Ja, diese Demonstration hat stattgefunden. Laut Angaben der Polizei nahmen daran 10.000 Menschen teil, die Veranstalter sprachen von 20.000. Egal, welche Zahl jetzt stimmt, für mich war die Teilnehmerzahl an dieser Demonstration eine große Enttäuschung. Nein, ich darf mich nicht beschweren, schließlich bin ich selbst auch nicht nach Berlin gefahren. Ich hatte meine Gründe, alle, die nicht da waren hatten ihre Gründe. Woran lag diese relativ kleine Beteiligung an dieser Demo?
Man kann es sich einfach machen: Das Wetter war miserabel. Die Mainstream-Medien haben diese Demonstration bis kurz vor dem Tag tot geschwiegen. Der ursprüngliche Aufruf bezog sich auf den Krieg in der Ukraine – dann kam plötzlich auch noch der Krieg im Nahen Osten dazu. Nur: Das alles erklärt die relativ kleine Beteiligung an dieser Demonstration nicht.
Aus manchen persönlichen Gesprächen weiß ich: Viele Menschen sind es leid, sich permanent mit allen Problemen dieser Welt zu befassen. Da ist die Klima-Krise, dann kam die Corona-Krise, und jetzt auch noch die vielen gefährlichen Kriege auf dieser Welt. Viele Menschen mögen sich aktuell nicht permanent mit all diesen Krisen auseinandersetzen. Die „normalen“ Menschen wollen einfach ein glückliches Leben führen. Nein, da möchten sie sich nicht auch noch permanent mit irgendwelchen Weltuntergangsfragen auseinandersetzen. Könnte das ein Grund sein? Möglicherweise, aber nein, ich weiß es nicht.
Auf den NachDenkSeiten erschien jetzt zu dieser Demonstration ein interessanter Artikel von Ala Goldbrunnter. Sie war selbst auf dieser Demonstration dabei und schildert dort einfach ihre persönlichen Eindrücke, ich finde diesen Artikel wirklich sehr lesenswert. Sie fand den Ablauf dieser Demonstration und die Redebeiträge im Wesentlichen sehr gut, war aber wie ich auch über die Teilnehmerzahl enttäuscht, Zitat:
Im Vergleich zur Veranstaltung von Aufstand-für-Frieden am 25. Februar dieses Jahres waren es deutlich weniger Teilnehmer und Teilnehmerinnen, damals sprachen die Veranstalter von 50.000. Ich frage mich, warum das so ist. Je dringlicher es wird, sich gegen eine vollkommen enthemmte Kriegspolitik der Regierung aufzulehnen, desto mehr scheinen sich viele Menschen immer mehr zurückzuziehen. Ist ihnen nicht bewusst, dass ihre eigene Lebensgrundlage, ihre eigene Zukunft auf dem Spiel steht? Die überwiegende Mehrheit vor dem Brandenburger Tor waren Menschen älteren Semesters, m.E. zu wenige jüngere.
Nein, ihr Beitrag zu dieser Demonstration ist keineswegs nur negativ. Sie verweist dabei auch auf die vielen Redebeiträge, die dort stattgefunden haben und die zumeist sehr gut waren. Am Ende ihres Beitrages kann man sich auch noch alle Redebeiträge auf dieser Veranstaltung anschauen (YouTube). Unter anderem von Reiner Braun, Sahra Wagenknecht und Gabriele Krone-Schmalz. Es lohnt sich, sich diese Beiträge anzuschauen.
Was heißt das alles für die Friedensinitiative Schorndorf?
Eines ist klar: Wir werden nicht aufgeben, wir werden auch weiterhin unsere wöchentlichen Mahnwachen durchführen. Dennoch meine ich, wir sollten vielleicht auch noch ein bisschen mehr tun. Zu unseren Mahnwachen kommen hauptsächlich diejenigen, die sowieso schon im Wesentlichen unserer Meinung sind. Wir sollten versuchen, die ganz normalen Bürgerinnen und Bürger von Schorndorf anzusprechen, ob sie nicht mit uns gemeinsam für eine friedlichere Welt kämpfen wollen.
Wann und wie kann das geschehen? Auch im nächsten Jahr wird es wieder die Ostermärsche geben. Bis dahin ist noch viel Zeit. Deshalb plädiere ich mit Macht dafür, dass wir dieses Mal nicht einfach dazu aufrufen, dass die Menschen aus Schorndorf zum Ostermarsch nach Stuttgart fahren sollen. Die Erfahrung zeigt: Die 20 – 30 Menschen, die dann mit nach Stuttgart fahren, sind genau diejenigen, die sowieso schon unserer Meinung sind. Mit so einem Aufruf werden wir keinen Beitrag dazu leisten, dass die Friedensbewegung in Deutschland größer wird.
Wir sollten also endlich einmal eine größere Veranstaltung in Schorndorf für den nächsten Ostermarsch planen. Wenn wir das klug und mit guter Werbung hinbekommen, kann ich mir gut vorstellen, dass an einer solchen Veranstaltung nicht 30, sondern 500 Menschen teilnehmen würden. Wir müssen das nur wollen, und nicht mit dummen Argumenten daher kommen wie: Die Schorndorfer sind anders, die kann man dafür nicht gewinnen. Falsch: Die Schorndorfer sind Menschen genau wie alle Menschen in Deutschland, sie unterscheiden sich nur wenig davon. Und, wie gesagt: Wir haben viel Zeit, wenn wir das wirklich wollen, werden wir das auch hinbekommen!
Nach der Mahnwache am 08.10.2023 werden wir uns im Café „Tre Pazzi“ treffen, um über die gemeinsamen Planungen der Friedensinitiative Schorndorf zu sprechen. Dabei werde ich natürlich meine Vorschlag einbringen, eine größere Veranstaltung für den nächsten Ostermarsch in Schorndorf zu planen. Ich fände es gut, wenn möglichst viele Menschen mich dabei unterstützen würden.
Das alles war wie immer nur meine Meinung. Kritik und Kommentare gerne.
Ich ehre den Mut und die Anstrengung aller Menschen, die an der Friedensdemo in Berlin teilgenommen, sie organisiert und als RednerInnen gestaltet haben. Die derzeitigen massenhaften Krisen sind nicht nur ein verbales Empörungspotential. Sie zehren das Alltagsleben der Betroffenen auf. Viele Gewerkschaftsmitglieder kämpfen grad bis zum Anschlag. Der von Konfrontation, Diskriminierung, Cancel-Culture, Respektlosigkeit und Missachtung aufgeblähte Zeitgeist verwirrt und frustriert viele Menschen. Wen wählen, was für richtig halten, mit wem oder was soll man sich solidarisieren? Das darf man ihnen nicht zum Vorwurf machen. Die Frage muss an uns gehen: Wie schaffen wir es, den von Klima-, Sozial- und Kriegangst Gebeutelten zu mehr Engagement zu verhelfen?