die humanitäre Krise in Afghanistan und die Kämpfe im Sudan hätten die Zahl der Flüchtenden auf ein beispielloses Niveau angehoben. „Wir haben 110 Millionen Menschen, die aufgrund von Konflikt, Verfolgung, Diskriminierung und Gewalt geflohen sind, oftmals in Verbindung mit anderen Motiven, insbesondere den Folgen des Klimawandels“.

Laut dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen suchen dreiviertel der sich auf der Flucht befindenden Asyl in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommensduchschnitt und 70% davon in ihren Nachbarländern. Wir hier in Westeuropa, werden also nur von ca. 25% der gesamten Anzahl der Flüchtenden, also

in Zahlen: 27,5 Millionen angesteuert.

Aber immer wieder wird davon berichtet, dass Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer nach Europa ertrinken. So auch während der letzten Tage, als ein Fischkutter, der für ca. 10 Besatzungsmitglieder ausgelegt ist, 600 Migranten an Bord hatte, gesunken ist. Nach meinen Informationen wurden ca. 90 davon gerettet, von den anderen gibt es keine Spur. – Ich finde es beschämend für die EU, dass sie durch ihre Migrationspolitik, Flüchtende dazu veranlasst sich auf äußerst gefährliche Wege zu begeben, um ein Leben in Würde und nach Menschenrechten leben zu können.

Der nun viel diskutierte Asylkompromiss wird meiner Ansicht nach die Situation der Flüchtenden keineswegs positiv verändern. – Aber dazu mehr bei unserer nächsten Mahnwache in einer Woche.

Wir laden sie nun wieder dazu ein, fünf Mitnuten mit uns zu schweigen, und diesmal, aus dem soeben geschilderten Anlass, insbesondere aller Menschen, die sich auf der Flucht befinden zu gedenken.

Weltende von Jacob von Hoddis (1911)

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
in allen Lüften halt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehen entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen habe einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

Erläuterungen zu dem Gedicht:

Jacob von Hoddis gehörte als Dichter zu den Expressionisten, die ihre Hochzeit in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg hatten.

Expressionisten schrieb man telepathische Fähigkeiten zu; – das heißt, sie ahnden, was Deutschland, was der Welt schreckliches bevorstand.

Zu den expressionistischen Literaten zählten u.a. Elke Lasker – Schüler, Ernst Stadler, Georg Heym, August Stramm, Georg Trakl.

Expressionistische Gedichte enthalten zumeist knappe, interpretationsbedürftige Aussagen und Andeutungen.

Viele Expressionisten begingen, ob des Eintreffens ihrer Vorahnungen, Selbstmord, oder landeten, wie Jacob von Hoddis, in der Psychiatrie.

Ich persönlich finde, dass das zitierte Gedicht, auch gut in die Gegenwart passt!

Schluss

  • Am Die, 27.Juni d.J. hält der Theologe Eugen Drewermann in der Matthäuskirche in Stuttgart Häslach einen Vortrag mit dem Thema; „Vom Krieg zum Frieden – Regieren mit der Bergpredigt, es wird höchste Zeit.
  • Unsere nächste Mahnwache findet heute in einer Woche, am Freitag, dem 23. Juni hier an dieser Stelle statt. Wir wünschen Ihnen einen guten Nachhauseweg und ein schönes Wochenende

 

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