Mahnwache vom 29.09.2023

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Bild von nguyễn dũng auf Pixabay

Es folgen die Beiträge dieser Mahnwache zum Nachlesen.

Detlef:

Guten Abend, schön dass Sie wieder dabei sind, bei unserer mittlerweile 64. Mahnwache seit Beginn des Ukraine-Krieges. Ein Ende dieses Krieges scheint leider immer noch nicht in Sicht.

Bundeskanzler Scholz redet vom Frieden, will aber keinen erreichen.

Unser Bundeskanzler Scholz hat vor der UNO eine Rede gehalten, ich zitiere hierzu aus einem Beitrag, den das ZDF veröffentlicht hat (ZDF vom 20.09.2023):

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich in seiner Rede vor den Vereinten Nationen hinter die internationalen Bemühungen um Frieden in der Ukraine gestellt.

„Zugleich müssen wir uns vor Schein-Lösungen hüten, die „Frieden“ lediglich im Namen tragen“, mahnte er am Dienstagabend laut vorab veröffentlichtem Manuskript in der Generaldebatte der UN-Vollversammlung.

Denn: Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung. Frieden ohne Gerechtigkeit nennt man Diktat. Das muss nun endlich auch in Moskau verstanden werden.

Auf den ersten Blick erscheint das doch positiv, wenn sich der Bundeskanzler hinter die internationalen Bemühungen um Frieden in der Ukraine stellt. Aber er sagt gar nichts dazu, welche Friedensbemühungen er überhaupt meint. Nur eines ist klar: Friedensbemühungen von den USA, der NATO oder auch von Deutschland kann er nicht meinen. Denn von dieser Seite gibt es keinerlei Friedensbemühungen. Es werden nur immer mehr Waffen geliefert, immer härtere Sanktionen gegen Russland beschlossen, die letztlich dazu beitragen, die wirtschaftliche Entwicklung von Deutschland immer weiter in den Keller zu treiben. Was ist das nur für eine Politik?

Die Friedensbemühungen von der deutschen Friedensbewegung kann er auch nicht meinen, denn diese Friedensbewegung verachtet er verbal sogar aufs schärfste (siehe z.B. den Beitrag auf telepolis vom 04.09.2023). Bei einer Wahlkampfveranstaltung in München bezeichnete er die FriedensdemonstrantInnen als „gefallene Engel“. Noch konkreter diese Äußerung von Scholz in München aus dem erwähnten Beitrag:

„Ja, und da sieht man immer wieder, manchmal auch hier – Einige, die kommen zusammen, und halten die Slogans der Friedensbewegung der 80er-Jahre hoch, mit Friedenstauben, und rufen „Frieden schaffen ohne Waffen! Da ich einige dieser Kundgebungen organisiert habe in den 80ern will ich hier klar sagen: Es ist nicht richtig, den armen Ukrainern zu sagen, sie sollen einfach ihr Land erobern lassen, das hat mit Freiheit, Demokratie und Friedensliebe gar nichts zu tun.:Olaf Scholz, Kundgebung am 18.8.2023 in München

Um es ganz klar zu sagen: Niemand in der Friedensbewegung hat gesagt, die Ukraine solle sich einfach ihr Land erobern lassen. Wir von der Friedensinitiative Schorndorf haben auch immer den Krieg von Russland gegen die Ukraine als völkerrechtswidrig verurteilt. Nur haben wir auch immer wieder darauf hingewiesen, dass dieser Krieg eine lange Vorgeschichte hatte. Und: Wenn man diese Vorgeschichte betrachtet, ist es einfach falsch, Russland alleine für den Ausbruch dieses Krieges verantwortlich zu machen. Betrachtet man diese Vorgeschichte, dann haben die USA, die NATO und auch Deutschland eine große Mitschuld daran. Auch auf dem letzten Treffen der G20 in Indien ist es diesen Kräften nicht gelungen, die alleinige Schuld Russlands an diesem Krieg festzustellen, obwohl die NATO-Staaten vehement dafür eingetreten sind.

Die andere Seite: Es wird immer so getan, als verteidige man in der Ukraine die Freiheit und die Demokratie. Das ist aber nicht richtig.

