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Es folgen die Redebeiträge dieser Mahnwache:
Uwe:
Guten Abend. Ich begrüße Sie, ich begrüße euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden.
In der Woche vom 16. Juni bis 20. Juni 2025 versuchten die Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands in Verhandlungen mit dem Außenminister des Iran, eine friedliche Lösung des Atomwaffenkonfliktes zu erarbeiten. Leider verlief diese erste Begegnung erfolglos. Aber man konnte davon ausgehen, dass mit diesen Verhandlungen ein Grundstein gelegt war für weitere Verhandlungen. Mit dem Angriff der USA auf iranische Atomanlagen am Sonntag, 22. Juni d.J., wurden diese diplomatischen Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Konfliktes zwischen Israel und dem Iran ad absurdum geführt. Damit hat der US – amerikanische Präsident deutlich zu verstehen gegeben, dass er sich einen Dreck darum schert, was seine NATO – Partner diplomatisch unternehmen. Nach meiner Auffassung wäre allein schon dieses Verhalten ein Grund dafür, die Verlässlichkeit und Bereitschaft zur Teamarbeit von Donald Trump zu hinterfragen.
Und zu hinterfragen wäre auch, was es mit den 5% des Bruttoinlandsprodukts, die Trump immer wieder von den Europäern fordert, auf sich hat. Aber leider haben die Regierungschefs der meisten europäischen NATO – Staaten sich in ihrer Entscheidung, das Fünfprozent – Ziel anzupeilen, nicht erschüttern lassen. Ganz im Gegenteil; – sowohl bei dem Treffen der Staatschefs der sog. G7 – Staaten, wie auch bei dem NATO – Gipfel im niederländischen Den- Haag wurde alles vermieden, was Donald Trump hätte verärgern können. Ich persönlich fand es zum Fremdschämen, wie unterwürfig und profillos dort die europäischen Staatschefs und vorneweg der NATO – Generalsekretär Rutte, dem US – amerikanischen Präsidenten begegneten. Die Zielvorgabe 5% wurde in einem halbtägigen NATO – Gipfel beschlossen. Bundeskanzler Merz beteuerte mehrfach, dass diese wahnsinnig hohen, und auf Schulden basierenden Rüstungsausgaben keinesfalls beschlossen wurden, um dem US -amerikanischen Präsidenten zu gefallen, sondern weil sie notwendig wären, um der russischen Aggression begegnen zu können.
In der Wochenzeitung „Der Freitag“ wurde in der vorletzten Ausgabe zu diesem Thema ein Artikel veröffentlicht, aus dem ich nun einige Passagen vorlesen möchte. Da diese Ausgabe des „Freitag“ vor dem NATO-Gipfel erschien, sind einige Aussagen als Annahmen oder Voraussagen zu verstehen: Der Artikel trägt die Überschrift: „Aufwachen statt Aufrüsten“.
„In dem Kinderbuch „Der Struwwelpeter“ heißt es in einer Geschichte: „Der Friederich, der Friederich, das war ein arger Wüterich“. Nachdem er einen Hund übel verprügelt, wird er von diesem gebissen, landet im Krankenhaus und muss bittere Medizin schlucken. (…) Nun hat Merz zwar im Wahlkampf den kleinen Wüterich gegeben, sich aber während seines Aufenthaltes beim großen Wüterich im Weißen Haus größter Zurückhaltung befleißigt. Die Devise lautete, lobe den Trump, höre ihm zu und ecke nicht an. Der Kanzler der selbsternannten künftigen stärksten konventionellen Militärmacht Europas, schlug damit den Ton an, der auch bei dem bevorstehenden NATO – Gipfel in Den Haag mit einiger Sicherheit zu erwarten ist.
