Mahnwache vom 31.03.2023

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Es folgen die Wortbeiträge dieser Mahnwache

Uwe:

Guten Abend. Ich begrüße Sie im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg.

Am morgigen Samstag in einer Woche, am Sa, 8.April d.J. finden an vielen Orten in Deutschland die traditionellen  Ostermärsche statt. In unserer Region in Stuttgart, Ellwangen und Ulm.

Der erste Ostermarsch überhaupt fand in England, unter dem Motto „Direct Action against Nuclear War“  statt, nämlich vor vor 65 Jahren, im Jahr 1958 von London zu dem Atomforschungszentrum Aldermaston. Ca. 10.000 Menschen nahmen daran teil.

Die Ostermärsche sind inzwischen eher Osterspaziergänge mit abschließender Kundgebung.

In Deutschland fanden die ersten Ostermärsche, initiiert von den Naturfreunden, in Bremen, Kiel, Hanau, Offenbach, Essen, München, Dortmund, Essen und Hamburg mit insgesamt mehr als 120.000 Teilnehmern, statt. Im Anschluss an diese bis dahin größte Demonstration gegen die von Bundeskanzler Adenauer geplante und letztlich auch durchgesetzte Wiederbewaffnung, wurde in Hamburg 14 Tage und Nächte lang gegen die von Adenauer zusätzlich geplante Atombewaffnung  protestiert. Hier wurde erstmals der Begriff „Mahnwache“, verwendet, unter dem wir uns auch hier versammeln.

Adenauer hatte im April 1957 nämlich erklärt, dass Nuklearwaffen „nichts weiter als die Weiterentwicklung der Artillerie wären. Selbstverständlich könnten wir nicht darauf verzichten, dass unsere Truppen auch in der normalen Bewaffnung die neueste Entwicklung mitmachen.  Adenauer forderte sogar, dass die Amerikaner Deutschland diese modernen Waffen liefern sollten, und Deutschland das alleinige Verfügungsrecht darüber erhalten sollte. Diese Forderung wurde glücklicherweise von den Alliierten abgelehnt. Aber der Elefant stand mit dieser Forderung im Raum, was zur Folge hatte, dass in Westdeutschland daraufhin von der SPD und DGB die Aktion „Kampf dem Atomtod“ in´s Leben gerufen wurde.  An den Ostermärschen 1958 beteiligten sich  etwa 1,5 Millionen Menschen.

Leider zog sich die SPD aber mit der Verabschiedung des Godesberger Programms aus der Kampagne „Kampf dem Atomtod“ zurück, auch deshalb, weil sie bei verschiedenen Landtagswahlen  mit ihrer pazifistischen Haltung nicht den erwarteten und erhofften Sieg erringen  konnte.

Die Ostermärsche fanden aber trotz des Rückzugs der SPD als Protest gegen die weltweite atomare Aufrüstung weiterhin statt, und zu der Teilnahme an diesen Protesten forderten u.a. so bedeutende Persönlichkeiten wie die Schriftsteller Erich Kubi, Robert Jungk, Erich Kästner, die Theologen Martin Niemöller, Helmut Gollwitzer,der Naturwissenschaftler und Philosoph Bertrand Russel, der Kabarettist Wolfgang Neuss, die Sängerin Joan Baez und der Arzt Albert Schweizer, auf. Die Sängerin Baez nahm 1966 an einem der Ostermärsche teil.

Aber nicht nur gegen die atomare Bedrohung wurde in den 60-er, und siebziger Jahren demonstriert, auch die Notstandsgesetze und der von der US Armee in Vietnam geführte Krieg standen im Focus der Ostermarschierer. Die „Kampagne für Abrüstung, Ostermarsch der Atomwaffengegner“, wie die Initiatoren der Ostermärsche sie bezeichneten, war damit die erste „Außerparlamentarische Opposition, APO“ der damaligen Bundesrepublik Deutschland.

