Aktionen der Friedensinitiative Schorndorf am 03.06.2022

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An diesem Tag haben wir von der Friedensinitiative gleich zwei Aktionen durchgeführt:

1. Pflanzen eines Ginkgo-Baumes

Am 03.06.2022 hat die Friedensinitaitive Schorndorf unter Beisein von Hernn Hornikel, dem Oberbürgermeister der Stadt Schorndorf, den Setzling eines Ginkgo-Baumes gepflanzt. Worum ging es dabei?

Der erste Baum, der nach dem Abwurf der US-amerikanischen Atombombe über Hiroshima wieder Blätter trug, war ein Ginkgo Baum.

Von diesem Baum wurden über die „Mayors for Peace“ (MfP=Bürgermeister für den Frieden) Organisation Samen an die Städte, deren Bürgermeister oder Oberbürgermeister, oder der Gemeinderat, Mitglied der MfP sind, Setzlinge, die aus dem Samen dieses Baumes wuchsen, versendet. Unser Oberbürgermeister Hornikel ist, wie unser ehemaliger OB Klopfer auch, Mitglied bei MfP.

Wir, von der Friedensinitiative Schorndorf haben Herrn Hornikel bei unserem „Antrittsbesuch“ einen solchen Setzling überreicht. Dieser wurde am Freitag, dem 03.06.2022 um 11:30 Uhr im Beisein von OB Hornikel im Stadtpark eingepflanzt.

Hier noch zwei Bilder von dieser Aktion

2. Die Mahnwache

Am Abend fand dann wie an jedem Freitag um 18:00 unsere Mahnwache statt, über deren Verlauf und Inhalt Ihr im Folgenden näheres erfahren könnt.

Doris:

Ich begrüße Sie zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg. Danke, dass Sie gekommen sind.

Zum 14. Mal stehen wir heute hier. Wegen der Ferien und mit der Zeit sind wir weniger geworden, aber dennoch ist unser Kreis ein sichtbares Zeichen gegen den Krieg –  mitten auf dem Schorndorfer Marktplatz. Daher wollen wir die Mahnwache bis auf weiteres jeden Freitag fortsetzen.

Wenn wir auf die vergangene Woche zurückschauen, gibt es hauptsächlich zwei bestimmende Nachrichten. Die eine: die russische Armee ist im Osten der Ukraine zunehmend auf dem Vormarsch. Die andere: das 100 Milliarden Paket für die Aufrüstung der Bundeswehr wurde heute vom Bundestag genehmigt. Beides sind Nachrichten, die im Januar noch absolut unvorstellbar gewesen wären.

Was bewirken solche Nachrichten in unserer Gesellschaft? Zum einen eine maximale Enttäuschung und Verunsicherung. Alle bisherigen Einstellungen und Lösungen scheinen nichts mehr zu taugen. Zum andern eine maximale Zukunftsangst, zumal auch die Pandemie und die Klimakatastrophe ja noch dazukommen. Soziologen sagen, dass durch diesen maximalen Stress das Bedürfnis nach klaren, eindeutigen Lösungen entsteht, also z.B. die Annahme, dass durch den Einsatz von maximal viel Geld – 100 Milliarden Euro – eine maximale Sicherheit erreicht werden kann. Aus meiner Sicht ist das eine Illusion. In Klammern: Durch den Einsatz eines Bruchteils dieser Summe müsste auf der ganzen Welt kein einiger Mensch mehr an Hunger oder vermeidbaren Krankheiten sterben. Klammer zu.

Unsere Politiker und unsere Medien lassen großteils nur noch eine Sicht der Dinge zu. Nämlich: die Solidarität und die Identifikation mit den Opfern dieses Krieges machen eine maximale Aufrüstung sowohl der Ukraine als auch bei uns erforderlich. Es gibt keine Außenperspektive mehr und kein Denken von der Zukunft her. Das ist emotional nachvollziehbar, aber keine Grundlage für rationales politisches Handeln.

