Aufruf zur gemeinsamen Diskussion um den Ukraine-Krieg

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Der Hintergrund: Am 10.08.2022 habe ich an den Verteiler der Friedensinitiative-Schorndorf eine Mail verschickt mit folgendem Text zu einem Appell von Friedensbewegten. „Ich habe diese Petition soeben unterzeichnet. Vielleicht möchten Sie bzw. möchtet ihr das auch tun?“. Der Appell kann hier geöffnet werden: Appell von Friedensbewegten an die Bundesregierung, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden

Daraufhin ging bei mir eine Mail von einem Menschen aus diesem Verteiler ein. Ich möchte den Namen hier nicht nennen, weil ich nicht weiß, ob das diesem Menschen recht wäre, er hat diese Mail scheinbar nur an mich geschickt.

Der Text dieser Mail lautete:

Den Appell werde ich nicht unterzeichnen. Leider werden, wie in fast allen anderen Appellen Ursachen und Wirkungen falsch dargestellt. Auch hier ist es leider so, dass eher die NATO als Aggressor dargestellt wird. Wenn hier z.B. „das Ende des Wirtschaftskrieges“ gefordert wird, so ist das geradezu zynisch, denn wir wissen doch, dass „Putin-Russland“ den völkerrechtswidrigen Krieg begonnen hat. Letztlich kann aus meiner Sicht nur die Ukraine selbst entscheiden, wie es weiter gehen soll. Klar ist für mich aber, dass Russland (Putin) seine Aggressionen weiter betreiben wird, wenn der Westen (gerade auch Deutschland) diesen nicht glaubhaft und entschlossen entgegen tritt. Daneben ist das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Krieg ohne Zweifel auch wichtig. Notwendig ist ein „robuster“ Pazifismus, der beide Elemente realistisch verbindet!

Soweit ich weiß, ist die Mehrheit unserer Bevölkerung immer noch bereit, diesen Weg mitzugehen. Vielleicht wäre es angebracht, bei den Freitagsdemos auch einmal diesen Aspekt zu diskutieren.

Freundliche Grüße

Ich habe mir daraufhin diesen Aufruf noch einmal genauer angeschaut. Eines muss ich zugeben: Hier wird zu Beginn nicht erwähnt, dass der von Russland begonnene Krieg in der Ukraine völkerrechtswidrig war. Denn Kriege dürfen laut UNO nur geführt werden, wenn das eigene Land von einem anderen Land angegriffen wird oder wenn es einen entsprechenden Beschluss des UNO-Sicherheitsrates gab. Beides war nicht der Fall, deshalb ist der von Russland begonnene Krieg zu verurteilen und völkerrechtswidrig.

Dennoch kann ich alle weiteren Forderungen dieses Appells weiterhin unterstützen. Die gegen Russland beschlossenen Maßnahmen einfach als Sanktionen zu bezeichnen, ist eine absolute Verharmlosung. Denn es handelt sich in der Tat um einen Wirtschaftskrieg mit dem Ziel, Russland wirtschaftlich zu ruinieren.

Meines Erachtens kann man solche Aussagen wie in dieser Mail nur treffen, wenn man die gesamte historische Entwicklung hin zum Krieg in der Ukraine einfach ignoriert. Denn dieser Krieg hat eine sehr lange Vorgeschichte!

Die NATO-Osterweiterung

Diese Vorgeschichte begann mit der Deutschen Wiedervereinigung. In der damaligen Sowjetunion wurde Gorbatschow zum mächtigsten Mann. Unter den Schlagworten Glasnost und Perestroika leitete er einen grundlegenden Wandel in der Sowjetunion ein. Unter seiner Führung wurde plötzlich eine friedliche Wiedervereinigung Deutschlands möglich.

