Mahnwache vom 20.10.2023

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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen.

Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer Mahnwache gegen den Krieg. Vielen Dank allen, die gekommen sind.

Zu Beginn möchte ich einiges klarstellen:

  • Wir sind keine pro-palästinensische Kundgebung.
  • Wir sind auch keine pro-israelische Kundgebung.
  • Wir sind eine Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden.
  • Wir sind solidarisch mit den Opfern aller Kriege, auch der zur Zeit vergessenen.
  • Wir verurteilen terroristische Gewalt. Sie ist durch nichts zu rechtfertigen.
  • Wir kritisieren den Versuch, den Terrorismus mit Vergeltung und noch mehr Gewalt auszurotten. Noch niemals ist dieser Versuch gelungen, sondern hat stets zu einer Eskalation der Gewalt und unermesslichem Leid geführt.
  • Wir halten es für unsere Aufgabe, Unrecht beim Namen zu nennen, unabhängig davon, welche Seite es ausübt.
  • Unser Ziel ist Frieden und Gerechtigkeit für alle Menschen. Der Weg dahin führt über Aussöhnung und Abrüstung. Auch wenn dieses Ziel in immer weitere Ferne rückt, halten wir daran fest.

Ich möchte heute, abgesehen von diesen einleitenden Bemerkungen, keine selbst formulierte Rede halten, sondern aus zwei verschiedenen Texten vorlesen.

Der erste Text stammt von einer deutsch-syrischen Solidaritäts- und Menschenrechtsorganisation namens „AdoptaRevolution“. Er weist, wie vorhin erwähnt, auf die Opfer vergessener Kriege hin:

„Die Welt erscheint momentan wie erstarrt, angesichts der erschütternden Ermordung von Zivilist*innen. Genauso erstarren wir, wenn wir derzeit nach Nordsyrien schauen. Dort eskalierten die türkischen Angriffe im Nordosten und die des syrischen Regimes im Nordwesten.

Der türkische Außenminister Hakan Fidan erklärte am 4. Oktober ganz unverhohlen die Infrastruktur und Energieversorgung in Nordostsyrien zu “legitimen Zielen”. Es folgte eine Offensive auf Elektrizitäts- und Gaswerke, Dämme und Versorgungsanlagen für Trinkwasser, Ölanlagen und Fabriken. Die Stromversorgung ist in großen Teilen der Region zusammengebrochen, Warenlager, ein Krankenhaus und Schulen sind zerstört, auch ein Flüchtlingslager wurde getroffen. Es gibt viele zivile Opfer. Die Angriffe haben verheerende Auswirkungen auf das Leben der Zivilbevölkerung, die wieder einmal zur Flucht gezwungen wird und in ständiger Angst vor wahllosen Bombardements lebt.  …Vom Westen gab es bis heute keinen Einspruch.

Straflosigkeit und internationales Schweigen nutzen auch dem Assad-Regime und seinem Verbündeten Russland, die am vorvergangenen Wochenende ihre Bombardierungen auf Nordwestsyrien intensivierten. Flächendeckend wurden zivile Ziele und kritische Infrastruktur ins Visier genommen: Wohngebiete, Krankenhäuser, Universitäten, Schulen und Märkte. Dabei kommen auch international geächtete Streumunition und Phosphorbomben zum Einsatz. Wer kann, versucht sich in den nördlicheren Gebieten in Sicherheit zu bringen. Das betrifft derzeit ca. 80.000 Menschen, dabei sind die Flüchtlingslager im Norden, insbesondere nach den Erdbeben, bereits überfüllt.“

Ich möchte diese Meldung nicht kommentieren. Es ist mir einfach wichtig, dass wir auch an die Opfer in der überwiegend kurdischen Zivilbevölkerung denken.

Der zweite Text ist ein Aufruf von 27 Organisationen aus der israelischen Zivilgesellschaft, u.a.  Amnesty International Israel:

„Wir, Mitglieder der unterzeichnenden Menschenrechtsorganisationen in Israel, sind schockiert und entsetzt über diese schrecklichen Tage. Die schrecklichen Verbrechen der Hamas gegen unschuldige Zivilisten – darunter Kinder, Frauen und ältere Menschen – haben uns alle erschüttert, und wir kämpfen darum, uns von den unerträglichen Anblicken und Geräuschen zu erholen. Einige von uns befanden sich während des Angriffs in den israelischen Gemeinden an der Grenze zum Gazastreifen. Viele von uns haben Familie, Freunde und Kollegen, die die erschütternden Ereignisse ertragen mussten und sich immer noch mitten darin befinden. Wir alle kennen Menschen, die ermordet, verletzt oder entführt wurden. Es wird einige Zeit dauern, die Implikationen und Konsequenzen des abscheulichen Angriffs der Hamas, für den es keine Rechtfertigung gibt, vollständig zu verstehen.

Zu den meisten unserer Teams gehören Israelis und Palästinenser. Daher haben einige von uns Verwandte und Kollegen in Gaza, die derzeit unter dem anhaltenden Angriff des israelischen Militärs leben. Kinder, Frauen und ältere Menschen werden wahllos angegriffen und haben keinen Ort, an dem sie sich verstecken können.

