Mahnwache vom 03.03.2023

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Es folgen die Beiträge zu dieser Mahnwache

Uwe:

Guten Abend. Ich begrüße sie im Namen der Friedensinitiative Schorndorf zu unserer heutigen, 43. Mahnwache gegen den Krieg.

In der vorletzten Woche fand in München die sog. Sicherheitskonferenz statt. Doris ist bei unserer Mahnwache vor ein er Woche näher darauf eingegangen. Dieser Konferenz lagen der 12- Punkte-Friedensplan bezüglich des Kriegs in der Ukraine, der chinesischen Regierung, vor und wurde von den westlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern kleingeredet und mit der Begründung abgewiesen, dass China nicht neutral wäre und deshalb nicht als Vermittler agieren könne. Auch in großen Teilen der Mainstream – Medien, sowie von führenden deutschen PolitikernInnen  wurde der 12 Punkte Plan zerpflückt und mehr oder weniger als indiskutabel bewertet.  Vorrangig wird kritisiert, dass in dem Plan die westlichen Staaten dazu aufgefordert werden, ihre Sanktionspolitik gegen Russland zu beenden. Auch wird bemängelt, dass in dem Papier die Angegriffenen (Ukraine) und der Angreifer (Russland) auf eine Stufe gestellt werden.

In Anbetracht dieser vorherrschenden Ablehnungen, finde es sehr wohltuend, dass mit seinem Leitartikel „Chance auf Gespräche“ in den Schorndorfer Nachrichten  vom 24.02.d.J.,  der Redakteur  Ulrich Krökel schreibt:“(..) die Initiative aus Peking ist zwar viel zu unkonkret, um einen schnellen Ausweg aus dem Krieg zu weisen. Aber der Plan verdient es, ernst genommen zu werden“.

Krökel weist auch daraufhin, dass in diesem Plan „die Souveränität und territoriale Integrität aller Staaten“ , also auch die der Ukraine, zu garantieren sei. Auch dass die chinesische Regierung wiederholt  unmissverständlich verlangt, dass „Nuklearwaffen nicht eingesetzt werden dürfen“ findet Krökel als klare Absage an die von der russischen Regierung immer wieder vorgebrachten Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen. „Klarer geht es nicht“, so der Redakteur.

Ich habe aber den Eindruck, dass sich sowohl die Medien, wie die etablierte Politik immer mehr in einer Kriegsrhetorik gefallen. Solche möglichen Auswege aus dem mörderischen Krieg in der Ukraine, wie China sie vorschlägt, finden da leider nur wenig Beachtung oder werden als unrealistisch zurückgewiesen.

Immer lauter wird konstatiert, und nicht nur von ukrainischer Seite, dass die Ukraine den Krieg gewinnen, und die von russischen Militärs eroberten Gebiete zurückgewonnen werden müssen.

Ebenso setzt auch Russland darauf, diesen Krieg zu gewinnen und die annektierten Gebiete zu behalten.

So oder so, es wird, wenn der Krieg nicht durch Verhandlungen beendet wird, Sieger und Verlierer geben. – Hierzu habe ich in der Wochenzeitung „Der Freitag“ einen interessanten Beitrag gelesen. Der altgriechische Geschichtsschreiber Thukydides, hatte 400Jahre vor unserer Zeitrechnung in seiner „Grammatik des Raubkrieges“ nachgewiesen, dass viele siegreich beendeten Kriege für den jeweiligen Sieger fatale Folgen hatten. So besiegten z.B. die Athener die Melier und unternahmen danach einen Feldzug gegen Sizilien, was den Niedergang der Großmacht Athen einläutete.

Thukydides war der Ansicht, dass dauerhafter Frieden keinesfalls erreicht werden kann, wenn die Kriegspartei, die den Krieg verloren hat, gedemütigt wird, sei es durch Versklavung der Verlierer, sei es durch erzwungene Gebietsabtretungen oder hohe Reparationskosten. Ein dauerhafter Frieden kann nach seiner Ansicht nur gewonnen werden, wenn nach dem Ende der Auseinandersetzungen bei den Verhandlungen ein Ausgleich , für beide Konfliktparteien erzielt wird. Geschieht dies nicht, ist der nächste Konflik oder Krieg vorprogrammiert.