Gorbatschow war schnell bereit, einer Wiedervereinigung Deutschlands zuzustimmen, allerdings sollte Deutschland danach ein neutraler Staat sein (also nicht Mitglied der NATO). Heute kann man nur sagen: Wäre es doch so gekommen. Insbesondere die USA und Großbritannien wollten allerdings, dass das neue „Gesamtdeutschland“ Mitglied der NATO würde. Die deutsche Bundesregierung schloss sich letztlich dieser Forderung an. Die deutsche Wiedervereinigung drohte zu scheitern. Daraufhin versprachen viele NATO-Staaten Gorbatschow, dass nach der Wiedervereinigung jede weitere Ausdehnung der NATO in Richtung Osten unterbleiben würde. Mit diesem Versprechen stimmte Gorbatschow letztlich der deutschen Wiedervereinigung zu. Um es klar zu sagen: Diese Versprechen gab es, hier nur ein kleines Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=F2iOAtNlleg

Nach der Wiedervereinigung schien auch die weltweite Entwicklung in eine vernünftige Entwicklung zu laufen. Es begann tatsächlich ein Prozess der weltweiten auch atomaren Abrüstung. Aber leider war dieser Prozess sehr bald vorbei.

Das Versprechen, keine weitere Ausdehnung der NATO in Richtung Russland wurde sehr bald gebrochen. Hauptsächlich von Seiten der USA wurde argumentiert, dass solche Aussagen und Versprechen nur von einzelnen Politikern oder Politikerinnen kamen. Einen rechtsverbindlichen Vertrag dazu gab es nicht. Hier kann man Gorbatschow vorwerfen, dass er gegenüber dem Westen und insbesondere den USA zu vertrauensselig war.

Von den USA wurde argumentiert, dass die neuen NATO-Mitglieder selbst in die NATO wollten. Das konnte man doch nicht ablehnen. Natürlich ist auch das nur die halbe Wahrheit. Zum einen haben die USA systematisch die Regierungen der neuen Mitglieder in diese Richtung beeinflusst. Und es blieb auch nicht einfach bei neuen Mitgliedschaften: In Polen wurden viele Waffen installiert, die Russland direkt erreichen können. In den baltischen Staaten werden seit einigen Jahren große Militärmanöver durchgeführt. Man stelle sich nur den umgekehrten Fall vor: Russland würde ein „Verteidigungsbündnis“ mit Venezuela und Kuba schließen und anschließen dort Waffen installieren, die die USA erreichen könnten. Aktuell sollen in diese Staaten noch einmal dramatisch mehr Waffen von den USA installiert werden.

Dass Russland über die immer weitere Ausdehnung der NATO nach Osten nicht erfreut war, ist wohl nachvollziehbar. Trotzdem hielt Putin im Jahre 2001 vor dem Deutschen Bundestag eine beachtliche Rede: Putins Rede vor dem Deutschlen Bundestag. Er erhielt für diese Rede viel Applaus, in der er für ein gemeinsames Europa von Lissabon bis Wladiwostok eintrat. Wer sich diese Rede anschaut, wird feststellen, dass sich die führenden Politiker der damaligen Bundesregierung allerdings mit dem Applaus sehr zurückhielten. Weil sie wussten, dass die USA einer solchen Zusammenarbeit niemals zustimmen würden?

 


Die Machtübernahme in der Ukraine während des Maidan 2014

2013 kam es insbesondere im Westen der Ukraine und in Kiew zu größeren Protesten gegen die Politik des damaligen Präsidenten Janukowitsch. 2014 übernahm dort eine neue Regierung die Macht. Ob es sich bei dieser Machtübernahme um einen Putsch oder die Durchsetzung von demokratischen Forderungen der Protestierenden handelte, ist umstritten. An dieser Stelle kann das auch nicht einfach einmal aufgeklärt werden. Berücksichtigt werden sollte aber in jedem Fall, dass es bei einer Demonstration auf dem zentralen Platz in Kiew, dem Maidan, zu mindestens 40 Toten gekommen ist. In der ARD-Sendung Monitor vom 10.04.2014 wurden die Frage nach den Verantwortlichen für dieses Massaker gestellt. Wer also der Meinung ist, dass es sich um eine demokratische Machtübernahme handelte, sollte sich diese Sendung einfach einmal anschauen.