Ich hatte zu Beginn meines Redebeitrags erwähnt, dass die Ostermärsche in den letzten Jahren eher Spaziergängen als Märschen ähneln. Bei den Ostermärschen in den 60-er und 70-er Jahren wurde dagegen an 3 Tagen marschiert, auf Landstraßen von Ort zu Ort. Bei jeder Witterung!  Übernachtet wurde in Turnhallen, Naturfreunde-, oder Gemeindehäusern. Ich selbst nahm 1962 zum ersten Mal an einem Ostermarsch in Hessen teil. Wie auch heute wieder, wurden Friedensaktivistinnen und -aktivisten belächelt, als naive Träumer bezeichnet und von den meisten Medien entweder ignoriert oder verunglimpft. Nicht selten wurde uns auch unterstellt, wir würden von Russland oder der DDR bezahlt. „Geht doch nach drüben!“, mussten wir uns damals oft anhören.

Bei den diesjährigen Ostermärschen stehen, wie bei denen im vergangenen Jahr auch, der Krieg in der Ukraine und die immer größere Atomkriegsgefahr, sowie die massiven Aufrüstungsprogramme Deutschlands und weltweit, im Fokus. Die „Dooms day clock“ der Atomwissenschaftler steht auf 90 Minuten vor Mitternacht. Das heißt, es muss alles getan werden, um einen Atomkrieg zu verhindern. Russland wird demnächst taktische Atomwaffen  in Weißrussland stationieren, was wiederum ein weiterer Dreh an der Eskalationsspirale, und damit eine massive Erhöhung der Atomkriegsgefahr bedeutet. Aber von Politikern der Ampelkoalition sind diesbezüglich nur Relativierungen und Beschwichtigungen zu vernehmen.

Lassen wir also die diesjährigen Ostermärsche zu einem deutlichen Zeichen dafür werden, dass wir mit dem „weiter so“ nicht einverstanden sind, und fordern wir Kanzler Scholz und seine Minister dazu auf, diplomatische Schritte zu unternehmen, um dem Abschlachten in  der Ukraine Einhalt zu gebieten.

Ich lese jetzt den  Aufruf des Netzwerks Friedenskooperative zu dem Ostermarsch in Stuttgart vor:

Ostermärsche 2023 vom 6. bis 10. April

Frieden muss verhandelt werden – Zu Ostern für Frieden, Abrüstung und ein Ende des Krieges in der Ukraine aktiv werden!

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat zu unzähligen Toten und Verletzten sowie zu Millionen Geflüchteten geführt. Infolge des Krieges sind die Beziehungen zwischen NATO und Russland an einem besorgniserregenden Tiefpunkt angelangt, wodurch auch die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs zugenommen hat. Zusätzlich zu den riesigen Rüstungsetats planen Deutschland und andere Staaten weitere Milliarden Euro in Aufrüstungsprojekte zu stecken. Wir warnen: Die ungehemmte Aufrüstung, immer mehr Krieg, zunehmende soziale Ungleichheit sowie Umweltzerstörung und Klimakrise führen die Menschheit in den Abgrund!

Wir fordern die Staaten und Regierungen weltweit zum Umdenken auf. In Kooperation, nicht in Konfrontation liegt die Lösung der globalen Probleme. Nur durch internationale Zusammenarbeit werden Abrüstung, eine atomwaffenfreie Welt und die Bewältigung der Klimakrise möglich!
Von Russland fordern wir das Ende des Krieges gegen die Ukraine! Die Bundesregierung fordern wir auf, endlich wieder Friedensinitiativen zur Beendigung des Krieges zu starten und die Verhandlungsbereitschaft aller involvierten Parteien zu fördern. Die Menschen in der Ukraine brauchen dringend Friedensperspektiven. Immer mehr Waffenlieferungen schaffen keinen Frieden und werden die Spirale der Gewalt nicht durchbrechen. Dies ist nur durch einen Waffenstillstand, Verhandlungen und langfristig durch Versöhnung möglich – in der Ukraine und den Konflikten weltweit!