Detlef Beune wird nachher davon berichten, dass es einige wenige Stimmen gibt, die in eine andere Richtung gehen, aber leider kaum wahrgenommen werden.

Ich schließe mit einem kleinen Beispiel für eine differenzierte Berichterstattung, das ich ausgerechnet auf der Kinderseite der Schorndorfer Nachrichten gefunden habe. Dort werden Sachverhalte in einfacher Sprache erklärt. Überschrift am vergangenen Mittwoch: „Warum bekommt die Bundeswehr so viel Geld?“ Zunächst werden die Argumente der Politiker dargestellt. Am Schluss heißt es: „Finden alle die Idee gut?“ Nein, und dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Manche Menschen sind dagegen, das Militär weiter aufzurüsten. Sie sagen: Mehr Waffen machen die Welt nicht sicherer und bringen auch keinen Frieden. Andere finden nicht gut, dass Deutschland Schulden machen muss, um die Milliarden auszugeben. Schließlich muss das Geld auch irgendwann zurückgezahlt werden. Außerdem finden einige, das Geld sollte besser woanders ausgegeben werden, für Schulen etwa oder um etwas gegen Kinderarmut zu tun.“ So weit die Kinderseite der Schorndorfer Nachrichten. Hoffen wir, dass unsere Kinder es einmal besser machen werden.

Wir hören jetzt Detlef Beune.

Detlef:

Wir sind es leider mittlerweile gewohnt, dass wir auf unseren Mahnwachen eigentlich immer nur schlechte Nachrichten zum Krieg verkünden müssen. Aber: Es gibt in letzter Zeit Äußerungen, die darauf hindeuten, dass auch manche Politiker oder Medien im Westen nach Wege suchen, um eine weitere Eskalation dieses Konfliktes zu verhindern. Die folgenden Beispiele stammen von Menschen, die mit Sicherheit nicht im Verdacht stehen, in diesem Krieg auf der Seite Putins zu stehen.

Als erstes ist hier ein Kommentar vom Editorial Board der New York Times zu nennen. Die Berliner Zeitung veröffentlichte dazu am 20.05.2022 einen Kommentar mit der Überschrift:

Neue Haltung zur Ukraine: New York Times klingt plötzlich wie Sahra Wagenknecht

Die einflussreichste Zeitung der Welt fordert den US-Präsidenten auf, Selenskyj Grenzen aufzuzeigen. Krieg mit Russland sei nicht in Amerikas Interesse.

Der Vergleich mit Sahra Wagenknecht ist sicherlich etwas übertrieben. Dennoch macht die New York Times sich in dem Kommentar ernsthafte Sorgen darüber, wohin das alles noch führen soll: Zitate aus der Berliner Zeitung:

„Die New York Times forderte US-Präsident Joe Biden in dem Text dazu auf, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Grenzen westlicher Unterstützung aufzuzeigen. Es könne nicht im Interesse Amerikas sein, in einen langwierigen und kostenreichen Krieg mit Russland hineingezogen zu werden. Die Äußerungen des 1896 gegründeten Editorial Board der New York Times sind auch deshalb so bemerkenswert, weil sie traditionell die Haltung der Ostküstenelite in Grundsatzfragen wiedergibt.“ Und:

„doch liegt es nicht in Amerikas Interesse, sich in einen totalen Krieg mit Russland zu stürzen, auch wenn ein Verhandlungsfrieden der Ukraine einige harte Entscheidungen abverlangen könnte“.

Letztlich möchte die New York Times einen Verhandlungsfrieden. Nicht zuletzt deshalb, weil eine weitere Eskalation zu einer schwer kontrollierbaren Entwicklung führen könnte und die wirtschaftlichen Folgen des Krieges und der Sanktionen mittlerweile auch die wirtschaftliche Entwicklung in den USA gefährden.