Viele Menschen in der Ukraine, insbesondere im Westen des Landes, waren mit dieser Machtübernahme einverstanden. Allerdings gab es auch einen großen Teil von Menschen in der Ukraine, die damit nicht einverstanden waren. Es kam zu Protesten, insbesondere in der Stadt Odessa und im Donbass. Die neue Regierung ging mit Gewalt gegen diese Proteste vor. Einen wirklich tieferen Einblick in die Ereignisse in der Ukraine 2014 liefert ein Film vom französischen Journalisten Paul Moreira – Die Ukraine – die Maske der Revolution. Dieser Film ist auf Französisch mit deutschen Untertiteln. Wer sich tatsächlich mit der Machtübernahme in der Ukraine beschäftigen möchte und nicht einfach den Mainstream-Medien vertraut, sollte sich diesen Film unbedingt in voller Länge ansehen. Übrigens hat die Ukraine versucht, die Ausstrahlung dieses Films im französischen Fernsehen zu verhindern. Frankreich hat dieses Ansinnen mit dem Hinweis auf die Pressefreiheit abgelehnt.

 

Der Umgang der neuen ukrainischen Regierung mit dem Minsker Abkommen

Die neue ukrainische Regierung ging nicht nur in Odessa mit Gewalt gegen protestierende Menschen vor. Auch im Donbass wurde versucht, diese Proteste mit Gewalt niederzuschlagen. Aus Russland kamen Soldaten, die diese Proteste unterstützten. Obwohl Putin hierzu sagte, dass das nicht auf seinen Befehl hin geschah, kann angenommen werden, dass Putin dies unterstützte. Es gelang den ukrainischen Truppen, größere Teile des Donbass zu erobern, allerdings blieben Teile von Luhansk und Donezk in der Hand von den Rebellen. Seitdem herrscht in dieser Region ein blutiger Bürgerkrieg, bei dem insgesamt ca. 14.000 Menschen starben.

2015 kam es zu erfolgreichen Verhandlungen zum Bürgerkrieg im Donbass. An diesen Verhandlungen nahmen die Ukraine, Russland, Frankreich und Deutschland teil. Dass es überhaupt zu diesen Verhandlungen kam, hatte auch damit zu tun, dass die damalige Bundeskanzlerin sich öffentlich gegen einen Beitritt der Ukraine in die NATO aussprach.

Bestandteil des Minsker Abkommens (Teile 1 und dann 2) waren: Waffenstillstand und auch, dass die Ukraine mit den Aufständischen in Luhansk und Donezk verhandeln sollte. Die Aufständischen hatten damals übrigens keine vollkommen unrealistischen Forderungen: Sie wollten nur, dass in ihren Gebieten Russisch die Amtssprache blieb und dass sie ihre eigene Polizei gründen durften, da sie den ukrainischen Sicherheitskräften nicht mehr vertrauten.

Diese Minsker Abkommen führten nicht zum Erfolg. Zum einen kam es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der ukrainischen Armee (und vor allem des faschistischen Asow-Regiments) und den Truppen im Donbass. Die deutlich meisten Toten gab es aber im Gebiet der Aufständischen.

Meine persönliche Meinung heute: Die Regierung in Kiew wollte nie mit den Rebellen im Donbass verhandeln. Sie unterzeichneten die Minsk-Abkommen nur, um Zeit zu gewinnen. Sie wollten immer weiter aufrüsten, um letztlich den gesamten Donbass in ihre Hand zu bekommen. Wer anderer Meinung ist, müsste mir nur eine Frage beantworten: Warum hat die Ukraine niemals mit den dortigen Rebellen um diese Fragen verhandelt?

Im Jahre 2021 spitzte sich die Lage immer weiter zu. Die USA und Großbritannien lieferten immer mehr Waffen an die Ukraine, die Gefechte im Donbass nahmen gleichzeitig immer weiter zu. Putin schickte an die USA so etwas wie einen letzten Versuch, eine friedliche Lösung zu finden. Er machte den USA klar, dass die Übernahme von der Ukraine in die NATO für ihn eine rote Linie sei, die nicht überschritten werden dürfe. Die Antwort der USA ist bekannt: Wenn die Ukraine in die NATO eintreten will, werden wir das doch nicht ablehnen. Im Nachhinein muss man sagen: Die letzte Chance, einen Krieg in der Ukraine zu verhindern, wurde verspielt. Meine Frage: Wollten die USA diesen Krieg vielleicht sogar provozieren?

