Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen
Doris:
Guten Abend. Ich begrüße Sie und euch zu unserer Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden. Vielen Dank allen, die heute gekommen sind.
Es ist unsere erste Mahnwache im neuen Jahr. Hinter uns liegen die Weihnachtsfeiertage und der Jahreswechsel. „Ein gutes neues Jahr“ haben wir uns gegenseitig gewünscht. Der Zusatz „hoffentlich ein friedlicheres“ war manchmal zu hören. Für die meisten gab es Zeit um auszuspannen, mit der Familie zusammen zu sein, Schönes zu genießen und ein wenig Abstand zu bekommen. Die Verlockung ist groß, sich ins Private zurückzuziehen, einfach die Augen zu verschließen vor der Realität. Doch die Nachrichten erreichen uns, ob wir wollen oder nicht. Gerade am Anfang des neuen Jahres drängen sich viele Sorgen um die Zukunft wieder in unser Leben:
- Wird der Krieg in der Ukraine weiter eskalieren oder wird es endlich Verhandlungen und einen Waffenstillstand geben?
- Wird der neue amerikanische Präsident die Welt ins Chaos stürzen, oder kann man ihm vielleicht doch glauben, dass er den Krieg in der Ukraine zu einem Ende bringen will? Und zu welchem? Es widerstrebt uns, irgendwelche Hoffnungen auf so einen unberechenbaren Menschen zu setzen.
- Wird die Situation im Nahen Osten immer mehr außer Kontrolle geraten, oder werden die Waffen endlich schweigen?
- Wird in Syrien ein neuer Bürgerkrieg kommen oder wird es einen wirklichen Aufbruch geben und ein Lebensrecht für alle Bevölkerungsgruppen?
- Werden bei uns in Deutschland die rechtsextremen Kräfte immer stärker werden, oder werden die Wähler ihnen Einhalt gebieten?
- Wird die neue Bundesregierung den Rüstungshaushalt immer weiter steigern, immer mehr Waffen in Kriegsgebiete exportieren, immer mehr auf „Kriegstüchtigkeit“ setzen? Wird es wenigstens eine starke Opposition geben?
- Werden die Klimaziele immer weiter verwässert, oder werden wir endlich merken, dass wir nur eine Erde haben?
Frage über Fragen, die uns beunruhigen und ängstigen. Es ist gut, dass wir mit diesen Fragen nicht alleine sind. Hier bei der Mahnwache kommen wir mit Menschen zusammen, die ähnliche Sorgen haben und mit denen wir uns austauschen können.
Aber unsere Mahnwache ist mehr. Sie ist eine politische Meinungsäußerung. Wir mischen uns ein. Wir gehen auf die Straße, um sichtbar und hörbar Nein zu sagen zu einer Kriegslogik, die auf immer mehr Waffen setzt und immer mehr Opfer fordert. Bundesweit gibt es an vielen Orten ähnliche Initiativen, die mit uns auf dem Weg sind. Auch in unserer näheren Umgebung haben sich einige neue Friedensinitiativen gegründet, und demnächst wird es in Esslingen ein Vernetzungstreffen geben. In Stuttgart laufen Überlegungen für eine große Friedensdemonstration noch vor der Bundestagswahl.
Ein ermutigender Beitrag kommt von der Initiative „Sicherheit neu denken“, die den meisten von uns bekannt ist. Sie engagiert sich seit Jahren für eine nachhaltige Zivile Sicherheitspolitik. Zum Jahreswechsel wurde ein neues Papier herausgegeben, welches ein „Positivszenario 2025 – 2040“ entwirft. Anhand von 10 Punkten wird ganz konkret eine mögliche Rolle Europas für den Frieden in der Welt entworfen. Es geht z.B. um folgende Fragen:
- Wie könnte eine europäische Friedensordnung aussehen, die Russland einschließt, indem sie die gegenseitigen Sicherheitsinteressen berücksichtigt?
- Wie kann das Gewaltverbot der UN-Charta durchgesetzt werden?
- Wie könnte eine mögliche Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit für den Nahen und Mittleren Osten zustande kommen?
- Wie würde eine zukunftsfähige Partnerschaft mit den afrikanischen Staaten aussehen?
- Wie entsteht eine faire und menschenrechtskritische Kooperation mit China?
- Welche Schritte führen zu umfassender ökologischer Sicherheit, zu einer gerechten Nutzung der weltweiten Ressourcen, zu einer weltweiten gegenseitig kontrollierten Abrüstung?
Es lohnt sich, sich dieses neue Papier genauer anzuschauen. Man kann es nachlesen unter www.sicherheitneudenken.de.
Oft werde ich gefragt, ob ein Engagement für den Frieden wirklich „etwas bringt“. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass Resignation keine legitime Alternative ist. Ich weiß, dass es „nichts bringt“, wenn wir alles mit uns machen lassen ohne aufzubegehren. Wenn wir das Weltgeschehen passiv beobachten, als hätte es nichts mit uns zu tun. Wenn wir sagen: „Wie gut, dass ich schon so alt bin und die fernere Zukunft nicht mehr erleben muss“. Diese Haltung ist zwar nachvollziehbar, aber völlig unverantwortlich gegenüber allen Kindern und ihrem Recht auf ein menschenwürdiges Leben.
Auch ich denke manchmal: eigentlich ist doch schon alles gesagt. Wozu denn immer noch weitermachen? Dann fällt mir die Zeile aus einem Text von Bertold Brecht ein „Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!“ Also: wir wollen uns auch im neuen Jahr zu Wort melden, mit unserer Mahnwache, mit unserer Friedensbanner-Aktion, mit der Teilnahme an Demonstrationen, mit Briefen an Politiker und Kirchenleitende oder mit Leserbriefen. Setzen wir wieder und wieder unsere Unterschrift unter Appelle und Petitionen, die sich für Frieden, den Schutz unserer Umwelt und eine gerechtere Welt einsetzen. Schwimmen wir gemeinsam gegen den Strom!
