Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen
Doris:
Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die gekommen sind.
In den letzten Tagen und Wochen war das öffentliche Interesse stark bestimmt von den Themen Hochwasser und Wahlen. Das Thema Krieg und Frieden ist dadurch in den Medien etwas in den Hintergrund geraten. Leider ist es aber trotzdem bedrängender denn je.
Die Menschen im Rems-Murr-Kreis sind immer noch damit beschäftigt, die groben Folgen des Hochwassers zu beseitigen, und das wird noch längere Zeit dauern. Dazu kommen die wirtschaftlichen Folgen und die psychischen Folgen. Nachdem das Gröbste aufgeräumt ist, müssen die Betroffenen nun das Geschehene auch innerlich verarbeiten. Das Ausgeliefertsein an die Naturgewalten ist eine existentielle Erfahrung, die wir so bei uns eigentlich nicht mehr kennen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass es im Mai ein verheerendes Hochwasser in Afghanistan gegeben hat. Wir lesen in einer winzigen Zeitungsnotiz, dass in Papua-Neuguinea 2000 Menschen unter einer Schlammlawine begraben wurden und das Gebiet zum Massengrab erklärt wurde. Aber hier, ganz nahe bei uns? Und da gibt es immer noch viele, die die Existenz des menschengemachten Klimawandels leugnen. Vielleicht, weil es ja hauptsächlich die Menschen am anderen Ende der Welt trifft?
Das zweite Thema, das uns stark beschäftigt, waren und sind natürlich die Europa- und Kommunalwahlen. Auch hier sind viele noch mit Sortieren und Aufräumen beschäftigt. Der Rechtsruck bei uns und in ganz Europa ist wahrhaft beängstigend. Die Ursachen sind vielschichtig und werden momentan in den Medien überall diskutiert. Der Rechtsruck ist eine politische Katastrophe und wie die Klimakatastrophe nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern die Folge von politischen Fehlern. Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, die man aber leider auch weiterhin machen wird.
Während unsere Gedanken noch mit den genannten beiden Themen beschäftigt sind, nehmen die Kriege in der Ukraine, in Gaza und in vielen anderen Ländern der Welt ihren Lauf. Kürzlich wurde eines vergangenen Krieges gedacht, des 2. Weltkriegs. Am 80. Jahrestag der Landung der alliierten Truppen in der Normandie wurden wieder viele Reden gehalten, in denen Adolf Hitler quasi mit Putin gleichgesetzt wurde. Ich frage mich: wo bleibt der Aufschrei seriöser Historiker angesichts dieser Deutung der Geschichte? Liegt bei dieser Gleichsetzung nicht sogar der Tatbestand „Verharmlosung des Holocaust“ vor? Warum wurde so wenig von der Schuld der Deutschen gesprochen? Warum wurde kaum erwähnt, dass auch die damalige Sowjetunion einen entscheidenden Beitrag zur Befreiung vom Nationalsozialismus geleistet hat? Und wie viele sowjetische Menschen durch Deutschlands Krieg ihr Leben lassen mussten? Auch bei der Gedenkfeier zum Massaker von Oradour am vergangenen Montag hat Bundespräsident Steinmeier viel davon gesprochen, dass das vereinte Europa beschützt und verteidigt werden müsse. Durch Aufrüstung gegen Russland – das war deutlich zwischen den Zeilen zu hören. Wie schade, dass er nicht gesagt hat: „Die einzige Lehre aus der Vergangenheit lautet: Nie wieder Krieg!“
Währenddessen wird in unverantwortlicher Weise an der Eskalationsspirale weiter gedreht. Wir fragen uns: Wozu soll es bloß führen, dass die Nato und nun auch Deutschland die Erlaubnis gegeben haben, dass die Ukraine mit unseren Waffen jetzt auch russisches Staatsgebiet angreifen darf? Denken unsere Politiker wirklich, Putin würde sich das so einfach gefallen lassen? Und mehr noch: der französische Präsident Macron hat sogar gefordert, westliche Militärausbilder in die Ukraine zu schicken, womit ein ganz direktes Eingreifen der Nato in den Krieg immer näher rückt. Immerhin hat US-Präsident Biden und auch Bundeskanzler Scholz dies abgelehnt. Scholz sagte: „Wir werden weiter verhindern, dass es zu einer Eskalation kommt… Es wird von unseren Ländern keine Soldaten in der Ukraine geben und auch nicht von der Nato.“ Nehmen wir ihn beim Wort und fordern wir ihn immer wieder dazu auf, zu seinem Wort zu stehen! Das kann jeder und jede Einzelne tun, indem er oder sie einen Brief an Herrn Scholz schreibt.
Wie gut, dass sich die Friedensorganisationen immer neu zu Wort melden mit Aktionen und Aufrufen. Eine Mut machende Aktion gab es z.B. am vergangenen Samstag, dem sogenannten „Tag der Bundeswehr“. Das Jugendnetzwerk der DFG-VK hisste auf dem Gipfel der Zugspitze am dortigen Gletscher ein Banner mit der Aufschrift „Retten statt Rüsten – 100 Milliarden für Klimaschutz und Seenotrettung!“ Auf einem weiteren Banner, das die Aktivist*innen hochhielten, stand: „Klimaschutz statt Bundeswehr“, weitere zeigten den Slogan „Militär führt zu Klimawandel führt zu Krieg!- Klimagerechtigkeit und Abrüstung jetzt“. Die Aktion war unangemeldet und unerlaubt, erhielt aber trotzdem viel Zustimmung.