Wir zeigen uns solidarisch mit allen von Kriegen und Konflikten betroffenen Menschen, wie etwa in Afghanistan, Äthiopien, Irak, Jemen, Mali, Myanmar, Syrien oder der Ukraine. Daher fordern wir die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen sowie Asyl und Schutz für alle Menschen, die vor Kriegen fliehen, den Kriegsdienst verweigern oder desertieren.

Für Frieden, Abrüstung und Gerechtigkeit gehen wir Ostern auf die Straße und rufen alle zur Teilnahme an den Ostermärschen auf. Selten war es dringender!

Schweigen

Ich lade Sie nun wieder dazu ein, fünf Minuten mit uns zu schweigen und dabei all der Menschen zu gedenken, die von Kriegen und Konflikten betroffen sind, wie etwa in Afghanistan, Äthiopien, Jemen, Mali, Myanmar, Syrien und der Ukraine. Wir gedenken all derer, die sich weltweit aktiv für den Frieden einsetzen.

 

Doris:

Ich lese aus dem Buch „Grundrechte“ von Ulrich Schaffer:

Du hast das Recht, aufzubegehren gegen die Verbreitung des Todes im Namen des Friedens.
Du hast das Recht, dich zu wehren gegen den Wahnsinn der Rüstung
und gegen die Theorien, die den Krieg zu einer Notwendigkeit erklären.
Du hast das Recht, dich zu wehren gegen das Rechnen mit Menschenleben,
ob Soldaten oder Zivilisten, denn hinter jedem Namen
steht ein schlagendes Herz mit Wünschen und Träumen.
Du hast das Recht, gegen die Finanzierung der Maschinerie des Todes aufzubegehren,
weil sie mit den Pfennigen, Cents und Kopeken,
mit dem Geld der Armen der ganzen Welt bezahlt wird.
Du hast das Recht, dich entschieden auf die Seite des Lebens zu stellen,
deine ganze Energie einzusetzen, um diesen Planeten zu retten.

Doris:

Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

  • Die Ostermärsche finden in diesem Jahr vom 6.-10. April statt. Mit Demonstrationen, Kundgebungen, Fahrradtouren und Wanderungen, teils auch mehrtägigen, wird die Friedensbewegung ihre Themen in die Öffentlichkeit bringen. Im Terminkalender der Friedenskooperative waren Stand gestern bundesweit 117 Veranstaltungen eingetragen.
  • Der Aufruf zum Ostermarsch, den Uwe vorhin vorgetragen hat, wird als Zeitungsanzeige am 30.03. in der „Zeit“ und im „Freitag“ und am 1.04. in der „taz“ erscheinen. Er wurde unterzeichnet und unterstützt von 1.383 Personen sowie 66 Organisationen und Gruppen.
  • In Ellwangen beginnt der Ostermarsch um 10.00 Uhr. Wer mitfahren möchte, soll sich um 8.30 Uhr am Bahnhof Schorndorf einfinden. Der Zug fährt um 8.44 Uhr.
  • In Stuttgart gibt es eine Kundgebung am EUCOM um 10.45 Uhr, anschließend einen Fahrradkorso in die Innenstadt. Dort beginnt am Schlossplatz um 2 Minuten vor 12 Uhr die Danach folgt ein Demozug durch die Innenstadt zur Abschlusskundgebung am Schloßplatz. Wer gemeinsam nach Stuttgart fahren möchte, trifft sich um 10.30 Uhr am Bahnhof Schorndorf für die Fahrt mit dem Schienenersatzbus in der Grabenstraße ab 10.49 Uhr.
  • Die Friedenskooperative hat eine neue Mail-Aktion gestartet: „Herr Bundeskanzler, werden Sie aktiv für Friedensverhandlungen!“ Auf der Plattform lobbying4peace.de kann man sich daran beteiligen.
  • Wer das „Manifest für Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht nicht im Internet unterschreiben kann oder möchte, kann nachher bei uns auch auf einer Liste unterschreiben.
  • Am kommenden Freitag, dem Karfreitag, findet keine Mahnwache statt. Unsere nächste Mahnwache ist am Freitag, 14.04.23 um 18.00 Uhr hier auf dem Mittleren Marktplatz.

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