Und: Erinnern wir uns immer wieder an Beispiele aus der Vergangenheit, wo scheinbar Unmögliches möglich wurde, z.B. die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich nach Jahrhunderten voller Kriege. Oder die deutsche Wiedervereinigung ohne Blutvergießen. Oder der Abzug der Pershing II-Raketen aus Mutlangen. Fordern wir also weiterhin das scheinbar Unmögliche! Albert Einstein soll gesagt haben: „Nur diejenigen, die das Absurde versuchen, werden das Unmögliche erreichen!“
Ich schließe mit einigen Sätzen aus der Botschaft zur Feier des 58. Weltfriedenstages am 1. Januar 2025 von Papst Franziskus:
„ …. Jeder von uns muss sich in gewisser Weise für die Zerstörung verantwortlich fühlen, der unser gemeinsames Haus ausgesetzt ist, angefangen bei den Handlungen, die die Konflikte anheizen, die die Menschheit gerade geißeln. Ich beziehe mich insbesondere auf Ungleichheiten jeglicher Art, die unmenschliche Behandlung von Migranten, die Umweltverschmutzung, die durch Desinformation schuldhaft erzeugte Verwirrung, die Ablehnung jeglicher Art von Dialog und die beträchtliche Finanzierung der Militärindustrie. Dies alles sind Faktoren, die eine reale Bedrohung für die Existenz der gesamten Menschheit darstellen…
Ich wage in dieser von Kriegen gezeichneten Zeit auch einen weiteren Appell zugunsten der jüngeren Generationen: Lasst uns wenigstens einen festen Prozentsatz des Rüstungsetats für die Einrichtung eines Weltfonds verwenden, der den Hunger endgültig beseitigen und in den ärmsten
Ländern Bildungsmaßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ermöglichen soll, die dem Klimawandel entgegenwirken.
Wir sollten versuchen, jedes Motiv zu beseitigen, das junge Menschen dazu bringen könnte, hoffnungslos in die Zukunft zu blicken, in Erwartung, das Blut ihrer Angehörigen zu rächen. Die Zukunft ist ein Geschenk, um die Fehler der Vergangenheit zu überwinden und neue Wege des Friedens zu bauen. (…)“
Uwe:
Ich lade Sie, ich lade euch nun wieder dazu ein, 5 Minuten mit uns zu schweigen. Wie gedenken der Menschen, die von den Auswirkungen der weltweit stattfindenden Kriege, z.B. in Gaza, in der Ukraine, im Sudan, betroffen sind; – seien sie verwundet, getötet oder ihrer Heimstatt beraubt und auf der Flucht.
Wir gedenken des permanent stattfindenden Angriffs auf unsere Mitwelt und der Menschen, die sich in vielen Ländern gewaltfrei für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und für ein friedliches Miteinander der Menschen einsetzen.
Uwe:
Alber Schweitzer: Zum Neuen Jahr
Mögen die,
welche die Geschicke des Volkes
in den Händen haben,
darauf bedacht sein,
alles zu vermeiden,
was die Lage, in der wir uns befinden,
noch schwieriger gestalten
und uns noch weiter gefährden könnte.
Mögen sie das wunderbare Wort
des Apostels Paulus beherzigen:
„So viel an euch liegt,
habt mit allen Menschen Frieden!“
Es gilt nicht nur den Einzelnen,
sondern den Völkern.
Mögen sie in dem Bemühen
um die Erhaltung des Friedens miteinander
bis an die äußerste Grenze des Möglichen gehen,
dass dem Geist zum Erstarken
und zum Wirken Zeit gegeben werde.
Uwe:
Bevor wir unsere heutige Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden beenden, nun noch einige Hinweise auf Veranstaltungen und Aktionen an den nächsten Tagen.
- Am morgigen Samstag um 19h findet im Komödienhaus, Berliner Platz 12 in Heilbronn, eine Veranstaltung mit dem Thema: „Leben mit den Pershing Raketen“ statt. Diese Veranstaltung erinnert an den 40. Jahrestag des Unfalls mit einer Pershing 2 Rakete auf der Waldheide in Heilbronn.
- Am Sonntag, 12 Januar, finden in Heilbronn aus dem oben genannten Anlass zwei weitere Veranstaltungen an verschiedenen Orten statt. Genaueres hierzu können Sie, könnt ihr im Internet unter: “Terminkalender Netzwerk Friedenskooperative“ finden.
- Immer mittwochs ab 17h sind in Ulm auf dem Münsterplatz Mahnwachen gegen den Krieg und für den Frieden.
- Ebenso an jedem Donnerstag um 17h, auf dem Rotebühlplatz in Stuttgart.
- Ich habe nur einige Aktionen und Veranstaltungen genannt. Im o.g. Internet – Terminkalender des Netzwerks Friedenskooperative sind unzählige weitere Veranstaltungen aufgeführt.
- Am Montag, den 13. Januar trifft sich um 18.00 Uhr im Martin-Luther-Haus wieder die Ökumenische Friedensgruppe der Stadtkirchengemeinde Schorndorf. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.
- Auf die Veranstaltung am 30. Januar in Stuttgart mit Jürgen Grässlin werden wir bei unseren nächsten Mahnwachen noch näher eingehen.
Hiermit ist unsere heutige Mahnwache beendet. Herzlichen Dank dafür, dass Sie gekommen sind.
Wir wünschen Ihnen, euch, ein schönes Wochenende.