Für die Beendigung des Krieges in der Ukraine und eine und tragfähige Sicherheit, würde das bedeuten, dass bei Waffenstillstands – oder Friedensverhandlungen die Sicherheitsinteressen beider Seiten berücksichtigt werden müssen.

Wenn es zutrifft, wovon diverse Medien berichten, gleicht die militärische Situation in der Ukraine der des ersten Weltkriegs, als sich vor Verdun französische und deutsche Truppen in einem sogenannten  Stellungskrieg gegenüberstanden, und jede geringfügige Veränderung der Frontlinie mit tausenden französischer oder deutscher Soldatensoldatenleben bezahlt  wurde. Dabei wurden von keiner Seite bedeutende Gebietsgewinne erzielt. Ganze Landstriche wurden unbewohnbar gemacht; – noch heute, 105 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs,  dürfen manche Gebiete, wegen nicht geräumter Mienen, nicht betreten werden!

Ähnliches droht der Ukraine, wenn nicht möglichst rasch auf dem Verhandlungsweg zumindest ein Waffenstillstand erzielt wird.

Hierzulande wächst, durch die 730.000 Unterschriften, die Bürger unter den Appell von Linkspolitikerin Sarah Wagenknecht und Frauenrechtlerin  Alice Schwarzer geleistet haben, der Druck auf die Bundesregierung, sich für Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland einzusetzen. – Hoffen wir also, dass die entscheidenden PolitikerInnen und Politiker den Ernst der Situation erkennen und der Vernunft eine Chance geben, indem sie sofortige Verhandlungen der beiden Kriegsparteien fordern, um damit das gegenseitige Töten und die verbrecherischen Angriffe russischer Militärs auf die Infrastruktur der Ukraine und die Zivilbevölkerung beendet werden.

Ich möchte meinen Redebeitrag aber nicht beenden, ohne an die furchtbaren Ereignisse , die sich während der letzten Tage ereignet haben, zu erinnern:

– die Folgen für die von schweren Erdbeben betroffenen Menschen in kurdischen Landesteilen der Türkei und in Syrien sind nach wie vor dramatisch. – Sowohl der türkische Präsident Erduan, wie auch der syrische Präsident  Assad instrumentalisieren das Naturereignis, indem sie entweder Hilfsorganisationen ihre Arbeit erschweren, oder indem sie verhindern, dass Hilfslieferungen, ohne große bürokratische Hürden, in die betroffenen Gebiete gelangen können.

Auch das Verhalten der deutsche  Regierung diesbezüglich ist peinlich und menschenverachtend. – Unmittelbar nach den Erdbeben wurde von der Innenministerin erklärt, dass überlebende Betroffene der Katastrophe ohne bürokratische Hürden zu ihren Angehörigen in Deutschland einreisen könnten, wenn  diese für die finanziellen Aufwendungen aufkommen würden.

In der gestrig ausgestrahlten Sendung Monitor wurde diesbezüglich dargestellt, wie groß letztlich die die bürokratischen Hürden, die seitens der Migrationsbehörden errichtet werden, so hoch sind, dass es Betroffenen überhaupt nicht gelingen würde, zu ihren Verwandten nach Deutschland zu kommen.

Den von den  Erbeben – Betroffenen in Syrien wurden von vorneherein keine Aufnahme – Angebote unterbreitet, da diese „nicht für eine Rückreis in ihr Heimatland“ garantieren könnten. Geht es noch zynischer?

– Wenige Meter vor der italienischen Küste ist ein Fischerboot mit schätzungsweise 120 Flüchtenden, darunter vielen Kindern und schwangeren Frauen, bei schwerer See auf einen Fels aufgelaufen und zerschellt. Dabei sollen mindestens 50 Menschen ertrunken sein. Leider wurde in den Medien nur marginal von diesem Ereignisses berichtet. – Für mich zeigt dieser Vorfall einmal mehr, wie menschenverachtend die Flüchtlingspolitik der Staaten der europäischen Union ist. Kein Mensch flüchtet freiwillig, Gründe für Flucht sind vielfältig; – Krieg, Vertreibung, politische Bedrohung, Überschwemmungen oder Dürre, wirtschaftliche Not. Die EU-Staaten reagieren, anstelle mit Hilfsangeboten oder einer Willkommenskultur, mit der Errichtung von Mauern mit Stacheldraht bewehrten Zäunen und z.T. prügelnden Grenzpolizisten. Für mich ist dies eine grobe Missachtung der allgemeinen Menschenrechte und damit ein Skandal!

