Mahnwache vom 09.12.2022

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Hier also die Redebeiträge unserer 33. Mahnwache

Detlef:

Hallo zusammen, heute ist tatsächlich schon unsere 33. Mahnwache aus Anlass des Krieges in der Ukraine aber auch aller anderen Kriege weltweit. So langsam fragen wir uns sicherlich alle zusammen: Wird dieser Krieg denn nie ein Ende nehmen, soll das Töten und Sterben in der Ukraine immer weiter gehen?

Es gibt auch immer wieder Äußerungen von Politikern, auch aus den USA, die ein wenig Hoffnung machen. Auf dem letzten G20-Gipfel haben immerhin alle beteiligten Staaten der Aussage zugestimmt, dass keine Atomwaffen eingesetzt werden dürfen. Auch von Politikern aus den USA gab es Äußerungen in der Richtung, dass die Ukraine doch verhandeln und eventuell auch einige Gebietsverluste in Kauf nehmen müsste. Allerdings ist das nicht die offizielle Meinung der US-Regierung, die sagt: Ob und wie verhandelt wird, dass muss alleine die Ukraine entscheiden, wir werden die Ukraine in jedem Fall auch mit vielen Waffen unterstützen.

Die Frage stellt sich: Gibt es denn überhaupt noch Hoffnungen auf einen Waffenstillstand und anschließend Verhandlungen? In unseren Medien wird oft verbreitet, mit den Russen kann man gar nicht verhandeln, die wollen doch gar nicht verhandeln. Nein, das ist so nicht richtig: Russland hat offiziell verlauten lassen, dass sie zu Verhandlungen bereit sind, ohne jede Vorbedingung.

In der Äußerung „ohne jede Vorbedingung“ liegt sozusagen auch das Problem. Die Ukraine sagt schließlich auch, sie seien zu Verhandlungen bereit. Allerdings müsse Russland sich zuvor aus allen besetzten Gebieten zurückziehen, also auch aus dem Donbass und der Krim. Wenn man diese beiden Äußerungen gegenüber stellt, sieht man, dass auf diesen Grundlagen die Hoffnung auf Verhandlungen so nicht realisierbar sein wird. Dazu sind diese Äußerungen zu weit auseinander.

Dennoch, ein Politiker aus der EU hat es jetzt gewagt, auch gegenüber den USA eine in meinen Augen vernünftige Position zu beziehen: Laut t-online vom 05.12.2022 sagte der französische Ministerpräsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in den USA gegenüber Präsiden Biden:

„Das bedeutet, einer der essenziellen Punkte – denn Präsident (Wladimir) Putin hat es immer gesagt – ist die Angst, dass die Nato bis vor seine Tür kommt, ist die Stationierung von Waffen, die Russland bedrohen können. Dieses Thema wird Teil der Themen für den Frieden sein. Und deshalb müssen wir es auch vorbereiten.“ Moskau brauche „Sicherheitsgarantien“, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden, der Westen müsse sich darüber Gedanken machen.

Von solchen Gedanken der Vernunft sind unsere Ampel-Regierung in Deutschland genau wie die größte Opposition CDU/CSU weit entfernt. Ein paar kleine Zitate aus dem erwähnten Artikel von T-Online, die das zeigen. So meinte der SPD-Außenpolitiker Nils Schmidt:

„Solange Russland eine imperialistische Außenpolitik verfolgt, ist eine gesamteuropäische Friedensordnung unter Einschluss Russlands nicht möglich.“

Das ist schon merkwürdig. Bis zu diesem Ukraine-Krieg wurde der Begriff Imperialismus insbesondere von linken und kritischen Menschen hauptsächlich gegenüber den USA angewendet. Vollkommen zu Recht. Seit dem zweiten Weltkrieg wurden die mit weitem Abstand meisten völkerrechtswidrigen Kriege auf der Welt mit den allermeisten Toten von den USA angezettelt. Seit dem Ukraine-Krieg sollen die Menschen das scheinbar alles vergessen, jetzt gibt es nur noch einen imperialistischen Staat, Russland. Liebe SPD: Besonders glaubwürdig finde ich solche Äußerungen nicht. Mir hat jedenfalls die damalige Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr wesentlich besser gefallen. Davon ist in dieser Partei scheinbar nicht mehr viel übrig geblieben.