Zum zweiten: Die italienische Regierung hat der UN einen mehrstufigen Friedensplan vorgelegt, für den sie nach Unterstützung sucht. Italiens Außenminister Luigi Di Maio sagte der Zeitung „La Stampa“ einem Bericht der dpa zufolge, derzeit versuchten nur einzelne Staaten zu vermitteln. „Es braucht jetzt eine diplomatische Gegenoffensive.“

Die 4 Vorschläge Italiens lauten:

  • Sofortiger Waffenstillstand auf Basis der vorhandenen Fronten.
  • Dauerhafte militärische Neutralität und EU-Perspektive der Ukraine.
  • Die territoriale Integrität der Ukraine wird wiederhergestellt, dafür erhalten die jetzt russisch besetzten Gebiete den Autonomiestatus.
  • Die EU, Russland und die Ukraine einigen sich auf einen neue europäische Sicherheitsarchitektur.

Ich kann an dieser Stelle den Vorschlag der italienischen Regierung nicht abschließend bewerten. Wichtig scheint mir nur eines: Es gibt auch gewichtige Stimmen in Europa, die nach einer Friedenslösung auf dem Verhandlungstisch suchen. Ob über diesen Vorschlag international ernsthaft geredet wird, habe ich leider nicht ermitteln können,.

Zum dritten: Vor kurzem fand das Weltwirtschaftsforum in Davos statt. In den Medien war fast ausschließlich von Äußerungen zu hören, die ein weiter so der Politik des Westens im Ukraine-Krieg forderten. Wenig beachtet wurde hingegen ein Beitrag vom ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger.

Er meinte, es gebe nur ein kleines Zeitfenster, um den bewaffneten Konflikt in der Ukraine zu beenden und eine Friedenslösung zu finden, sagte der ehemalige US-Außenminister und Politikwissenschaftler Henry Kissinger auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. In seiner Rede am Montag erklärte er:

„Die Friedensverhandlungen müssen in den nächsten zwei Monaten beginnen, bevor der Krieg zu Umbrüchen und Spannungen führt, die nicht leicht zu überwinden sind.“

Der Ausgang des Konflikts werde die Beziehungen Europas zu Russland und der Ukraine gleichermaßen bestimmen, so der 98-Jährige. Dabei merkte der Diplomat an, dass die Trennungslinie im Idealfall die „Rückkehr zum Status quo ante“ sein würde. Kissinger betonte:

„Würde der Krieg über diesen Punkt hinaus fortgesetzt, ginge es nicht mehr um die Freiheit der Ukraine, sondern um einen neuen Krieg gegen Russland selbst.“

Auch er plädierte letztlich für eine Lösung des Konfliktes am Verhandlungstisch.

Zum vierten: Zuletzt gab der Ex-Minister und Bundestagsabgeordnete der SPD, Klaus von Dohnanyi der Schweizer Zeitung „Die Weltwoche“ ein längeres Interview. Hier die Einleitung dazu:

«Ich befürchte, dass wir in einen größeren Krieg in Europa hineinschlafwandeln»

In seinem neuen Buch hat der große Hamburger Sozialdemokrat Klaus von Dohnanyi den Krieg in der Ukraine vorausgesehen. Jetzt warnt er vor einer Eskalation und fordert die Europäer auf, die USA von ihrer einseitigen Russland-Politik abzubringen.

Ich kann hier natürlich nicht das gesamte Interview wiedergeben. Viele seiner Äußerungen waren nicht gerade optimistisch. Deshalb wurde er auch zum Schluss des Interviews gefragt:

„Weltwoche: Suchen wir zum Schluss den Lichtblick. Woran halten Sie sich fest, um die Hoffnung auf eine friedliche Koexistenz in der Welt nicht vollständig zu verlieren?