Nur noch einmal zum klarstellen:

  • In der Ukraine wurden eine große Anzahl von Parteien verboten.
  • In der Ukraine gibt es nur noch Ukrainisch als Amtssprache, die ca. 1/3 der Menschen in der Ukraine, die ihr ganzes Leben lang russisch gesprochen haben, werden vor den Ämtern also diskriminiert.
  • In der ukrainischen Regierung sitzen handfeste Nazis. So etwa als Vize-Außenminister Andrij Melnyk, ein bekennender Fan des Nazis Bandera. Die von Bandera gegründete Partei und deren militärischer Flügel hatte sich im zweiten Weltkrieg an Judenpogromen beteiligt und sind auch für ein Massaker in Polen verantwortlich, bei dem ca. 100.000 Zivilisten bestialisch umgebracht wurden.
  • In Kiew wurden Straßen nach diesem Bandera und anderen ukrainischen Altnazis umbenannt, gleichzeitig werden Denkmäler von russischen Künstlern (die lange Zeit vor diesem Krieg gelebt haben) abgerissen.
  • Die öffentlichen Medien in der Ukraine sind wie in einer Diktatur gleichgeschaltet, andere Meinungen werden nicht geduldet.
  • Männer zwischen 18 und 60 Jahren werden auf der Straße zwangsweise für den Krieg eingesammelt und oft ohne jede militärische Grundausbildung an die Front geschickt. Viele sterben dort sehr schnell.
  • Das von Nazis durchsetzte Asow-Regiment ist nach wie vor offizieller Bestandteil der ukrainischen Armee.

Nein, das soll bestimmt nicht heißen, dass Russland der Hort einer Demokratie ist, so wie ich mir das vorstelle. Nur, unser Bundeskanzler muss sich schon fragen lassen: Wie kann man ein undemokratisches Land wie die Ukraine bedingungslos unterstützen und riesige Mengen an Waffen an dieses Land schicken? Das alles ist wirklich extrem verlogen. Die Mehrheit der Menschen auf der UNO-Versammlung wussten schon, warum sie sich diesen Unsinn nicht anhören wollten. Als unser Bundeskanzler dort seine Rede hielt, war der Plenarsaal noch nicht einmal zu einem Drittel gefüllt.

Neben unserem Bundeskanzler musste natürlich unsere Außenministerin Annalena Baerbock noch einen drauf legen. Der chinesische Machthaber Xi Jinping sei ein Diktator. Um es klarzustellen: Nein, ich möchte auch nicht in einem politischen System leben, wie es in China praktiziert wird. Aber, es gibt eben auch die andere Seite: Ein nicht unbedeutender Teil der chinesischen Bevölkerung sind mit diesem System zufrieden. Die Kritiker dort haben es hingegen schwer, ihnen droht Gefängnis. Die Lage in China ist letztlich sehr viel komplexer als sie einfach als Diktatur zu verunglimpfen.

Mit solchen Äußerungen leistet unsere Außenministerin einen großen Beitrag dazu, dass es mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland immer weiter bergab geht. Und sie unterstützt damit die aggressive Politik der USA gegenüber China, die anscheinend einen neuen militärischen Konflikt zwischen Taiwan und China provozieren wollen. Nur noch einmal zur Erinnerung: Taiwan ist auch von der UNO nicht als eigenständiger Staat anerkannt, sondern gehört offiziell zu China!

Die einseitige Sichtweise unserer Regierung, der CDU/CSU, unserer Medien (von ARD bis ZDF, von der taz bis zur FAZ).

Ja, ich schaue mir vor der Arbeit früh am Morgen immer das Morgenmagazin von ARD bzw. ZDF an. Wenn das Thema auf den Ukraine-Krieg, Russland oder China kommt, dann gibt es in der Regel nur eine Sichtweise: Wir (also die USA, die EU, die NATO) sind die Guten. Insbesondere Russland und China, das sind die Bösen. Das wird uns mit unterschiedlichen Beiträgen sozusagen immer wieder eingebläut. Manchmal gibt es zu diesen Themen auch realistischere Beiträge, aber wirklich sehr selten. Hinter dieser Taktik unserer Regierung und der Medien steckt anscheinend die Idee: Wenn man jeden Unsinn nur immer und immer wiederholt, dann werden die Menschen das schon glauben.

Dummerweise für die Regierung und die Mainstream-Medien funktioniert das aber immer weniger. Glaubt man den Meinungsumfragen, so wünschen sich immer mehr Menschen in Deutschland für die Ukraine endlich Frieden. Sie wünschen sich ein Ende dieses Blutvergießens und dass in der Ukraine endlich Friedensverhandlungen stattfinden. Anscheinend ist mittlerweile die Mehrheit der Bevölkerung auch dagegen, dass an die Ukraine jetzt auch noch weitreichende Marschflugkörper von Deutschland geliefert werden sollen. Auch wenn solche Umfrageergebnisse immer mit Vorsicht zu genießen sind: Wir von der Friedensinitiative Schorndorf begrüßen das. Das macht uns Mut und gibt uns Hoffnung.

