Mahnwache vom 24.11.2023

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Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen.

Detlef:

Guten Abend. Schön, dass Sie auch heute wieder zu unserer mittlerweile 72. Mahnwache gekommen sind. Diese Mahnwache findet einen Tag vor der hoffentlich großen Friedensdemonstration in Berlin statt, die dort morgen um 13:00 Uhr am Brandenburger Tor starten wird. Der Titel dieser Veranstaltung lautet:

Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten

Hier einige Zitate aus dem Aufruf zu dieser Veranstaltung:

21 Kriege und 216 bewaffnete militärische Auseinandersetzungen bedrohen aktuell die Welt (Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung HIIK). Die Gefahr einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine bis hin zu einem Atomkrieg wächst von Tag zu Tag. Täglich sterben unschuldige Menschen. Wir sind besorgt um unsere Zukunft, die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Wir brauchen eine Kultur des Friedens und eine gemeinsame Sicherheit.

Anstatt auf Deeskalation und Diplomatie zu setzen, liefert die Bundesregierung immer mehr Waffen und rüstet massiv auf. Große Teile der Politik und Medien militarisieren die Gesellschaft. Erstmals wird Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel (nach NATO-Kriterien) erreichen. Mit 85,5 Milliarden Euro sind die Militärausgaben 2024 die größten seit Bestehen der Bundesrepublik. Das Gesundheitswesen, die Infrastruktur, Unterstützung für Kinder und bezahlbare Mieten, Bildung, Wissenschaft und Ausbildung sind dagegen durch dramatische Mittelkürzungen bedroht. Für immer mehr Menschen zeichnet sich eine soziale und ökonomische Katastrophe ab.

Dazu tragen in erheblichem Maße auch die Sanktionen gegen Russland bei, die die Menschen im globalen Süden, in Europa und in Deutschland treffen: Inflation, gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise sowie Reallohnverlust treffen die Bevölkerungen, vor allem deren ärmere Teile, und gefährden die industrielle Entwicklung auch in unserem Land. Im globalen Süden drohen Hungerkrisen, weil Getreide, Mais, Pflanzenöl und Düngemittel nicht mehr ankommen und die Preise massiv gestiegen sind.
Es ist höchste Zeit für eine Friedenspolitik in der Ukraine, in Europa und weltweit. Im Vorfeld des Krieges in der Ukraine wurden Warnungen ignoriert und Lehren zur Kriegsvermeidung missachtet. Wir müssen die Rutschbahn in Richtung 3. Weltkrieg und in ein soziales, ökonomisches und ökologisches Desaster stoppen. „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“ (Willy Brandt) Nur im Frieden und nur durch gemeinsame globale Anstrengungen sind soziale Entwicklung, Schutz von Klima und Natur und eine lebenswerte Zukunft für alle möglich.

Und weiter:

Wir fordern von der Bundesregierung ein Ende der ungehemmten Aufrüstung sowie eine sofortige Vermittlung für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Sie muss eigene diplomatische Initiativen entwickeln und bestehende Friedensvorschläge unterstützen – besonders die des globalen Südens.

Es gibt keinen Grund, sich von der Entspannungspolitik zu distanzieren. Das Versagen liegt vielmehr darin, dass sie 1990 nicht zur Leitidee des neuen Europas weiterentwickelt wurde. Wir treten ein für eine neue Entspannungspolitik und für Rüstungskontrolle und Abrüstung.

    • Die Waffen müssen schweigen. Verhandlungen und Diplomatie sind das Gebot der Stunde.
    • Waffenexporte und Eskalationspolitik verschärfen Kriege und Krisen und verlängern sie.
    • Abrüstung! Ausgaben für das Militär senken, Milliarden in soziale Ausgaben investieren.

Wir wollen eine soziale, ökologische und demokratische Bundesrepublik Deutschland als Teil einer gerechten Weltordnung ohne Krieg, Hunger und Ausbeutung.

