Mahnwache vom 21.02.2025

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Bild von Lola Anamon auf Pixabay

Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen

Doris:

Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch zu unserer Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die heute gekommen sind.

Fast genau vor drei Jahren, am 25.02.2022, haben wir uns hier zum ersten Mal zu einer Mahnwache versammelt, da am Tag zuvor russische Truppen in die Ukraine einmarschiert waren. Über 100 Menschen sind damals zusammengekommen, um ihrer Bestürzung über dieses Geschehen Ausdruck zu verleihen. Heute müssen wir bereits auf drei Jahre Ukrainekrieg zurückschauen. Unfassbar. Wir stehen hier – irritiert über das aktuelle Geschehen, hilflos, ratlos, wütend und unsagbar traurig.

Seit drei Jahren ist unsere Mahnwache ein Ort, um ein sichtbares und hörbares Zeichen zu setzen gegen den Krieg und für den Frieden. Und sie ist auch ein Ort, an dem Trauer ihren Platz hat.

Wir trauern um alle Menschen, die in diesem Krieg getötet worden sind, seien es Soldaten oder Zivilisten, seien es ukrainische oder russische Menschen. Wir kennen ihre genaue Zahl nicht. Aber wir könnten auch beim Vorliegen einer Zahl nicht wirklich fassen, welches unermessliche Leid sich dahinter verbirgt. Dasselbe gilt natürlich für die Toten all der anderen Kriege, die im selben Zeitraum auch stattgefunden haben.

Wir trauern um alle Menschen, die in diesem Krieg verletzt worden sind an Leib und Seele, und ihr Leben lang an den Folgen zu leiden haben werden. Um alle, die traumatisiert worden sind und keine Hilfe bekommen, um jemals mit ihren Erlebnissen umgehen zu können. Um alle, die ihre Heimat verloren haben, deren Häuser zerstört sind, deren Städte in Trümmern liegen, die ihrer Zukunft beraubt worden sind.

Wir trauern um die Soldaten, die zum Kampf gezwungen wurden und ihr Leben verloren haben. Auch um die mehreren Tausend jungen Menschen aus Nordkorea, die „in die Schlacht geworfen“ worden sind. Und um die, die freiwillig in den Krieg gezogen sind, um ihre Heimat zu verteidigen… Nein, sie alle sind keinen Heldentod gestorben. Sie sind einen schrecklichen und sinnlosen Tod gestorben, weil ihre Präsidenten nicht willens sind, miteinander zu reden. Und weil der Rest der Welt nicht in der Lage war zu vermitteln, sondern den Krieg mit immer mehr Waffen weiter befeuert hat.

Wir trauern auch um unsere Ideale, unsere Werte, unsere Hoffnungen. Auch sie sind zu Opfern dieses Krieges geworden. Seit der sogenannten Zeitenwende scheint alles nicht mehr zu gelten, was vorher Konsens war. Aussöhnung, Abrüstung, Verbot von Rüstungsexporten, Abschaffung der Atomwaffen: diese Ziele wurden in kürzester Zeit über Bord geworfen. Nur vermeintlich Unbelehrbare und Naive reden noch davon. Es scheint allein die Logik der Gewalt, der Abschreckung und des Krieges zu gelten. War denn wirklich alles umsonst, wofür wir uns Jahrzehnte lang engagiert haben? Sind all die kleinen Schritte, die wir erreicht hatten, jetzt ausgelöscht? Ich weigere mich, das zu glauben. Aber ich will heute auch der Trauer Raum geben.

Wir werden daher an dieser Stelle 5 Minuten schweigen. Wir schließen die Opfer all der anderen Kriege in unser Gedenken ein.

Uwe:

Bei unserer Mahnwache vor zwei Wochen, am 7. Februar, hatte ich angesprochen, in welchem Tempo der neue US-amerikanische Präsident Trump das, was er vor seiner Wahl angekündigt hatte zu tun, wenn er gewählt werden würde, begonnen hat per Dekrete umzusetzen. Und das ist in der Tat sehr beängstigend!