Ist Russland undemokratisch und wir sind demokratisch?

Wie schon erwähnt, ich persönlich möchte nicht in einem politischen System wie in Russland leben. Unter Demokratie stelle ich mir auch etwas anderes vor. Es ist allerdings wichtig, immer zu bedenken: Russland ist flächenmäßig das größte Land der Erde. In den verschiedensten Gebieten dieses Landes haben unterschiedliche Oligarchen das Sagen. Nein, es ist überhaupt nicht einfach, in so einem Land ein wirklich demokratisches System aufzubauen, dass auch noch funktioniert.

Schlimm ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass Deutschland dazu beiträgt, demokratische Entwicklungen in diesem Land auch noch zu blockieren. Ein Beispiel: In Deutschland wurde der Sender RT DE aus Russland quasi verboten, die Internetseite von RT ist nur noch über Umwege zu erreichen. Die Reaktion von Russland auf dieses Verbot kam postwenden: In Russland wurde der Deutschlandfunk mit vergleichbaren Sperren belegt. Also: Russen, die sich darüber informieren wollen, wie der Westen die gesamte Weltlage einschätzt, haben es jetzt viel schwerer.

Meine Meinung: Ein wichtiger Bestandteil von Demokratie ist, dass die Menschen sich ihre Meinung aus der Lektüre oder dem Anschauen von verschiedenen Quellen frei bilden können. Also ganz einfach: Die Menschen in Russland sollten sich die Meinung des Westens frei anschauen können, die Menschen in Deutschland sollen sich die Meinungen von Russland frei anschauen können. So etwas ist in meinen Augen die Grundvoraussetzung für einen demokratischen Meinungsbildungsprozess.

Derweil schreitet die Entdemokratisierung von Deutschland immer weiter voran. Ein kleines Beispiel: Der Friedensforscher Daniele Ganser hatte für eine seiner Veranstaltungen die Dortmunder Westfalenhalle vertraglich fest gebucht. Nach massivem politischen Druck entschied die Verwaltung der Westfalenhalle, diese Veranstaltung vertragswidrig abzusagen. Ganser musste durch zwei juristische Instanzen gehen, damit diese Veranstaltung dann dennoch mit vielen ZuschauerInnen stattfinden konnte. Und das ist nur ein Beispiel von mittlerweile vielen. Was hat so etwas noch mit Demokratie zu tun?

Kann man mit Russland überhaupt verhandeln?

Von unserer Regierung wird immer wieder behauptet, dass man mit Russland überhaupt nicht über einen Frieden in der Ukraine verhandeln könne, weil Russland das schließlich ablehne. Auch diese Behauptung ist so einfach nicht wahr. Der russische Außenminister Lawrow hat vor kurzem eine lange Rede vor dem UN-Sicherheitsrat gehalten. Den gesamten auf Deutsch übersetzten Text kann und sollte man auch hier nachlesen: Lawrows Rede vor dem UN-Sicherheitsrat. Nein, ich teile nicht alle Meinungen und Positionen, die Lawrow in dieser Rede vertritt. Ein Zitat aus dieser Rede scheint mir allerdings sehr bemerkenswert:

Apropos Verhandlungen. Wir geben sie auch jetzt nicht auf. Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich bei vielen Gelegenheiten dazu geäußert, auch kürzlich. Ich möchte den verehrten US-Außenminister daran erinnern, dass Präsident Selenskyj ein Dekret unterzeichnet hat, das Verhandlungen mit Putins Regierung verbietet. Wenn die USA so sehr daran interessiert sind, wäre es meines Erachtens nicht schwierig, „das Kommando“ zu geben, dass Selenskyjs Dekret aufgehoben wird.

Was heißt das? Russland wäre zu Verhandlungen bereit, der ukrainische Präsident hat hingegen ein Dekret unterzeichnet, das Verhandlungen mit Putins Regierung verbietet. Also: Wer will hier nicht verhandeln?