Die Initiative „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder“ hat einen neuen Aufruf an die Bundesregierung gestartet mit dem Titel: „Eskalationsspirale in der Ukraine stoppen! Waffenstillstand und Verhandlungen jetzt!“ Ich möchte den Text des Aufrufs vorlesen:
„Mit der Erlaubnis für die Ukraine, jetzt auch mit NATO-Waffen russisches Territorium anzugreifen, dreht der Westen erheblich an der Eskalationsschraube. Auch mit deutschen Waffen darf jetzt wieder auf Russland geschossen werden.
Insbesondere die ukrainischen Angriffe auf Frühwarnanlagen der russischen Nuklearstreitkräfte sind unverantwortlich und eine dramatische Zuspitzung des Krieges. Sie betreffen das zentrale Sicherheitsinteresse Russlands als Atommacht. Die russische Nukleardoktrin sieht – ähnlich wie die der USA – die Möglichkeit eines Atomschlags bei Beeinträchtigung ihrer Nuklearfähigkeiten auch durch konventionelle Waffen vor. Eine entsprechende militärische Antwort Russlands kann nicht ausgeschlossen werden. Der Stellvertreterkrieg kann so leicht zum Dritten Weltkrieg werden.
Das massenhafte Sterben, die Zerstörung und der Ruin der Ukraine gehen unterdessen weiter.
Der Verlauf des Krieges zeigt, dass eine Lösung des Konflikts auf dem Schlachtfeld nicht möglich ist. Die militärische Logik muss durch Verhandlungen durchbrochen werden.
Daher fordern wir – auch aus historischer Verantwortung – von der Bundesregierung:
* eigene Initiativen zu ergreifen, die zu Waffenstillstand und Verhandlungen führen
* alles dafür zu tun, einen Beitrag für eine dauerhafte politische Lösung zu leisten.
Unsere Verpflichtung als verantwortungsbewusste Bürger und Bürgerinnen dieses Landes besteht indes darin, der Regierung die Unterstützung ihres Kriegskurses zu verweigern. Wir rufen dazu auf, diese Erklärung massenhaft zu verbreiten, zu unterstützen und zu unterzeichnen.
Wir rufen zudem zu Aktionen und verstärkter Aufklärung vor Ort auf.
Machen wir das Wochenende 21.-23.6. zu einem Wochenende der Aktionen und der Aufklärung in ganz Deutschland, das Mut macht für einen heißen Herbst.
Die Ablehnung der Eskalation muss lautstark und unübersehbar zum Ausdruck gebracht werden – in Medien, in Gewerkschaften, Verbänden, Universitäten, Schulen, Gemeinden, am Arbeitsplatz, überall, wo Menschen zusammenkommen. Jetzt und sofort!“
So weit der Aufruf, der von über 50 Erstunterzeichnern unterschrieben wurde, z.B. auch von Margot Käßmann und Peter Brandt, dem Sohn Willy Brandts. Auch die Friedensorganisation IPPNW unterstützt den Aufruf. Sie fordert zudem die drei westlichen Atommächte USA, Großbritannien und Frankreich auf, gemeinsam mit China auf Russland zuzugehen und gemeinsam eine Doktrin des Verzichts auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen zu erklären.
Als ich den Aufruf vorgestern zum ersten Mal gelesen habe, war die Zahl der Unterstützer 1 608. Inzwischen liegt sie bei 3 960. Der Aufruf kann unterzeichnet werden unter www.nie-wieder-krieg.org.
Uwe:
Wahrscheinlich haben Sie, habt ihr es heute in den Zeitungen gelesen oder in den Nachrichten gehört: Gegenwärtig hat nach UN- Angaben die Zahl der vertriebenen Menschen weltweit einen neuen Höchststand erreicht, 120 Millionen. Wir gedenken bei unserem Schweigen heute hauptsächlich dieser Menschen, die sich auf der Flucht befinden.
Wir gedenken auch der Opfer der an vielen Orten der Welt stattfindenden Kriege und derer, die weltweit aktiv sind gegen die Kriege und für eine für alle menschenfreundliche Welt.
Uwe:
Erich Maria Remarque:
Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg,
bis ich herausfand,
dass es welche gibt, die dafür sind.
Besonders die, die nicht hineingehen müssen.
Uwe:
Bevor wir unsere heutige Mahnwache beenden, noch einige Hinweise:
- Sa 15.06./ 16.06.d.J. findet im DGB Haus in Stuttgart eine Konferenz mit dem Thema: „Waffen nieder, Löhne rauf“ statt.
- Mo 17.06.2024 um 19.30h findet im Stuttgarter kath. Gemeindezentrum Wollgrasweg 11 ein Vortrag zum Thema: „Schutzlos im eigenen Land – Leben in Palästina“, mit anschließender Diskussion statt.
- Mi, 19.06.2024, 17 h auf dem Münsterplatz in Ulm: Friedensmahnwache für „Frieden in der Ukraine und Palästina“.
- Do 04.07.2024, 19.30 Uhr, Schorndorf, Martin – Luther – Haus, Ökumenische Friedensgruppe der Stadtkirchengemeinde, Vortrag von Prof. Th. Ziegler, Friedenspädagoge, „Kirche des Gerechten Friedens werden – Sicherheit neu denken“, mit anschl. Diskussion.
- Der am 3.Juni d.J. ausgefallene Vortrag: „Medien im Krieg“ von Clemens Ronnefeldt, wird am 27.Sept.d.J. nachgeholt.
Damit ist unsere heutige Mahnwache zu Ende; – vielen Dank, dass Sie gekommen sind! Wir wünschen Ihnen ein gutes Wochenende.
Unsere nächste Mahnwache findet heute in einer Woche, am Frei., 21.06.d.J. wieder hier vor dem Rathaus statt.