Nachdem feststeht, dass Trump persönlich zu erscheinen gedenkt, ist allgemeines Wegducken, gepaart mit Lobhudelei für seine Forderung zu erwarten, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIB) für den Militärhaushalt auszugeben. Manche sagen, die Zahl sei ein spontaner Einfall des US – Präsidenten, bar jeglicher Bedrohungsanalyse gewesen, andere, sie sei Teil einer durchdachten Strategie, um die lahmen Europäer auf Trab zu bringen. Diese haben, nachdem sie anfangs noch die Augen rollten, die Formel von NATO – Generalsekretär Rutte übernommen, wonach sich die fünf Prozent aus 3,5 Prozent für reine Militärausgaben, vor allem Aufrüstung, und 1,5% für militärisch nutzbare Infrastruktur zusammensetzen. Außenminister Johann Wadephul machte sich Trumps Vorgaben, wohl im Auftrag von Kanzler Merz, als einer der Ersten zu eigen. Ein klarer Fall von versuchter Rationalität, da man für ein Verhalten, das irrationale Ursachen hat,
vernünftige Gründe erfinden muss. Freilich reichen für die Kernaufgabe der NATO, das Bundesgebiet zu verteidigen, zwei Prozent. Immerhin gaben die Europäer und Kanada, von denen nicht alle dieses Ziel erreichen, im Vorjahr 485 Milliarden Dollar dafür aus. – Russland zum Vergleich 150 Milliarden.
Angesichts des zu erwarteten Füllhorns beschlossen die NATO Verteidigungsminister am 5.Juni auch gleich – so die Deutsche Welle jubilierend – „das größte Aufrüstungsprogramm seit Jahrzehnten“ (….) Statt zur Kenntnis zu nehmen, dass die gute alte Zeit der transatlantischen Beziehungen vorbei ist und Europa um seine Sicherheit sich künftig selbst kümmern muss, dürften die NATO Regierungschefs in Den Haag den kollektiven Kniefall vor Donald Trump vollziehen. Dabei ist davon auszugehen, dass der sich treu bleibt – als transaktionaler Politiker, der mit unterschiedlichen Politikfeldern und Wahrheiten jongliert, um für sich den größten Vorteil herauszuholen. Er schätzt bekanntlich die Regeln des Nullsummenspiels, wonach der Gewinn des einen der Verlust des anderen ist. Da er immer Gewinner sein will, wird er nicht aufhören, die Europäer zu maßregeln und notfalls zu erpressen. (….)
Eine Weile mag Europas unterwürfiger Politikansatz angesichts der Abhängigkeiten von US-Fähigkeiten noch als clevere Politik erscheinen. Doch haben sich drei Dinge grundlegend verändert.
Die amerikanische Sicherheitsgarantie ist seit Trump unglaubwürdig. Zweitens sinkt der Stellenwert von Europas Sicherheit für die USA. Schließlich dient Trump einem autoritären Politikverständnis nach innen wie nach außen. Wie soll die NATO davon unberührt bleiben?
Statt die bittere Medizin zu schlucken, wie Friederich im Struwwelpeter, sollten umgehend die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Nun dominieren wahlweise Angst vor Trumps Furor, Warnungen vor der sich selbst erfüllenden Prophezeiung eines US – Abzugs aus Europa, Klagen über Fähigkeitslücken und Warnungen vor einem russischen Angriff. Dabei gerät zweierlei aus dem Blick: Zunächst einmal wird Russland ein europäischer Nachbar bleiben, sodass es ohne einen Interessenausgleich mit ihm nicht geht. Und: Trump traktiert nicht nur die internationale Ordnung mit der Abrissbirne, sondern auch die innere Ordnung der USA. Das Wertebündnis, das 1949 auf den Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gegründet wurde, existiert nicht mehr.
Für Europa besteht, wie das diesjährige Friedensgutachten zu Recht befürchtet, die „Gefahr der autoritären Ansteckung“. Es ist also Zeit für eine eigenständige Friedens- uns Sicherheitspolitik, die Deutschland und Europa vor der autoritären Verseuchung aus allen Richtungen schützt.“
So weit der Artikel von Hans – Georg Ehrhart in der Wochenzeitung „Der Freitag“.