Es ist Zeit, dass wir Bürgerinnen und Bürger uns wieder stärker in die politischen Auseinandersetzungen einmischen. Deshalb rufen wir auf, am 25.11 – am Samstag vor der Verabschiedung des Bundeshaushaltes – gemeinsam für Frieden und Abrüstung, Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine und Friedensverhandlungen zu demonstrieren.

Soweit einige Zitate aus diesem Aufruf. Als dieser Aufruf ursprünglich verfasst wurde, gab es den neuerlichen Krieg im Nahen Osten noch nicht. Am Sinn dieser Demonstration hat sich dadurch aber nichts verändert, eher im Gegenteil. Unsere Bundesregierung macht denselben Fehler wie im Ukraine-Krieg jetzt schon wieder. Anstatt für einen langfristigen Waffenstillstand und Verhandlungen einzutreten, unterstützt man eine Seite in diesen Kriegen und natürlich: Man liefert Waffen. Die Kriege müssen so lange weitergeführt werden, bis die „Guten“ gewonnen haben. Solange das nicht passiert, sterben eben jeden Tag Menschen. Genau das ist die Politik unserer Bundesregierung.

Dabei werden in letzter Zeit viele Äußerungen gegen den Antisemitismus in Deutschland und der Welt erhoben. Um es ganz klar zu sagen: Ja, es gibt in Deutschland leider auch heute noch Antisemitismus. Davon zeugen alleine die gewalttätigen Angriffe auf Synagogen, das Verschandeln von Gräbern auf jüdischen Friedhöfen oder auch die Tatsache, dass viele Juden in Deutschland sich nicht mehr trauen, mit ihrer Kippa auf die Straße zu gehen. Das ist schlimm und klar zu verurteilen.

Allerdings ist auch zu verurteilen, wenn PolitikerInnen und Medien in Deutschland zunehmend dazu übergehen, jede Kritik an der Politik Israels als Antisemitismus zu bewerten. Es sei nur noch einmal daran erinnert, dass vor diesem neuen Krieg im nahen Osten sehr viele Menschen in Israel aus Protest gegen die Politik von Netanjahu auf die Straße gingen, weil sie diese mit Demokratieabbau gleichsetzten. Das waren doch bestimmt keine Antisemiten. Unser Bundeskanzler lobt die Demokratie in Israel, verschweigt dabei aber, dass an der Regierung Netanjahu auch eindeutig rechtsradikale Kräfte beteiligt sind.

Genauso, wie Antisemitismus abzulehnen ist, ist aber auch jede Form von Rassismus und genereller Ausländerfeindlichkeit in Deutschland zu verurteilen. Darunter haben aktuell hauptsächlich Muslime, Araber oder Palästinenser in Deutschland zu leiden. Auch hier sollte doch die Politik eigentlich sehr zurückhaltend sein und nicht quasi alle Muslime dem Generalverdacht aussetzen, dass sie Antisemiten sein könnten.

Es bleibt zu hoffen, dass an der Demonstration morgen in Berlin möglichst viele Menschen teilnehmen. Genauso bleibt zu hoffen, dass unsere Medien ausnahmsweise einmal fair über diese Demonstration berichten werden.

Zum Schluss noch ein kleines Beispiel, das Hoffnung machen kann. Letztlich habe ich im Morgenmagazin von ARD und ZDF einen ausnahmsweise einmal guten Bericht aus Israel gesehen. Da gibt es einen kleinen Ort zwischen Tel Aviv und Jerusalem. Das besondere an diesem Ort: Hier leben Juden und Palästinenser tatsächlich friedlich zusammen. Es gibt dort sogar eine gemeinsame Schule, die jüdische und palästinensische Kinder gemeinsam besuchen.