Die Antworten der Bundesregierung auf den Krieg

Die ersten Antworten schienen durchaus vernünftig. Der Krieg müsse schnellstmöglich geendet werden, es müsse zu Verhandlungen kommen. Die Phase der Vernunft endete in rasantem Tempo, nach Beratungen mit den USA?

Deutschland war von Beginn an bei der Sanktionspolitik gegen Russland dabei. Diese Politik nur als Sanktionen zu bezeichnen, ist eine absolute Verharmlosung. Es handelte sich um einen Wirtschaftskrieg gegen Russland mit dem Ziel, Russlands Wirtschaft total zu ruinieren.

Nur ein Narr konnte annehmen, dass Russland gegen diesen Wirtschaftskrieg keine Gegenmaßnahmen ergreifen würde. Und: Diese Gegenmaßnahmen wirkten: Nachdem der Rubel zu Beginn dieses Wirtschaftskrieges deutlich abstürzte, hat er sich mittlerweile wieder stabilisiert. Russland liefert seine Rohstoffe mittlerweile verstärkt nach China und Indien. Zu Preisen, deutlich unterhalb des Weltmarktpreises, aber dennoch zu viel höheren Preisen als vor diesem Wirtschaftskrieg möglich. Das heißt nicht, dass Russland nicht unter diesem Wirtschaftskrieg leidet. Aber treffen wird das hauptsächlich die einfachen Menschen in Russland, die dann noch weniger wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt finanzieren sollen. Was mittlerweile klar geworden ist: Dieser Wirtschaftskrieg leistete keinerlei Wirkung in die Richtung, dass der Krieg in der Ukraine möglichst schnell beendet werden wird.

Das Schlimmste an der Politik der Bundesregierung, die auch von den Mainstream-Medien unterstützt wird, ist: Die Geschichte von völkerrechtswidrigen Kriegen beginnt erst, nachdem Russland völkerrechtswidrig den Krieg in der Ukraine begonnen hat. Warum ist das wichtig?

Die USA und die NATO haben in der Vergangenheit eine große Anzahl von völkerrechtswidrigen Kriegen geführt. Im Jahr 1999 wurde Serbien 78 Tage lang von NATO-Truppen bombardiert. Serbien hatte kein einziges NATO-Land angegriffen und es gab keinen UNO-Beschluss, der diese Bombardierung rechtfertigte. Dieser Krieg, an dem sich auch die damalige Rot-Grüne Regierung beteiligte, war also völkerrechtswidrig.

Kurz nach dem Terroranschlägen in den USA am 09. September 2001 marschieren NATO-Truppen in Afghanistan ein. Es gab einen UNO-Beschluss, der besagte, dass die Weltgemeinschaft gegen Terroristen vorgehen dürfte. Aber dieser Beschluss besagte nicht, dass man einfach in ein bitterarmes Land wie Afghanistan einmarschieren und dann dort eine neue Regierung installieren durfte. Auch dieser 20 Jahre dauernde Krieg war völkerrechtswidrig und hat im Ergebnis nur dazu geführt, dass dort die Taliban heute mächtiger sind als zuvor, auch deshalb, weil sie einen großen Teil der NATO-Waffen erbeuten konnten.

Im Jahre 2003 begannen die USA zusammen mit anderen einen Krieg im Irak zu führen. Die Behauptung war, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitze. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass diese Behauptung der USA eine glatte Lüge war. Dieser Krieg war eindeutig völkerrechtswidrig. Insgesamt starben an diesem Krieg, der letztlich bis heute nicht beendet ist, mehrere hunderttausende bis zu einer Millionen Menschen, hierzu gibt es unterschiedliche Zahlen.