Leider ist das, was der Autor prophezeit, tatsächlich geschehen. Ergänzend hierzu möchte ich noch folgendes anmerken: In der Monitor Sendung gestern Abend wurde berichtet, wie Donald Trump immer autoritärer regiert. Er ignoriert nicht nur Urteile von Gerichten, sondern lässt Richter und Staatsanwälte verhaften oder suspendieren, die Urteile sprechen, die ihm nicht gefallen. Ebenso lässt er weiterhin Migranten, die schon lange in den USA leben, arbeiten und Steuern bezahlen, von Mitarbeitern der Immigrationsbehörde verhaften und in Abschiebehaft nehmen. Gegen Menschen, die gegen diese Politik auf die Straße gehen, lässt er Militär aufmarschieren.
Angesichts dieser politischen Entwicklungen in den USA erscheint es mir besonders empörend, wie sich die europäischen Politiker vor dem US – Präsidenten in den Staub werfen und ihn hofieren. Die europäischen Staatenlenker mögen es als Erfolg verbuchen, dass Trump bei dem NATO – Gipfel erklärte, dass bei einem Angriff auf ein europäisches Land der NATO die USA mit dabei wären, diesen Angriff abzuwehren. Aber wie in dem soeben vorgelesenen Text ausgeführt, ist auf Aussagen Trumps kein Verlass, da er seine Ansichten von heute auf morgen ändert.
Doris:
Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer der Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern, die oft vergessen werden. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf allen Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.
Doris:
Ich lese einige Zitate von Martin Luther King:
Unser Leben beginnt zu enden an dem Tag, an dem wir über die Dinge schweigen, die wichtig sind.
Ungerechtigkeit irgendwo ist eine Bedrohung für die Gerechtigkeit überall.
Wir müssen die Zeit kreativ nutzen, in dem Wissen, dass die Zeit immer reif ist, das Richtige zu tun.
Wenn ich keine großen Dinge vollbringen kann, kann ich kleine Dinge auf großartige Weise vollbringen.
Die Erlösung der Menschheit liegt in den Händen derjenigen, die kreativ unangepasst sind.
Am Ende werden wir uns nicht an die Worte unserer Feinde erinnern, sondern an das Schweigen unserer Freunde.
Lass dich von niemandem so tief herunterziehen, dass du ihn hasst.
Wir müssen endliche Enttäuschungen akzeptieren, aber niemals die unendliche Hoffnung verlieren.
Erliegen Sie niemals der Versuchung der Bitterkeit.
Doris:
Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:
- Am Samstag, den 05. Juli wird es um 14.00 Uhr in Karlsruhe eine überregionale Kundgebung für einen gerechten Frieden im Nahen Osten geben.
- Ebenfalls am 05. Juli ruft das Bündnis „Nie-wieder-Krieg“ zu einem bundesweiten Aktionstag für den Berliner Appell Wir werden versuchen, bei unserer Friedensbanner-Aktion ebenfalls nochmals Unterschriften zu sammeln. Wer sich daran beteiligen möchte oder auch an der morgigen Friedensbanner-Aktion, möge sich bitte nachher bei mir melden.
- Am Dienstag, den 08.07. ist wieder der“Flaggentag der Mayors for Peace“. Wir haben OB Hornikel gebeten, die Flagge hier vor dem Rathaus zu hissen und bis zu unserer darauffolgenden Mahnwache hängen zu lassen. Vor dem Stuttgarter Rathaus wird es am 08.07. um 13.00 Uhr eine Veranstaltung u.a. mit der Präsidentin der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Baden Württemberg e.V. geben.
- Über 16 00 Menschen haben inzwischen die Petition zur Unterstützung des SPD- Manifests für einen Wandel in der deutschen Außenpolitik unterzeichnet. Man kann auch hier bei uns auf Papier unterschreiben.
- Unsere nächste Mahnwache findet am kommenden Freitag, den 04. Juli um 18.00 Uhr wieder hier auf dem Marktplatz statt.