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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen
Doris:
Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer Mahnwache gegen den Krieg. Vielen Dank allen, die gekommen sind zu unserer letzten Mahnwache vor Weihnachten.
Ja, Weihnachten steht vor der Tür. Da wird der Gegensatz besonders spürbar zwischen Lichterglanz und Feststimmung auf der einen Seite, und dem Fortgang der gnadenlosen Kriege auf der anderen Seite. Es bedrückt mich, dass so wenig Menschen ihre Stimme erheben, Einspruch erheben, Nein sagen. Wo bleiben die besonnenen Politiker, die Kulturschaffenden und Intellektuellen, die sich früher immer gegen Aufrüstung und Kriege ausgesprochen hatten? Und vor allem: Wo bleibt der Aufschrei der Kirchen gegen die Rechtfertigung von Krieg und militärischer Gewalt, gegen die Forderung nach Kriegstüchtigkeit, gegen die gigantische Aufrüstung, die alles Leben bedroht und jetzt schon den Hungernden die Nahrung entzieht? Warum schweigen die Kirchen zur Forderung der militärischen Vernichtung des Gegners, zum Einsatz der menschenrechtswidrigen Streumunition, zur Drohung mit völkerrechtlich verbotenen Atomwaffen? Warum unterstützen kirchliche Stimmen teilweise sogar die gegenwärtige Kriegspolitik?
Auch Dietrich Bonhoeffer hat damals unter dem Schweigen seiner Kirche gelitten. Schon 1934 hat er ausgerufen: Zitat: „Wie wird Friede?… Nur das eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, dass die Welt zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muss, und dass die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden Christi ausruft über die rasenden Welt.“ Zitat Ende. Leider war Bonhoeffers Ruf damals vergeblich.
Trotz allem gibt es auch heute Stimmer innerhalb der Kirche, die eine Gegenposition vertreten. Eine Gruppe von Pfarrerinnen und Pfarrern der Württembergischen Evangelischen Landeskirche hat im Herbst einen Friedensaufruf ins Leben gerufen, der über das Friedenspfarramt in Stuttgart verbreitet wird. Dieser Aufruf ist zwar nicht das große Friedenskonzil, verdient aber dennoch Beachtung: Daher wird Martin Jaeger uns den Aufruf nun vorlesen.
Martin Jaeger:
Württembergischen Friedensaufruf zum Herbst 2023:
Zum Ukrainekrieg – Aufruf an Kirche und Politik
- „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“ (Matth.5,44)
Es wird gesagt, man müsse die Feinde auf dem Schlachtfeld besiegen.
Wir hören, dass Jesus Christus uns zumutet, unsere Feinde zu lieben. Der erste Schritt dazu ist, probeweise die Perspektive zu wechseln, das gegnerische Gegenüber zu achten, ihm zuzuhören und seine Interessen ernst zu nehmen. - „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten, und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch.“ (Matt..20,25f) Es wird gesagt, die Nächstenliebe gebiete es, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen, damit sie sich gegen die Aggression verteidigen kann.
Wir fragen uns, ob wirklich alle Menschen in der Ukraine mit militärischen Mitteln verteidigt werden wollen, durch die so viele Menschen getötet, unzählige Verstümmelte und Traumatisierte zurückgelassen werden. In allen Ländern gibt es Menschen, die militärische Mittel ablehnen und auf Verhandlungen und gewaltfreie Mittel setzen. Auch Ukrainer sind vor dem Kriegsdienst geflohen, andere werden gegen ihren Willen zum Kriegsdienst gepresst. Werden die Menschen, die in der Ukraine leben, wie viele andere Völker, nicht durch die Herrschenden ihrer Länder manipuliert, um damit die Ziele der Herrschenden zu erreichen? Als Menschen müssen wir uns immer fragen, ob das, was allgemein für hilfreich gehalten wird, wirklich gut ist. - „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?“ (Matt. 7,3)
Es wird gesagt, der russische Präsident sei ein imperialistischer Herrscher, ein unberechenbarer Tyrann. Die westlichen Länder dagegen werden als Hüter des Friedens und der Menschenrechte gezeichnet.
Wir hören, dass Jesus uns im Vaterunser auffordert, um Vergebung unserer eigenen Schuld zu bitten. Deshalb widersprechen wir der undifferenzierten Einteilung in Gute und Böse. Wir sehen uns aufgefordert, auch zu fragen: Welche Fehler haben wir, die westliche Welt, im Umgang mit Russland gemacht?