Zum Schluss gab es da auch noch Libyen. Im Jahre 2011 wurde dort von NATO-Staaten ein Krieg begonnen, das Regime vom Diktator Gaddafi gestürzt und Gaddafi selbst umgebracht. Hautsächlich im Osten des Landes hatten sich Aufständische Gruppen gebildet, die das Regime von Gaddafi ablehnten, einige griffen auch zu massiver Gewalt. Die Reaktion von Gaddafi war dann auch massive Gewalt gegen diese Aufständischen. Es gab einen Beschluss des UNO-Sicherheitsrates, der aber lediglich erlaubte, eine Flugverbotszone über Libyen einzurichten und „alle notwendigen Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung“ zu ergreifen. Keinesfalls besagte dieser Beschluss aber, dass in Libyen ein gewaltsamer Regime-Change durchgeführt werden durfte. Der von den NATO-Staaten dann durchgeführte Krieg gegen Libyen war also ebenfalls völkerrechtswidrig. Auch hier waren die Folgen dieses Krieges katastrophal. Bis heute herrschen in Libyen gewaltsame und teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände.

Ich habe diese Beispiel übrigens nicht deshalb angeführt, um den völkerrechtswidrigen Krieg von Russland gegen die Ukraine zu verteidigen. Die Friedensbewegung hat schon immer völkerrechtswidrige Kriege abgelehnt, vollkommen unabhängig davon, wer diese angezettelt hat.

Trotzdem kann an dieser Stelle eine Tatsache nicht unerwähnt bleiben: Gegen die völkerrechtswidrigen Kriege der USA und NATO wurden niemals Sanktionen verhängt. Gegen Russland hat man jetzt einen wahren Wirtschaftskrieg angezettelt.

Diese Doppelmoral unserer Regierung und auch der CDU/CSU ärgert mich wirklich. Dieses Narrativ, dass wir (also die USA und die NATO und die Ukraine) die Guten sind. Und die russische Regierung und insbesondere Putin, das sind die Bösen.

Die Rolle der Medien in diesem Konflikt

Die Mainstream-Medien (ARD, ZDF und die meisten großen Zeitungen) stießen sehr schnell in dieses Horn (wir die Guten, Putin der Böse). Als es um weitere Verschärfungen ging (Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine, Verschärfung des Wirtschaftskrieges gegen Russland) wurde das in der Regel sofort unterstützt. Abweichende Meinungen kamen kaum zu Wort. Wenn der Bundeskanzler Scholz bei manchen Maßnahmen noch etwas zögerlich war, wurde er auch von diesen Medien massiv unter Druck gesetzt.

Da frage ich mich ganz ernsthaft: Was hat so etwas noch mit Demokratie zu tun? Wenn Medien wie ARD und ZDF, wofür wir alle schließlich Rundfunkgebühren zahlen müssen, versuchen, die Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen. Und das scheinbar auch noch mit Erfolg. Bisher hat der Bundeskanzler in diesen Fragen dem Druck der Medien letztlich nachgegeben.

Andere Meinungen kommen in diesen Medien kaum zu Wort. Wenn doch, werden diese mehr oder weniger einfach niedergemacht. Ein Beispiel: Am 02.06.2022 gab es im ZDF eine Sendung von Markus Lanz zum Ukraine-Krieg. Das Gute an der Sendung. Hier durfte auch einmal eine Kritikerin der aktuellen Politik im Ukraine-Krieg teilnehmen, die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Das Schlechte: Immer dann, wenn sie sich kritisch zu der aktuellen Politik der deutschen Regierung im Ukraine-Konflikt äußern wollte, wurde sie heftig von anderen Teilnehmern unterbrochen, sie durfte einfach nicht ausreden. Auch der Moderator Markus Lanz schritt bei diesen Unterbrechungen nicht ein (nun lassen sie doch bitte die Frau einmal ausreden). Auf dem Link kann man die Sendung in ganzer Länge sehen. Wer nicht so viel Zeit hat, kann unten auf der Leiste immer die Punkte auswählen, an denen Frau Guérot versucht zu sprechen.