Hier noch ein weiteres Zitat aus diesem Artikel:

Der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte würdigte Macrons Diplomatiebestrebungen: „Eine gute Initiative, doch die Bereitschaft von Russland und der Ukraine ist die Grundbedingung für solche Verhandlungen. Die Aggression ging stets von Moskau aus.“ Sein Grünen-Kollege Jürgen Trittin sagte der „Welt“: „Sicherheitsgarantien sind wichtig – aber nicht einseitig. Wer sie fordert, muss zuerst einmal die zugesagten Sicherheitsgarantien für die Ukraine ausbuchstabieren.“

Auch diese Äußerungen sind letztlich keine Unterstützung der Initiative Macrons. Inwieweit diese tatsächlich ernst gemeint ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Auch von unserem Bundeskanzler habe ich dazu noch nichts gehört. Noch den bisherigen Erfahrungen ist zu befürchten, dass Scholz letztlich doch immer nachgibt und den Vorgaben der Mainstream-Medien, der Grünen oder der USA folgt. Ich würde mir letztlich auch wünschen, dass die Bundesregierung nicht immer nur Russland kritisiert, sondern auch einmal Kritik an der Politik der ukrainischen Regierung übt. Auch in diesem Artikel von t-online eine Stellungnahme des ukrainischen Präsidentenberaters:

Auch in der Ukraine sorgten die Aussagen des französischen Staatschefs für Unmut. Mykhailo Podolyak, Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, reagierte am Sonntag auf Twitter und fragte, ob „die zivilisierte Welt ‚Sicherheitsgarantien‘ vor den barbarischen Absichten des Post-Putin-Russlands“ brauche. „Dies wird erst nach einem Tribunal, der Verurteilung von Kriegsschuldigen und Kriegsverbrechern, der Auferlegung umfangreicher Reparationen und der blutigen Klärung der Frage, wer die Schuld trägt, möglich sein“, schrieb Podolyak.

Bei Äußerungen wie der, dass die Schuldfrage blutig geklärt werden muss, läuft es mir zumindest eiskalt den Rücken herunter. Wenn man immer wieder beteuert, dass man die Ukraine immer weiter unterstützen wird, egal was sie macht oder von sich gibt, halte ich das jedenfalls nicht dienlich für das Ziel, möglichst schnell zu einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu kommen. Anscheinend haben weder die Ampel-Koalition noch die CDU/CSU überhaupt noch dieses Ziel.

Von sich aus scheint die Bundesregierung ihre Politik in dieser Frage nicht ändern zu wollen. Deshalb muss die Friedensbewegung stärker als bisher vernehmbar Forderungen an die Bundesregierung stellen. Denn von der Bundesregierung ist zu fordern, dass sie sich mit aller Macht dafür einsetzt, dass es in der Ukraine zu einem Waffenstillstand und echten Friedensverhandlungen für ganz Europa unter Einschluss von Russland kommt. Alles andere kann für Europa, möglicherweise für die ganze Welt, tatsächlich lebensgefährlich werden. Vielleicht könnte die Unterstützung der Initiative von Macron hierfür ein Anfang sein?

Uwe:

Morgen, am 10.Dez. ist der internationale Tag der Menschenrechte. Dieser Termin basiert auf der UN Resolution zu den Allgemeinen Menschenrechten vom 10.Dez. 1950. -Unser Einsatz gegen den Krieg, hier bei der Mahnwache, hat natürlich viel mit dem Thema Menschenrechte zu tun. – In allen Kriegen wurden und werden diese Menschenrechte massiv verletzt.

Aber nicht nur in Kriegen geschehen diese Verbrechen, sondern weltweit täglich, ja stündlich. Hier bei uns in Europa wird von der offiziellen Politik behauptet, dass die Menschenrechte, zumindest in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft, strikt beachtet und eingehalten werden. Aber ist das wirklich so?

Gestern Abend wurde in dem Politmagazin Monitor berichtet, dass an den Außengrenzen der EU massive Verletzungen der Menschenrechte verübt werden. Flüchtende, die versuchen in einem Land der EU einen Asylantrag zu stellen,werden von sog. Sicherheitskräften Kroatiens, Rumäniens, Bulgariens  massiv daran gehindert, dies zu tun. Sie werden nicht selten geprügelt, in menschenunwürdigen Behausungen illegal festgehalten, in überfüllte Transportautos ohne Fenster und Belüftung gezwungen und durch die Gegend gefahren, gefoltert. Und mit rechtswidrigen „Push-backs“ über die Grenzen zurückgedrängt.Und dies unter den Augen von Beamten der Grenzagentur Frontex, von diesen nicht nur geduldet sondern, wie vermutet wird, sogar unterstützt. Verantwortliche der EU bekunden, wenn sie auf diese Verletzungen der Menschenrechte angesprochen werden, dass sie diese Missstände untersucht würden, und Frontex – Obere streiten ab, davon Kenntnis zu haben. Es liegt der Verdacht nahe, dass diese menschenverachtenden Vorkommnisse den Offiziellen der EU nicht unwillkommen sind.

Dass die gegenwärtige Strategie der russischen Militärs, die kritische Infrastruktur in der Ukraine zu zerstören und den Menschen das Überleben in diesem Krieg zu erschweren, heftig von Politikerinnen und Politkern der Ampelkoalition, sowie vom Führungspersonal der CDU/CSU. verurteilt wird, ist sicher richtig. Allerdings ist diese Reaktion für mich Heuchelei, wenn von dieser Seite gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdogan, auf dessen Geheiß Militärs mit Bomben, Raketen, Artillerie und Panzern, auch aus deutscher Produktion, die Infrastruktur der von Kurden bewohnten und verwalteten  Gebiete im Norden Syriens zerstört wird, keinerlei Protest zu vernehmen ist.