Sklaverei, Kolonialismus und zwei Weltkriege, sollten Grund genug sein, das Selbstbild vom moralisch hochstehenden Westen infrage zu stellen.
- „Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort. Denn wer das Schwert nimmt, der wird durch das Schwert umkommen.“ (Matt. 26,52)
Es wird gesagt, angesichts der aktuellen Situation sei die Forderung nach Gewaltverzicht naiv, unrealistisch und unvernünftig.
Wir meinen, dass die Überzeugung naiv und unvernünftig ist, bis zum endgültigen Sieg über das Böse sei militärische Gewalt gerechtfertigt. Diese Überzeugung kann zur Eskalation bis hin zu einem atomaren Weltkrieg führen. Deshalb treten wir ein für eine Vernunft des Gewaltverzichts. - „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt… Friede-Fürst.“ (Jes.9,5)
Es wird gesagt, wir befänden uns in einer Situation, die eine militärische „Zeitenwende“ notwendig mache.
Wir glauben, die wahre Zeitenwende ist in Jesus Christus Wirklichkeit geworden. Wo wir ihm nachfolgen, und in seinem Sinne handeln, indem wir z.B. auf Verhandlungen und gewaltfreie Formen aktiven Widerstands setzen, da wird diese Zeitenwende heute erlebbar. So sind wir berufen, Salz der Erde und Licht in unserer unvollkommenen Welt zu sein.
- „Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes“ (Römer 12, 2). „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12, 21)
Von Personen der Kirchenleitung sind Stellungnahmen zu hören, die Waffenlieferungen in die Ukraine und militärische Gewaltanwendung rechtfertigen. Mit solchen Äußerungen schwimmen die Kirchen im großen Strom von Medien und Politik.
Wir hören, dass Jesus uns zumutet, etwas zu sagen, was die „Welt“ sich nicht selbst sagen kann. Wenn die Kirche den Auftrag Jesu nicht erfüllt, verrät sie ihr Wesen und verliert ihren Wert. Jesus Christus hat uns seine Friedensbotschaft nicht nur für friedliche Zeiten gegeben, sondern gerade für Zeiten der Gewalt. Eine Kirche, die auch auf Waffengewalt setzt, kann sich nicht auf Jesus Christus berufen.
- „Ihr seid das Salz der Erde!“ (Matt. 5,13) Hoffnung auf eine wahrnehmbar christliche Kirche. In diesem Sinne rufen wir unsere Kirche und alle Menschen im Land auf, für Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen einzutreten, in denen das Wohlergehen der Menschen – nicht die Interessen von Staaten und Konzernen – Priorität hat.
Quelle: www.friedenspfarramt.elk-wue.de
Der Aufruf ist schon vor dem 7.10. entstanden. Tagesaktuell schreiben die Verfasser*innen: Wir sind uns bewusst, dass inzwischen der Konflikt in Israel und Palästina in den Vordergrund gerückt ist. Auch hierzu vertreten wir die Ansicht, dass eine Lösung des Konfliktes nur durch nicht-militärische, gewaltfreie und dem Völkerrecht verpflichtete Vereinbarungen zu erreichen ist.
Wenn Sie den Aufruf unterstützen möchten, teilen Sie das per Mail mit an:
Kontakt zum Ökumenischen Friedensgespräch u. V.i.S.d.P. M. Jaeger mail@emsjaeger-international.eu
Uwe:
Was kommt auf uns zu?
Vielleicht Aufgaben, die uns enorm fordern;
Fragen, die sich noch nie gestellt haben;
Wünsche, die wir nicht erfüllen können;
Entscheidungen, die wir nicht verstehen;
Situationen, da wir nicht mehr ein und aus wissen;
Menschen, die uns brauchen.
Vielleicht aber auch
Hilfen, an die wir gar nicht denken;
Ideen, die wir noch nie gehabt haben;
Lösungen, die Neues ermöglichen;
Anforderungen, die uns weiterbringen;
Begegnungen, die vieles verändern;
Reaktionen, die uns überraschen;
Menschen, die uns helfen.
Wir wissen es nicht,
und das ist gut so.
Wichtig ist,
dass wir annehmen, was ist,
geben, was wir haben,
tun, was wir können,
sein, wie wir sind,
leben und Leben ermöglichen.
(Max Feigenwinter)