Bei so viel Kritik an den Medien möchte ich doch noch einige Medien erwähnen, die ich sehr positiv finde: Da ist zum einen die Wochenzeitung „der Freitag“, die eine fundierte und kritische Sicht zum Ukraine-Krieg anzubieten hat. Positiv überrascht hat mich auch die Tageszeitung „Berliner Zeitung“, die bisweilen sehr fundierte Berichte und Kommentare zum Ukraine-Konflikt bringt. Ansonsten schaue ich gerne auf die Internetseite der NachDenkSeiten. Natürlich sind auch hier nicht alle Artikel gut, aber nachdem ich mir morgens vor der Arbeit zumeist die Meinungen der ARD im Morgenmagazin angeschaut habe, freue ich mich dann nach der Arbeit darauf, in den NachDenkSeiten eine andere Sicht zu lesen.

Was kann, was sollte die deutsche Politik meiner Meinung nach tun?

Mittlerweile mehren sich auch die Forderungen von einflussreichen Politikern in Deutschland, die ein Umdenken fordern. Das hat damit zu tun, dass Deutschland dabei ist, in eine beispiellose Wirtschaftskrise zu stürzen, wie es sie seit dem zweiten Weltkrieg nicht gegeben hat. Es drohen Massenarbeitslosigkeit, Firmenpleiten insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen, eine immer weiter zunehmende Armut. Übertrieben? Ich glaube nicht.

Die Politik der Bundesregierung besteht darin, die Folgen dieser Krise möglichst abzufedern. Bei dem, was da droht, ist das alles aber nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Die Menschen werden leiden, und es wird zu Protesten kommen. Davor hat diese Bundesregierung jetzt schon Angst und sie versucht, die möglicherweise auftretenden Proteste schon vorsorglich zu diffamieren. Das kennt man schon – alles ein gewalttägiger Mob, alles Verschwörungstheoretiker, Antisemiten und Nazis. Die, die da protestieren sollten, sind schon jetzt abzulehnen. Nun, so etwas ist keine sinnvolle Politik, wird alle Probleme nur verschlimmern.

Auch deshalb sind Forderungen nach einem Umdenken auch von bekannten Politikern lauter geworden. Zunächst forderten Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht, doch die Pipeline Nord Stream 2 zu öffnen, mittlerweile teilt auch der stellvertretende Vorsitzende der FDP Wolfgang Kubicki diese Forderung. Der Ministerpräsident von Sachsen Kretschmer forderte, dass der Krieg in der Ukraine eingefroren werden und es zu Verhandlungen kommen müsste.

Nun, solche Forderungen dürften mehr werden, je klarer es wird, in welchen wirtschaftlichen Abgrund Deutschland zu stürzen droht. Dennoch ist es für diese Bundesregierung wahrscheinlich kein gangbarer Weg, jetzt einfach Nord Stream 2 zu öffnen. Das wäre gleichbedeutend mit dem Eingeständnis, dass ihre bisherige Ukraine-Politik vollkommen falsch war, ein solches Eingeständnis ist diesen Politikern kaum zuzutrauen.

Allerdings gibt es auch eine politisch machbare Lösung. Deutschland müsste ganz einfach das Wort von der damaligen Kanzlerin Angela Merkel aus dem Jahre 2008 wiederholen und bekräftigen. Wir sind gegen einen Eintritt der Ukraine in die NATO und werden dem auch nicht zustimmen. Dieser Schritt wäre wichtig, um überhaupt wieder als Vermittler im Ukraine-Krieg ernst genommen zu werden. Russland lehnt so etwas für alle EU-Staaten mittlerweile ab, weil man dort der Meinung ist, dass die Europäer sowieso nur das tun, was die USA ihnen vorgibt. Also wollen sie, wenn überhaupt, nur mit den USA verhandeln. Die USA wollen das aber gar nicht, sie wollen, dass dieser Krieg möglichst lange dauert. Ein solch einfacher Schritt der Bundesregierung aber würde das vollkommen verändern. Auch die Ukraine könnte vielleicht damit leben, immerhin hat Präsident Selenski die Möglichkeit einer neutralen Ukraine auch einmal angekündigt, mittlerweile wieder zurückgenommen.