Mit dem Beginn dieser Woche hat Trump außenpolitisch viel in Bewegung gesetzt, was zunächst den Anschein hat, dass er bemüht ist, ohne Rücksicht auf die Interessen der Ukraine und der mit den USA verbündeten NATO – Staaten, in Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Putin, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Dies bedeutet eine absolute Kehrtwende der US – amerikanischen Politik bezüglich des Krieges in der Ukraine. Waren es doch die USA, die mit massiven Waffenlieferungen an die Ukraine den Krieg forcierten, und dies auch von ihren Verbündeten forderten.

Auch ließ Trump verlauten, dass er das äußerst angespannte Verhältnis zwischen den beiden Staaten USA und Russland positiv verändern möchte. In der Saudi Arabischen Hauptstadt Riad haben sich die Außenminister der beiden Staaten, Lawrow und Rubio, getroffen und sondiert, ob demnächst ein Treffen der beiden Präsidenten stattfinden kann.

In den Schorndorfer Nachrichten vom 19. Februar wurde auf der ersten Seite als Frage formuliert: (Zitat) „Ende der Eiszeit?“ und ergänzt: “USA und Russland nähern sich wieder an“. In dem anschließenden Text war zu lesen: (Zitat) „Bei ihrem ersten Treffen nach langer Zeit auf dieser Ebene vereinbarten die Delegationen der USA und Russlands Verhandlungen zur Beilegung ihrer Differenzen und zur schnellen Beendigung des Ukraine – Krieges.“

Als friedensbewegter Mensch reibt man sich wahrscheinlich die Augen angesichts dieser Meldungen und fragt sich, ob dies tatsächlich ernst zu nehmen ist. Von uns Pazifistinnen und Pazifisten wurde seit Beginn des russischen Angriffskrieges gefordert, dass, statt Waffen an die Ukraine zu liefern es besser wäre, initiativ zu werden für Verhandlungen, die zu einem Waffenstillstand zu führen könnten. Und nun ist gerade der US – amerikanische Präsident, der zu gefährlichen politischen Aktionen neigt, bemüht,  einen solchen Waffenstillstand via Verhandlungen  zu erreichen.  Einer der Gründe für den Krieg in der Ukraine war doch, dass die USA und im Schlepptau die Staaten der Europäischen Gemeinschaft, der Ukraine einen Beitritt zur NATO offerierten. Dies widersprach dem Versprechen die NATO, nicht nach Osten zu erweitern, welches 1989 dem russischen Staatsoberhaupt Gorbatschow im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands gegeben worden war. Wenn es wirklich wahr ist, dass nun Präsident Trump die Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato für „unakzeptabel“ hält, wie er gesagt haben soll, wäre eine der Ursachen für diesen Krieg obsolet.

Bei all dem, was wir wahrscheinlich als positive Signale deuten, ist allerdings große Vorsicht geboten. Ein Markenzeichen von Präsident Trump ist es, dass er das, was er heute verlauten lässt, morgen oder übermorgen wieder verwirft, und das Gegenteil von dem tut, was er angekündigt hat und auch zu nicht nachvollziehbaren politischen Eskapaden neigt. So äußerte er gestern, dass der ukrainische Präsident Selensky ein Diktator wäre und die Hauptschuld an diesem Krieg trüge. (Zitat) „Ihr (die Ukraine) hättet es nie anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können.“

Dabei waren die Ukrainer im Frühjahr 2022, nach ca. 4 Wochen Krieg, zu einem „Deal“ in Istanbul bereit. Dort verhandelte nämlich eine Delegation der Ukraine mit einer Delegation Russlands, wie dieser Krieg beendet werden könnte.