– In Griechenland ereignete sich in der zurückliegenden  Woche ein schweres Eisenbahnunglück mit sehr vielen Toten und Verletzten. Die zuständigen Gewerkschaften machen die griechische Regierung für diese Katastrophe verantwortlich, weil diese die Infrastruktur der Eisenbahn, trotz vieler Warnungen stark vernachlässigt hätten.

Mir ist nicht bekannt, wie die Eisenbahnen in Griechenland organisiert sind, und ob diese, wie in Deutschland teilprivatisiert sind. So oder so;- anzunehmen ist, dass auch in Griechenland öffentliche Verkehrsbetriebe von der Politik stark vernachlässigt werden und irgendwelche Kreise daran interessiert sind, Profit aus den Unternehmen zu gewinnen, und jede finanzielle Investition diesen Profit schmälert.

Doris:

Wir werden jetzt  wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer des Krieges in der Ukraine und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern. Auch an die Opfer der Erdbebenkatastrohe und der Flüchtlingspolitik. An die Menschen, die im Krieg  verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf beiden Seiten endlich zur politischen Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.

 

Doris:

Ich lese aus den Meditationen zu den zehn Geboten von Dorothee Sölle:

Das fünfte Gebot sagt mir:
Do sollst dich nicht am Töten beteiligen.
Du sollst deine Kinder nicht zum Töten erziehen.
Du sollst das Töten nicht mit vorbereiten
in Gedanken, Worten und Steuern.
Du sollst die Mittel zum Töten nicht erforschen,
herstellen, verbessern und verkaufen.
Du sollst nicht niederknien vor der Gewalt,
sondern niederknien vor dem Gott des Lebens
und den aufrechten Gang lernen.

Doris:

Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

  • Am kommenden Montag, den 6. März findet um 18.00 Uhr wieder das Ökumenische Friedensgespräch im Martin-Luther-Haus statt.
  • Am Donnerstag, den 9.März ist um 19:30 Uhr im Club Manufaktur ein Vortrag mit Diskussion zum Thema  „Die extreme Rechte“ Ideologie – Akteure -Aktionsfelder – Gegenstrategien. Veranstalter ist der Ortsverband von Bündnis 90/ Die Grünen
  • Die Ostermärsche in Stuttgart und Ellwangen werden am Samstag, den 8. April stattfinden. Wir werden noch Näheres dazu bekanntgeben.
  • Von der Organisation „Ohne Rüstung Leben“ gibt es eine Briefaktion an Außenministerin Baerbock mit der Überschrift; „Wege zum Frieden aufzeigen“. Heute liegen nochmals einige Exemplare zum Mitnehmen und Abschicken in der Mitte bereit.
  • Auf unserer homepage friedensinitiative-schorndorf.de werden wieder die Texte der heutigen Mahnwache sowie verschiedene links zu interessanten Redebeiträgen zum Nachlesen zu finden sein.
  • Unsere nächste Mahnwache findet am Freitag, 10.03.23 um 18.00 Uhr auf dem Mittleren Marktplatz statt.
  • Jetzt ist noch Zeit zum Austausch untereinander. Wir wünschen Ihnen und euch einen guten Nachhauseweg.

One comment

  1. tatsächlich find ichs anstrengend, am bildschirm zu „diskutieren“. zur auseinandersetzg gehört für mich der ganze mensch, seine stimme, seine mimik u der tonfall und:ein sorgsamer umgang mit der sprache. im direkten kontakt, kann ein wort/eine wendung schnell erläutert/korrigiert/zurückgenommen werden, falls notwendig…
    aber ein statement: danke Uwe, für deinen hinweis auf den „Freitag“ u die „grammatik des krieges“. ich hab tatsächlich mal wieder eine weile das nicht schlichte brot der philosophie gekaut…
    und danke, Doris, für den text von D. Sölle! für mich wohltuend, dass er öffentlich gesprochen wird, nicht nur zwischen buchdeckeln gut verwahrt bleibt.
    herzlich, Mona

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