Solche Verhandlungen würden mit Sicherheit sehr schwierig und langwierig. Deutschland könnte Russland damit „locken“, dass sie für jeden substanziellen Fortschritt einen Teil ihrer Sanktionen lockern würde. Dann würde vielleicht auch die Öffnung von Nord Stream 2 möglich. Gas über Pipelines zu beziehen ist übrigens sehr viel umweltfreundlicher, als Tracking-Gas aus den USA mit Schiffen zu beziehen, wozu dann noch riesige LNG-Terminals an der Nordsee gebaut werden müssten, die möglicherweise sogar die Ökologie das Wattenmeeres zerstören könnten.

Ein solcher Weg könnte auch deshalb von Erfolg gekrönt sein, weil sich letztlich alle Parteien vor ihrer Bevölkerung als Sieger darstellen könnten.

  • Deutschland könnte sagen, nur weil wir zu Beginn mit unseren Sanktionen und Waffenlieferungen so hart gewesen sind, konnte es zu diesen Friedensverhandlungen kommen. Zugleich haben wir gezeigt, dass wir eine Land des Friedens sind, vor dem sich niemand fürchten muss.
  • Russland könnte sagen: Nur weil wir so hart waren und in diesen Krieg gezogen sind konnten wir verhindern, dass auch noch die Ukraine zu einem NATO-Staat wird, der unsere Sicherheit bedroht.
  • Die Ukraine könnte sagen, nur weil wir so aufopferungsvoll gekämpft haben, konnten wir verhindern, dass Russland die gesamte Ukraine erobert.

Alle solche Argumente sind natürlich ein bisschen lächerlich. Aber, so funktioniert internationale Politik nun einmal. Nach einem beendeten Krieg möchte möglichst jeder Beteiligte vor der eigenen Bevölkerung als „Sieger“ da stehen können.

Nun, der Bundeskanzler wird diese Zeilen wahrscheinlich sowieso nicht lesen. Wäre vielleicht sinnvoll?

Die vor vielen Jahren eingeleitete Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr zeigte doch, dass Deutschland auch erfolgreiche Politik gegen den Willen der USA machen kann. Gerade in der aktuellen Situation wäre es extrem wichtig, den Weg der mittlerweile schon peinliche Folgsamkeit gegenüber der Politik aus Washington zu verlassen und endlich damit anzufangen, eine Politik im Interesse der eigenen Bevölkerung voranzutreiben, notfalls auch gegen den Willen der USA.

Nun, der Bundeskanzler wird höchstwahrscheinlich nicht von alleine zurück auf den Weg der Vernunft finden. Deshalb ist es gut und wichtig, dass die Friedensbewegung für den 01.10.2022 zu dezentralen Protestveranstaltungen in ganz Deutschland aufruft. Bei den gegenwärtigen Machtverhältnissen im Bundestag können Veränderungen jetzt nur noch von unten und auf der Straße erreicht werden. Ob und welche Aktionen wir dann in Schorndorf durchführen werden, muss noch diskutiert werden.

Schlusswort

Wer noch mehr zu diesem Thema lesen möchte, hier ein sehr informatives Friedens-Journal vom Bundesausschuss Friedensratschlag. Ebenfalls sehr interessant der Beitrag Pflugscharen zu Schwertern von Arno Luik.

Alles was ich hier geschrieben habe, ist meine Meinung von heute. Aber: Ich bin auch nur ein Mensch, möglich, dass ich in einigen Punkten unrecht habe. Insbesondere auch deshalb, weil die Entwicklungen in der Welt heutzutage so schnell voranschreiten. Deshalb:

Schreibt Eure Meinung.

  • Ihr könnte hierzu einfach Kommentare unter diesen Beitrag schreiben.
  • Wenn es etwas mehr sein soll: Schickt mir einfach ein PDF-Dokument an meine E-Mail-Adresse (dbeune@web.de).

Mein Versprechen: Alle Kommentare und Dokumente, die nicht von irgendwelchen Hassbotschaften geprägt sind, werden auf unserer Web-Seite der Friedensinitiative Schorndorf veröffentlicht.

Detlef Beune

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