Von Dohnanyi: Der Lichtblick ist letzten Endes, dass die Menschen keinen Krieg wollen – weder in den USA noch in Deutschland und auch nicht in Russland oder China. Wir haben keine kriegerische Stimmung in der Welt, wie wir sie vor 1914 hatten, als es fast wie eine Erleichterung verstanden wurde, endlich draufschlagen zu können, endlich die Hormone loszuwerden. Man lese nur den Brief des jungen Churchill vom 1. August 1914 an seine Frau. Meine Hoffnung ist, die Menschen wollen heute Frieden, und in einer Demokratie sollte das doch zählen. Und wir brauchen auch keine «Helden» mehr, wie es Präsident Selenskyj noch kürzlich – und ich finde gefährlich – forderte.“

Ich finde, das sind doch eine Reihe von Äußerungen der Vernunft in diesen schweren Zeiten. Die Frage stellt sich: Wie verhält sich eigentlich unsere Bundesregierung dazu? Bisher hört man nur von einem wahnsinnigen Aufrüstungsprogramm von 100 Milliarden €, einer immer weiteren Ausweitung der Sanktionen und der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Sollte nicht auch Deutschland entweder die Vorschläge Italiens unterstützen oder auch eigene Vorschläge für eine Verhandlungslösung dieses Krieges unterbreiten?

Doris:

Wir werden jetzt  wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer des Krieges in der Ukraine und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern. An die Menschen, die im Krieg  verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf beiden Seiten endlich zur politischen Vernunft zurückkehren und eine weitere Eskalation verhindern.

Doris:

Ich lese einen Text zum Frieden von Jörg Zink:

Dies alles ist Frieden
Brot haben, leben können,
gehört zum Frieden.
Nicht hungern zu müssen, um das Überleben nicht kämpfen zu müssen,
ist Frieden.
Einen Platz haben, von dem einen keiner verdrängt,
ist Frieden.
In einer Gemeinschaft zu leben, statt allein,
ist Frieden.
Eine Aufgabe haben, die mehr ist, als das tägliche Herbeischaffen von Nahrung,
die Sinn hat und Erfüllung gibt,
ist Frieden.
Ein Haus haben, einen Tisch, einen Menschen, der einen versteht.
Dies alles ist Frieden.
 

Doris:

Ich möchte folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

  • Vom 21. -23. Juni wird in Wien die erste Vertragsstaatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag stattfinden. Deutschland wird mit einem Beobachterstatus vertreten sein. Teilnehmen werden auch verschiedene Friedensorganisationen, u.a. eine Delegation der Friedens- und Begegnungsstätte aus Mutlangen. Es ist wichtig, diese Konferenz auch innerlich zu begleiten.
  • In der Mitte liegen nochmals Postkarten der Organisation „Ohne Rüstung Leben“ an Frau Baerbock aus. Es geht um die neue nationale Sicherheitsstrategie, die zur Zeit erarbeitet wird. Die Aufforderung an Frau Baerbock lautet:“Machen Sie die nationale Sicherheitsstrategie zur Friedensstrategie!“ Bitte nehmen Sie Postkarten mit – auch gerne zum Weitergeben – und schicken Sie sie ab. Danke.
  • Heute Vormittag um 11.30 Uhr wurde im Schorndorfer Stadtpark von OB Hornikel und der Friedensinitiative ein Ginkobaum gepflanzt. Es handelt sich um eine weltweite symbolische Aktion der Mayors-for-Peace-Städte. Vom einzigen Ginkobaum, der die Atombombenexplosion am 06.08.45 in Hiroshima überlebt hat, wurden Nachkommen gezüchtet. Diese wurden inzwischen in vielen Städten, z.B. auch in Stuttgart und Schwäbisch Gmünd, als Symbol der Hoffnung und des Friedens gepflanzt. Jetzt steht also ein solcher Ginkobaum auch in Schorndorf, gleich hinter dem südlichen Eingang an der Gmünder Straße. Eine Informationstafel aus Hiroshima wird noch dazukommen. Bitte schauen Sie doch ab und zu mal bei unserem Ginkobaum vorbei.
  • Unsere nächste Mahnwache ist heute in einer Woche, am Freitag, 10.06.22. Sylvia Bopp von der Friedenswerkstatt Mutlangen wird zu uns sprechen.

Jetzt ist noch Zeit zum Austausch untereinander.

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