Mahnwache vom 20.12.2024

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Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen:

Mona:

Wo bzw. womit beginnen?

Wissenswert für die Auseinandersetzung mit dem nach Martin Luther berühmtesten deutschen Theologen ist, dass er nicht erst seit der Wahlpropaganda für D. Trump in evangelikalen Kreisen vereinnahmt wird für deren zentrales Frömmigkeitsverständnis, dass er herhalten muss als Vordenker gegen den liberalen Staat und gegen wokeness, anscheinend auch bei uns in Kreisen der neuen Rechten, z.B. in AfD-Broschüren…

In der Beschäftigung mit Dietrich Bonhoeffers Leben bist du herausgefordert, einen Schwerpunkt zu setzen. Hier soll es der seiner konsequenten Haltung sein, dem Eintreten des Menschen für seine Würde. Diese Haltung im konkreten Handeln musste der Pastor, Theologe u Widerstandskämpfer sich immer wieder erarbeiten, in permanenter Selbstreflexion u im Vertrauen auf seinen christlichen Glauben.

„Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen? Oder bin ich nur das, was ich nur selbst von mir weiß? Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig, ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle…“  Dies ist ein kaum bekannter Ausschnitt aus einem von Bonhoeffers Gedichten aus dem Gefängnis. Weltbekannt dagegen wurde das Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“, dessen Text Bonhoeffer als Weihnachtsgruß vor genau 80 Jahren in einem Brief an seine Geliebte und auch an die Familie gerichtet hatte. (Immerhin war es dem ZDF gestern einen Hinweis wert mit einem anschließenden Filmbeitrag zum Widerstand im NS-Regime.) Leider hat sich mit der Vertonung des Textes im Stil des Sacro-Pop – dass es Dutzende andere gibt, wissen nur Insider – eine Art Wohlfühlschlager entwickelt, der Bonhoeffers tiefer Religiosität angesichts seiner Todesbedrohtheit in der engen Zelle seiner Haft nicht gerecht werden kann. So wenig wie die Stilisierung seiner Person zum „Säulenheiligen und heldenhaften Pappkameraden“, wie in einer kürzlichen Sendung des SWR-Rundfunks (danke, Uwe, für den Tipp!) von Kennern kritisch diskutiert. Ein Film über ihn aus den USA soll im März 25 in die deutschen Kinos kommen. Er sei hollywoodmäßig kitschig, vermittle grobe historische Fehler und zeige Bonhoeffer auf dem Filmplakat mit einer Schusswaffe in der Hand. So verkehre der Film Bonhoeffers komplexe Theologie in ein gegenteiliges Klischee. In einem offenen Brief Anfang November (nachzulesen im Internet) mit fast 100 Unterschriften haben Nachkommen von Bonhoeffer sich gezwungen gesehen, gegen solche Verunglimpfung ihres Vorfahren einschreiten zu müssen.

Wofür also wollen wir uns heute an Dietrich Bonhoeffer erinnern, wenn wir seine theologischen Schriften nicht studieren, vielleicht nicht einmal seine Briefe oder Tagebücher lesen wollen oder können?

Wir schauen auf historisch bedeutsame Fakten: Da gab es 2 Tage nach Hitlers Machtergreifung eine Rede im Rundfunk, die abgebrochen wurde, weil Bonhoeffer, nahezu hellsichtig, seine gegen den Führer gerichteten Gedanken vorbrachte, ohne dessen Namen zu nennen: dass ein Führer, der sich zum Idol seiner Anhänger mache, zum Verführer werde.

Und 3 Monate später, als der „Arierparagraph“ schon erlassen war und die jüdischen Mitbürger mehr und mehr unter Schikanen und Gewalt zu leiden hatten, erklärte er in seinem Vortrag „Die Kirche vor der Judenfrage“, dass die Kirche die Pflicht habe, „den Staat immer wieder danach zu fragen, ob sein Handeln verantwortet werden könne….“ Das wollten damals viele nicht hören und verließen deshalb den Saal.

(Von dieser Pflicht wollen auch heute viele Kirchenverantwortliche nichts hören und überlassen den Politikverantwortlichen die Entscheidung über Krieg und Frieden. Deshalb dürfen und können wir und andere nicht aufhören mit solchen Mahnwachen unter dem – wohlgemerkt zusammen mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen ausgerufenen – Appell „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein“.)

Bonhoeffer kämpft trotz mangelnder Unterstützung um Aufrichtigkeit und Bewahrung des humanen Menschenbildes noch innerhalb der kirchlichen Institutionen. Er hält Ausschau nach Verbündeten, vervielfältigt Resolutionen mit seinen Studenten, spricht auf Protestversammlungen gegen den Reichsbischof, den Vertrauensmann Hitlers. Seine Kollegen sind aber nicht zu einem machtvollen Widerspruch bereit, wie Bonhoeffer ihn fordert. Er reist nach England und schreibt von dort einen selbstkritischen Brief an seinen Theologenkollegen Karl Barth, in dem er „für eine Weile in die Wüste“ gehen und „einfach Pfarrarbeit“ tun will. Obwohl Barth deutlich macht, dass er in der deutschen Wüste gebraucht werde, bleibt Bonhoeffer anderthalb Jahre, um Kontakte zu knüpfen und für den Widerstand zuhause zu nutzen. In der Zwischenzeit hatte die „Barmer Bekenntnissynode“ in Deutschland erklärt, dass Christentum und NS-Rassenideologie unvereinbar sind. Aus ihr hatte sich die „Bekennende Kirche“ als Gegenorganisation zur Reichskirche der „Deutschen Christen“ formiert. Obwohl Bonhoeffer nach Indien reisen will, um Ghandi und seine Lehre vom Gewaltlosen Widerstand kennenzulernen, folgt er dem Wunsch der Bekennenden Kirche, die Leitung des Predigerseminars zu übernehmen. Er führt es illegal weiter, nachdem es geschlossen und ihm die Lehrerlaubnis entzogen worden war. Spätestens jetzt (ab 1940) wird aus Bonhoeffers kirchlichem eindeutig politischer Widerstand. Ein Jahr zuvor war er von einer Vortragsreise nach Amerika verfrüht zurückgekehrt, aus Gewissensgründen: er hatte „…die Prüfungen dieser Zeit mit meinem Volk teilen“ wollen.

