Mahnwache vom 09.06.2023

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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zu Nachlesen:

Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer Mahnwache gegen den Krieg. Vielen Dank allen, die  gekommen sind.

Wir alle sind in dieser Woche besonders schockiert über die Sprengung des Kachowska-Staudamms in der Ukraine. Wie viele Menschen sind unmittelbar von dieser Katastrophe betroffen? Wie groß sind die ökologischen und wirtschaftlichen Schäden? Wird das Atomkraftwerk Saporischja Schaden nehmen? Wird der Krieg nun nochmals weiter eskalieren? Und natürlich die Frage: Wer ist verantwortlich für diese schlimme Tat?

Es ist klar, dass der Westen sofort Präsident Putin die Schuld zuschreibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dem so ist, ist natürlich sehr groß. Putin lässt seit Beginn des Krieges gezielt zivile Ziele und wirtschaftliche Infrastruktur zerstören und hat dies in den letzten Wochen verstärkt getan. Das wissen wir. Putin wiederum spricht von einem ukrainischen Sabotageakt. Die Verantwortung wird also hin und her geschoben, ähnlich wie bei der Sprengung der Gas-Pipelines. Ob es wohl jemals bewiesen werden wird, wer die Urheber in beiden Fällen wirklich waren? Sicher ist nur, dass in diesem Krieg, wie in allen Kriegen, schon viel gelogen wurde. Oder dass unbeabsichtigt falsche Nachrichten weitergegeben wurden. Und dass man sich nicht darauf verlassen kann, ob eine Nachricht wahr ist oder nicht.

Ich will mich nun nicht an Spekulationen darüber beteiligen, welche verschiedenen Möglichkeiten es gibt bei der Frage nach der Verantwortung für die Staudamm-Sprengung. Und wem diese letztlich nützt. Ich finde ich es allerdings sehr irritierend, wenn der Fraktionsvize der CDU, Johann Wadephul, die Sprengung des Staudamms mit dem Einsatz einer Atombombe vergleicht. Und wenn er wörtlich folgert: „Angesichts dieser Tat sollten alle, die seit Monaten von einem sofortigen Frieden fantasieren und die Ukraine dazu bringen wollen, sich mit Russland auf Grundlage der derzeitigen Frontlinie an den Verhandlungstisch zu setzen, endlich zur Besinnung kommen und erkennen, welch ein unberechenbarer Verbrecher Putin letztendlich ist.“ Er sagt weiter, dieser Krieg dürfe nur mit einem ukrainischen Sieg enden.

Ich befürchte, dass der Westen nun die von der Ukraine geforderten weiteren Waffen ohne Einschränkungen liefern wird, wie z.B. Kampfjets, Marschflugkörper, radioaktive Anti-Panzer- Munition aus abgereichertem Uran  und jegliche andere schwere Waffen. Und dass auch ukrainische Angriffe auf die Krim oder auf russisches Staatsgebiet akzeptiert werden. Also, dass der Krieg weiter eskaliert und unzählige weitere Opfer fordert.

Dabei gab es von unterschiedlichen Seiten schon mehrere ernst zu nehmende Vorschläge für eine Verhandlungslösung. Ich nenne nur den Vorschlag des brasilianischen Präsidenten Lula für einen „G 20 des Friedens“ vom April 2023 und die Initiative von 6 afrikanischen Staaten vom Mai 2023. Auf unserer Homepage werden an dieser Stelle 11 solcher Vorschläge einschließlich der dazu gehörenden links mit genaueren Informationen zu finden sein. Das Netzwerk Friedenskooperative in Bonn hat diese aufgelistet.

Chronologischer Überblick über Verhandlungen und Friedensinitiativen

Im Folgenden soll ein Überblick über Verhandlungen und Friedensinitiativen vorgestellt werden, die seit Beginn der russischen Invasion auf die gesamte Ukraine am 24. Februar 2022 stattgefunden haben:

Anstatt endlich eine solche diplomatische Initiative zu starten, wird die NATO unter deutscher und amerikanischer Führung von 11.- 23 Juni das Militärmanöver „Air Defender 23“ durchführen. Es wird die größte Übung seit Bestehen der NATO sein. Das bedeutet, dass 220 Kampfjets und bis zu 10 000 Soldatinnen und Soldaten aus 24 NATO-Ländern Luftkriegsoperationen im europäischen Luftraum trainieren. Geplant sind in den zehn Tagen mehr als 250 militärische Starts und Landungen. Was für eine gigantische Verschwendung von finanziellen Mitteln, von Treibstoff und Energie! Was für eine enorme Produktion von Luftverschmutzung und Fluglärm! Und: was für ein schlimmes politisches Signal: Die Zeichen stehen auf immer mehr Konfrontation mit Russland. Warum kann man nicht endlich miteinander reden, anstatt den großen Krieg zu üben?

Kürzlich fand in Hiroshima der G7-Gipfel statt. Wer angesichts der aktuellen bedrohlichen Situation ein deutliches Signal für atomare Abrüstung erwartet hatte, wurde bitter enttäuscht. Zu Beginn besuchten die Staatschefs das Friedensmuseum und gedachten der Atombombenopfer. Sie hatten auch die Gelegenheit, Überlebende zu treffen und sich ihre bewegenden Geschichten anzuhören. Doch sie weigerten sich, daraus für die Zukunft etwas zu lernen. US-Präsident Joe Biden hat sich nach wie vor nicht für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki entschuldigt. Die G7 verurteilen in ihrem Abschlusspapier nicht einmal jede Drohung mit Atomwaffen. Damit bleiben sie hinter der Erklärung der G20-Staaten vom November 2022 zurück. Das Papier enthält in erster Linie Forderungen an die Adressen von Russland, China, Nordkorea und Iran. Diese sind natürlich berechtigt, doch   nukleare Abrüstung muss auf beiden Seiten stattfinden. Die Staatschefs gingen nicht auf die katastrophalen humanitären Folgen von Atomwaffen ein. Auch der Atomwaffen-verbotsvertrag wurde mit keinem Wort erwähnt. Das Ganze ist mehr als eine verpasste Chance.