Laut verschiedener Medien wurde dort auch eine für beide Seiten akzeptable Lösung erarbeitet, der die ukrainische Seite hätte zustimmen können. Kurz vor der Vertragsunterzeichnung trat der damalige englische Premierminister Johnson auf den Plan. Nach dessen Unterredung mit Selensky weigerte sich dieser, die Abmachung zu unterzeichnen. Vermutet wird, dass Johnson mit Rückendeckung der, oder sogar im Auftrag der US-Regierung dem ukrainischen Präsidenten unbegrenzte Waffenlieferungen versprach, wenn dieser den Krieg fortsetzen würde. Eine Strategie der USA war damals, Russland durch einen lange währenden Krieg an seiner Grenze empfindlich zu schwächen.

Heute war ich beim Lesen der Schorndorfer Nachrichten sehr überrascht, als ich auf Seite 2 las, dass die Trump – Administration drastische Kürzungen beim Pentagon vornehmen will. Laut „Washington Post“ sollen das Budget für Verteidigung um 8 Prozent jährlich verringert werden. Betroffen davon wäre laut W.P. auch „das US- Militärkommando für Europa in Stuttgart“, welches laut W.P. eine wichtige Rolle bei dem Krieg in der Ukraine spielt. Explizit ausgenommen von diesen Kürzungen wären u.a. die Modernisierung von Atomwaffen und die Raketenabwehr. Hiermit steht Trump im Widerspruch zu seiner Ankündigung, „die Welt zu denuclearisieren“. Leider war nichts darüber zu lesen, ob von diesen Kürzungen auch der Plan, 2026 in Deutschland weitreichende US – amerikanische Mittelstreckenraketen und Marschflugkörper aufzustellen, betroffen ist.

Hoffen wir also bei allen von mir angesprochenen Ungereimtheiten, dass das Verhältnis der beiden Atommächte USA und Russland sich tatsächlich positiv verändert. Dann nämlich wäre die Aufstellung dieser Waffen nicht mehr erforderlich, und damit könnte auch das Damoklesschwert, welches mit deren Stationierung über uns schweben würde, in der Scheide stecken bleiben. 

Doris:

Ich möchte heute wieder einmal das uns bekannte Gedicht von Bert Brecht lesen:

Bitten der Kinder

Die Häuser sollen nicht brennen
Bomber soll man nicht kennen
Die Nacht soll für den Schlaf sein
Leben soll keine Straf´sein
Die Mütter sollen nicht weinen
Keiner soll töten Einen
Alle sollen was bauen
Da kann man allen trauen
Die Jungen sollen´s erreichen
Die Alten desgleichen.

Doris:

Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

  • Wer morgen bei der Friedensbanner-Aktion mithelfen kann, möge sich nachher bitte bei mir melden. Die Organisation „Stoppt das Töten“ hat ja zum dritten Jahrestag des Ukraine-Krieges ein neues Banner gefertigt, welches am Wochenende vom 21. bis 23. Februar 2025 in so vielen Städten wie möglich zum Einsatz kommen soll. Wir haben es für uns auch bestellt. Darauf steht: „Nachhaltiger Frieden für die Ukraine – Deeskalation – Waffenstillstand – Verhandlungen – Stoppt das Töten“. Wir würden es gerne morgen anstatt der üblichen beiden blauen Banner benutzen. Es ist 7 m lang, daher brauchen wir zum Halten etwa 4 Personen.
  • Am Dienstag, den 25. Februar findet im DGB-Haus Stuttgart, Willi-Bleicher-Straße 20, ein Vortrag mit Diskussion statt zum Thema: «US-Mittelstreckenraketen in Deutschland: Mehr Sicherheit oder höhere Risiken?» Es spricht Oberst a. D. Wolfgang Richter, Experte für Rüstungskontrolle und langjähriges Mitglied der deutschen Vertretung bei der OSZE. Veranstalterin ist die Initiative „Aufbruch zum Frieden“
  • Unsere Nächste Mahnwache findet am kommenden Freitag, den 28. Februar um 18.00 Uhr wieder hier auf dem Marktplatz statt.

 

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