Auch jetzt – besonders jetzt – müssen wir unsere moralische und menschliche Position wahren und uns weigern, der Verzweiflung oder dem Drang nach Rache nachzugeben. Es ist wichtiger denn je, unseren Glauben an den menschlichen Geist und die ihm innewohnende Güte aufrechtzuerhalten. Eines ist klar: Wir werden unseren Glauben an die Menschheit niemals aufgeben – auch nicht jetzt, wo dies schwieriger denn je ist.

Da wir uns immer dagegen ausgesprochen haben, dass unschuldigen Zivilisten Schaden zugefügt wird, bleibt dies auch in diesen schrecklichen Zeiten unsere Pflicht – da wir auf israelischer Seite unsere Toten zählen und uns Sorgen um verwundete, vermisste und entführte Angehörige machen und während in Gaza Bomben auf Wohnviertel abgeworfen werden, die Auslöschung ganzer Familien ohne die Möglichkeit, die Toten zu begraben – um unsere Stimme laut und deutlich gegen die Schädigung aller unschuldigen Zivilisten sowohl in Israel als auch im Gazastreifen zu erheben.

Wir fordern die sofortige Freilassung aller Geiseln und ein Ende der Bombardierung von Zivilisten in Israel und im Gazastreifen. Humanitäre Hilfe muss die Zivilbevölkerung erreichen, medizinische Einrichtungen und Zufluchtsorte dürfen nicht beschädigt werden und lebenswichtige Ressourcen wie Wasser und Strom dürfen nicht abgeschnitten werden. Die Tötung zusätzlicher Zivilisten wird die bereits Getöteten nicht zurückbringen. Willkürliche Zerstörung und eine Belagerung, die Unschuldigen schadet, werden weder Erleichterung, Gerechtigkeit noch Ruhe bringen.

Als Menschen, die sich für die Förderung der Menschenrechte einsetzen und an die Heiligkeit des Lebens glauben, fordern wir dringend ein Ende aller willkürlichen Schäden am Leben und an der Infrastruktur von Zivilisten. Wir fordern Verhandlungen und alle möglichen Maßnahmen, um die Freilassung der Geiseln herbeizuführen – wobei wir den von der Hamas festgehaltenen Zivilisten Vorrang einräumen. Es ist das einzig Humane und Vernünftige, und es muss jetzt getan werden.“

Diesem Aufruf ist nichts mehr hinzuzufügen.

Uwe:

Ich lade Sie, ich lade euch nun wieder dazu ein, fünf Minuten mit uns zu schweigen.

Wir gedenken dabei heute insbesondere der Opfer des Krieges im Nahen Osten, sowohl der Palästinenserinnen und Palästinenser als auch der Israelis.

Wir gedenken der Menschen, die als Geiseln von der Hamas verschleppt wurden und einer ungewissen Zukunft entgegensehen.

Wir gedenken der vielen tausend Opfer der Erdbeben in Syrien, der Türkei und Afghanistan, wo die Erde noch immer nicht zur Ruhe gekommen ist.

Wir gedenken all der Menschen dieser Erde, die sich gewaltfrei für den Erhalt dieser Erde und gegen die weltweit stattfindenden Kriege einsetzen.

Uwe:

Frank Wedekind (deutscher Journalist und Mathematiker 1864 – 1918)

Menschlichkeit
Der grausamste Krieg
Der menschlichste Krieg!
Zum Frieden führt er
Durch raschen Sieg.
Kaum hört`s der Gegner
Denkt er: „Hallo“
Natürlich wüt` ich dann ebenso!
Nun treiben die beiden Wüteriche
Die Grausamkeit ins Ungeheuerliche!
Und suchen durch das grausamste Wüten
Sich gegenseitig zu überbieten
Jeder gegen den anderen bewehrt
Durch zehn Millionen Leute
Und wenn sie noch nicht aufgehört,
Dann wüten sie noch heute.

Uwe:

Bevor wir unsere heutige Mahnwache beenden, hier nun noch Hinweise auf Aktionen und Veranstaltungen, die in nächster Zeit stattfinden

  • Wie schon einmal angekündigt, kommt am kommenden Donnerstag der Leiter der Anne Frank Bildungsstätte Meron Mendel in die Manufaktur und liest aus seinem Buch: „Über Israel reden – Eine deutsche Debatte“.
  • Am Mittwoch, 8.Nov. 19 h spricht der Publizist und Kenner des Nahen Ostens Dr. Michael Lüders in Stuttgart im Haus der kath. Kirche, Königstraße 7 über das Thema: „Deutsche Außenpolitik in Zeiten von Krisen und Krieg“.
  • Ebenfalls im Haus der kath. Kirche findet am 11.November d.J. ein Vortrag mit anschl. Diskussion zu dem Thema: „Palästinensische Frauen und ihr Widerstand“ statt.
  • Unsere nächste Mahnwache ist heute in einer Woche, am Freitag, 27.Oktober, wieder um 18 h, hier vor dem Rathaus.

Unsere heutige Mahnwache ist hiermit beendet. Vielen Dank dafür, dass Sie gekommen sind. Einen guten Nachhauseweg und ein schönes Wochenende!

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