Dennoch gibt es wichtige Signale für Frieden und Abrüstung, und das ist der Zivilgesellschaft zu verdanken. Im Vorfeld des G7-Gipfels fand der „Hiroshima G7 Youth Summit“ statt. Die jungen Delegierten richteten eine gemeinsame Stellungnahme an die G7. Darin heißt es u.a.: „Unsere Generation hat das Recht, über die Zukunft zu entscheiden, die sie erbt, und wir sind fest entschlossen, eine gerechtere, ausgewogenere und nachhaltigere Welt zu schaffen – eine Welt, die frei ist vom Schrecken der Atomwaffen“.

In diesem Sommer wird es auch wieder Proteste am Atomwaffen-Standort Büchel und  am „Fliegerhorst Nörvenich“, dem Standort der Tornado-Jets, geben. Am Samstag, 24. Juni 2023, ist z.B. der 6. Kirchliche Aktionstag in Büchel. Vom 10.-14.8. werden Internationale Tage in Büchel stattfinden. In Nörvenich wird es vom 4.–9. Juli ein Camp der Friedensorganisationen IPPNW und ICAN geben. In Morschenich bei Köln ist im Sommer ein Zukunftscamp für atomare Abrüstung und Klima-Aktion geplant. Und: vom 7.- 16. Juli soll ein Friedensmarsch

von Lützerath über Nörvenich nach Büchel stattfinden. Ich erwähne diese Aktionen, weil ich es wichtig finde zu wissen, dass sich viele Menschen für den Frieden engagieren. Wir können sie mit guten Gedanken begleiten, auch wenn wir selbst nicht daran teilnehmen.

 

Zum Schluss möchte ich daran erinnern, dass der UN Generalsekretär Guterres im März 2020 angesichts des Corona-Virus einen weltweiten Waffenstillstand gefordert hat. Zitat: „Beendet die Seuche namens Krieg und bekämpft die Krankheit, die unsere Welt verwüstet. Bringt die Waffen zum Schweigen, stoppt die Artillerie, beendet die Luftangriffe.“ Möge Guterres doch seine Worte, auf die aktuelle Situation bezogen, nochmals wiederholen und endlich eine diplomatische Initiative zu einem Ende des Ukraine-Krieges starten. Unsere Welt, die so viele drängende Probleme hat, kann sich keine Kriege mehr leisten!

 

 

Uwe:

Ich lade Sie nun wieder dazu ein, 5 Minuten mit uns zu schweigen.

Wir gedenken dabei all der Menschen, die durch bewaffnete Konflikte ihr Leben verloren haben oder verletzt wurden, auch an die Soldatinnen und Soldaten. Und all jener, die vor Gewalt oder klimabedingt fliehen müssen und sich auf der Flucht befinden. Wir gedenken der von den Menschen ausgebeuteten Natur und der durch uns Menschen verursachten Katastrophen. Und wir gedenken derer, die sich weltweit aktiv für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage und gegen Krieg und Gewalt einsetzen.

Uwe:

Wolf Biermann

Soldat Soldaten

1
Soldat Soldat in grauer Norm
Soldat Soldat in Uniform
Soldat Soldat, ihr seid zu viel
Soldat Soldat, das ist kein Spiel
Soldat, Soldat ich finde nicht
Soldat Soldat dein Angesicht
Soldaten sind sich alle gleich
Lebendig und als Leich

2
Soldat Soldat, wo geht das hin
Soldat Soldat, wo ist der Sinn
Soldat Soldat in keinem Krieg
Soldat Soldat, gibt es ein Sieg
Soldat Soldat, die Welt ist jung
Soldat Soldat, so jung wie du
Die Welt hat einen tiefen Sprung
Soldat am Rand stehst du

3
Soldat Soldat in grauer Norm
Soldat Soldat in Uniform
Soldat Soldat, ihr seid so viel
Soldat Soldat, das ist kein Spiel
Soldat Soldat, ich finde nicht
Soldat Soldat, dein Angesicht
Soldaten sehn sich alle gleich
Lebendig und als Leich

Soldaten sehn sich alle gleich
– lebendig und als Leich

Anmerkungen

O Der Rüstungsgegner und Friedensaktivist Jürgen Grässlin  stellt am Do. 15.Juni d.J. seine kürzlich erschienene Autobiografie, „Einschüchtern zwecklos“ um 19h im Gewerkschaftshaus in Stuttgart vor.

O Am Die, 27.Juni d.J. hält der Theologe Eugen Drewermann in der Matthäuskirche in Stuttgart Häslach einen Vortrag mit dem Thema; „Vom Krieg zum Frieden – Regieren mit der Bergpredigt, es wird höchste Zeit.

O Unsere nächste Mahnwache findet heute in einer Woche, am Freitag, 16.Juni hier an dieser Stelle statt. Wir wünschen Ihnen einen guten Nachhauseweg und ein schönes Wochenende.

One comment

  1. Ihr seid super!! Ich bewundere Eure politischen Texte, die Lieder. Ihr versfrömt ein großes Gefühl gegen den bellizistischen Zeitgeist. Ihr seid sehr wertvoll!

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