Über seinen Schwager Hans von Dohnanyi im Amt für Spionageabwehr erhält Bonhoeffer Zugang zu einer Oppositionellengruppe, die bedrängte Juden unterstützt , die NS-Verbrechen dokumentiert und den Putsch Hitlers plant. Dafür lässt er sich auch auf Auslandsreisen mit falschem Pass ein.

10 Jahre nach Beginn seiner ersten Warn- und Mahnrufe wird Bonhoeffer wegen Wehrkraftzersetzung von der Gestapo verhaftet. Bis zu seiner Verurteilung zum Tod dauert es noch 2 Jahre und 3 Monate. Ein halbes Jahrhundert später wird das Urteil aufgehoben und Dietrich Bonhoeffer rehabilitiert. Im Jahr 2025 wird es haufenweise Gedenkfeiern geben, zu denen bereits die Vorbereitungen laufen.

Bleibt zu hoffen, dass der bekannte Halbsatz „…dem Rad selbst in die Speichen zu fallen“ aus dem Vortrag zur „Kirche vor der Judenfrage“ nicht nur zitiert werden wird, sondern im Sinn des Autors verstanden als notwendige Anweisung zum Handeln.

Quellen: Christian Nürnberger, Mutige Menschen, Gabriel Verlag 2010 sowie diverse Portale im Internet

v.a.LEMO, dbp

Uwe:

Wir laden Sie, wir laden euch nun wieder dazu ein, fünf Minuten mit uns zu schweigen.
Wir gedenken dabei all derer, die wegen weltweit kriegerischer Konflikte getötet oder verwundet wurden und werden; beispielsweise in der Ukraine, im Nahen Osten, im Sudan …
Wir gedenken auch der Menschen, welche sich wegen kriegerischer Handlungen, oder weil ein Leben in ihrer Heimat wegen des sich wandelnden Klimas nicht mehr möglich ist,  auf eine gefährliche Flucht begeben.
Wir gedenken auch der Soldaten, egal welchen Landes, die getötet oder verwundet werden. Ein expressionistischer Dichter hat angesichts des gegenseitigen sich Abschlachtens im 1. Weltkrieg folgende Zeilen geschrieben:
„Tötet euch mit Dämpfen und mit Messern,
gebt für eine Handbreit Boden euer Leben.
Doch das Ersehnte wird euch nicht gegeben.“
Wir gedenken auch all der Menschen, die sich weltweit gegen den Krieg und für den Erhalt unseres Planeten  einsetzen.

Uwe:

Anlässlich des bevorstehenden Weihnachtsfestes versuche ich ein dazu passendes Gesicht zu schreiben, welches ich an meine Verwandten, Freunde und Bekannten sende.

Ich werde nun mein diesjähriges Gedicht vorlesen.

Weihnachten 2024
„Friede auf Erden und den Menschen zum Wohlgefallen!“
Die Botschaft hör` ich wohl, und tut mir auch gefallen.
Allerdings kann ich`s schwerlich glauben,
ich sehe keine Friedenstauben
die fliegen hin zum Regenbogen.
Stattdessen der Kriege hohe Wogen.
Davon sind wir noch nicht betroffen,
doch ist die Zukunft völlig offen.
Das neue Jahr, wie soll es werden?
Schön wär` es doch mit „Friede auf Erden“.
Mit „Kriegstüchtigkeit“ wird`s nicht gelingen.
Nur Friedfertigkeit wird Frieden bringen.

(Die Karte mit dem Gedicht liegt in der Mitte unseres Kreises. Wer möchte, kann sie sich mitnehmen.)

Uwe:

Bevor wir unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beenden, möchte ich noch kundtun:

  • Am morgigen Samstag wollen wir wieder mit unseren Transparenten Flagge zeigen. Wer dabei mitmachen möchte, melde sich bitte nachher bei Doris. Zu überlegen  ist,      ob wir mit der Banneraktion  eine Pause machen, wie mit den Mahnwachen.
  • Unsere nächste Mahnwache findet nach der Weihnachtspause, am Freitag, den 10. Januar 2025, um 18 Uhr wieder vor dem Rathaus statt.
  • Ich habe im Internet ein wenig recherchiert, an welchen Orten während der nächsten Tage oder Wochen friedenspolitische Aktionen stattfinden. Es sind hauptsächlich Mahnwachen. So z.B. in: Augsburg, Villingen- Schwenningen, Marburg, Jena, Hamburg, Detmold, München (hier mit Schwerpunkt Gerechter Frieden für Palästina und Israel).
  • Unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden ist hiermit beendet. Vielen Dank, dass Sie, dass ihr gekommen seid. Wie wünschen Ihnen und euch ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Start in ein hoffentlich friedvolleres neues Jahr.

 

 

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