Sowohl die russischen Zerstörungsorgien in der Ukraine, wie die völkerrechts- widrigen Überfälle von Erdogans Truppen auf syrisches Staatsgebiet sind Terrorakte und massive Verletzungen der Menschenrechte und daher zu verurteilen.

Doris:

Wir werden jetzt  wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer des Krieges in der Ukraine und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern. An die Menschen, die im Krieg  verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf beiden Seiten endlich zur politischen Vernunft zurückkehren und eine weitere Eskalation verhindern.

Uwe:

Wolf Biermann:

Wann ist den endlich Frieden (1964)

Wann ist denn endlich Frieden
In dieser irren Zeit
Das große Waffenschmieden
Bringt nichts al großes Leid

ES blutet die Erde
ES weinen die Völker
ES hungern die Kinder
Es droht großer Tod
ES sind nicht die Ketten
ES sind nicht die Bomben
ES ist ja der Mensch der den Menschen bedroht

Die Welt ist so zerrissen
Und ist im Grund so klein
Wir werden sterben müssen
Dann kann wohl Friede sein

ES blutet die Erde
ES weinen die Völker
ES hungern die Kinder
Es drohtr großer Tod
ES sind nicht die Ketten
ES sind nicht die Bomben
ES ist ja der Mensch der den Menschen bedroht

Anmerkung: Wolf Biermann ist  während der letzten Jahre vom Pazifisten zu einem Bellizisten                     mutiert. Angesichts dieser Entwicklung ist es für manche Friedensbewegte fraglich, ob Texte dieses Dichters und Liedermachers bei friedenspolitischen Veranstaltungen noch etwas zu suchen haben.

Ich denke schon;- als Biermann dieses Gedicht geschrieben hat, war er überzeugter Pazifist und Sozialist.  – Also, so meine ich, dass diese Texte des „früheren“ Biermann ernst gemeint waren. Und wenn sie heute vorgetragen werden, sind es die Texte, die sinngebend sind und nicht deren Verfasser.

Auch Bertold Brecht wird zweifelhaftes Verhalten gegenüber Frauen vorgeworfen, ebenso Willy                  Brandt. Und Goethe hat nachgewiesener  Maßen seinen Besucher Schiller, bei dessen Besuch in Weimar, im Auftrag irgendeines Landesfürsten ausspioniert. Und dennoch sind deren Gedichte oder politische Schriften, resp. Taten, auch heute noch z.T. hochaktuell und zutreffend.

Diesbezüglich soll es erlaubt sein, die‚Texte, losgelöst von deren Verfasser, zu verwenden.

Doris:

Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden:

  • Die Organisation Ohne Rüstung Leben setzt sich unermüdlich für atomare Abrüstung ein. Dazu gibt es 3 aktuelle Möglichkeiten zum Mitmachen:
  1. Die Postkartenaktion an Bundeskanzler Scholz und an Außenministerin Baerbock mit dem Thema „Raus aus dem nuklearen Wahnsinn!“ hatte ich bereits vorgestellt. Die Karten  liegen hier bei unserem Transparent nochmals aus. Die Forderungen lauten:
  • Setzen Sie sich dafür ein, dass die NATO jeden atomaren Ersteinsatz ausschließt!
  • Unterstützen Sie die Opfer von Atomwaffen und Atomtests sowie die Sanierung
    kontaminierter Regionen (AVV-Artikel 6 und 7)!
  • Leiten Sie alle nötigen Schritte ein, damit Deutschland die nukleare Teilhabe beendet und dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitritt!

Das Foto auf den Postkarten zeigt Setsuko Thurlow (Jahrgang 1932). Sie verbrachte ihre Kindheit in Hiroshima und überlebte dort als 13-jährige den Atombombenangriff. Heute lebt sie in Kanada und setzt sich – unter anderem als Teil von ICAN – unermüdlich für eine atomwaffenfreie Welt ein.

  1. Schon im März wurde von ORL ein Musterbrief an die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht herausgegeben. Die Forderung lautet: „Stoppen Sie den Kauf neuer Atombomber! Stellen Sie sicher, dass die Flugzeuge des Typs F-35 nicht für den Atomwaffeneinsatz ausgerüstet werden! Starten Sie Verhandlungen über den Abzug der verbleibenden US-Atomwaffen aus Deutschland!“ Auch diese Musterbriefe kann man zum Absenden mitnehmen.
  2. ORL veranstaltet am 15.12.22 über Zoom einen Themenabend:
    „Neue Atomwaffenstrategie der USA – was hat das mit uns zu tun?“ Auf der Homepage ohne-ruestung-leben.de kann man sich anmelden.
  • Unsere nächste Mahnwache ist am kommenden Freitag, 16.12.22 um 18.00 Uhr wieder hier neben dem Mondscheinbrunnen bei der Stadtkirche.
  • Jetzt ist noch Zeit zum Austausch untereinander.

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