Die Schulleitung ist paritätisch besetzt, das gilt auch für die KlassensprecherInnen: Halb arabisch bzw. palästinensisch, halb jüdisch. Und dieses Konzept scheint tatsächlich gut zu funktionieren. Da gibt es dann auch Freundschaften zwischen jüdischen und palästinensischen Kindern. Auch heikle Themen werden dort im Unterricht angesprochen, etwa die Vertreibung der Palästinenser aus Israel nach der Gründung dieses Staates im Jahre 1948. Leider ist diese Schule in Israel eine Ausnahme. Ansonsten gibt es Schulen für jüdische Kinder und Schulen für palästinensische Kinder, streng getrennt. Wichtig nur, wie dieses kleine Beispiel zeigt: Frieden ist möglich, auch zwischen Menschen verschiedener Kulturkreise und Religionen. Es sind nicht die „kleinen“ Menschen, die diese Kriege auf der Welt wollen.

Doris:

Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir trauern um die getöteten Menschen in Israel und im Gazastreifen. Wir trauern um die Opfer des Ukrainekriegs, seien es Zivilisten, oder Soldaten auf  beiden Seiten. Wir trauern um die Opfer all der anderen gleichzeitig stattfindenden Kriege, die oft vergessen werden. Wir trauern um die Opfer der menschengemachten und anderen Naturkatastrophen. Und wir trauern um die verloren gegangene politische Vernunft und unsere Hoffnung auf Frieden. Mögen sie nicht endgültig zerstört sein. 

Doris:

Ich lese ein Gedicht von  Vera-Sabine Winkler, Pfarrerin und Poetin:

Sicher ist
Dass nichts sicher ist
Und sicherer wird
Wenn wir
Uns panzern
Mit Argwohn und Angst
Wenn wir
Uns stählen
Mit Worten und Waffen
Wenn wir uns brüsten
Mit Treffern und Trümmern
Sicher ist nur
Dass dadurch sicher ist
Und sicherer wird
Der Tod

Doris:

Bevor wir unsere Mahnwache beenden, möchte ich noch folgendes ansagen:

  • Vom 27.11. – 1.12. findet die Zweite Konferenz der Vertragsstaaten des Atomwaffen- verbotsvertrags in New York statt. Kurzfristig hat auch Deutschland die Teilnahme als Beobachter zugesagt! Die Friedensorganisation ICAN und andere hatten sich im Vorfeld stark dafür eingesetzt. Auch wir hatten bei der Mahnwache Postkarten mit dieser Forderung zum Unterschreiben. Die Teilnahme Deutschlands als NATO-Staat ist ein  Erfolg unserer politischen Arbeit und ein starkes Zeichen für die Bedeutung des Atomwaffen- verbotsvertrags. Die Konferenz wird von den Friedensorganisationen kritisch begleitet. Informationen dazu findet man auf der homepage des Netzwerks Friedenskooperative.
  • Im November und Dezember findet in Stuttgart wieder die Veranstaltungsreihe „Vom Wert der Menschenrechte“ mit über 100 Veranstaltungen statt. Ein wichtiger Beitrag dazu ist die Ausstellung zu 75 Jahre Menschenrechte Im Rathaus Stuttgart mit dem Titel „Mein Name ist Mensch“. Die Ausstellungseröffnung ist am 28. Nov. um 18:00 Uhr.
  • Von der Organisation „Ohne Rüstung Leben“ gibt es eine neue Aktionspostkarte an Bundeskanzler Scholz mit dem Titel „Den Frieden vorbereiten“. Sie enthält die Forderung nach einem Einsatz für Verhandlungen in aktuellen Kriegen, der Stärkung von ziviler Krisenprävention und dem Aufbau einer neuen europäischen Friedensordnung. Die Postkarten können zum Unterschreiben und Absenden bei uns mitgenommen werden.
  • Unsere Mahnwachen werden ab dem nächsten Freitag wegen des Weihnachtsmarktes wie letztes Jahr wieder am Mondscheinbrunnen neben der Stadtkirche stattfinden, wie immer um 18.00 Uhr.

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