Eines sollte klar sein: Russland wird zu ernsthaften Verhandlungen nur dann bereit sein, wenn der Westen sein Ziel aufgibt, dass nun auch noch die Ukraine Mitglied der NATO werden soll. Hier hat letztlich auch Deutschland eine große Verantwortung. Würde die Regierung glaubhaft versichern, dass sie einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine niemals zustimmen wird und zugleich Druck auf Selenskyj ausüben, sein Dekret zurückzuziehen, dann wäre der Weg für einen schnellen Waffenstillstand und zu ernsthaften Friedensverhandlungen wahrscheinlich frei. Leider scheint unser Bundeskanzler zu so einem Schritt nicht bereit. Dass in diesem Krieg täglich viele hundert Menschen sterben, scheint ihn überhaupt nicht zu interessieren. Nur gut, dass scheinbar immer weniger Menschen in Deutschland bereit sind, dieser Linie des Kanzlers zu folgen.

Doris:

Wir werden jetzt wieder 5 Minuten schweigen. Wir denken an die Opfer des Krieges in der Ukraine und an die Opfer der Kriege in anderen Ländern. An die Menschen, die im Krieg verletzt wurden an Leib und Seele. An alle, die ihr Leben verloren haben, seien es Soldaten oder Zivilisten. An alle, die ihre Heimat verlassen mussten und auf der Flucht sind. An die geschundene Natur, an die zerstörte Kultur. An alle, die sich gegen den Krieg einsetzen. Mögen die Politiker auf beiden Seiten endlich zur Vernunft kommen und eine weitere Eskalation verhindern.

 Doris:

Ich lese jetzt einige Sätze aus einer Rede von Michail Gorbatschow, die er am 16.Februar 1987 vor den Teilnehmenden des internationalen Friedensforums in Moskau gehalten hat.

Wir weisen das Recht der Führung jedes Landes zurück,
ganz gleich, ob das die UDSSR, die USA oder ein anderes Land ist,
das Todesurteil über die Menschheit zu fällen.
Wir sind keine Richter
und Milliarden Menschen keine Verbrecher,
die bestraft werden müssen.
Eben deshalb ist es notwendig,
die nukleare Guillotine niederzureißen.
Die Kernwaffen besitzenden Mächte müssen
Über ihren nuklearen Schatten springen,
hinein in eine kernwaffenfreie Welt.

1987, vor 36 Jahren, solche starken Worte aus der ehemaligen Sowjetunion! Und heute? Die Vision einer atomwaffenfreien Welt ist in weite Ferne gerückt. Aber: wir wollen uns diese Vision nicht nehmen lassen, sondern weiter für ihre Verwirklichung eintreten. Denn: dazu gibt es keine Alternative.

Doris:

Ich möchte noch folgendes ansagen, bevor wir unsere Mahnwache beenden.

  • Heute findet um 19.00 Uhr in der Q Galerie für Kunst eine Führung mit Ulrich Kost durch die Ausstellung „Die Mauern dieser Welt“ statt.
  • Am Montag, den 2.10.23 um 19:00 Uhr, wird in der VHS Schwäbisch Gmünd am Münsterplatz die Fotoausstellung mit dem Titel „Das weiche Wasser bricht den Stein“ eröffnet. Es geht um die Prominenten-Blockade in Mutlangen gegen die Stationierung von Pershing II-Atomraketen“ vor 40 Jahren.
  • Am Dienstag, dem 3. Oktober, werden in ganz Deutschland Aktionen der Friedensbewegung stattfinden. Aufgerufen hat dazu die Initiative „Nie wieder Krieg“. Im Stuttgart gibt es ab 5 vor 12 auf dem Schlossplatz ein Friedensfestival mit dem Titel: „Aufstehen für den Frieden“. Die Einladungsblätter dazu liegen in der Mitte aus. Wer teilnehmen möchte, trifft sich um 11.00 Uhr am Bahnhof Schorndorf für die gemeinsame Fahrt mit dem MEX um 11.14 Uhr.
  • In der Mitte liegt nochmals die Postkarten an Außenministerin Baerbock aus. Sie wird darin aufgefordert, an der Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag im November teilzunehmen und sich endlich für den Beitritt Deutschlands einzusetzen.
  • Bitte unterzeichnen Sie auch die Petition der Organisation „Ohne Rüstung Leben“ an den deutschen Bundestag mit dem Titel. „Frieden braucht Klimaschutz braucht Abrüstung“. Sie können gerne Blätter zur weiteren Verbreitung mitnehmen.
  • Unsere nächste Mahnwache gegen den Krieg wird heute in einer Woche, am Freitag den 6. Oktober um 18h hier am Mittleren Marktplatz stattfinden.

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